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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 17.07.2001
Aktenzeichen: 3 U 1348/00
Rechtsgebiete: BGB, AGBG, ZPO
Vorschriften:
BGB § 480 Abs. 2 | |
BGB § 459 Abs. 2 | |
BGB § 463 | |
BGB § 459 Abs. 1 | |
BGB § 462 | |
BGB § 208 | |
BGB § 270 Abs. 3 | |
BGB § 254 Abs. 2 | |
BGB § 284 Abs. 1 | |
BGB § 288 Abs. 1 | |
AGBG § 11 Nr. 11 | |
ZPO § 407 a Abs. 2 Satz 1 | |
ZPO § 407 a Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 407 a | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 713 |
Geschäftsnummer: 3 U 1348/00
Verkündet am 17.07.2001
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kubiak, den Richter am Oberlandesgericht Ritter und den Richter am Landgericht Heilmann auf die mündliche Verhandlung vom 05.06.2001
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte tragt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Mangelhaftigkeit von Flaschenkorken, welche die Beklagte an ihn lieferte.
Der Kläger, der Inhaber eines Winzerbetriebes ist, bezog von der Beklagten im März 1998 Naturkorken zur Abfüllung von Wein. Nachdem er den Wein im selben Monat von einem Abfüllbetrieb hatte in Flaschen füllen und diese mittels der von der Beklagten gelieferten Korken hatte verschließen lassen, stellte der Kläger im Sommer 1998 aufgrund von Beanstandungen seitens mehrerer Kunden fest, dass bei einem Teil der Korken Undichtigkeit und Schimmelbildung auf getreten war.
Der Kläger beanstandete dies bei der Beklagten. In den anschließenden Verhandlungen erzielten die Parteien hierüber jedoch keine Einigung. Der Kläger veranlasste daraufhin die Erstellung eines Sachverständigengutachtens in einem selbständigen Beweisverfahren -- 3 OH 1/99 -- vor dem Landgericht Trier. Das Gutachten ist am 04.12.1999 von dem Sachverständigen T...... erstellt worden. Auf den Inhalt wird Bezug genommen (Bl. 34 ff. d. Beia.).
Der Kläger hat vorgetragen, die von der Beklagten gelieferten Korken seien mangelhaft. Die Beklagte schulde ihm deshalb den Betrag in Höhe von 19.723,00 DM, den der Sachverständige T...... als notwendige Kosten zur Behebung des entstandenen Schadens errechnet habe. Die Verjährung des Anspruchs sei durch die Verhandlungen mit der Beklagten zunächst gehemmt und dann durch das selbständige Beweisverfahren unterbrochen worden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 19.773,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 07.01.2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, die gelieferten Korken hätten keine Mängel aufgewiesen. Vielmehr seien die aufgetretenen Schäden auf Fehler bei der Abfüllung zurückzuführen. Die Beklagte beruft sich außerdem auf den in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Haftungsausschluss für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung der Zeugin M.... W. ..... in vollem Umfang stattgegeben, mit der Begründung, die Mangelhaftigkeit der Korken sei durch das eingeholte Sachverständigengutachten bewiesen. Auf Seiten der Beklagten liege grobe Fahrlässigkeit vor. Abgesehen davon stelle die fehlende Eignung der Korken zum Verschließen von Flaschen das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft dar. Verjährung sei nicht eingetreten, da die Verhandlungen zwischen den Parteien bis zur Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens zu einer Hemmung geführt hätten.
Die Beklagte begründet ihre Berufung in erster Linie mit dem Vortrag, die Klageforderung sei verjährt. Die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätten die Parteien sich nicht auf die Prüfung des behaupteten Mangels oder auf eine Nachbesserung geeinigt. Eine etwaige Hemmung sei jedenfalls durch das Telefax der Beklagten vom 08.02.1999 beendet worden. Es fehle an einem Anerkenntnis von Gewährleistungsansprüchen durch die Klägerin. Der für sie tätig gewordene Mitarbeiter, der Zeuge B...., habe keine Vollmacht für die Abgabe von rechtsverbindlichen Erklärungen gehabt.
