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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 11.02.1999
Aktenzeichen: 5 U 723/98
Rechtsgebiete: AVBEltV
Vorschriften:
AVBEltV § 6 | |
AVBEltV § 7 I |
(Rechtsschutzversicherer zahlt Gerichtskostenvorschuss nicht rechtzeitig - Verjährung bei Schaden infolge Stromausfalls)
1.) Zahlt der Rechtsschutzversicherer nicht rechtzeitig den Prozesskostenvorschuss, so ist dieses Versäumnis dem Versicherten (Kläger) zuzurechnen.
2.) Erleidet ein Zahnlabor Umsatzeinbußen, weil wegen Stromausfalls Zahnärzte keine telefonischen Aufträge erteilen können, so verjährt ein eventueller Schadensersatzanspruch gegen das Energieversorgungsunternehmen aus § 6 Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBEltV) in 1 Jahr ab Kenntnis der schadensersatzbegründenden Umstände.
OLG Koblenz Urteil 11.02.1999 - 5 U 723/98 - 7 O 79/97 LG Mainz
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Bischof und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Menzel und Weller auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 1999 für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 20. März 1998 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klägerin betreibt ein Dental-Labor, das über das Netz der Beklagten mit Strom versorgt wird. Am 12. und 14. Juni 1996 kam es zu Stromausfällen. Daraus leitet die Klägerin Schadensersatzansprüche her.
Ihrem Vorbringen nach hielten die Stromausfälle an beiden Tagen langfristig an, so dass ihre Telefonanlage jeweils bis nach Feierabend nicht funktioniert habe. Deshalb sei sie für den Zahnarzt Dr. Stein nicht erreichbar gewesen, der in der Folge umfangreiche Aufträge nicht an sie, sondern an zwei andere Dental-Labore vergeben habe. Die Klägerin hat den dadurch entstandenen Schaden, den sie nunmehr gegen die Beklagte geltend macht, unter Hinweis auf vorhandene freie Kapazitäten in erster Instanz mit 17.862,82 DM beziffert.
Die Beklagte hat eine Störung der Telefonanlage und einen Auftragsentgang bestritten. Außerdem hat sie vorgebracht, dass sie für mögliche Schäden keine Verantwortung trage. Der Stromausfall vom 12. Juni 1996 sei durch einen feuchtigkeitsbedingten Kurzschluss ausgelöst worden. Die Stromversorgung sei daraufhin unter Schwierigkeiten provisorisch wiederhergestellt worden und habe am 14. Juni 1996 zur endgültigen Behebung des Defekts noch einmal kurz unterbrochen werden müssen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin den behaupteten Schaden nicht hinreichend dargetan habe. Das greift die Klägerin in zweiter Instanz mit der Maßgabe an, dass sie nunmehr Schadensersatz in Höhe von 16.688,64 DM nebst Zinsen verlangt. Dazu schlüsselt sie die geltend gemachten Einbußen auf. Vom Grunde her wirft sie der Beklagten Wartungsfehler und - unter hilfsweiser Bezugnahme auf deren Vortrag - das Versäumnis vor, über die am 14. Juni 1996 notwendigen Reparaturarbeiten nicht vorab informiert zu haben.
Die Beklagte lehnt weiterhin eine Einstandspflicht ab. Sie bestreitet, für einen Schaden in der von der Klägerin behaupteten Höhe verantwortlich zu sein. Außerdem erhebt sie die Einrede der Verjährung.
Die Berufung ist in der Sache ohne Erfolg. Es verbleibt im Ergebnis bei der klageabweisenden Entscheidung des Landgerichts.
1. Die Rechtsbeziehungen der Parteien werden durch die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden vom 21. Juni 1979 (AVBEltV) bestimmt. Diese Verordnung gilt gemäß § 26 AGBG ohne Rücksicht darauf, ob ihr Inhalt in die Vertragsvereinbarungen aufgenommen wurde (Danner, AVBEltV, § 1 Anm. a; vgl. auch BGH NJW 1959, 38). Damit richtet sich die Haftung der Beklagten für die streitigen Folgen der Stromausfälle vom 12. und 14. Juni 1996 nach § 6 AVBEltV. Etwas anderes würde allenfalls dann gelten, wenn die Klägerin über den eingeklagten lieferausfallbedingten Vermögensschaden hinaus Ersatz für die Beschädigung von Sachen verlangte (vgl. BGH NJW 1969, 1903, 1904 f.; BGH NJW 1971, 2267 f.).
2. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin gemäß § 6 AVBEltV überhaupt Ansprüche hat oder ob die dort zu Gunsten der Beklagten niedergelegten Ausschlussregelungen greifen. Denn das Klagebegehren muss jedenfalls daran scheitern, dass die streitigen Forderungen verjährt sind. Das ergibt sich aus § 7 Abs. 1 AVBEltV. Danach verjähren "Schadensersatzansprüche der in § 6 bezeichneten Art in einem Jahr von dem Zeitpunkt an, in welchem der Ersatzberechtigte von dem Schaden, von den Umständen, aus denen sich seine Anspruchsberechtigung ergibt und von dem ersatzpflichtigen Elektrizitätsversorgungsunternehmen Kenntnis erlangt".
3. Die Klägerin, der die Beklagte als ihr Elektrizitätsversorgungsunternehmen bekannt war, wusste unstreitig bereits im Juni 1996, dass es Mitte des Monats zu den beiden Stromausfällen im Netz gekommen war. Darüber hinaus ist außer Streit, dass die Klägerin - unterstellt man die Richtigkeit ihres Vortrags, Dr. Stein habe sie mangels Funktionsfähigkeit ihrer Telefonanlage nicht erreichen können und deshalb seine Aufträge anderweitig vergeben - schon seinerzeit über entsprechende Umsatzeinbußen informiert war. Eines genauen Überblicks über den Umfang des entstandenen Schadens bedurfte es dabei nicht (vgl. Thomas in Palandt, BGB, 58. Aufl., § 852 Rnr. 8).
a) Im Hinblick darauf waren die Ansprüche der Klägerin verjährt, als die vorliegende Klage Ende November 1997 durch Zustellung der Klageschrift erhoben wurde; eine Verjährungsunterbrechung (§ 209 Abs. 1 BGB) kam daher nicht mehr in Betracht. Der Umstand, dass die Klageschrift bereits im März 1997 bei Gericht eingereicht wurde, vermag der Klägerin insoweit nicht zu helfen. § 270 Abs. 3 ZPO, der die verjährungsunterbrechende Wirkung der Klageerhebung auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung zurückbezieht, wenn die Zustellung "demnächst" erfolgt ist, findet im vorliegenden Fall keine Anwendung. Für die Vorschrift ist nämlich kein Raum, wenn die Klagepartei durch eigene Versäumnisse - seien sie auch nur leicht fahrlässig - zu einer mehr als nur geringfügigen, d.h. mehr als etwa zweiwöchigen Verzögerung der Zustellung beigetragen hat (BGH NJW 1986, 1347, 1348; BGH NJW-RR 1995, 254; BGH NJW 1996, 1060, 1061; Greger in Zöller, ZPO, 21. Aufl., § 270 Rnr. 7 f.). So liegt es hier, weil der für die Zustellung erforderliche Gerichtskostenvorschuss erst Mitte Oktober 1997 eingezahlt wurde. Die Klägerin vermag sich insoweit nicht damit zu entlasten, dass sie die entsprechenden Geldmittel trotz Anforderung zunächst nicht von ihrem Rechtsschutzversicherer erhalten habe. Denn unter diesen Umständen hätte es ihr oblegen, ihrerseits in Vorlage zu treten oder aber den Rechtsschutzversicherer nachdrücklich auf den drohenden Ablauf der Verjährung hinzuweisen und so zu einer alsbaldigen Erledigung der Angelegenheit zu bewegen.
b) Das vorstehende Ergebnis wird nicht durch § 7 Abs. 2 AVBEltV in Frage gestellt, wonach es, während die Beteiligten über den zu leistenden Schadensersatz verhandeln, zu einer Verjährungshemmung kommt. Denn derartige - von der Beklagten bestrittene - Verhandlungen sind nicht substantiiert dargetan. Die Klägerin beschränkt sich auf das Vorbringen, dass es "laufende außergerichtliche Verhandlungen" gegeben habe, die "sich sehr lange hingezogen" hätten. Im Übrigen fehlt auch jeder Beweisantritt.
4. Nach alledem ist die Berufung mit den Nebenentscheidungen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO zurückzuweisen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.688,64 DM festgesetzt. Dem entspricht die Beschwer der Klägerin durch das vorliegende Urteil.
Ende der Entscheidung
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