Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 10.01.2002
Aktenzeichen: 2 U 825/01
Rechtsgebiete: VOB/B, ZPO, BGB, GKG


Vorschriften:

VOB/B § 12 Nr. 5 Abs. 2
VOB/B § 13 Nr. 7 Abs. 1 u. 2
VOB/B § 4 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2
VOB/B § 13 Nr. 7
ZPO § 539
ZPO § 302
ZPO § 301
ZPO § 540
BGB § 635
BGB § 325
GKG § 8 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 2 U 825/01

Verkündet am 10. Januar 2002

in dem Rechtsstreit

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Henrich, den Richter am Oberlandesgericht Künzel und die Richterin am Oberlandesgericht Au auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 1 wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 5. April 2001 im Umfang der Verurteilung der Beklagten zu 1 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Kostenausspruch bleibt bestehen, soweit der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 auferlegt wurden. Im Übrigen hat das Landgericht über die Kosten des Rechtsstreits insgesamt, auch die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu I im Berufungsverfahren, zu entscheiden.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Tatbestand:

Die Klägerin macht einen Anspruch auf restliche Vergütung im Zusammenhang mit einem Vertrag über die Errichtung eines Wohnhauses geltend, dem gravierende Mangelhaftigkeit des Werks und falsche Berechnung von Mehr- und Minderkosten entgegengehalten werden.

Die zunächst auch gegen den Beklagten zu 2 gerichtete Klage hat das Landgericht neben der Teilabweisung des Anspruchs gegen die Beklagte zu 1 abgewiesen. Die auch gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten zu 2 eingelegte Berufung der Klägerin wurde zurückgenommen. Insoweit wurde die Klägerin des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt.

Grundlage der Vertragsbeziehung ist unstreitig der nicht unterzeichnete Bauvertrag mit dem Datum "1.4.1992" (Bl. 14 f. GA), der die VOB/B sowie die Beschreibung von Bau- und Leistungsumfang (Bl. 16 f. GA) und die Bauzeichnung vom 21.2.1992 (Anlage A3 bis A6 des Gutachtens Krajewski in der Beiakte 9 OH 42/93 AG Koblenz) zum Vertragsinhalt macht.

Der Bauvertrag sah die Errichtung eines Wohnhauses zum Pauschalpreis von 440.000 DM inklusive Mehrwertsteuer vor bei gestaffelter Fälligkeit des Kaufpreises. Nachdem erste Abschlagsrechnungen erstellt und bezahlt waren, erstellte die Klägerin weitere Abschlagsrechnungen vom 15. Juli 1992 (Bl. 26 GA), vom 10. November 1992 (Bl. 27 GA) und vom 13. November 1992 (Bl. 28 GA) sowie am 3.12.1992 eine Rechnung über Mehrkosten (Bl. 29 GA) gemäß Mehr- und Minderkostenaufstellung vom 2.12.1992 (Bl. 30 f. GA). Die Schlussrechnung der Klägerin vom 22.4.1993 (Bl. 39 GA) lautet über einen offenen Restbetrag von 174.317,89 DM, umfasste neben den vorgenannten Rechnungen einen weiteren Betrag für Minderkosten über 6.447,83 DM gemäß Mehr- und Minderkostenaufstellung Bl. 204 GA. Zahlungen wurden in Höhe von 272.800 DM berücksichtigt.

Die Beklagten bewohnten seit August oder September 1992 das Haus; der Zeitpunkt des Einzugs ist streitig. Im Oktober 1992 beauftragte die Beklagte zu 1 den Sachverständigen B...... im November 1992 den Sachverständigen O......... die beide Mängel des Werks bescheinigten, die überwiegend von der Klägerin nicht anerkannt wurden.

Mit Schreiben vom 28.5.1993 kündigte die Klägerin das Vertragsverhältnis (Bl. 45 f. GA), weil die Beklagten die vorgesehenen Abschlagszahlungen nicht geleistet und jede Nachbesserung verweigert hätten.