Im übrigen bestreitet die Beklagte weiterhin die Mangelhaftigkeit der gelieferten Korken und greift in diesem Zusammenhang das Gutachten des Sachverständigen T...... an. Die Beklagte verneint eine Zusicherung und beruft sich auf die vertragliche Haftungsausschlussklausel. Eine grobe Fahrlässigkeit liege nicht vor. Der zugesprochene Betrag sei zur Beseitigung des entstandenen Schadens nicht notwendig.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, Verjährung sei nicht eingetreten. Der Mitarbeiter der Beklagten, B...... welcher wie deren Vertreter auf getreten sei, habe seinerzeit bestätigt, dass die Korken nicht in Ordnung seien. Hinsichtlich der Mangelhaftigkeit der Korken beruft der Kläger sich auf das im selbständigen Beweisverfahren erstellte Gutachten. Eine Zusicherung der Geeignetheit zum Verschließen von Weinflaschen sei zu bejahen. Außerdem habe Herr B..... bei der Bestellung erklärt, die angebotenen Korken seien ebenso gut wie die zuvor gelieferten.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze und Urkunden Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 480 Abs. 2 BGB.
Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag oder ein Werklieferungsvertrag über vertretbare Sachen zustande gekommen (§ 433 oder § 651 BGB). In jedem Fall finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung (§ 651 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Die Haftung der Beklagten beruht auf § 480 Abs. 2 BGB, da es sich vorliegend um einen Gattungskauf handelt und der gekauften Ware eine zugesicherte Eigenschaft fehlt.
Die Zusicherung einer Eigenschaft i. S. von § 459 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn aus der Sicht des Käufers der Wille des Verkäufers erkennbar wird, die Gewähr für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft zu übernehmen (BGH NJW 1996, S. 836, 837). Entscheidend ist, dass der Verkäufer seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen einzustehen, wenn die Eigenschaft fehlt. Dabei ist jedoch nicht in erster Linie der Wille des Verkäufers maßgebend. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, wie der Käufer die Äußerungen des Verkäufers unter Berücksichtigung, seines sonstigen Verhaltens und der Umstände, die zum Vertragsschluss geführt haben, nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auffassen durfte (BGH NJW 1972, S. 1706, 1707). Die in dieser Weise verstandene Zusicherung kann auch stillschweigend durch schlüssiges Verhalten erfolgen.
Die Einigung beider Parteien über den Vertragszweck kann die stillschweigende Zusicherung einer bestimmten Eigenschaft enthalten, wenn nur mit ihr der Verwendungszweck des Käufers, den dieser genügend deutlich gemacht hat, erreicht werden kann (Münchener Kommentar / Westermann, BGB, 3. Aufl., § 459 Rdnr. 69, unter Bezugnahme auf BGH NJW 1972, S. 1706, 1707). Für eine Zusicherung reicht das bloße Schweigen des Verkäufers allerdings regelmäßig nicht aus, wenn der Käufer in der lediglich stillschweigenden Erwartung abschließt, die Kaufsache werde die von ihm als selbstverständlich vorausgesetzte Eigenschaft besitzen (BGH NJW 1996, S. 1465, 1466 f.). Legt der Käufer dagegen erkennbar auf das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft des zu erwerbenden Gegenstandes Wert und macht er davon den Vertragsschluss abhängig, dann geht die Erklärung des Verkäufers, der daraufhin eine Ware mit dieser Eigenschaft anbietet, über den Rahmen einer bloßen Anpreisung oder beschreibenden Angabe hinaus und seine Angaben sind geeignet, beim Käufer den Eindruck zu erwecken, der Verkäufer übernehme Garantie für das Vorhandensein der gewünschten Eigenschaft (vgl. BGH NJW 1995, S. 518, 519). Ein solcher Fall liegt hier vor.
