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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 04.06.2002
Aktenzeichen: 3 U 1113/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 894
BGB § 202 a. F.
BGB § 205 a. F.
BGB § 275 a. F.
BGB § 306 a. F.
BGB § 202 Abs. 1
BGB § 275 Abs. 1
BGB § 275 Nr. 4
BGB § 209 Abs. 1 a. F.
BGB § 275 Abs. 1 a. F.
ZPO § 339
ZPO § 340
ZPO § 711
ZPO § 542 Abs. 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 100 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 515 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 3 U 1113/00

Verkündet am 04.06.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kubiak sowie die Richter am Oberlandesgericht Becht und Ritter auf die mündliche Verhandlung vom 07.05.2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten zu 1) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 des Tenors des Versäumnisurteils der 15. Zivilkammer des Landgerichts vom 03.11.1999 wie folgt neu gefasst wird:

Der Beklagte zu 1) wird unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils vom 03.11.1999 verurteilt, die im Grundbuch von L......... beim Amtsgericht G........., Blatt 712, in Abteilung II, lfd. Nr. 1 zu seinen Gunsten eingetragene Vormerkung zu beseitigen und ihre Löschung zu bewilligen.

Die Widerklage des Beklagten zu 1) wird abgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte zu 1) 7/10 und die Beklagte zu 2) 3/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 1) darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Sicherheit darf durch selbstschuldnerische, unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank, Raiffeisenbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von jedem der Beklagten, jeweils eine Auflassungsvormerkung zu beseitigen, die zu Lasten bestimmter in ihrem Eigentum stehender Grundstücke eingetragen ist.

Bei der Klägerin, der Beklagte zu 1) und dem verstorbenen Ehemann der Beklagten zu 2) handelt es sich um Geschwister. Sie waren nach dem Tode ihres Vaters zusammen mit ihrer Mutter, I...... H...... (später: B.......), und einer Schwester in ungeteilter Erbengemeinschaft Miteigentümer eines landwirtschaftlichen Grundbesitzes in L......... in der ehemaligen DDR. Durch notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag vom 27.02.1952 wurde das Eigentum an den Grundstücken auf die Mutter übertragen. Die übrigen Erben wurden in Geld abgefunden. Unter Ziff. 6 des Vertrages hat die Mutter sich außerdem verpflichtet, den Grundbesitz dem am ...11.1943 geborenen Beklagten zu 1) gegen Gewährung eines Altenteils zu überlassen, wenn und sobald dieser das 25. Lebensjahr vollendet hätte. Für den Fall, dass der Beklagte zu 1) den Hof nicht übernehmen wollte, sollte dessen Bruder, der Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2), an dessen Stelle treten. Zu Gunsten des Beklagten zu 1) und seines Bruders wurden Auflassungsvormerkungen zur Sicherung ihrer Rechte aus dem Auseinandersetzungsvertrag im Grundbuch eingetragen.

In der Zeit bis 1960 flüchteten sämtliche Familienmitglieder in die Bundesrepublik Deutschland. Daraufhin wurde der Grundbesitz unter staatliche Verwaltung gestellt und im Jahre 1969 in Volkseigentum überführt. Als Rechtsträger wurde die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft "F..... L...." in L......... im Grundbuch eingetragen. Dasjenige der Grundstücke, welches mit den Hofgebäuden bebaut war, Flur 3 Flurstück 1383/254, wurde in der Folgezeit durch die Gemeinde L......... an Dritte veräußert. Durch Teilbescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen des Landkreises G......... vom 29.03.1993 wurde das Eigentum an mehreren der Grundstücke, nämlich Flur 3 Flurstücke 586/36, 559/134, 35/1, 198/1 und 1382/254, an die Mutter der Parteien zurück übertragen. Zugleich wurden zu Gunsten der Beklagten Vormerkungen zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung eingetragen. Hinsichtlich des Grundstücks Flur 3 Flurstück 1383/254 wurde der Mutter ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zugesprochen (Teilbescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen des Landkreises G......... vom 22.04.1993).