In der Folgezeit wurde auf Veranlassung der Beklagten zu 1 ein Verfahren zur Beweissicherung beim Amtsgericht Koblenz eingeleitet (Bl. 9 OH 42/93 AG Koblenz), in dessen Verlauf der Sachverständige K........ ein umfassendes Gutachten im Hinblick auf behauptete Mängel erstattete. Die Klägerin erhob Klage über den offenen Betrag ihrer Schlussrechnung gegen beide Beklagte.

Sie hat vorgetragen:

Das Gewerk sei mangelfrei und ordnungsgemäß erstellt wie im Einzelnen umfassend dargelegt wird. Lediglich ein Riss im Ankleidezimmer im Dachgeschoss werde als Mangel akzeptiert. Doch hätten die Beklagten insoweit wie auch insgesamt jegliche Sanierungsarbeiten abgelehnt. Wegen des Einzugs der Beklagten im August 1992 müsse das Gewerk gemäß § 12 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B als abgenommen gelten. Es sei damals komplett fertig gestellt gewesen bis auf wenige Arbeiten, die absprachegemäß erst im Frühjahr 1993 hätten ausgeführt werden sollen. Eine weitere Zahlung seitens der Beklagten sei nicht substantiiert dargelegt und werde bestritten. Die Mehr- und Minderkosten, zu denen umfassend vorgetragen wird, seien zutreffend ermittelt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 174.317,89 DM nebst 10 % Zinsen aus 44.000 DM für die Zeit vom 3. August 1992 bis zum 30. November 1992, aus 88.000 DM für die Zeit vom 1. bis zum 6. Dezember 1992, aus 100.483,08 DM für die Zeit vom 7. bis zum 10. Dezember 1992, aus 114.048,80 DM für die Zeit vom 11. Dezember 1992 bis zum 2. Mai 1993 und aus 174.317,89 DM seit dem 3. Mai 1993 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben vorgetragen:

Der Beklagte zu 2 sei nicht Vertragspartner geworden. Im Übrigen sei der Restwerklohn nicht fällig. Eine Abnahme werde bestritten. Die VOB/B sei nicht Vertragsbestandteil geworden. Auch hätten sie das Haus frühestens am 11.9.1992 bezogen und nur deshalb, weil sie ihr früheres Wohnhaus hätten verlassen müssen. Zu dieser Zeit hätten noch erhebliche Leistungen ausgestanden.

Die Leistung der Klägerin sei, wie im Einzelnen dargestellt, mit schwerwiegenden Mängeln belastet. Da die Klägerin die gutachterlich festgestellten und gerügten Mängel nicht beseitigt und eine Beseitigung auch verweigert habe, rechneten sie mit ihren Schadensersatzforderungen wegen Nichterfüllung in Höhe von 216.573,75 DM wegen Minderwerts bzw. Mängelbeseitigungskosten in näher dargelegter Reihenfolge auf. Weiter hilfsweise rechneten sie mit den nachgewiesenen Kosten für die Erstattung der Gutachten B..... und O........ in Höhe von 3.563,87 DM und 2.076,44 DM auf, sodann weiter mit den notwendigen Kosten der Entfeuchtung der Räume im Untergeschoss in Höhe von 10.000 DM. Sollte das Gericht wider Erwarten die Auffassung vertreten, die Beklagten seien noch verpflichtet, Mängelbeseitigung durch die Klägerin zuzulassen, so erklärten sie hilfsweise die Einrede des nicht erfüllten Vertrages und forderten hinsichtlich solcher Mängel, die nachträglich aufgetreten seien, zur Mängelbeseitigung innerhalb bestimmter Frist auf mit der Androhung, danach die Mängelbeseitigung abzulehnen.

Des Weiteren haben sie betont, es sei eine weitere Zahlung von 75.000 DM um den 10.11.1992 herum erfolgt. Auch seien die Mehr- und Minderkosten, wie im Einzelnen dargestellt, zu Lasten der Beklagten nicht zutreffend ermittelt.

