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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 17.06.1999
Aktenzeichen: 5 U 1421/98
Rechtsgebiete: PVV


Vorschriften:

PVV
PVV

(Zuziehung von Sonderfachleuten vor bindender Zusage der Finanzierung eines Bauvorhabens)

Zieht ein Architekt Sonderfachleute (Statiker, Haustechniker) zu einem Zeitpunkt zu, zu dem eine Ortsgemeinde noch keine bindende Finanzierungszusage des Landes hat, so handelt der Architekt gleichwohl nicht pflichtwidrig, wenn ihn die Ortsgemeinde zu einer zügigen Realisierung des Vorhabens gedrängt und die Zuschussinformation zu "euphorisch" geschildert hat.

OLG Koblenz Teilurteil 17.06.1999 - 5 U 1421/98 - 11 O 318/96 LG Trier


Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 1999 durch die Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach, Dr. Menzel und Weller für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 14. Juli 1998 wird zurückgewiesen, soweit die Klage in Höhe von DM 31.148,05 nebst 6,82 % Zinsen seit dem 18.4.1994 abgewiesen wurde.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Gründe

Der beklagte Architekt plante für die klagende Ortsgemeinde den Neubau eine Kindergartens. Nach Rechnungsprüfung durch die Klägerin erhielt er von dieser DM 52.869,85 für eine "erste Planung" und später DM 104.434,58 für eine "zweite Planung".

Im Zusammenhang mit der "ersten Planung" zog der Beklagte namens und im Auftrag der Klägerin Sonderfachleute hinzu. An den Statiker S. zahlte die Klägerin DM 15.000,- an den Haustechniker B. S. DM 16.348,05.

Mit der Klage hat die Klägerin die Rückzahlung eines Teils des an den Kläger gezahlten Honorars sowie der an B. und S. geleisteten Zahlungen begehrt. Das Landgericht hat dem nur bezüglich eines Betrages von DM 7.647,09 (an den Beklagten gezahlte Nebenkosten) entsprochen, die Klage im Übrigen abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der die Klägerin im Wesentlichen ausführt:

Der Beklagte habe seine Leistungen auf Grund eines einzigen Architektenvertrages erbracht, dürfe die Leistungsphasen des § 15 HOAI nur einmal abrechnen und sei daher um DM 48.353,19 überzahlt. Er habe seine Pflichten aus dem Architektenvertrag verletzt, indem er die Sonderfachleute B. und S. verfrüht zu einem Zeitpunkt eingeschaltet habe, da die Finanzierung des Bauvorhabens nicht gesichert gewesen sei. Er habe abwarten müssen, bis die Planung mit dem Zuschussgeber abgestimmt und der Zuschuss fest zugesagt gewesen sei. Vorwerfbar sei auch, dass er ein überteuertes Vorhaben geplant und damit die Verwerfung der "ersten Planung" zu verantworten habe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie DM 86.287,12 nebst 6,82 % Zinsen aus DM 65.801,12 seit dem 18.07.1994 und weiteren DM 20.486,-- seit dem 13.08.1996 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Nach Abschluss des Vertrages sei eine Umplanung erfolgt, die sich honorarrechtlich als Neuplanung darstelle und die beanspruchte Vergütung rechtfertige. Auf Drängen der Klägerin habe er seine Leistungen so schnell als möglich erbracht, die Zuschussgewährung sei von dem Bürgermeister der Klägerin als gesichert und mündlich bereits genehmigt bezeichnet worden. Zur erbetenen kurzfristigen Realisierung seien die Sonderfachleute hinzugezogen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie die in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze.

Die zulässige Berufung ist teilweise entscheidungsreif und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang schon jetzt zurückzuweisen (§ 300 Abs. 1 ZPO). Im Übrigen bedarf es der aus dem Beweisbeschluss ersichtlichen Beweiserhebung.

Auf Grund der am 29.5.1991 und am 15.7.1991 auf Veranlassung des Beklagten von der Klägerin abgeschlossenen Verträge mit den Sonderingenieuren Bl. und S. hat die Klägerin an diese insgesamt DM 31.348,05 gezahlt. Ein Rückzahlungsanspruch wegen einer eventuellen Überzahlung (§ 812 BGB) könnte sich nur gegen diese Sonderfachleute richten. Der Anspruch gegen den Beklagten könnte allenfalls auf Grund einer positiven Verletzung des Architektenvertrages gegeben sein. Eine solche ist nicht ersichtlich.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte habe den Statiker und den Haustechniker "erkennbar verfrüht" eingeschaltet zu einem Zeitpunkt, als die wirtschaftliche Durchführbarkeit des Vorhabens noch nicht gesichert gewesen sei. Das sieht der Senat nicht so.