Nachdem die Mutter am ...01.1996 verstorben war, betrieben die Erben die Teilungsversteigerung zum Zwecke der Erbauseinandersetzung. Der Beklagte zu 1) kündigte mit Schreiben an das Versteigerungsgericht vom 25.09.1997 unter Hinweis auf die zu seinen Gunsten eingetragene Auflassungsvormerkung an, dass er nach dem Zuschlag von dem Ersteher die unverzügliche und unentgeltliche Übertragung des Grundbesitzes verlangen werde. Den Zuschlag erhielt die Klägerin. Sie hat den Ansprüchen ihrer Brüder gegenüber die Einrede der Verjährung geltend gemacht.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 1) und dessen Bruder Klage erhoben, worauf am 03.11.1999 ein Versäumnisurteil ergangen ist, durch welches

1. der Beklagte zu 1) verurteilt worden ist, die im Grundbuch von L......... beim Amtsgericht G........., Blatt 712, in Abteilung II, lfd. Nr. 1 eingetragene Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung an diesen Grundstücken zu löschen,

2. der damalige Beklagte zu 2) verurteilt worden ist, die im Grundbuch von L......... beim Amtsgericht G........., Blatt 712, in Abteilung II, lfd. Nr. 2 eingetragene Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung an diesen Grundstücken zu löschen.

Hiergegen haben die Beklagten Einspruch eingelegt und vorgetragen, Verjährung sei nicht eingetreten.

Das Landgericht hat das Versäumnisurteil durch Urteil vom 28.06.2000 aufrechterhalten und dazu in den Entscheidungsgründen ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Löschung der Auflassungsvormerkungen nach § 894 BGB zu, da die gesicherten Ansprüche beider Beklagten verjährt seien. Eine Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung sei nicht eingetreten.

Der Beklagte zu 1) und der damalige Beklagte zu 2) haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Nachdem der Beklagte zu 2) verstorben ist, hat seine Ehefrau und Alleinerbin den Rechtsstreit aufgenommen und die Berufung zurückgenommen.

Der Beklagte zu 1) trägt vor: Sein Anspruch auf Eigentumsverschaffung und derjenige seines Bruders seien nicht verjährt. Denn die im Jahre 1968 beginnende Verjährung sei 1969 dadurch unterbrochen worden, dass die durch Vormerkung gesicherten Ansprüche erloschen seien. Die Verjährung habe erst am 14.06.1993 neu zu laufen begonnen, als die Verpflichtete wieder Eigentümerin der zu übereignenden Grundstücke geworden sei. Zumindest sei von 1969 bis 1993 eine Hemmung der Verjährung gemäß §§ 202 Abs. 1, 205 BGB a. F. eingetreten. Hilfsweise macht der Beklagte zu 1) geltend, die Verjährung sei gemäß § 209 Abs. 1 BGB a. F. durch den an das Landratsamt G......... gerichteten Antrag der Beklagten vom 20.08.1990 auf Rückübereignung des Grundstücks unterbrochen worden.

Der Anspruch auf Übertragung des Grundstückseigentums sei nicht untergegangen. Zu keinem Zeitpunkt sei objektive Unmöglichkeit i. S. von § 275 BGB a. F. eingetreten. Insbesondere habe, wie sich inzwischen bestätigt habe, keine dauernde Unmöglichkeit vorgelegen. Da das Ziel der Wiedervereinigung von Anfang an im Grundgesetz festgelegt gewesen sei, habe auch stets damit gerechnet werden müssen, dass die Enteignung von Grundstücken in der DDR rückgängig gemacht werde. Die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Unmöglichkeit bei Enteignung fänden auf Enteignungen in der DDR keine Anwendung, weil diese nicht rechtmäßig gewesen seien. Eine andere Rechtsansicht sei mit dem Sinn des Vermögensgesetzes nicht vereinbar.

Hilfsweise trägt der Beklagte zu 1) vor, ein Anspruch auf Auflassung bestehe nach Treu und Glauben. Die Parteien seien als Geschwister zu besonderer gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet. Es gehe nicht an, dass die Klägerin Vorteile aus dem Vermögensgesetz genieße, während die Folgen der Enteignung dem Beklagten zu 1) gegenüber bestehen blieben. Die Klägerin sei auch nicht schutzwürdig, da für sie aufgrund des Erbauseinandersetzungsvertrages vom 27.02.1952 und der Vormerkung zu Gunsten des Beklagten zu 1) nie Zweifel daran bestanden hätten, dass dieser das Eigentum an den Grundstücken erhalten werde. Den Interessen der Klägerin gehe der in dem Erbauseinandersetzungsvertrag zum Ausdruck gebrachte Wille der Vertragschließenden vor.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 03.11.1999 die Klage abzuweisen;

im Wege der Widerklage,

die Klägerin zu verurteilen, ihre Zustimmung zu der Löschung ihres im Grundbuch eingetragenen Eigentums an den im Grundbuch von L......... beim Amtsgericht G........., Blatt 712, Flur 3, Flurstücke 586/36, 559/134, 1382/254, 35/1 sowie 198/1, eingetragenen Grundstücke zu erteilen und die Eigentumsüberschreibung an den Beklagten zu 1) zu bewilligen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Berufung des Beklagten zu 1) zurückzuweisen;