Als der Kläger mit der Beklagten am 18.02.1998 den Kaufvertrag über 12.200 Korken mit dem Aufdruck: "Erzeugerabfüllung Weingut Norbert W....... E..../Mosel," abschloss, war für beide Seiten offenbar, dass damit Weinflaschen verschlossen werden sollten. Einer ausdrücklichen Erklärung des Verkäufers, dass die gelieferten Korken hierfür geeignet seien, bedurfte es nicht, weil für diese -- unabhängig von der Person des Käufers -- bereits ihrer Gattung nach ein anderer Verwendungszweck gar nicht in Betracht kam. Die Beklagte gab deshalb dem Kläger durch ihr Angebot nicht nur zu verstehen, dass die Korken zweckgerecht verwendbar seien, sondern dies wurde stillschweigend zum Vertragsinhalt gemacht, d. h., die Parteien einigten sich auf den Kauf solcher Korken, die sich zum Verschließen von Weinflaschen eigneten. Dem Vortrag der Beklagten, es habe sich vertragsgemäß um Korken minderer Qualität gehandelt, ist nichts anders zu entnehmen. Denn auch in diesem Falle durften die Korken nicht von vornherein ungeeignet sein, Weinflaschen ordnungsgemäß zu verschließen.
Hinzukommt, dass der Kläger den abgefüllten Wein im Rahmen seines Winzerbetriebes veräußern wollte. Es war deshalb für ihn, wie der Beklagten bekannt war, eine unverzichtbare Notwendigkeit, dass die Flaschen mit den Korken dicht zu verschließen waren und dass aus den verkorkten Flaschen kein Wein ausfloss. Insofern vertraute der Kläger auf die Fachkunde der Beklagten, von der er wusste, dass sie die Korken auf deren Eignung in ihrem Fachbetrieb prüfen ließ. Unter diesen Umständen musste der Kläger die konkludente Erklärung der Beklagten, dass die Korken zur bestimmungsgemäßen Verwendung geeignet seien, als Zusicherung verstehen.
Eine solche Deutung des hier zu beurteilenden Sachverhalts lauft entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der Systematik des Gewährleistungsrechts zuwider. Zu diesem Ergebnis könnte man nur gelangen, wenn man die Möglichkeit stillschweigender Zustimmungen -- anders als der Bundesgerichtshof -- von vornherein ablehnen würde. Bejaht man im vorliegenden Fall eine Zusicherung, so tritt die Haftung gemäß §§ 459 Abs. 2, 463, 480 Abs. 2 BGB keineswegs vollständig an die Stelle der Regelung der §§ 459 Abs. 1, 462 BGB. Denn die Zusicherung bezieht sich hier nicht auf eine allgemeine Mangelfreiheit, sondern auf ein spezielles, besonders wichtiges Merkmal der Kaufsache, nämlich darauf, dass diese für den Zweck, zu dem sie hergestellt wurde, nicht völlig unbrauchbar ist. Maßgeblich bleibt zudem die Vertragsauslegung anhand der Umstände des Einzelfalls (vgl. BGH aaO.).
Anders als in dem der Entscheidung BGH NJW 1995, S. 518 f., zugrundeliegenden Fall, erklärte der Kläger seinen Wunsch, dass die Korken zum Verschließen von Weinflaschen geeignet sein sollten, allerdings nicht ausdrücklich. Das ist jedoch für die Annahme einer Zusicherung nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass der Käufer erkennbar auf das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft des zu erwerbenden Gegenstandes Wert legt und den Vertragsschluss davon abhängig macht (BGH NJW 1995, S. 518, 519). Ein Grundsatz, wonach nur nach ausdrücklich geäußerter Kauferwartung eine entsprechende stillschweigende Zusicherung anzunehmen sei, ist auch nicht dem Urteil BGH NJW 1996, S. 1465 ff., zu entnehmen, in welchem in Abgrenzung zu der zuvor genannten Entscheidung eine stillschweigende Zusicherung verneint wurde. Das zuletzt genannte Urteil behandelt einen Fall, in welchem der Käufer einer EDV-Anlage stillschweigend vorausgesetzt hatte, dass es sich bei der Kaufsache nicht um ein Auslaufmodell handele. Diese Eigenschaft gehörte aber -- anders als im vorliegenden Fall -- nicht zu denjenigen, welche die Eigenart der gekauften Sache ausmachten, so dass dieser Sachverhalt mit dem hier zu beurteilenden nicht vergleichbar ist.
Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt in Folgendem: Fehlte den von der Beklagten gelieferten Korken die Verwendbarkeit für Weinflaschen, so stellte dies einen Verstoß gegen die sog. Kardinalpflichten der Verkäuferin dar, d. h., einen Mangel, der eine Erreichung des Vertragszweckes von vornherein ausschloss und auf dessen Nichtvorhandensein jeder Käufer vertraut und vertrauen darf. Insofern bedurfte es keiner besonderen Erklärung des Käufers, sondern eine solche hätte nur erwartet werden können, wenn dieser -- aus welchem Grunde auch immer -- Weinkorken hatte kaufen wollen, die zum Verschließen von Weinflaschen ausnahmsweise nicht geeignet sein mussten. Die Erklärung des Klägers, die gekaufte Ware müsse ihrem Zweck entsprechend verwendet werden können, brauchte daher nicht ausdrücklich ausgesprochen zu werden, um für den Verkäufer erkennbar zu sein.
Da der Beklagten aufgrund ihrer längeren Geschäftsverbindung zum Kläger bekannt war, dass dieser im Hinblick auf die beabsichtigte Verwendung in seinem Winzerbetrieb den Vertragsschluss von der Brauchbarkeit der Korken abhängig machte und insofern auf die ordnungsgemäße Prüfung durch die fachkundige Klägerin vertraute, war auch ohne besondere ausdrückliche Erklärungen die Entgegennahme der Bestellung durch die Beklagte dahin zu verstehen, dass sie für die Verwendungsfähigkeit der Korken Gewahr übernahm.
Ob darüber hinaus von dem Vertreter der Beklagten erklärt wurde, die bestellten Korken hätten die gleiche Qualität wie die zuvor gelieferten (§ 494 BGB), ist deshalb nicht mehr zu prüfen.
Den von der Beklagten gelieferten Korken fehlte im Zeitpunkt des Gefahrübergangs zum großen Teil die zugesicherte Eigenschaft der Verwendungsfähigkeit zum Verschließen von Weinflaschen (§ 480 Abs. 2 BGB).
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass wenige Monate nach der im März vorgenommenen Abfüllung des Weines des Klägers der Füllstand in den mit Korken aus der Lieferung der Beklagten verschlossenen Flaschen zum Teil erheblich abgesunken war und sich an zahlreichen Korken starker Schimmel gebildet hatte. Die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Trier -- 3 OH 1/99 -- hat erbracht, dass dies auf Fehler des Korkmaterials zurückzuführen ist.
Der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) T...... hat in seinem Gutachten vom 04.12.1999 (Bl. 34 ff. GA) festgestellt, dass am 31.08.1999 aus einem nicht unerheblichen Teil der noch im Keller des Klägers lagernden Flaschen mit den Korken der Beklagten Wein ausgelaufen war (sog. Ausläufer) und sich an diesen Flaschen Schimmelpilz gebildet hatte.
Der von dem gerichtlich beauftragten Sachverständigen hinzugezogene Sachverständige Dr. Th. M..... von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau in T.... hat in einem Hilfsgutachten vom 13.10.1999 zu den Ursachen der Ausläufer folgende Feststellungen getroffen: Von insgesamt 28 überprüften Flaschen wiesen zunächst 26 Flaschen Hinweise auf Ausläufer auf. Nach 29tägiger Lagerung in liegendem Zustand waren bei 27 Flaschen Ausläufer zu erkennen, und zwar aufgrund erneuten Weinaustrittes -- überwiegend zwischen Korken und Glas. Drei zum Vergleich geprüfte Flaschen, die mit Korken eines anderen Unternehmens verschlossen waren, zeigten keine Hinweise auf Ausläufer. Die Korken, an denen Wein ausgelaufen war, waren nach den Feststellungen des Hilfssachverständigen Dr. M..... minderer Qualität, da sie großporige Lenticellengänge sowie Verholzungen aufwiesen und die Rückstellkräfte mit einer Ausnahme deutlich unterhalb des Normbereiches lagen. Die Durchmesser der Flaschenhälse dagegen waren bis auf zwei geringfügige Abweichungen normgerecht. Bei den von Ausläufern betroffenen Korken war die Korkoberfläche fast völlig mit Wein bedeckt, und es war Wein in den oberen Bereich der Korken eingetreten. Der Hilfssachverständige kommt aufgrund dessen zu dem Ergebnis, dass mit sehr großer Wahrscheinlichkeit die Ursache der Ausläufer in der minderen Qualität der Korken, insbesondere den zu geringen Rückstellkräften, zu erblicken sei, nicht dagegen in Fehlern beim Abfüllen. Dem hat der Sachverständige T...... sich angeschlossen.