Das Landgericht hat Beweis erhoben wie auf Bl. 5 des Urteils dargestellt. Hinsichtlich dieser Darstellung, auch bezüglich der zu den Akten gereichten Privatgutachten, des Ergebnisses des Beweissicherungsverfahrens und weiterer erheblicher Urkunden wird auf die Darstellung im angefochtenen Urteil verwiesen.

Sodann hat das Landgericht, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe umfassend Bezug genommen wird, ein Teilurteil und Vorbehaltsurteil erlassen. Durch dieses hat es die Klage gegen den Beklagten zu 2 in vollem Umfang abgewiesen und über die Klage gegen die Beklagte zu 1 entschieden, während die Entscheidung über die von der Beklagten zu 1 aufgerechneten Forderungen wegen der von ihr behaupteten Mängel vorbehalten blieb.

Das Landgericht hat sich umfassend mit den Mehr- und Minderleistungen auseinander gesetzt und der Klage gegen die Beklagte zu 1 unter Abweisung eines Teils des Haupt- und Zinsanspruches in Höhe von 124.091,27 DM stattgegeben.

Hiergegen hat sich zunächst die Klägerin mit ihrer Berufung gewandt, die sie zurückgenommen hat. Insoweit wurde durch Beschluss des Senats vom 2. Oktober 2001 festgestellt, dass die Klägerin des Rechtsmittels der Berufung verlustig sei.

Die Beklagte verfolgt mit der von ihr eingelegten Berufung das Ziel der Klageabweisung insgesamt und regt an, das Urteil und das Verfahren aufzuheben und die Sache an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen.

Sie macht geltend:

Ein Vorbehaltsurteil habe schon deshalb nicht ergehen dürfen, weil die Verhandlung über die Klageforderung noch nicht zur Entscheidung reif gewesen sei. Jedenfalls sei es grob ermessensfehlerhaft, dass die Kammer nach jahrelanger Beweisaufnahme über die Gegenansprüche, die schon jetzt gutachtlich belegt mehr als 260.000 DM und somit mehr als die Klageforderung betrügen, ein zusprechendes Vorbehaltsurteil erlassen habe. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass die Beklagte die Abnahme bestritten sowie hilfsweise wegen der vorgebrachten Mängel die Einrede des nicht erfüllten Vertrage« erhoben und ausdrücklich Zurückbehaltungsrechte geltend gemacht habe. Selbst wenn eine Abnahme vorläge oder ihre Verweigerung als unbegründet zu behandeln gewesen sei und weiter nach Fristsetzung und Ablehnungsandrohung wegen bestimmter oder aller Mängel das Zurückbehaltungsrecht entfallen wäre - was das Landgericht nicht einmal erwogen habe - hätte doch zumindest für die Dauer der Geltendmachung und unter Berücksichtigung des so genannten Druckzuschlags dies einem Verzug der Beklagten entgegengestanden, so dass nicht zur Zahlung von Verzugszinsen hätte verurteilt werden dürfen. Das Landgericht habe auch hinsichtlich der weiter behaupteten Zahlung die Anforderungen an die Substantiierungspflicht überspannt und ein Beweisangebot übergangen ebenso wie im Zusammenhang mit der Vereinbarung zur Erteilung einer Gutschrift für die Gipskartonplatten im Dachgeschoss in die Ermittlung der Mehr- und Minderkosten habe das Landgericht rechtsfehlerhaft Leistungen einbezogen, die von der Klägerin geschuldet, jedoch nicht erbracht worden seien, ohne dass es eine dahin gehende Vereinbarung zwischen den Parteien gab. Außerdem sei auch hier verschiedentlich Vortrag der Beklagten zu Unrecht als nicht hinreichend substantiiert gewertet worden.

Im Übrigen betont sie, dass eine Abnahme nicht erfolgt sei und die VOB nicht, wie erforderlich, den Beklagten ausgehändigt worden sei.