2. den Beklagten zu 1) unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils vom 03.11.1999 zu verurteilen, die im Grundbuch von L......... beim Amtsgericht G........., Blatt 712, Abteilung II, lfd. Nr. 1, zu seinen Gunsten eingetragenen Vormerkung zu beseitigen und ihre Löschung zu bewilligen;

hilfsweise,

den Beklagten zu 1) zu verurteilen, der Löschung der im Grundbuch von L......... beim Amtsgericht G........., Blatt 712, Abteilung II, lfd. Nr. 1, zu seinen Gunsten eingetragenen Vormerkung zuzustimmen.

Die Klägerin trägt vor, der Anspruch des Beklagten zu 1) sei infolge objektiver Unmöglichkeit endgültig erloschen, als das Eigentum seiner Mutter an den betroffenen Grundstücken 1969 im Grundbuch gelöscht worden sei. Eine Verpflichtung zur Eigentumsübertragung sei auch mit der Rückübertragung des Eigentums an mehreren Grundstücken auf die Mutter nicht wieder neu entstanden. Zudem sei diese nicht mehr zur Erfüllung, d. h. nach Auffassung der Klägerin: zur Übereignung des Hofes, im Stande gewesen, da das eigentliche Hofgrundstück in fremdem Eigentum verblieben sei. Sie habe sich darüber hinaus auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen können, weil die Fortführung des vom Vater ererbten landwirtschaftlichen Betriebes nicht mehr in Frage gekommen sei.

Zumindest habe der Beklagte zu 1) seine Ansprüche verwirkt, indem er mehr als 30 Jahre untätig geblieben sei und in dem Verfahren nach dem Vermögensgesetz eine Eigentumsübertragung nicht an sich, sondern an die Erbengemeinschaft nach dem verstorbenen Vater beantragt habe. Auch habe er zu Lebzeiten der Mutter nie einen Anspruch auf Eigentumsübertragung an sich geltend gemacht.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 1) hat im Berufungsverfahren dem Rechtsanwalt F... U..... B....., B......straße .., ..... N......, den Streit verkündet.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze und Urkunden (bis Bl. 379 GA) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten zu 1) ist zulässig, aber nicht begründet.

Gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 03.11.1999 hat der Beklagte zu 1) form- und fristgerecht Einspruch eingelegt (§§ 542 Abs. 3, 339, 340 ZPO). Das Landgericht hat das der Klage stattgebende Versäumnisurteil im Ergebnis zu Recht aufrechterhalten, da die zu Gunsten des Beklagten zu 1) eingetragene Vormerkung im Grundbuch von L........., Bl. 712, erloschen ist und die Klägerin deshalb deren Beseitigung verlangen kann.

Eine Vormerkung ist streng akzessorisch, so dass ihr Bestand von einer zu sichernden Forderung abhängt (BGH NJW 1981, S. 448). An einer solchen fehlt es im vorliegenden Fall. Allerdings wird entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht von einer Verjährung auszugehen sein, da durch Zwangsverwaltung der betroffenen Grundstücke und deren Überführung in Volkseigentum zumindest eine Hemmung nach § 202 BGB a. F. eingetreten wäre (BGH LM § 202 BGB Nr. 1). Der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch des Beklagten zu 1) auf Eigentumsübertragung ist vielmehr wegen Unmöglichkeit der Erfüllung gemäß § 275 Abs. 1 BGB a. F. untergegangen.

Dem Beklagten zu 1) entstand aus dem notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag, den die Erben des 1945 verstorbenen W...... H...... am 27.02.1952 schlossen, ein Anspruch auf Übereignung des ererbten Grundbesitzes gegen seine Mutter, I...... H....... Dieser Anspruch war bedingt durch die Vollendung des 25. Lebensjahres des damals sieben Jahre alten Beklagten. Die Erfüllung wurde jedoch spätestens dadurch, dass die Grundstücke 1969 in Volkseigentum der DDR überführt wurden, also nach Eintritt der Bedingung, dauernd unmöglich.

