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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 28.11.2000
Aktenzeichen: 2 Ws 729/00
Rechtsgebiete: StPO, StGB
Vorschriften:
StPO § 205 | |
StPO § 116 Abs. 4 Nr. 3 | |
StPO § 116 | |
StPO § 231 a | |
StPO § 116 Abs. 4 Nr. 1 | |
StPO § 467 Abs. 1 | |
StPO § 473 Abs. 4 | |
StGB § 56 c Abs. 3 Nr. 1 |
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS
Geschäftsnummer 2 Ws 729/00 2010 Js 53401/98 - 4 KLs - StA Koblenz
In der Strafsache
gegen
wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz u.a.
hier: Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Vonnahme sowie die Richter am Oberlandesgericht Mertens und Henrich am 28. November 2000 beschlossen:
Tenor:
1. Auf die Beschwerde des Angeklagten vom 17. November 2000 wird der Beschluss der 4. Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 9. November 2000 aufgehoben, soweit der Haftbefehl des Amtsgerichts Koblenz vom 17. Juni 1999 - 30 Gs II 1981/99 - wieder in Vollzug gesetzt worden ist.
2. Der Vollzug des vorgenannten Haftbefehls bleibt nach Maßgabe des Beschlusses der 4. Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 30. Juni 2000 ausgesetzt. Die dem Angeklagten in dem vorbezeichneten Beschluss erteilte Weisungen zu a) bis c) bleiben bestehen; die unter d) angeführte Weisung entfällt. An ihre Stelle tritt folgende Weisung:
d) Der Angeklagte hat jeden Kontakt zu Personen zu meiden, die als Mitbeschuldigte oder Zeugen in dem gegen ihn anhängigen Verfahren in Frage kommen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe:
Der Angeklagte befand sich im vorliegenden Verfahren aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts Koblenz vom 17. Juni 1999 - 30 Gs II 1981/99 - wegen dringenden Tatverdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz, Kriegswaffenkontrollgesetz und Sprengstoffgesetz bis zum 30. Juni 2000 in Untersuchungshaft. Durch Beschluss vom 30. Juni 2000 stellte die 4. Strafkammer des Landgerichts Koblenz das Verfahren gegen den Angeklagten wegen vorübergehender Verhandlungsunfähigkeit gemäß § 205 StPO vorläufig ein und setzte den vorbezeichneten Haftbefehl unter folgenden Auflagen außer Vollzug:
a) Der Angeklagte hat Personalausweis und/oder Reisepass bei der für seinen Wohnsitz zuständigen Polizeidienststelle zu hinterlegen,
b) er hat sich einmal wöchentlich freitags bei der für seinen Wohnsitz zuständigen Polizeidienststelle zu melden,
c) er hat jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht mitzuteilen,
d) er hat sich unverzüglich in ärztliche Behandlung (Herzoperation) zu begeben."
Grund für die vorläufige Einstellung des Verfahrens und die Außervollzugsetzung des Haftbefehls sowie für die Erteilung der oben genannten Weisung zu d) war die von der Strafkammer eingeholte gutachterliche Stellungnahme des im Krankenhaus M........ in K...... tätigen Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie Prof. Dr. M... vom 27. Juni 2000. In dieser Stellungnahme war Prof. Dr. M... nach vorausgegangenen Untersuchungen des Angeklagten zu der Feststellung gelangt, dass dieser an einer "Herzinsuffizienz des klinischen Schweregrades III auf dem Boden einer Aorteninsuffizienz Grad III und einer Mitralinsuffizienz Grad I" leide und deshalb zur Zeit nicht verhandlungsfähig sei. Aufgrund dieser schweren Herzerkrankung hatte Prof. Dr. M... die Indikation zum Herzklappenersatz als gegeben angesehen und die Durchführung der entsprechenden Operation innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten empfohlen.
Diesem Ergebnis der Begutachtung hat die Strafkammer in ihrem Beschluss vom 30. Juni 2000 Rechnung getragen und den Angeklagten angewiesen, sich unverzüglich in ärztliche Behandlung zu begeben und die erforderliche Herzoperation durchführen zu lassen. Die Einwilligung des Angeklagten hatte sie indessen vorher nicht eingeholt.
Nachdem dem Angeklagten von dem B................krankenhaus in K...... der 10. Oktober 2000 als möglicher Operationstermin genannt worden war, teilte der Verteidiger auf Anfrage der Strafkammer durch Schriftsatz vom 25. August 2000 den vorgenannten Operationstermin mit und führte dazu u.a. aus, der Angeklagte werde diesen Operationstermin selbstverständlich wahrnehmen und sich dem Eingriff am 10. Oktober 2000 unterziehen.