Die Beklagte zu 1 beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil und das Verfahren aufzuheben und die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie betont:

Für die Zulässigkeit eines Vorbehaltsurteils komme es alleine darauf an, ob aus der Sicht des entscheidenden Richters Entscheidungsreife vorliege, unabhängig davon, ob dies materiell richtig sei. Zu Unrecht bestreite die Beklagte die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung. Diese liege vor; zwischen den Parteien sei die VOB vereinbart gewesen und den Beklagten auch ausgehändigt worden. Im Übrigen sei eine solche aber auch wegen der ausgesprochenen Kündigung der Klägerin und der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch die Beklagte entbehrlich. Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten entfalle auch deshalb, weil diese nicht erfüllungsbereit gewesen seien. Der Vortrag zu einer weiteren Zahlung sei unsubstantiiert und erfunden. Bei den von der Klägerin geltend gemachten und vom Landgericht mit zutreffender Begründung zuerkannten Aufwendungen handele es sich um Mehraufwendungen, die die Klägerin aufgrund der dargelegten Umstände erbracht habe.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten zu 1 hat einen vorläufigen Erfolg.

Das Verfahren des ersten Rechtszugs leidet im Sinne von § 539 ZPO an einem wesentlichen Verfahrensmangel, auf dem das Urteil beruht. Die Voraussetzungen zum Erlass eines Vorbehaltsurteils lagen nicht vor mit der Folge, dass das Landgericht ein unzulässiges Teilurteil erlassen hat. Eine Entscheidung durch den Senat ist vorliegend nicht sachdienlich.

I. § 302 ZPO eröffnet die Möglichkeit, ein Vorbehaltsurteil zu erlassen, wenn der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend macht.

1. Die Beklagte hat die "Aufrechnung" mit Schadensersatzansprüchen aus § 635 BGB erklärt.

Sie hat bereits im Schriftsatz vom 23.11.1993 erklärt, dass nach ihrer Auffassung die Klägerin ihr Recht zur Mangelbeseitigung verloren habe; primär rechne sie mit den Kosten zur Mangelbeseitigung auf, hilfsweise erhebe sie die Einrede des nicht erfüllten Vertrags. Auf Hinweis des Gerichts hat sie dies dann im Schriftsatz vom 5.9.1995 (Bl. 253 f. GA) nochmals verdeutlicht. Sie hat sich auf die Fristsetzung zur Mangelbeseitigung bezogen verbunden mit Ablehnungsandrohung bei fruchtlosem Fristablauf, die Untätigkeit der Klägerin und deren Überzeugung, zur Nachbesserung nicht verpflichtet zu sein, hervorgehoben und erklärt, nach alledem rechne sie mit ihren Schadensersatzforderungen wegen Nichterfüllung in allen bezeichneten Mängelfällen gegen eine etwa fällige Klageforderung auf sowie im Übrigen wegen der Kosten der Gutachten und der Kosten der Entfeuchtung der Räume im Untergeschoss. Lediglich hilfsweise hat sie die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhoben, so dass zunächst die in erster Linie erklärte Aufrechnung zur Prüfung ansteht, die auf Gegenansprüche aus § 635 BGB gerichtet ist.

2. Entgegen der von der Beklagten gewählten Bezeichnung handelt es sich bei der von ihr verfolgten Rechtsverteidigung aber nicht um Aufrechnung, sondern um eine Verrechnung mit der Folge, dass die eine Aufrechnung voraussetzenden Bestimmungen nicht greifen.

a) Entscheidendes Kriterium einer Aufrechnung ist, dass sich zwei selbständige Forderungen gegenüberstehen. Davon kann nicht gesprochen werden, wenn es sich bei den wechselseitig behaupteten Ansprüchen dem Inhalt nach nur um unselbständige Rechnungsposten eines einheitlichen Anspruchs handelt.

Das ist bezüglich der von den Parteien wechselseitig in Anspruch genommenen Ansprüche der Fall.

Die Klägerin macht restlichen Werklohn geltend. Werden dem Vergütungsanspruch aus einem Werkvertrag Schadensersatzansprüche aus §§ 635 BGB, 13 Nr. 7 Abs. 1 und 2, 4 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 VOB/B entgegengesetzt, so bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob und unter welchen Umständen es sich ungeachtet der Erklärung der Aufrechnung der Sache nach um Verrechnung handelt.

b) Bei den Umständen des vorliegenden Falls jedenfalls liegt nach Auffassung des Senats eine Verrechnung vor.