Die Eigentumsübertragung auf den Beklagten zu 1) wurde im Jahre 1969 objektiv unmöglich. Ein bloßes Unvermögen der Verpflichteten kann nicht mit der Begründung angenommen werden, die DDR bzw. die zum Rechtsträger bestimmte Körperschaft sei als Eigentümerin in der Lage gewesen, die Grundstücke an den Beklagten zu übereignen. Seitdem die Grundstücke sich in Volkseigentum befanden, war die Begründung von Privateigentum an ihnen unzulässig (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung der DDR). Eine Übereignung an Private, wie bezüglich der Parzelle Nr. 1383/254 geschehen, wurde erstmals durch eine Gesetzesänderung im Jahre 1990 (sog. Modrow-Gesetz vom 15.03.1990) zugelassen, war 1969 und in den folgenden 20 Jahren also nicht möglich. Überdies war eine Übereignung an den Beklagten zu 1) schon deshalb praktisch ausgeschlossen, weil dieser in die Bundesrepublik geflüchtet war. Unmöglich i. S. der §§ 275 Abs. 1, 306 BGB a. F. ist nicht nur eine denkgesetzlich unausführbare oder infolge rechtlicher Hindernisse auf keine Weise zu erbringende Leistung, sondern auch eine solche, deren Erfüllung erhebliche praktische Schwierigkeiten entgegenstehen, so dass jeder vernünftige Mensch von einem Erfüllungsversuch Abstand nehmen würde, wobei den praktischen Schwierigkeiten diejenigen gleichstehen, die auf rechtlichen Verboten beruhen (BGH NJW 1983, S. 2873, 2874). In der DDR galt die Regelung, dass Vermögenswerte, deren Eigentümer das Gebiet der DDR unerlaubt auf Dauer verlassen hatten, unter staatliche Verwaltung zu stellen waren. Darin lag zugleich das Verbot, Grundstückseigentum an solche Personen zu übertragen. Dies stand auch einer Grundstücksübereignung an den Beklagten zu 1) entgegen.

Es handelte sich nicht lediglich um ein zeitweiliges Erfüllungshindernis, sondern um eine dauernde Unmöglichkeit. Zwar hat sich nachträglich herausgestellt, dass die Unmöglichkeit der Grundstücksübereignung auf eine bestimmte Zeit begrenzt war. Eine zeitweise Unmöglichkeit ist jedoch einer dauernden gleich zu erachten, wenn die Erreichung des Vertragszwecks durch dieses Leistungshindernis in Frage gestellt wird und deshalb dem Vertragsgegner nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unter billiger Abwägung der Belange beider Vertragspartner die Einhaltung des Vertrages nicht zugemutet werden kann (BGH NJW 1982, S. 1458). Davon ist im Regelfall dann auszugehen, wenn völlig ungewiss ist, ob und wann das Leistungshindernis behoben werden kann (so Staudinger/Löwisch, BGB, März 2001, § 275 Rdnr. 35).

Für die Beurteilung der Frage, ob ein Fall dauernder Unmöglichkeit vorliegt, muss immer auf den Zeitpunkt abgestellt werden, in dem das Leistungshindernis eintritt (vgl. z. B. BGH aaO.). Entscheidend ist also, ob bei der Sachlage, wie sie sich unmittelbar nach Eintritt des Leistungshindernisses darstellt, den Parteien ein abwartendes Festhalten am Vertrag zuzumuten ist oder nicht (Staudinger aaO. Rdnr. 37). Ein anderer Zeitpunkt ist auch im vorliegenden Fall nicht maßgeblich. Er ergibt sich insbesondere nicht aus der Bedingtheit des Übereignungsanspruchs, da der Beklagte zu 1) sein 25. Lebensjahr bereits vollendet hatte und damit die vereinbarte Bedingung eingetreten war, als die Unmöglichkeit eintrat.