Nach einer Verlegung des Operationstermins auf den 9. November 2000 fand der Angeklagte sich am 7. November 2000 zur Aufnahme in dem B................krankenhaus ein. Dort wurde er von dem in der Herz- und Gefäßchirurgie zuständigen Arzt OSA L.... über die Risiken der vorgesehenen Herzoperation intensiv aufgeklärt. Nach Mitteilung des Arztes vom 10. November 2000 (Bl. 1001 d.A., Bd. V) sprach der Angeklagte sich daraufhin "nach Abwägung aller Risikofaktoren prinzipiell gegen einen operativen Eingriff" aus. Danach wurde er auf seinen Wunsch am 7. November 2000 aus dem B................krankenhaus entlassen.
Durch Beschluss vom 9. November 2000 hat die Strafkammernachdem sie durch den Arzt OSA L.... telefonisch über die Weigerung des Angeklagten, sich der vorgesehenen Operation zu unterziehen, informiert worden war - den Haftbefehl des Amtsgerichts Koblenz vom 17. Juni 1999 wieder in Vollzug gesetzt und den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft im Justizvollzugskrankenhaus in W....... angeordnet. Zur Begründung der Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls hat die Strafkammer ausgeführt, neu hervorgetretene Umstände im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO erforderten die Verhaftung des Angeklagten. Dieser sei zwar am 7. November 2000 - der ihm erteilten Weisung entsprechend - zur stationären Aufnahme zwecks Durchführung der Herzklappenoperation im B................krankenhaus erschienen, habe aber die auf den 9. November 2000 angesetzte Operation abgesagt, nachdem ihn der behandelnde Arzt OSA L... darüber aufgeklärt habe, dass sich an die Operation ein zweiwöchiger Krankenhausaufenthalt anschließe, die danach folgende Rehabilitationsphase jedoch durchaus im Justizvollzugskrankenhaus der Justizvollzugsanstalt W....... erfolgen könne. Auf diese Mitteilung hin habe der Angeklagte sich gegenüber dem behandelnden Arzt dahingehend geäußert, wenn er die Wahl habe, nach erfolgter Operation wieder haft- und verhandlungsfähig zu sein und damit eine mehrjährige Haftstrafe zu vergewärtigen habe, entscheide er sich lieber für eine deutlich eingeschränkte Lebensdauer aufgrund der vorliegenden Herzinsuffizienz und verzichte auf die Durchführung der Operation. Bei der Wiedergabe dieser Erklärung des Angeklagten hat die Strafkammer sich auf eine telefonische Unterredung mit OSA L.... gestützt, deren wesentlichen Inhalt der Strafkammer sitzende in einem Vermerk vom 9. November 2000 (Bl. 993, 994 d.A., Bd. V) festgehalten hat.
Aus der vorstehend wiedergegebenen Erklärung des Angeklagten hat die Strafkammer das Vorliegen neu hervorgetretener Umstände im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO sowie eine so erhebliche Steigerung der Fluchtgefahr hergeleitet, dass dieser mit Maßnahme nach § 116 StPO nicht mehr wirksam begegnet werden könne. Der Angeklagte wähne sich im Hinblick auf seine Verhandlungsunfähigkeit offenbar vor Bestrafung sicher. Da ihm die Möglichkeit der Verhandlung in Abwesenheit nach § 231 a StPO offensichtlich unbekannt sei, führe dies dazu, dass die im Fall der Verurteilung zu erwartende langjährige Haftstrafe für ihn einen erhöhten Fluchtanreiz darstelle. Darüber hinaus habe sich auch die Verdunkelungsgefahr verstärkt. Nach mittlerweile vorliegenden Ermittlungsergebnissen suche der Angeklagte seit seiner Haftentlassung gezielt Personen in seinem Umfeld auf, die im vorliegenden Verfahren als Zeugen in Betracht kommen, um von diesen zu erfahren, welche Angaben sie im laufenden Verfahren möglicherweise zu seinem Nachteil gegenüber den Ermittlungsbehörden gemacht haben könnten.