Durch die beiden im selbständigen Beweisverfahren erstellten Gutachten ist nach Überzeugung des Senats die Behauptung des Klägers bewiesen, dass die Korken nicht verwendungsfähig waren. Dazu wird zunächst auf die Beweiswürdigung des Landgerichts verwiesen.
Der Einwand der Beklagten, die Hinzuziehung des Sachverständigen Dr. M..... habe gegen § 407 a Abs. 2 Satz 1 ZPO verstoßen und zeige die mangelnde Geeignetheit des Sachverständigen T....... ist unbegründet. Eine Übertragung des Sachverständigenauftrags auf Dr. M..... hat nicht stattgefunden. Vielmehr hat der Sachverständige T...... die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau in zulässiger Weise hinzugezogen, damit die erforderlichen Tests und Messungen durchgeführt werden konnten (vgl. Bl. 28, 29 d. Beia.), und zuvor dem Landgericht gemäß § 407 a Abs. 2 Satz 2 ZPO Mitteilung gemacht. Der Sachverständige Dr. M..... ist im Rahmen dieser Hinzuziehung tätig geworden, ohne dass der Sachverständige T...... seine Verantwortung für das Gutachten an ihn abgegeben hätte (vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 57. Aufl., 407 a Rdnr. 4). Ohne diese Vorgehensweise zu beanstanden, hat die Beklagte in erster Instanz zur Sache verhandelt, so dass sie sich auch aus diesem Grunde nicht mehr auf einen Verstoß gegen § 407 a ZPO berufen kann (§ 295 Abs. 1 ZPO).
Mangelnde Eignung des Sachverständigen T...... ergibt sich aus seiner Vorgehensweise nicht. An seiner Sachkunde bestehen im Gegenteil keine Zweifel. Er ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger u. a. für allgemeine Fragen der weinbaulichen Außen- und Kellerwirtschaft. Die Beweisthemen fallen also in seinen Kompetenzbereich. Indem der Sachverständige zur Durchführung der erforderlichen Untersuchungen die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau hinzuzog, hat er Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit gezeigt. Das Gutachten gibt im Übrigen zu Beanstandungen keinen Anlass.
Das Gutachten ist nachvollziehbar und auch im Ergebnis überzeugend. Zu Unrecht greift die Beklagte die Vorgehensweise des Hilfsgutachters Dr. M..... an. Es ist nicht zu beanstanden, dass er nur solche Flaschen 29 Tage lagerte und anschließend einer Untersuchung unterzog, die bereits im März 1998 abgefüllt worden waren. Die dabei erzielten Erkenntnisse reichen aus, die mangelnde Verwendungsfähigkeit der Korken zu beweisen. Die Behauptung der Beklagten, nach dem Abfüllen im Auftrag des Klägers sei die für Korken der vorliegenden Art erforderliche Standzeit nicht eingehalten worden und dadurch seien die Ausläufer entstanden, ist widerlegt durch die Feststellungen im Hilfsgutachten. Danach wiesen die Korken deutlich zu geringe Rückstellkräfte auf und waren sowohl im oberflächennahen Bereich schwammig als auch zum überwiegenden Teil im Inneren von Wein durchfeuchtet. Dieser Effekt wäre nicht erklärlich, wenn der Weinfilm zwischen Korken und Glas und die dadurch bedingten Undichtigkeiten allein darauf zurückzuführen wären, dass die Flaschen nach dem Abfüllen möglicherweise bereits vor einer vollständigen Rückstellung liegend gelagert wurden. Dass die Korken bis ins Innerer mit Wein vollgesogen waren, ist ganz offenbar Folge der in dem Hilfsgutachten aufgezeigten minderen Qualität der Korken. Dieser Schlussfolgerung des Sachverständigen T...... ist zu folgen.