Der Schadensersatzanspruch ist ausgerichtet auf Ausgleich einer Nichterfüllung. Auch insoweit greift die im Rahmen von § 325 BGB überwiegend, auch vom Senat vertretene Differenztheorie. Die seit der reichsgerichtlichen Rechtsprechung vorgenommene Berechnungsmethode knüpft daran an, dass sich das Vertragsverhältnis durch die Nichterfüllung auf das Recht und die Pflicht zum Schadensersatz konzentriert; es stehen sich nicht zwei selbständige Forderungen - die auf Vergütung und die auf Ausgleich eines Schadens - gegenüber. Vielmehr konzentriert sich das Vertragsverhältnis auf die einseitige Verbindlichkeit zur Leistung von Schadensersatz, wobei der Vergütungsanspruch, dessen Leistung verweigert wird, nur einen Rechnungsposten darstellt (vgl. statt vieler: Staudinger-Peters (2000), § 635 Rn. 39; Staudinger-Otto (2001) § 325 Rn. 34, 40, 52; RGZ 149, 135, 136; BGHZ 126, 131, 136).

c) Nach ganz überwiegender Auffassung findet diese Erwägung grundsätzlich auch im Bereich von § 635 BGB Anwendung, wobei dies jedoch in unterschiedlichem Ausmaß von Einschränkungen abhängig gemacht wird.

Der Bundesgerichtshof hat für Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung aus § 635 BGB sowie für solche aus Verletzung einer Nachbesserungspflicht mehrfach entschieden, dass das mit der Berufung auf Gegenrechte verfolgte Ziel, wegen Mangelhaftigkeit keine weitere Vergütung mehr zahlen zu müssen, keine Aufrechnung, sondern Verrechnung darstellt (vgl. BGH LM § 635 BGB Nr. 12; NJW 1978, 814, 816). Er sieht den Schaden darin, dass für ein unbrauchbares Werk Vergütung gezahlt werden soll. Diese Folge entnimmt er inhaltlich dem Schadensersatzanspruch, der schon auf Befreiung von einer Verbindlichkeit gerichtet sei, der wiederum kein entsprechendes Werk gegenüberstehe.

Die in der Entscheidung vom 9.12.1971 (LM Nr. 12 zu § 635 BGB) enthaltene Formulierung, ein vertragliches Aufrechnungsverbot hindere nicht, dass der Auftraggeber das untaugliche Werk ablehne und die Zahlung einer Vergütung dafür verweigere, wird in der späteren Entscheidung (NJW 1978, 814) nicht aufgegriffen. Dort ist vielmehr ausdrücklich ausgeführt, für die Abweisung der Klage auf restlichen Werklohn genüge es, wenn dem Kläger keine weitere Vergütung als die bereits geflossene Anzahlung zustehe. Das gelte selbst dann, wenn der Beklagte das nach seiner Meinung mangelhafte Werk behalten wolle. Dann nämlich wäre der Schadensersatzanspruch aus schuldhafter Verletzung der Nachbesserungspflicht darauf gerichtet, dass der Kläger sich mit dem bereits Erhaltenen begnügen müsse. Der Schaden des Beklagten bestünde dann darin, dass der Kläger für ein nur teilweise brauchbares Werk die volle Vergütung fordere. Dieser Schaden wäre in der Weise zu ersetzen, dass der Kläger sich mit einer dem Grade der Brauchbarkeit des erstellten Werks entsprechenden geringeren Vergütung zufrieden geben müsse. Der Unterschied eines solchen Schadensersatzanspruches zu dem auf volle Befreiung von jeder Verbindlichkeit sei lediglich quantitativer, nicht qualitativer Art. Er komme im Ergebnis der Minderung nahe. In der Berufung auf ein derartiges Recht auf Befreiung von der Verbindlichkeit liege keine Aufrechnung.

