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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 03.04.2007
Aktenzeichen: 3 U 960/06.Lw
Rechtsgebiete: LandesfischereiG, BGB, LandeswasserG


Vorschriften:

LandesfischereiG § 19
LandesfischereiG § 20
BGB § 581 Abs. 1 S. 1
LandeswasserG § 5
LandeswasserG § 5 Abs. 3 Nr. 2
Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet in der Regel aus, wenn die festgestellte Regelungslücke durch Heranziehung dispositiven Rechts geschlossen werden kann.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 3 U 960/06.Lw

Verkündet am 3. April 2007

in der Landwirtschaftssache

Der 3. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Richter am Oberlandesgericht Marx, die Richterinnen am Oberlandesgericht Becht und Speich sowie die ehrenamtlichen Richter Eschemann und Stricker auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Streitverkündeten wird das am 6. Juni 2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Bad Dürkheim abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz einschließlich der Kosten des Streitverkündeten trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Das beklagte Land hat die Ausübung des Fischereirechts im Rhein von Stromkilometer 3..,... bis 4..,... einschließlich der Rheinseitengewässer linksrheinisch an den Streitverkündeten und unter anderem von Stromkilometer 4..,... bis 4..,... einschließlich der Rheinseitengewässer linksrheinisch an den Kläger verpachtet. Die Parteien streiten darüber, zu welchem Pachtgebiet das linksrheinische Rheinseitengewässer "O............ A......." gehört. Ausgenommen von dem Streit ist der Mündungsbereich des O........... A......... zwischen Stromkilometer 4..,... und 4..,..., den beide Parteien dem Kläger zurechnen.

Der Kläger hat in erster Instanz begehrt,

1. das beklagte Land zu verurteilen, auf Grundlage des Fischereipachtvertrages vom 08.11.2005 dem Kläger die Angelfischerei sowie die Ausgabe von Erlaubnisscheinen zum Fischfang an dem Rheinseitengewässer "O........... A......." Rheinkilometer 4.. linksrheinisch zu gestatten,

2. dem beklagten Land eine Frist zur Gestattung der Leistung gemäß Ziffer 1 von vier Wochen nach Rechtskraft des Urteils zu setzen nach deren Ablauf der Kläger die Leistung ablehnt,

3. a) das beklagte Land nach fruchtlosem Fristablauf zu verurteilen, darüber Auskunft zu geben, welche Erlaubnisscheine insbesondere für das Seitengewässer "O........... A......." Rheinkilometer 4.. seit dem 8.11.2005 erteilt worden sind,

b) erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides statt zu versichern,

c) an den Kläger Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst 8 % über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 310,65 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszins hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Zur weiteren Darstellung wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat den Klageanträgen zu 1. und 4. stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die Pachtverträge bedürften hinsichtlich der Festlegung der Pachtgebiete der Auslegung und dafür sei § 20 Landesfischereigesetz heranzuziehen, wonach auf den Bereich abzustellen sei, in dem ein Seitengewässer einmünde. Das sei hier im Pachtbereich des Klägers.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Streitverkündeten mit dem Ziel der Klageabweisung insgesamt. Das beklagte Land hat selbst keine Berufung eingelegt.

Wegen des Vorbringens des Streitverkündeten wird auf die Berufungsbegründung vom 1. August 2006 (Bl. 160 - 169 GA) und den Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 20. September 2006 (Bl. 195 - 199 GA) verwiesen.

Der Streitverkündete beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen seines Vortrages im Einzelnen wird auf die Berufungserwiderung vom 31. August 2006 (Bl. 190 - 192 GA) sowie den Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 27. September 2006 (Bl. 208 - 219 GA) Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig. Die Berufung des Streithelfers wirkt für die unterstützte Partei und bringt diese in die Stellung des Rechtsmittelklägers (Zöller/Gummer/Häßler, ZPO 26. Aufl. vor § 511 Rdn. 24). Das Rechtsmittel eines Streithelfers ist stets ein Rechtsmittel für die Hauptpartei, da der Streithelfer keinen Rechtsschutz im eigenen Interesse verlangen kann. Er ist nicht selbst Partei, sondern unterstützt lediglich die Hauptpartei, der er beigetreten ist (BGH NJW 1986, 257; 1990, 190; 1997, 2386).

Die Berufung ist auch begründet, da die Klage insgesamt unbegründet ist.

Zu den Klageanträgen zu 2. und zu 3. ist dies bereits rechtskräftig festgestellt, da gegen die Abweisung dieser Klageanträge in dem angefochtenen Urteil keine Berufung eingelegt worden ist.

Aber auch der Klageantrag zu 1. hat in der Sache keinen Erfolg. Da der O........... A....... in dem streitbefangenen Bereich nicht zum Pachtgebiet des Klägers gehört, hat der Kläger aus § 581 Abs. 1 S. 1 BGB keinen Anspruch auf Gestattung der Angelfischerei und der Ausgabe von Erlaubnisscheinen zum Fischfang in diesem Bereich.

Der Pachtgegenstand wird grundsätzlich durch den übereinstimmenden Willen der Parteien festgelegt.

Nach dem Vortrag des Klägers ist bei Vertragsabschluss nicht über einzelne Nebenarme des Rheins gesprochen worden. Die Aufteilung der Pachtstrecken habe vielmehr ausschließlich an Hand der Rhein-Stromkilometer erfolgen sollen (Bl. 95 GA).