Gegen diese Entscheidung der Strafkammer richtet sich die anlässlich der Verkündung des Wiederinvollzugsetzungsbeschlusses am 17. November 2000 durch seinen Verteidiger eingelegte und durch Schriftsatz vom 20. November 2000 ergänzend ausgeführte Beschwerde des Angeklagten. Mit ihr erstrebt er die erneute Außervollzugsetzung des Haftbefehls und macht geltend, die von der Strafkammer angenommenen Voraussetzungen für die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls seien nicht gegeben. Die Annahme der Strafkammer, er führe durch seine Verweigerung der Operation vorsätzlich seine Verhandlungsunfähigkeit herbei, entbehre jeglicher tatsächlichen und rechtlichen Grundlage. Die vorgesehene Operation stelle einen schwerwiegenden Eingriff dar. Deren Durchführung habe er aus Angst vor den damit verbundenen Risiken und Folgen verweigert, nicht aber, um seine Verhandlungsunfähigkeit herbeizuführen. Obwohl ihm die Durchführung der Operation sowohl von seinem Verteidiger als auch von seiner Familie in der Hoffnung empfohlen worden sei, dadurch seine Lebenserwartung zu verlängern, habe er sich im Hinblick auf die möglichen Risiken und auch wegen seiner Zweifel am Gelingen eines so schwerwiegenden Eingriffs entschlossen, die Operation nicht durchführen zu lassen.
Die Strafkammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat Erfolg, soweit es sich gegen die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls richtet. Diese Entscheidung der Strafkammer hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Voraussetzungen für die Anordnung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO sind nicht gegeben.
Die Weigerung des Angeklagten, sich der ihm im Haftverschonungsbeschluss der Strafkammer vom 30. Juni 2000 auferlegten Durchführung der Herzoperation zu unterziehen, rechtfertigt die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls nicht. Denn diese Weisung hätte ihm nicht erteilt werden dürfen; sie war rechtswidrig, weil sie das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Recht des Angeklagten auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt (vgl. hierzu BVerfGE 89, 120,131). Dieses Freiheitsgrundrecht macht die ärztliche Heilbehandlung vom Willen des Patienten abhängig. Gegen seinen Willen kann eine medizinische Behandlung nicht erzwungen werden, insbesondere dann nicht, wenn damit- wie vorliegend mit der Herzoperation des Angeklagten - eine konkrete Lebensgefährdung verbunden ist (BVerfG a.a.O.). Dementsprechend bestimmt § 56 c Abs. 3 Nr. 1 StGB, dass die im Rahmen einer Strafaussetzung zur Bewährung mögliche Weisung, sich einer mit einem körperlichen Eingriff verbundenen Heilbehandlung zu unterziehen, nur mit Einwilligung des verurteilten erteilt werden kann. Diese gesetzliche Regelung gilt für die bei Außervollzugsetzung eines Haftbefehls zu erteilende Weisung entsprechend. Dies folgt nicht zuletzt aus dem Rechtsgedanken, dass wenn die Einwilligung des Betroffenen sogar bei Weisungen erforderlich ist, die der Verhinderung neuer Straftaten und damit dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit dienen, sie erst recht vorliegen muss, wenn mit der Weisung lediglich die ungestörte Durchführung des Strafverfahrens sichergestellt werden soll.
Die hiernach unerlässliche Einwilligung des Angeklagten in die Durchführung der Herzoperation hat die Strafkammer indes vor Erteilung der in Rede stehenden Weisung nicht eingeholt. Dies hat die Rechtswidrigkeit der Weisung zur Folge und zur Konsequenz, dass ein Verstoß gegen diese rechtswidrige Weisung keine nachteiligen Auswirkungen für den Angeklagten haben darf.
Eine andere Entscheidung wäre selbst dann nicht begründet, wenn man die mit Schriftsatz vom 25. August 2000 abgegebene Erklärung des Verteidigers, sein Mandant werde den Operationstermin am 10. Oktober 2000 selbstverständlich wahrnehmen und sich dem Eingriff unterziehen (Bl. 969 d.A. Bd. V) als nachträgliches Einverständnis des Angeklagten (Genehmigung) mit der Weisung auslegen würde. Denn der Angeklagte konnte auch seine nachträgliche Einwilligung - ebenso wie eine vorher erklärte - jederzeit widerrufen. Dies ist für die Zurücknahme der Weisung nach § 56 c Abs. 3 Nr. 1 StGB allgemein anerkannt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 56 c, Rdn. 10 m.w.N.). Vorliegend hat der Angeklagte aber durch die gegenüber dem Arzt OSA L.... am 7. November 2000 erklärte Weigerung, sich der Herzoperation zu unterziehen, seine Einwilligung in die Operation konkludent zurückgenommen. Da er damit von einem ihm zustehenden Recht Gebrauch gemacht hat, ist ein die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls rechtfertigender Pflichtenverstoß im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 1 StPO nicht gegeben. Die Verweigerung der Operationsdurchführung ist damit auch nicht als neu hervorgetretener Umstand im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO zu werten, so dass die solchermaßen begründete Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls fehlerhaft war.