Diese Gesichtspunkte hat der Bundesgerichtshof im Ergebnis gleichermaßen auch auf Schadensersatzansprüche gemäß § 4 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2, 13 Nr. 7 VOB angewandt (vgl. NJW 1979, 549 f.). Im Zusammenhang mit der Frage, ob eine fehlende Abnahme noch der Fälligkeit des Werklohns entgegensteht, wenn dem Werklohn Schadensersatzansprüche entgegengesetzt werden, betont er, mit fallen lassen des dilatorischen Einwands eines auf Mangelhaftigkeit gestützten Zurückbehaltungsrechts und Berufung auf den Schadensersatzanspruch komme eine Erfüllung des Vertrags nicht mehr in Betracht. Es habe eine endgültige Abrechnung über die Bauleistung und den Schadensersatzanspruch stattzufinden (ebenso BGH NJW 1986, 689, 690 für Ansprüche aus §§ 13 Nr. 5 und 7, 4 Nr. 7 VOB nach Erfüllungsverweigerung durch den Konkursverwalter).

Die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung ist in der Frage, ob Schadensersatzansprüche wegen Mangelhaftigkeit eines Werks, die dem Vergütungsanspruch entgegengesetzt werden, zu einem Abrechnungsverhältnis führen, nicht einheitlich. Während einige Gerichte einschränkungslos unter solchen Umständen ein Abrechnungsverhältnis annehmen (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1996, 141, 142 f.; OLG Düsseldorf BauR 1984, 308; OLG Naumburg BauR 2001, 1615 f.), wird von anderen als weitere Voraussetzung eines Abrechnungs- oder Verrechnungsverhältnisses, in das Vergütungsansprüche und Ersatzforderungen als unselbständige Rechnungsposten eingehen, gefordert, dass das Werk insgesamt zurückgewiesen werde (OLG Düsseldorf BauR 1984, 543 f.; OLG Schleswig-Holstein BauR 2001, 1615).

In der Literatur herrscht die Auffassung vor, dass ein Verrechnungsverhältnis bei Berufung auf Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung gestützt auf Mangelhaftigkeit des Werks die Zurückweisung des Werks oder eines Teils davon voraussetzt, von einer Konzentration des Vertragsverhältnisses auf das Recht und die Pflicht zum Schadensersatz im Sinne der Differenztheorie hingegen nicht gesprochen werden könne, wenn der Unternehmer das Werk behält und einzelne, genau bezeichnete Mängel zur Grundlage des Schadensersatzanspruchs macht (so: Münchener Kommentar-Soergel, 3. Aufl. § 635 BGB Rn. 37; RGRK-Glanzmann, § 635 BGB Rn. 13; Soergel-Teichmann, 12. Aufl. § 635 BGB Rn. 43 f., 51; Kaiser, Mängelhaftungsrecht in Baupraxis und Bauprozess Rn. 125 f. für § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB; Schneider, Streitwertkommentar "Aufrechnung" Rn. 414 f.; Kleine-Möller, Handbuch des privaten Baurechts § 10 Rn. 216; zusätzliche Voraussetzungen fordernd: Zurückweisung zumindest einer Teilleistung und Darlegung, dass hieran kein Interesse mehr besteht, Ingenstau/Korbion, 14. Aufl. § 13 Nr. 7 VOB Rn. 800; für weiter gehende Anwendung auf alle Ansprüche aus § 635 BGB, § 13 Nr. 7 VOB: Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl. Rn. 2576, 2577; Siegburg, Handbuch der Gewährleistung beim Bauvertrag, 4. Aufl. Rn. 1170).

d) Der Beurteilung der Aufrechnung als Verrechnung ist nicht durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30.3.2000, durch das auch § 302 ZPO geändert wurde, der Boden entzogen worden.