Auf Grund des unstreitigen Vorbringens beider Parteien und unter Abwägung aller Umstände, der vorliegenden Urkunden, der Vorgespräche und des Ablaufes der Planung ist der Senat überzeugt (§ 286 ZPO), dass die Einschaltung der Sonderfachleute nicht verfrüht war, sondern dem erklärten Wunsch der Klägerin entsprach, das Vorhaben möglichst zügig zu realisieren, unabhängig davon, ob/dass die Zuschussgewährung noch nicht endgültig feststand.

In der Sitzung des Gemeinderates am 11.4.1991 hat der Ortsbügermeister darüber berichtet, dass hinsichtlich der Gesamtkosten des Kindergartens eine Zusage des Bistums und des Landkreises vorhanden sei, die sich mit 20 % bzw. 50 % der Gesamtkosten beteiligen würden. Die Klägerin würde sich darum bemühen, aus dem Investitionsstock des Landes die restlichen finanziellen Mittel bereitzustellen. Damit war für alle Beteiligten klar, dass die Finanzierung zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher war. Gleichwohl hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen, die vom Beklagten vorgestellte Planung zu genehmigen und vorzeitig mit dem Bau des Kindergartens zu beginnen. Ebenso wurde schon in dieser Sitzung beschlossen, die Sonderingenieure Sä. and Bl, vermittelt durch den Beklagten, zu beauftragen. Dementsprechend wurden die Werkverträge mit dem Kläger, dem Statiker und dem Haustechniker am 16.4., 29.5. und 15.7.1991 abgeschlossen deutlich vor dem Zeitpunkt, zu dem die "erste Planung" verworfen wurde. Die Klägerin hat zugestanden, dass in der Gemeinderatssitzung vom 11.4.1991 einstimmig dem vorzeitigen Baubeginn zugestimmt und am 13.5.1991 der vom Ortsbürgermeister unterzeichnete Bauantrag eingereicht wurde zu einem Zeitpunkt, da eine Vorprüfung noch nicht stattgefunden hatte und eine Zuwendungszusage durch die Bezirksregierung und die weiteren Zuwendungsgeber noch nicht ergangen war (Bl. 48, 92 GA).

Die Klägerin räumt ferner ein, dass der Ortsbürgermeister in der Gemeinderatssitzung "die Zuschusssituation zu euphorisch geschildert habe" (170 GA). Es war aber gerade Aufgabe der für die Klägerin handelnden Organe, in deren Interesse das Bauvorhaben nur voranzutreiben, wenn die Finanzierung gesichert war. Gleichwohl drängte sie auf zügige Realisierung, auf einen vorzeitigen Baubeginn. Dass unter diesen Umständen die Einschaltung der Sonderingenieure - vom Beklagten zwar veranlasst, aber von der Klägerin durch Vertragsunterzeichnung gebilligt - pflichtwidrig gewesen sei, ist für den Senat nicht ersichtlich. Das Risiko der noch ausstehenden Finanzierungszusage des Landes, das sich anschließend verwirklichte, hat allein die klagende Ortsgemeinde zu tragen, zumal sie selbst mittlerweile zugibt, dass zu diesem Zeitpunkt für die Baugenehmigung Statikerpläne erforderlich waren (172 GA).

Die "erste Planung" des Beklagten entsprach im Wesentlichen den Vorgaben, die anlässlich des Vorgespräches bei der Kreisverwaltung vom 6.3.1991 gegeben wurden. Dass er ein erheblich überteuertes, von Beginn an nicht genehmigungsfähiges Vorhaben geplant hätte, ist nicht hinreichend substantiiert dargetan. Ein Zweigruppenkindergarten war ausdrücklich gewünscht, die Gesamtkosten bewegten sich in dem ursprünglich vorgesehenen Kostenrahmen. Dementsprechend hat die Klägerin dem Vorhaben im Gemeinderat zugestimmt, auf Verwirklichung gedrängt, zu einem Zeitpunkt, da die Genehmigung noch nicht gewiss war. Die von ihr zu vertretende Umplanung kann sie dem Beklagten nicht als pflichtwidrig anlasten.

Nach alledem hat das Landgericht die Klage zu Recht insoweit abgewiesen, als die Klägerin Schadensersatz wegen der Zahlung an die Sonderingenieure B. und S. begehrt hat. Hinsichtlich dieses entscheidungsreifen Streitgegenstandes erachtet der Senat den Erlass des Teilurteils als angemessen; denn wegen der Rückzahlung eines Teils des an den Beklagten geleisteten Honorars bedarf es noch der Beweiserhebung. Eine Kostenentscheidung ist wegen des Ungewissen Ausgangs des gesamten Verfahrens derzeit nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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