Die Ausführungen im angefochtenen Beschluss zur Erhöhung der Flucht- und Verdunkelungsgefahr sind ebenfalls nicht geeignet, das Vorliegen neu hervorgetretener Umstände im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO zu begründen. Dass die angenommene - in der Beschwerdebegründung vom 20. November 2000 allerdings bestrittene - Unkenntnis des Angeklagten von der Möglichkeit der Verhandlung in seiner Abwesenheit kein die Fluchtgefahr nachträglich erhöhender neuer Umstand ist, hält der Senat für so offensichtlich, dass es weiterer Ausführungen hierzu nicht bedarf. Die von der Strafkammer angenommene Verstärkung der Verdunkelungsgefahr könnte zwar eine die Verhaftung rechtfertigende neue Tatsache im vorgenannten Sinn sein (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 116, Rdn. 28 m.w.N.); dies setzt jedoch voraus, dass die Annahme, die Verdunkelungsgefahr sei durch die nach der Haftentlassung entfalteten Aktivitäten des Angeklagten erhöht worden, auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht. Das trifft indes nicht zu. Welche konkreten Verdunkelungshandlungen der Angeklagte gegenüber welchen Personen verwirklicht haben soll, ist dem angefochtenen Beschluss nicht zu entnehmen. Die allgemein gehaltene Darlegung, der Angeklagte suche nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen seit seiner Haftentlassung gezielt Personen in seinem Umfeld auf, die im vorliegenden Verfahren als Zeugen in Betracht kommen, und versuche von diesen zu erfahren, welche Angaben sie im laufenden Verfahren möglicherweise zu seinem Nachteil gegenüber den Ermittlungsbehörden gemacht haben könnten, entbehrt der erforderlichen Konkretheit. Es bleibt insbesondere offen, um welche als Zeugen im Verfahren gegen den Angeklagten in Betracht kommende Personen es sich dabei gehandelt hat. Soweit die Strafkammer sich bei ihrer Feststellung auf die Angaben im Vermerk der Kriminalpolizei K...... vom 7. August 2000 (Bl. 985 - 988 d.A., Bd. V) stützt, in dem von Kontakten des Angeklagten zu dem (eines Verstoßes gegen das Waffengesetz verdächtigen) Beschuldigten W..... J....... berichtet und unter Ziff. 5 der Eindruck wiedergegeben wird, letzterer sei nach dem Besuch des Angeklagten in seiner Position gestärkt und aufgebaut worden, ist - abgesehen davon, dass es sich bei den Angaben des Polizeibeamten lediglich um dessen persönlichen Eindruck handelt - weder erkennbar, dass W..... J....... als Zeuge in dem Verfahren gegen den Angeklagten in Betracht kommen könnte (in der Anklageschrift ist er nicht als Zeuge benannt) noch worin eine Verdunkelungshandlung des Angeklagten ihm gegenüber liegen soll. Aus den Angaben des Beschuldigten J....... bei dessen verantwortlicher Vernehmung vom 4. Oktober 2000 (Bl. 977 - 980 d.A. Bd. V) ergibt sich dies nicht. Die Feststellung der Strafkammer, die Verdunkelungsgefahr habe sich aufgrund des Verhaltens des Angeklagten nach der Haftentlassung verstärkt, beruht mithin nicht auf einer objektivierbaren Tatsachengrundlage. Ein die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls rechtfertigender Grund im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO ist daher auch insoweit nicht gegeben.
Nach alledem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Sie war auf die Beschwerde des Angeklagten in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben.
Hiernach bleibt der Haftverschonungsbeschluss der Strafkammer vom 30. Juni 2000 mit den unter a) bis c) angeführten Weisungen in Kraft und der Vollzug des Haftbefehls weiterhin ausgesetzt.
Der Senat hat lediglich die Weisung zu d) in Wegfall kommen lassen und sie im Hinblick auf die nach wie vor gegebene Verdunkelungsgefahr durch die Weisung ersetzt, jegliche Kontaktaufnahme zu als Zeugen oder Mitbeschuldigte in Frage kommenden Personen zu unterlassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO. Da die Beschwerde des Angeklagten im Wesentlichen Erfolg hatte, hat der Senat davon abgesehen, ihm wegen der aufrecht erhaltenen und einer neu hinzugefügten Weisung des Außervollzugsetzungsbeschlusses gemäß § 473 Abs. 4 StPO einen Teil der Kosten und notwendigen Auslagen aufzuerlegen.
Ende der Entscheidung
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