Der Vortrag der Beklagten, bei keinem ihrer übrigen Kunden, die Korken aus derselben Lieferung erhalten hätten, seien Ausläufer aufgetreten, steht dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht entgegen. Qualitätsunterschiede zwischen einzelnen Partien ein und derselben Lieferung kommen durchaus vor. Überdies wurden die Korken, wie der Geschäftsführer der Beklagten, B....., bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung berichtet hat, noch im Betrieb der Beklagten mit einem sog. Weichmacher behandelt. Auch hieraus können sich Unterschiede zwischen Teilen der Lieferung ergeben haben, die die Beklagte von ihrem Zulieferer erhalten und an ihre Kunden weiterverkauft hatte. Der Umstand, dass die Beklagte von anderen Kunden keine Beanstandungen erhielt, lässt daher nicht den Schluss zu, dass die an den Kläger verkaufte Ware in Ordnung war.
Die von der Beklagten gelieferten Korken waren nach den vorausgegangenen Ausführungen nicht geeignet, Weinflaschen ordnungsgemäß zu verschließen. Sie genügten, wenngleich nur bei einem Teil von ihnen Wein austrat, nicht den Mindestanforderungen an die Funktionsfähigkeit von Weinkorken. Ihnen fehlte somit eine zugesicherte Eigenschaft.
Der Anspruch des Klägers auf Schadensersatz nach § 480 Abs. 2 BGB ist nicht verjährt (§ 477 Abs. 1 BGB).
Ob die sechsmonatige Verjährungsfrist, welche an sich im September 1998 ablief, durch ein Anerkenntnis der Beklagten gemäß § 208 BGB unterbrochen wurde, bedarf keiner Prüfung. Denn jedenfalls stellt die Geltendmachung der Verjährungseinrede eine unzulässige Rechtsausübung dar, da die Beklagte bei dem Kläger zumindest bis zum Ablauf des selbständigen Beweisverfahrens durch ihr Verhalten den Eindruck erweckte, sie werde die Einrede der Verjährung nicht geltend machen (vgl. dazu BGH NJW 1988, S. 265, 266).
Der Kläger wurde durch folgende Vorgänge davon abgehalten, vor Ablauf der Verjährungsfrist Klage zu erheben: Die Parteien verhandelten, nachdem die Undichtigkeit an den gelieferten Korken sich gezeigt hatte, über eine vernünftige Regelung des Streites, wobei die Beklagte die Korken nochmals auf etwaige Fehler überprüfte und dem Kläger dann das Angebot machte, eine Partie Korken gratis zu liefern. Nachdem der Kläger dies bei einem Gespräch am 05.02.1999 abgelehnt hatte, übersandte die Beklagte ihm unter dem 08.02.1999 ein Schreiben, in welchem es u. a. heißt:
"Aus diesem Grunde ist es wohl unerlässlich, über einen Rechtsstreit die Sache abzuwickeln. Dazu ist ein neutrales Gutachten erforderlich, und ich habe sie gebeten, ca. 12 -- 18 Flaschen an die Forschungsanstalt für Weinbau und Kellerwirtschaft ... zu schicken.
Bei diesem Gutachten soll ermittelt werden, ob der Korken oder technische bzw. physikalische Einflüsse diesen Schaden verursacht haben. Nach Vorlage des Gutachtens werden wir noch mal über den weiteren Vorgang dieser Angelegenheit diskutieren."
Indem die Beklagte mit dem Kläger über eine gütliche Einigung verhandelt und ihm dann dieses Schreiben hatte zukommen lassen, hatte sie ihn in den Glauben versetzt, sie werde seinen Anspruch noch nicht endgültig ablehnen, sondern wolle diesen weiterhin nur mit sachlichen Einwendungen bekämpfen. Das Schreiben vom 08.02.1999 war entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dahin zu verstehen, dass dem Kläger nahegelegt werden sollte, unverzüglich einen Rechtsstreit einzuleiten. Dies ist aus der Feststellung, ein Rechtsstreit werde "wohl" unerlässlich sein, nicht zu entnehmen. Der Ratschlag, einen Gutachter zu beauftragen und anschließend "noch mal ... zu diskutieren", ließ vielmehr erkennen, dass das Gutachten eingeholt werden sollte, bevor eventuell ein Gericht angerufen wurde. Der Kläger durfte daher nach Treu und Glauben darauf vertrauen, dass die Beklagte sich zunächst nicht auf Verjährung berufen werde (vgl. auch BGH NJW 1998, S. 902, 903).
