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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 17.02.2003
Aktenzeichen: 2 Ws 96/03
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 56 f I 1 Nr. 2 | |
StGB § 56 c III Nr. 1 |
2 Ws 94/03 2 Ws 95/03 2 Ws 96/03 2 Ws 97/03 2 Ws 98/03 7 StVK 569 573/02 LG Koblenz (Diez) 5055 VRs 10158/98 StA Frankenthal 5055 VRs 10728/99 StA Frankenthal 5055 VRs 10902/99 StA Frankenthal 5055 VRs 10332/97 StA Frankenthal 5055 VRs 11100/94 StA Frankenthal
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS
In der Strafvollstreckungssache
wegen Trunkenheit im Verkehr u.a.
hier: Beschwerde gegen Sicherungshaftbefehl
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Krumscheid sowie die Richter am Oberlandesgericht Pott und Mertens
am 17. Februar 2003 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Verurteilten gegen den Sicherungshaftbefehl der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. in D. vom 6. Dezember 2002 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe:
Das Amtsgericht F. verurteilte den Beschwerdeführer am 29. August 1994 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Am 9. Dezember 1996 verurteilte dasselbe Gericht ihn wegen Beleidigung und Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Am 5. November 1997 verhängte es gegen ihn wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Widerstandes und Beleidigung eine Freiheitsstrafe von acht Monaten und am 16. August 1999 wegen Sachbeschädigung und Trunkenheit im Verkehr eine solche von 10 Monaten. Zuletzt verurteilte es ihn am 6. September 1999 wegen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten. Die abgeurteilten Taten hatte der Beschwerdeführer unter Alkoholeinfluss begangen. Mit Beschluss vom 6. August 2002 setzte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. in D. die Vollstreckung aller Strafreste auf die Dauer von drei Jahren zur Bewährung aus, unterstellte den Verurteilten der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers und erteilte ihm mit seiner Einwilligung unter anderem die Weisung, sich noch am Tage seiner auf den 3. September 2002 festgesetzten bedingten Entlassung zur Durchführung einer stationären Alkoholtherapie in die Fachklinik E. zu begeben und die Therapie erst zu beenden, wenn die weitere Behandlung seitens der Klinikleitung nicht mehr für erforderlich gehalten werde. Der Verurteilte begab sich zwar zunächst in die vorgeschriebene Einrichtung, kehrte nach einer Heimfahrt am 18. Oktober 2002 indes nicht mehr nach dort zurück. Als Grund gab er gegenüber der Staatsanwaltschaft F. am 23. Oktober 2002 fernmündlich an, die Therapie abgebrochen zu haben, weil er "eine Frau kennengelernt habe" und "clean lebe". Die ihm bei diesem Telefonat eingeräumte Gelegenheit zur schriftlichen Darlegung des Sachverhalts nutzte er nicht. Wie die Bewährungshelferin mit Schreiben vom 7. November 2002 mitteilte, bestand zwischen ihr und dem Verurteilten kein Kontakt. Sein Aufenthalt war ihr unbekannt. Die von der Strafvollstreckungskammer auf den Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft hin beabsichtigte mündliche Anhörung des Verurteilten erwies sich als nicht durchführbar, da das im Wege der Amtshilfe darum ersuchte Amtsgericht F. den Aufenthalt des Verurteilten, der unter der bis dahin bekannten Anschrift in F. nicht mehr gemeldet war, ebenfalls nicht festzustellen vermochte.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat die Strafvollstreckungskammer am 6. Dezember 2002 Sicherungshaftbefehl erlassen, da der Verurteilte, dessen Aufenthalt nicht bekannt sei, wegen gröblichen und beharrlichen Verstoßes gegen die Weisung, sich einer stationären Alkoholtherapie zu unterziehen, mit dem Widerruf der Strafaussetzung zu rechnen habe. Nachdem der Verurteilte zwischenzeitlich in anderer Sache wegen des Verdachts der Begehung von Sexualstraftaten zum Nachteil eines Kindes in Untersuchungshaft genommen worden ist, konnte ihm der Sicherungshaftbefehl am 17. Januar 2003 beim Amtsgericht F. verkündet werden. Daraufhin hat er gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt und erneut erklärt, die stationäre Therapie abgebrochen zu haben, weil er "eine Frau kennengelernt habe". Eine weitere Begründung ist nicht erfolgt.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Sicherungshaftbefehls nach § 453 c StPO sind gegeben.