Als im Jahre 1969 die Grundstücke der Mutter des Beklagten zu 1) in Volkseigentum überführt worden waren, war für die Beteiligten völlig ungewiss, ob und ggf. wann dieses Leistungshindernis entfallen würde. Die politischen Verhältnisse ließen damals eine mögliche Veränderung bezüglich des Rechtszustandes in der DDR nicht erkennen oder gar erwarten. Etwas anderes ergab sich auch nicht daraus, dass sowohl in der Präambel des Grundgesetzes als auch in Art. 8 Abs. 2 der Verfassung der DDR von 1968 die Wiedervereinigung als Ziel staatlichen Handelns festgeschrieben war und insbesondere die staatlichen Organe der Bundesrepublik Deutschland verfassungsrechtlich gehalten waren, eine Wiedervereinigung anzustreben. Denn ob dieses Ziel überhaupt erreichbar war, konnte von niemandem vorausgesagt werden. Ebensowenig war mit einer baldigen Klärung dieser Frage zu rechnen. Darüber hinaus war völlig offen, ob im Falle einer Beendigung der Existenz der DDR das Eigentum an enteigneten Grundstücken auf die ursprünglichen Eigentümer zurückübertragen würde oder ob eine Wiedergutmachung auf andere Weise durchgeführt würde. Dementsprechend wird von der wohl herrschenden Meinung angenommen, dass Enteignungen durch die DDR grundsätzlich zur endgültigen Unmöglichkeit führten (vgl. OLG Brandenburg VIZ 1998, S. 464, 465; Münchener Kommentar / Emmerich, BGB, 4. Aufl., § 275 Rdnr. 41; Staudinger aaO. Rdnr. 38). Ebenso hat der Bundesgerichtshof im Fall einer Enteignung (Zwangsveräußerung) jüdischen Vermögens in Deutschland im Jahre 1941 diese trotz einer Rückübertragung des Eigentums nach 1945 als endgültiges Leistungshindernis angesehen (BGH LM § 275 BGB Nr. 4).

Der vorliegende Fall weist keine Besonderheiten auf, aufgrund deren es für die Verpflichtete ausnahmsweise zumutbar gewesen wäre, abzuwarten, ob eine Eigentumsübertragung an den Beklagten zu 1) wieder möglich würde. Die Beteiligten rechneten im Jahre 1969 nicht damit, dass der Erbauseinandersetzungsvertrag vom 27.02.1952 noch zur weiteren Durchführung gelangen würde. Hierfür bestand, wie bereits ausgeführt, ganz allgemein kein Anlass. Es werden auch keine besonderen Umstände vorgetragen, aus denen sich ergäbe, dass gerade der Beklagte zu 1) oder seine Mutter damals eine Rückübertragung des Grundstückseigentums für möglich gehalten und deshalb an dem Vertrag festgehalten hätten. Da praktisch keine Möglichkeit bestand, auf eine Rückübereignung hinzuwirken, wurden insofern keine Bemühungen unternommen. Vielmehr hatte die Familie sich nach ihrer Flucht aus der DDR offenbar mit dem Verlust des Hofes in L......... abgefunden und darauf eingerichtet, auf Dauer in der Bundesrepublik Deutschland zu leben, wie u. a. der spätere Erwerb eines Hausgrundstücks in Oberbieber durch die Mutter und deren zweiten Ehemann zeigt. Soweit der Beklagte zu 1) vorträgt, für die Klägerin, seine Schwester, hätten niemals Zweifel bestanden, dass das Eigentum an den Grundstücken in L......... an ihn fallen sollte, fehlt es am Vortrag von Tatsachen.