Die erfolgte Änderung der Vorschrift erlaubt den Erlass eines Vorbehaltsurteils nunmehr auch für den Fall eines rechtlichen Zusammenhangs zwischen Klage und Gegenforderung. Begründet wurde dies damit, dass insbesondere in der Bauwirtschaft fällige Zahlungen oft unter Berufung auf Mängel zurückgehalten würden, die in umfangreicher Beweisaufnahme geklärt werden müssten, was bei vielen Baufirmen erhebliche wirtschaftliche Probleme auslöse. Dabei könne der Mangeleinwand in unterschiedlicher Weise Bedeutung erlangen. Zum einen mache die berechtigte Ablehnung der Abnahme wegen Mangelhaftigkeit die Werklohnklage unbegründet. Häufig verteidige sich der Beklagte aber auch mit der Aufrechnung mit Gegenforderungen, z.B. einem Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB. Hier seien Fälle denkbar, in denen es gerechtfertigt sein könnte, zunächst die Klage zuzusprechen und später das Verfahren fortzuführen. Die bestehende Einschränkung, dass nämlich kein rechtlicher Zusammenhang zwischen Klage und Gegenforderung bestehen dürfe, verhindere in diesen Fällen eine schnellere, wenn auch vorläufige Titulierung (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags vom 21.2.2000 - BT-Drucksache 14/2752 S. 14).

Wie diese Begründung zeigt, hat der Gesetzgeber zwar die Möglichkeit der schnellen Titulierung erweitern wollen; er hat dabei auch die Fälle bedacht, in denen dem Werklohnanspruch Schadensersatzansprüche aus § 635 BGB entgegengehalten werden. Nicht gesehen hat er dabei aber die Einschränkung, die sich wiederum aus der dargelegten Charakterisierung einer in diesem Zusammenhang erklärten Aufrechnung ergibt. Deshalb kann der Änderung nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, diese Rechtsprechung zu ändern. Das angestrebte Ziel wird somit in vielen der ins Auge gefassten Fälle nicht erreicht werden.

Die von Siegburg (a.a.O. Rn. 642 f.) angesichts des auch von ihm gesehenen Widerspruchs in der Begründung und Einschränkung in der Anwendung des Gesetzes erwogene analoge Anwendung des § 302 ZPO in Fällen der Verrechnung hält der Senat nicht für möglich. Dies würde dem in § 301 ZPO manifestierten Grundsatz widersprechen, dass ein Teilurteil nur ergehen kann bei selbständigen, voneinander abgrenzbaren Ansprüchen, die unabhängig voneinander rechtlich beurteilt werden können und bei denen bei getrennten Verfahrensläufen nicht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht. Dies ist bei einzelnen Posten einer Gesamtabrechnung nicht der Fall.

§ 302 ZPO ist eine Ausnahme zu § 301 ZPO und von daher eng auszulegen. Eine analoge Anwendung würde zu einem unzulässigen Teilurteil führen und ist deshalb unzulässig.

e) Es ist deshalb auf dem Boden der dargestellten überwiegenden Auffassung, die auch der Senat vertritt, wonach eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen Mängeln gegen eine Vergütungsforderung jedenfalls unter bestimmten Voraussetzungen eine Verrechnung darstellt, zu entscheiden, ob diese Grundsätze im vorliegenden Fall Anwendung finden. Dies ist nach Auffassung des Senats der Fall.

Es erscheint schon fraglich, ob die dargestellte Differenzierung angesichts der von der ganz überwiegenden Auffassung grundsätzlich bejahten Umwandlung des Vertragsverhältnisses in ein Abrechnungsverhältnis bei Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen geboten ist. Die letztlich maßgebliche Wertdifferenz zwischen zwei Vermögenslagen (vgl. BGH NJW 1998, 302, 304) im Rahmen des Schadensersatzanspruches ist von diesem Kriterium unbeeinflusst. Auch können einzelne, präzise bezeichnete Mängel den Wert der Leistung weitaus gravierender beeinträchtigen als viele Fehler, die eine Zurückweisung des Werks rechtfertigen würden.