Das dargelegte Verhalten des Verurteilten begründet nach dem derzeitigen Erkenntnisstand in hinreichender Weise die Annahme, dass er gröblich gegen die Weisung zur Durchführung einer stationären Alkoholentziehungstherapie verstoßen hat, dadurch Anlass zu der Besorgnis gibt, dass er erneut Straftaten begehen wird, und demzufolge mit dem Widerruf der Strafaussetzung gemäß § 56 f Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB zu rechnen hat. Die Weisung war dem Verurteilten seinerzeit mit seiner Einwilligung erteilt worden (§ 56 c Abs. 3 Nr. 1 StGB). Zwar dürfte in dem späteren eigenmächtigen Abbruch der Therapie und der dazu gegenüber der Staatsanwaltschaft am 23. Oktober 2002 abgegebenen Erklärung, nunmehr "clean zu leben", ein Widerruf der Einwilligung zu sehen sein. Dieser führt jedoch nicht zur nachträglichen Rechtswidrigkeit der Weisung (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Auflage, § 56 c Rdn. 11). Auch steht er einem möglichen Widerruf der Strafaussetzung nicht von vorn herein entgegen. Zwar liegt in der Rücknahme einer Einwilligung in eine Therapie und in dem Abbruch einer solchen Maßnahme durch den Verurteilten nicht stets ohne weiteres ein gröblicher oder beharrlicher Verstoß gegen die ihm erteilte Weisung mit der Folge, dass die Strafaussetzung gemäß § 56 f Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB zu widerrufen ist. Denn ein Verurteilter kann aus seiner Sicht bei Würdigung des Einzelfalles durchaus verständliche Gründe für einen späteren Sinneswandel haben (vgl. BGHSt 36, 97, 99). So liegt der Fall hier indes nicht. Die von dem Verurteilten gegebene, bislang nicht weiter ausgeführte Begründung, "eine Frau kennengelernt zu haben" und nunmehr "clean zu leben", vermag angesichts des Grades der sich aus den genannten Verurteilungen ergebenden Alkoholproblematik und in Anbetracht der nur gut sechswöchigen Dauer der Therapie auch bei wohlwollender Betrachtung den Abbruch der Maßnahme in keiner Weise verständlich erscheinen zu lassen. Das Verhalten des Verurteilten gibt vielmehr Grund zu der Annahme, dass ihm an der Durchführung der stationären Therapie von Anfang an nicht ernsthaft gelegen war. Hingegen wäre deren Fortführung, die allerdings nicht zwangsweise durchsetzbar ist (vgl. BGHSt a.a.O.), unveränderlich erforderlich, um dem offenbar langjährig alkoholkranken Verurteilten Hilfestellung zu geben und damit der Ursache für die Begehung neuerlicher Straftaten entgegenzuwirken (vgl. HansOLG Hamburg in NStZ 1992, 301).
Das in der Vergangenheit gezeigte Verhalten des Verurteilten lässt besorgen, dass er sich auf freien Fuß gesetzt erneut dem Zugriff der Strafvollstreckungsbehörden entziehen könnte, ohne sich durch weniger einschneidende Maßnahmen als den Vollzug des Sicherungshaftbefehls daran hindern zu lassen. Dies gilt umso mehr, als gegen ihn wie zuvor erwähnt in anderer Sache noch ein Untersuchungshaftbefehl erlassen worden ist.
Die Beschwerde des Verurteilten war danach mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 S. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.
Ende der Entscheidung
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