Ein Offenlassen des Rechtszustandes verbot sich auch angesichts der Interessenlage des Beklagten zu 1) und seiner Mutter. Zwar sah der Erbauseinandersetzungsvertrag keine synallagmatisch verknüpfte Gegenleistung für die Übereignung der Grundstücke vor, wohl aber die Verpflichtung des Beklagten, der Mutter und ihrem Ehemann, ein - nicht näher definiertes - Altenteil einzuräumen. Anders als ein aus einer Schenkung oder einem Vermächtnis Verpflichteter hatte die Mutter deshalb grundsätzlich ein deutliches Interesse an der Durchführung des Vertrages, da er für ihre Alterssicherung von erheblicher Bedeutung war. Der Beklagte zu 1) andererseits musste bei der Übernahme der Grundstücke damit rechnen, auf längere Zeit - je nachdem, wie der Begriff des Altenteils auszulegen war - zu Leistungen an seine Mutter und deren zweiten Ehemann verpflichtet zu sein. Beide mussten deshalb im Jahre 1969 daran interessiert sein, hierüber Klarheit zu gewinnen. Eine Aufrechterhaltung der vertraglichen Regelung hatte u. a. deshalb keinen Sinn, weil mit der Verwirklichung des vorgesehenen Altenteils nicht mehr zu rechnen war. Dem entspricht es, dass der Beklagte zu 1) seiner Mutter und ihrem Ehemann in der Folgezeit, nämlich im Jahre 1977, ein Wohnrecht an dem an ihn, den Beklagten, übereigneten Hausgrundstück in O......... einräumte. Da es für die Beteiligten unter Berücksichtigung aller Besonderheiten des Einzelfalls nicht sinnvoll war, auf unabsehbare Zeit Ungewissheit darüber bestehen zu lassen, ob der Erbauseinandersetzungsvertrag bezüglich der Grundstücke in L......... noch zur Ausführung kommen sollte, ist von einem dauernden Erlöschen der Übereignungsverpflichtung auszugehen (vgl. dazu Staudinger aaO. Rdnr. 38; vgl. auch BGH LM § 275 BGB Nr. 4).

Die Rückübertragung des Grundstückseigentums auf die Mutter des Beklagten zu 1) im Jahre 1993 führte nicht zu einem Wiederaufleben ihrer Verpflichtung aus dem Erbauseinandersetzungsvertrag. Denn der unerwartete Wegfall eines zunächst als dauernd anzusehenden Leistungshindernisses lässt die nach § 275 Abs. 1 BGB a. F. entfallene Verpflichtung nicht neu entstehen (vgl. BGH aaO.; RGZ 158, S. 321, 331; Münchener Kommentar aaO. Rdnr. 25, 41). Zweck der Bestimmung des § 275 BGB a. F. ist es, dadurch, dass eine sinn- und gegenstandslose Verpflichtung verneint wird, klare Verhältnisse zu schaffen, von denen die Vertragspartner auf Dauer ausgehen können. Dem würde es zuwiderlaufen, wenn sie doch noch mit dem Wiederaufleben der Verpflichtung rechnen müssten.

Dem Beklagten zu 1) entstand auch nach Treu und Glauben kein Anspruch gegen seine Mutter, die Verpflichtung zur Übereignung an ihn neu zu begründen oder gegen sich gelten zu lassen (§ 242 BGB). Eine solche Verpflichtung ist nur in Ausnahmefällen zu bejahen, nämlich dann, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls, insbesondere aus dem Vertragsverhältnis, ergibt, dass die endgültige Vernichtung des nach § 275 BGB a. F. untergegangenen Anspruchs nach Beseitigung des Leistungshindernisses für den früher Berechtigten eine unzumutbare Härte bedeuten würde oder aus anderem Grunde unbillig wäre (vgl. RG aaO.; Staudinger aaO. Rdnr. 38). Ein derartiger Sachverhalt liegt hier nicht vor.

Der Beklagte zu 1) trägt zwar vor, dass eine Ungleichbehandlung vorliege, wenn die Auswirkungen der Überführung des Grundbesitzes in Volkseigentum nur im Verhältnis zur Eigentümerin, nicht aber ihm gegenüber beseitigt würden; dies widerspreche dem Grundgedanken des Vermögensgesetzes. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Beklagte im Unterschied zu seine Mutter kein absolutes Recht, sondern lediglich einen obligatorischen Anspruch verloren hat. Auch eine Anwartschaft war in seiner Person noch nicht entstanden. Der Zweck des Vermögensgesetzes beschränkt sich aber darauf, den rechtstaatswidrigen Entzug bestehender Vermögenswerte - insbesondere den Entzug von Eigentum - zu korrigieren. Dagegen soll das Gesetz nicht auch einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass bereits der Erwerb einer solchen Rechtsposition unmöglich gemacht worden ist (BVerwG Buchholz 112 § 2 VermG Nr. 1). Der Gesetzgeber hat sich also entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) nicht das - unerreichbare - Ziel gesetzt, sämtliches durch die DDR geschaffene Unrecht rückgängig zu machen und die Epoche der DDR als "nicht erfolgt" zu behandeln.