Dem gegenüber hat nach dem unter Beweis gestellten Vortrag des Streitverkündeten bei der Festlegung der Gewässergebiete Einigkeit bestanden, dass der O........... A....... zu seinem Pachtgebiet gehören sollte (Bl. 90, 91, 178 f, 198 f).

Indes bedarf es der Erhebung der angebotenen Beweise nicht, da bereits unter Zugrundelegung des eigenen Vortrags des Klägers davon auszugehen ist, dass der O........... A....... zum Pachtgebiet des Streitverkündeten gehört. Dies folgt aus der Heranziehung des dispositiven Rechts, ohne dass es der ergänzenden Auslegung des zwischen dem Kläger und dem beklagten Land geschlossenen Pachtvertrages bedarf.

Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist eine Regelungslücke, die dann zu bejahen ist, wenn die von den Parteien vereinbarte Regelung eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihr zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen (Staudinger/Roth, BGB, Neubearbeitung 2003, § 157 Rdn 15). Das Vorliegen einer Regelungslücke wird bereits verneint, wenn das Rechtsgeschäft zwar lückenhaft ist, die Vertragsparteien aber bei Vertragsabschluss keine vom Gesetz abweichende Regelung treffen und die nähere Ausgestaltung den Gesetzesvorschriften überlassen. Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet deshalb in der Regel aus, wenn die festgestellte Regelungslücke durch Heranziehung vorhandenen dispositiven Rechts geschlossen werden kann. Die Normen des dispositiven Rechts gehen der ergänzenden Vertragsauslegung vor, da ansonsten das dispositive Recht obsolet würde. Zur Lückenfüllung geeignet sein kann auch die analoge Anwendung vorhandenen dispositiven Rechts (Staudinger/Roth a. a. O. Rdn 22, 23).

Der Kläger stellt bei der Aufteilung auf die Rhein-Stromkilometer ab. Falls die Vereinbarung innerhalb des Pachtvertrages zwischen ihm und dem beklagten Land mit diesem Inhalt getroffen worden sein sollte, ohne dass entgegen dem Vortrag des Streitverkündeten bereits bei Vertragsabschluss eine einvernehmliche Festlegung der Gewässergebiete erfolgte, entsprach es dem weiteren Willen der Vertragsparteien, dass die an den Rhein-Stromkilometern zu orientierende Festlegung unter Heranziehung geeigneter gesetzlicher Vorschriften vorgenommen werden sollte. Dies folgt aus dem eigenen Vortrag der Parteien und des Streitverkündeten. Während der Kläger für die Zuordnung der Pachtgebiete § 20 Landesfischereigesetz heranzieht (Bl. 69, 94, 191 GA), berufen sich das beklagte Land (Bl. 55 GA) und der Streitverkündete (Bl. 85, 177) auf § 5 Abs. 3 Nr. 2 Landeswassergesetz.

Die von dem Kläger geforderte Zuordnung nach dem Landesfischereigesetz kommt indes nicht in Betracht. Aus den §§ 19, 20 Landesfischereigesetz lassen sich entgegen der in dem angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung auch bei entsprechender Anwendung keine Grundsätze für die Festlegung von Pachtgebieten herleiten. Die Vorschriften setzen die Fischereiberechtigten bereits voraus und enthalten keinerlei Richtlinien zur Bestimmung der Berechtigten bzw. der diesen zustehenden Gewässer.

Derartige Richtlinien enthält jedoch § 5 Landeswassergesetz, der die Eigentumsgrenzen von Gewässern regelt. Die dort aufgestellten Grundsätze lassen sich auch für die Festlegung von Pachtgebietsgrenzen heranziehen. Mit dem beklagten Land und dem Streitverkündeten ist deshalb entsprechend § 5 Abs. 3 Nr. 2 Landeswassergesetz davon auszugehen, dass im Bereich des Rheinstromkilometers 4.. die Begrenzung der Pachtgebiete einschließlich der dazu gehörenden Rheinseitengewässer durch die gedachte Verlängerung einer rechtwinklig auf den Mittelpunkt des Rheinstroms in Höhe des Stromkilometers 4.. aufzusetzenden Linie zu bestimmen ist.

Bei dieser nach dem eigenen Vortrag des Klägers ausgerichteten Grenzziehung unterfällt der O........... A....... bis auf den unstreitigen Teil im Mündungsbereich (siehe Lageplan Bl. 21 GA) dem Pachtgebiet des Streitverkündeten.

Der begehrte Gestattungsanspruch des Klägers ist mithin nicht gegeben.

Schließlich ist der Klageantrag zu 4. ebenfalls unbegründet. Da das beklagte Land mit der Gestattung nicht in Verzug geraten ist, steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Ersatz von außergerichtlichen Anwaltskosten zu.

Die Klage unterliegt damit insgesamt der Abweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht aufgrund der §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO für die Zulassung einer Revision liegen nicht vor.

Der Streitwert für das Verfahren wird wie folgt festgesetzt:

I. Instanz:

 Klageantrag zu 1.: 8.000,00 €
Klageantrag zu 2.: 500,00 €
Klageantrag zu 3.: 8.000,00 €
Klageantrag zu 4.: 310,65 €
  16.810,65 €

II. Instanz:

 Klageantrag zu 1.: 8.000,00 €
Klageantrag zu 4.: 310,65 €
  8.310,65 €.



Ende der Entscheidung

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