Es mag dahinstehen, ob bereits der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens vom 22.02.1999 als rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung anzusehen ist (§ 477 Abs. 2 BGB in entsprechender Anwendung). Jedenfalls wurde die Klage innerhalb angemessener Frist nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens (Übersendung des Gutachtens am 15.12.1999; Bl. 92 d. Beia.) eingereicht, nämlich am 19.01.2000 (Zustellung am 26.01.2000), so dass sich die Beklagte aus diesem Grunde nicht auf die Verjährungseinrede berufen kann. Als angemessen gilt i. d. R. eine Frist von einem Monat ab Wegfall des Einwandes der unzulässigen Rechtsausübung (BGH aaO.), wobei auch § 270 Abs. 3 BGB Anwendung findet (BGH NJW 1974, S. 1285). Die Überschreitung der Monatsfrist um drei oder vier Tage ist im Hinblick auf die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel unerheblich.
Die Beklagte hat dem Kläger den gesamten Schaden zu ersetzen, der ihm durch das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft entstanden ist. Soweit ihre Lieferungs- und Zahlungsbedingungen eine Begrenzung der Schadensersatzpflicht wegen des Fehlens zugesicherter Eigenschaften enthalten sollte, sind diese nach § 11 Nr. 11 AGBG unwirksam.
Die Ersatzpflicht der Beklagten bezieht sich nicht nur auf das unmittelbare Erfüllungsinteresse, sondern umfasst auch die sog. Mangelfolgeschaden. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird bei Fehlen von (stillschweigend) zugesicherten Eigenschaften teilweise differenziert zwischen der Frage, ob überhaupt eine Zusicherung gegeben wurde, und der Frage, in welchem Umfang der Verkäufer für die Schaden aus dem Fehlen der zugesicherten Eigenschaft habe einstehen wollen (vgl. z.B. BGH NJW 1968, S. 1622, 1623 f. = BGHZ 50, S. 200 ff.). Es mag dahinstehen, ob eine solche Unterscheidung auch nach der neueren Rechtsprechung geboten ist. Denn jedenfalls hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht nur das unmittelbare Erfüllungsinteresse zu ersetzen.
Die Zusicherung der Beklagten konnte nach dem objektiven Erklärungsinhalt nur die Bedeutung haben, den Kläger wegen der Mangelfolgeschäden abzusichern. Denn ob die Korken für ihren Zweck geeignet waren, Weinflaschen dicht zu verschließen, konnte sich im Zweifel erst nach ihrer Verwendung im Gewerbebetrieb des Klägers herausstellen, also, zu einer Zeit, zu der -- wie auch hier -- über den gezahlten Kaufpreis hinaus zwangsläufig bereits erhebliche weitere Schäden entstanden waren. Bei einem solchen Vertragsgegenstand kann die Zusicherung der Geeignetheit nur bedeuten, dass der Verkäufer auch für die Folgeschäden einstehen will (vgl. dazu BGH NJW 1968, S. 1622, 1624; NJW 1982, S. 435, 436).
Der Schadensersatzanspruch des Klägers beträgt 19.773,00 DM.
Der Senat folgt der Schadensberechnung des Sachverständigen T...... (Bl. 65, 66 d. Beia.). Hierzu wird auch auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Zur Schadensbeseitigung sind sämtliche von der Beklagten gelieferte Korken zu beseitigen und der abgefüllte Wein neu abzufüllen. Der Vorschlag der Beklagten, die Flaschen, an denen es zu Ausläufern gekommen ist, auszusortieren und nur den Wein aus diesen neu abzufüllen, ist unzumutbar. Denn die gelieferten Korken weisen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durchweg eine zu geringe Qualität auf, was mit der ernsthaften Gefahr verbunden ist, dass in Zukunft auch bei denjenigen, die bislang noch nicht undicht geworden sind, noch Wein austritt (vgl. Bl. 63 des Gutachtens T......; Bl. 63 d. Beia.).