Der endgültige Verlust des Übereignungsanspruchs bedeutet für den Beklagten zu 1) keine unbillige Benachteiligung. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung sind er und seine Geschwister gleich behandelt worden, indem er ebenso wie alle anderen eine Erbabfindung in Geld, und zwar in gleicher Höhe, erhielt (Ziff. 5. des Erbauseinandersetzungsvertrages). Die Bevorzugung, welche ihm als dem jüngsten Sohn durch die Übertragung des Grundbesitzes zukommen sollte, hatte, wie bereits ausgeführt, eine angemessene Entsprechung in seiner besonderen Verpflichtung, der Mutter und deren Ehemann ein Altenteil zu gewähren (Ziff. 6 Abs. 2). Letzteres war aber im Jahre 1995 nicht mehr möglich, da das Eigentum an dem Hofgrundstück nicht auf ihn übertragen werden konnte. Zudem waren auch Altenteilsleistungen aus den Erträgen des Hofes nunmehr praktisch ausgeschlossen. Die Einräumung eines Wohnrechts an dem Haus in O......... ist hiervon zu trennen, da sie lediglich in Zusammenhang mit der 1977 erfolgten Übertragung des Eigentums an diesem Grundstück steht. Der mit dem Erbauseinandersetzungsvertrag bezweckte Erfolg wäre daher nicht herbeigeführt worden, wenn die Mutter dem Beklagten zu 1) des Eigentums an den Grundstücken in L......... übertragen hätte, sondern dies hätte im Gegenteil - mangels Gewährung eines Altenteils durch den Beklagten - zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung der Geschwister geführt. Die Mutter war deshalb nicht verpflichtet, einen Übereignungsanspruch des Beklagten gegen sich gelten zu lassen.

Ebensowenig ist die Klägerin, nachdem sie Eigentümerin der Grundstücke in L......... geworden ist, nach Treu und Glauben zu deren Übereignung an ihren Bruder verpflichtet. Da bereits der Mutter gegenüber kein solcher Anspruch bestand, verbietet es sich grundsätzlich, deren Rechtsnachfolgerin, die Klägerin, insofern anders zu behandeln. Es treten auch keine besonderen Umstände hinzu, die ihren Ursprung gerade im Verhältnis des Beklagten zu 1) zur Klägerin hätten. Dass diese nunmehr Eigentümerin der Grundstücke geworden ist, bedeutet keine Benachteiligung ihres Bruders. Denn der Eigentumserwerb beruht nicht auf der Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz, sondern darauf, dass die Klägerin die Grundstücke ersteigert, also dafür eine Gegenleistung erbracht hat. Da der Beklagte zu 1) sich ebenso wie seine Geschwister an der Zwangsversteigerung beteiligen konnte und beteiligte, ist er insofern nicht schlechter gestellt. Dafür, dass die Klägerin stets davon ausgegangen sei, dass der Beklagte zu 1) das Eigentum an den Grundstücken erhalten sollte, trägt der Beklagte, wie bereits festgestellt, keine Tatsachen vor. Das Vorhandensein einer Vormerkung zu Gunsten des Beklagten lässt diesen Schluss nicht zu, da die Klägerin davon ausgehen durfte, dass die zugrunde liegende Forderung erloschen - nach ihrer Auffassung: verjährt - war. Die Vormerkung selbst stellt keine Anspruchsgrundlage dar. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten zu 1) kann deshalb auch nicht von mangelnder Schutzwürdigkeit der Klägerin ausgegangen werden.

Der durch Vormerkung gesicherte Anspruch des Beklagten zu 1) besteht nach den vorausgegangenen Ausführungen nicht. Der Beklagte zu 1) ist daher zur Beseitigung der Vormerkung verpflichtet.

Die Berufung des Beklagten zu 1) war zurückzuweisen.

Die auf Zustimmung zur Löschung des Eigentums der Klägerin und Eintragung des Eigentums des Beklagten zu 1) gerichtete Widerklage war aus den gleichen Gründen abzuweisen.

Die Neuformulierung der Urteilsformel des Versäumnisurteils dient der Klarstellung.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, § 515 Abs. 3 Satz 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren wie folgt festgesetzt:

1. Klageantrag gegen den Beklagten zu 1) 10.000,00 Euro 2. Klageantrag gegen den Beklagten zu 2) 10.000,00 Euro 3. Widerklage des Beklagten zu 1) 23.519,43 Euro Gesamtwert von 1. und 3. 23.519,43 Euro Gesamtstreitwert 33.519,43 Euro

Ende der Entscheidung

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