Diese Frage kann im vorliegenden Fall aber offen bleiben. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob vorliegend wirksam die VOB in das Vertragsverhältnis einbezogen ist. Im vorliegenden Fall nämlich stehen die Rechte, auf die die Beklagte sich beruft, auf dem Hintergrund des tatsächlichen Vorbringens jedenfalls einer Zurückweisung im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung und Literatur gleich.

Es ist anerkannt, dass eine Zurückweisung des Werks in der Verweigerung der Abnahme liegt (vgl. Glanzmann, a.a.O. § 634 BGB Rn. 9). Damit bringt der Besteller zum Ausdruck, dass er das Werk nicht als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung hinnimmt. Dass dies aus ihrer Sicht nicht der Fall ist, hat die Beklagte umfassend dargelegt. Die Auflistung der von ihr gerügten Mängel nach Art und Umfang, das Schadensersatzbegehren in Höhe von 232.214,06 DM, der Umstand, dass das Werk unstreitig nie ausdrücklich abgenommen wurde sowie die für die Feststellung ihres Begehrens maßgebliche Auffassung der Beklagten, dass das Werk auch nie abnahmereif gewesen sei, machen dies deutlich. Unter diesen Umständen ist in Anknüpfung an die Differenztheorie von einer Konzentration des Vertragsverhältnisses auf das Recht und die Pflicht zum Schadensersatz auszugehen.

II. Liegt somit in der Berufung auf Schadensersatzansprüche ungeachtet der Wortwahl keine Aufrechnung, fehlt es an der wesentlichen Voraussetzung zum Erlass eines Vorbehaltsurteils gemäß § 302 ZPO. Es liegt ein unzulässiges Teilurteil im Sinne von § 301 ZPO vor.

Der Erlass eines unzulässigen Teilurteils stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne von § 539 ZPO dar, der vorliegend zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung führt. Eine eigene Entscheidung im Rahmen des nach §§ 539, 540 ZPO eingeräumten Ermessens hält der Senat nicht für geboten. Sie wäre nur zulässig, wenn der Senat, wozu er bei Erlass eines unzulässigen Teilurteils ausnahmsweise befugt sein kann, den in erster Instanz anhängig gebliebenen Teil an sich ziehen würde, um über ihn mit zu entscheiden. Dies wäre angesichts der in erster Instanz bereits umfassend teilweise ausgeführten und weiter angeordneten Beweisaufnahme nicht sachdienlich.

Der Senat hat die maßgeblichen Gesichtspunkte in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörtert. Diese haben keine Gesichtspunkte vorgetragen, die eine andere Sachbehandlung rechtfertigen würden.

Die Zurückverweisung erfasst nicht die rechtskräftig geworden Teilabweisung der Klage (vgl. Zöller-Gummer, 22. Aufl. § 540 ZPO Rn. 31).

Im Rahmen der Neuverhandlung wird das Landgericht auch den neuen Vortrag der Beklagten zu den Mehr- und Minderkosten sowie das nach Auffassung des Senats hinreichend substantiierte Vorbringen zu einer weiteren Zahlung der Beklagten sowie zur Zusage einer weiteren Gutschrift zu berücksichtigen haben.

III. Da das endgültige Ausmaß des Obsiegens und Unterliegens noch nicht feststeht, ist die Kostenentscheidung dem Landgericht vorzubehalten, wobei auch die Berufungsrücknahme der Klägerin zu berücksichtigen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 02.10.2001). Dies gilt nicht für die außergerichtlichen Kosten des endgültig aus dem Rechtsstreit ausgeschiedenen Beklagten zu 2, die bis zum Erlass des Urteils erster Instanz entstanden sind. Der weitere Gang des Verfahrens ist ohne Einfluss auf die Kostenentscheidung insoweit.

Der Ausspruch über die Niederschlagung der Gerichtsgebühren zweiter Instanz beruht auf § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz hat der Senat wie folgt festgesetzt: bis 02.10.2001 auf 89.127,38 EUR (= 174.318,-- DM), ab 03.10.2001 auf 63.446,86 EUR (= 124.091,27 DM).

In dieser Höhe sind beide Parteien durch das Urteil beschwert.

Ende der Entscheidung

Zurück