Die von dem Sachverständigen T...... vorgenommene Berechnung der Kosten ist nicht zu beanstanden. Es ergeben sich folgende Beträge:
11.024 volle Flaschen aus dem Lager entnehmen, aufziehen, Wein zweimal filtrieren und behandeln, Flaschen reinigen einschließlich erforderlicher Materialien 11.024 Fl. | 0,55 DM/Fl. 6.064,00 DM
Wein abfüllen einschließlich Korken, Wein und Flaschen sterilisieren und erneute CO|2 -Zugabe 9.920 Fl. | 0,65 DM/FI. 6.448,00 DM
Weinverlust 1.104 Fl. | 8,00 DM = 8.832,00 DM
abzügl. Ersparnis 2.203,00 DM 6.6129/00 DM
neue Analyse und Erteilung einer AP-Nr. 582,00 DM
Gesamtbetrag 19.723,00 DM
Entgegen dem Vortrag der Beklagten ist der Einsatz von nicht fachkundigen Hilfskräften für das Aufziehen, Entleeren, zweimalige Filtrieren und Behandeln des Weines offensichtlich nicht ausreichend, zumal es sich vorliegend um Prädikatsweine handelt. Es kann daher nicht ein Stundenlohn von lediglich 20,00 DM zugrunde gelegt werden. Der Einwand der Beklagten, Reinigung und Sterilisierung der Flaschen sowie Neubefüllung erforderten nur 0,35 DM pro Flasche, sind nicht weiter begründet. Der Sachverständige hat die notwendigen Kosten auf der Grundlage des KTBL-Katalogs (herausgegeben vom Kuratorium für Weinbau und Kellerwirtschaft des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft und im Weinbau) erstellt. Dem ist zu folgen.
Der Kläger ist nicht gehalten, den Schaden teilweise durch eine erneute Lieferung von Korken ersetzen zu lassen. Auf Ziff. III. 3. ihrer Lieferungs- und Zahlungsbedingungen kann die Beklagte sich insoweit nicht berufen. Auch die Beschränkung des zu leistenden Schadensersatzes auf eine Nachbesserung ist bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft durch § 11 Nr. 11 AGBG ausgeschlossen. Eine Obliegenheit des Klägers nach § 254 Abs. 2 BGB, den Schaden durch die Entgegennahme von Korken zu mindern, besteht deshalb ebenfalls nicht. Denn dies würde im Ergebnis einer unzulässigen Beschränkung des Schadensersatzanspruches wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften gleichkommen.
Den mit der Neuabfüllung verbundenen Weinverlust hat der Sachverständige auf 10 % der Gesamtmenge geschätzt. Eine geringere Menge anzusetzen, ist nicht gerechtfertigt. Der dadurch verursachte Schaden ist mit dem Verkaufspreis des Klägers abzüglich der eingesparten Kosten zutreffend berechnet worden. Die Ersparnis bezüglich Etikettieren, Transport etc. hat der Sachverständige in nachvollziehbare Weise auf 25 % des Verkaufspreises geschätzt.
Die von dem Sachverständigen angesetzten Beträge, sind, wie allgemein üblich, Nettopreise. Da der Kläger die darauf anfallenden Mehrwertsteuer-Beträge mit der Klage nicht geltend macht, erübrigt sich eine Klärung der Frage, ob er vorsteuerabzugsberechtigt ist.
Eine Schadenspauschale von 50,00 DM für Telefonate, Schriftverkehr usw. ist gerechtfertigt (§ 287 ZPO).
Der Schadensersatzanspruch beläuft sich daher auf insgesamt 19.773,00 DM.
Der Zinsanspruch besteht aufgrund der §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB a. F.
Die Berufung war zurückzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 19.773,00 DM festgesetzt. In dieser Hohe ist die Beklagte beschwert.
Ende der Entscheidung
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