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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 24.06.2008
Aktenzeichen: 4 SmA 22/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Wird ein Beklagter wegen Verletzung eines Anlageberatungsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch genommen, findet § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO keine Anwendung, auch wenn sich der Beklagte bei der Beratung auch auf öffentliche Kapitalmarktinformationen bezogen hat (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung).
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS Geschäftsnummer: 4 SmA 22/08

In dem Rechtsstreit

wegen: Schadensersatz

hier: Bestimmung des zuständigen Gerichts.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch ... am 24.06.2008

beschlossen:

Tenor:

Das Landgericht Mainz wird für örtlich zuständig erklärt.

Gründe:

I.

Der im Bezirk des Landgerichtes Mainz ansässige Antragsteller hat die Beklagten zu 1) und 2) zunächst im Wege des Mahnbescheidsantrages zum Geschäftszeichen 07-1385258-2-1 des Zentralen Mahngerichtes Mayen auf Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Anlageberatung und Prospekthaftung in Anspruch genommen.

Nach dem Widerspruch der Beklagten hat er die an das Landgericht Mainz abgegebene Klage am 02.06.2008 begründet und zugleich darauf hingewiesen, dass er wegen des abweichenden Gerichtsstandes der Beklagten zu 2) einen Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an das Oberlandesgericht Koblenz gerichtet hat. Das Verfahren wird vor dem LG Mainz unter dem Aktenzeichen 4 O. 134/08 geführt. Der Kläger macht geltend, dass die Beklagten ihn bei seiner Vermögensanlage falsch beraten und so die Pflichten aus dem zwischen Ihnen bestehenden Anlagevertrag verletzt haben. Hieraus ergebe sich ein vertraglicher Schadensersatzanspruch.

Die Beklagte zu 1) hat ihren allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichtes Mainz, die Beklagte zu 2) im Bezirk des Landgerichtes München I und des Oberlandesgerichtes München. Mit seinem Antrag vom 02. Juni 2008 begehrt der Antragsteller die Bestimmung des Landgerichtes Mainz als zuständiges Gericht. Die Beklagten und Antragsgegner wurden angehört und haben ausdrücklich keine Einwände gegen die Bestimmung des LG Mainz als zuständiges Gericht erhoben.

II.

1.

Das Oberlandesgericht Koblenz ist zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO berufen.

Nach § 36 Abs. 1 S. 1 ZPO wird das zuständige Gericht durch das im Rechtszug nächst höhere Gericht bestimmt. Ist das nächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört, § 36 Abs. 2 ZPO.

Das nächst höhere, gemeinschaftliche Gericht der als örtlich zuständig in Betracht kommenden Landgerichte in Mainz und München I ist der Bundesgerichtshof. Da das Landgericht Mainz als zuerst mit der Sache befasstes Gericht im Bezirk des Oberlandesgerichtes Koblenz liegt, ist dessen Zuständigkeit für das Gerichtsstandsbestimmungsgesuch nach § 36 Abs. 2 ZPO gegeben.

2.

Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.

a)

Die Antragsgegner, die ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten haben, sollen als Streitgenossen im Sinne von § 60 ZPO verklagt werden. Auch für eine solche einfache Streitgenossenschaft gilt § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, nicht nur für die notwendige Streitgenossenschaft im Sinne von § 62 ZPO (BGH, NJW 1992, 981 f.; st. Rspr. des Senates, vgl. etwa Beschl. v. 20.12.2006 - 4 SmA 46/06; OLG Celle, OLGR Celle 2001, 97 f.; OLG Dresden, OLGR Dresden 2003, 92 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 36 ZPO Rn. 14 m.w.N.).

Im Rahmen der Bestimmung des zuständigen Gerichts kommt es nicht darauf an, ob die Beklagten tatsächlich als Gesamtschuldner haften. Aufgrund der Behauptung des Klägers, die Beklagten hätten gemeinsam den bestehenden Anlagevertrag pflichtwidrig verletzt kommt jedenfalls eine gesamtschuldnerische Haftung als Streitgenossen in Betracht.

b.)

Ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand ist für die Klage ebenfalls nicht begründet.

Übereinstimmend gehen der Kläger und die Beklagten davon aus, dass ein gemeinsamer Gerichtsstand nicht besteht.

Erfüllungsort für die hier geltend gemachten Ansprüche ist der Sitz des Schuldners. Da die Beklagten in unterschiedlichen Gerichtsbezirken ihren Sitz haben, kommt insoweit ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand nicht in Betracht.

Der BGH hat inzwischen entschieden, dass sich der Anwendungsbereich des § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO nicht auf die Fälle erstreckt, in denen ein Beklagter wegen Verletzung eines Anlageberatungsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Dies gilt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes auch, wenn sich der Beklagte bei der Beratung auch auf öffentliche Kapitalmarktinformationen bezogen hat (BGH v. 30.01.2007 - X ARZ 381/06 = NJW 2007, 1364 = MDR 2007, 972). Entscheidend sei, ob gerade die irreführende oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation den Streit umschreibe. Der Senat folgt dem Bundesgerichtshof und gibt seine gegenteilige Auffassung hiermit ausdrücklich auf (OLG Koblenz NJW 2006, 3723 = OLGR 2007, 138).

3.

Das zuständige Gericht ist im Falle des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu bestimmen (BGHZ 90, 155, 157 m.w.N.; BayObLGZ 1993, 170 f.; OLG Hamm, NJW 2000, 1347; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Rn. 18 m.w.N.). Danach war das Landgericht Mainz als zuständiges Gericht zu bestimmen.

Der Beklagte zu 1) wohnt im Bezirk des Landgerichtes Mainz. Die Bestimmung des Landgerichtes Mainz entspricht damit dem vorherrschenden Grundsatz des deutschen Zivilprozesses, dass sich der Kläger zum Gericht des Beklagten begeben muss. Diesen Grundsatz könnte allerdings auch der Beklagte zu 2) für sich in Anspruch nehmen. Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass letztlich nur einer der beiden Beklagten von diesem Grundsatz profitieren kann und die Beklagte zu 2) keine Bedenken gegen die Bestimmung des Gerichtsstandes bei dem Landgericht Mainz erhoben hat.

Ende der Entscheidung

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