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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 22.02.2007
Aktenzeichen: 6 U 1162/06
Rechtsgebiete: Niederländische Speditionsbedingungen, CMR


Vorschriften:

Niederländische Speditionsbedingungen Art. 23 Nr. 7
CMR Art. 31 Abs. 1 Satz 1
CMR Art. 33
CMR Art. 41
Die in Art. 23 Nr. 7 der Niederländischen Speditionsbedingungen - Allgemeine Bedingungen der FENEX - in der Fassung vom 1.7.2004 enthaltene Schiedsgerichtsklausel sieht der Vorgabe des Art. 33 CMR entsprechend vor, dass das Schiedsgericht die Bestimmungen der CMR anzuwenden hat und ist daher nicht nach Art. 41 CMR nichtig.

Aus Art. 31 Abs. 1 Satz 1 CMR lässt sich unter Zugrundelegung der verbindlichen Urschriften dieses Übereinkommens in englischer und französischer Sprache nicht herleiten, dass die Schiedsgerichtsvereinbarung eine (daneben fortbestehende) Zuständigkeit der staatlichen Gerichte selbst dann nicht ausschließt, wenn sie den Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit ausdrücklich vorsieht.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 6 U 1162/06

Verkündet am 22.02.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sartor, den Richter am Oberlandesgericht Grünewald und den Richter am Landgericht Beickler auf die mündliche Verhandlung vom 1.2.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Klägerinnen gegen das am 12.7.2006 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu 1. 10 % und die Klägerin zu 2. 90 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin zu 2. darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerinnen machen vorliegend Ansprüche aus abgetretenem und übergegangenem Recht als Transportversicherer der S... E... B.V. auf Grund eines Warenverlustes im Rahmen eines Transportvertrages geltend. Die S... E... L... B.V. ist Rechtsnachfolgerin der S... E... Benelux B.V.. Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der D... L... B.V..

Zwischen der S... E... Benelux B.V. und der D... L... B.V. bestand ein Lagerungs- und Logistikvertrag unter dem 2.8. / 5.8.2002. Der Vertrag wurde in vollem Umfang einschließlich der dortigen Klauseln zum Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der S... E... L... B.V. und der Beklagten jeweils als Rechtsnachfolger gemacht. Nach diesem Vertrag verpflichtete sich die Beklagte u. a. zum Transport von Waren der S... E... L... B.V..

Der Vertrag enthält u. a. folgende Regelungen:

"11. Gerichtsstand

11.1. Dieser Vertrag unterliegt dem holländischen Gesetz, ohne Rücksicht auf die Kollisionen von Gesetzesbestimmungen.

11.2. Jegliche Streitigkeiten, die nicht gütlich beigelegt werden können, werden in Übereinstimmung mit Klausel 15 der Bedingungen für die Wertschöpfungslogistik, die durch die Fenex in der Geschäftsstelle des Bezirksgerichts in Rotterdam am 15. November 1995 hinterlegt wurden, und den holländischen Speditionsbedingungen (Fenex) endgültig beigelegt. Schlichtungsort ist Den Haag, die Sprache ist englisch.

..."

Die in vorgenannter Ziffer 11 in Bezug genommene Klausel 15 der Bedingungen für die Wertschöpfungslogistik, die durch die Fenex am 15.11.1995 in der Geschäftsstelle des Bezirksgerichts in Rotterdam am 15.11.1995 hinterlegt worden ist, lautet u. a. wie folgt:

"Klausel 15

Streitigkeiten

1. Alle Streitigkeiten, die sich aus den Bedingungen ergeben, müssen in der höchsten

Instanz durch drei Schlichter, mit dem Ausschluss des ordentlichen Gerichts, beigelegt werden. Eine Streitigkeit liegt vor, wenn eine der Parteien dies erklärt.

Unbeschadet der vorstehenden Bestimmungen steht es den Parteien frei, Ansprüche von fälligen und zahlbaren Beträgen, deren Verschuldung nicht durch die Gegenpartei schriftlich angefochten wurde, innerhalb von vier Wochen nach dem Rechnungsdatum an ein ordentliches Gericht weiterzuleiten.

...

7.

...

Die Schlichter erlassen ihren Schiedsspruch als gute Menschen in Fairness unter der Verpflichtung, die obligatorischen gesetzlichen Bestimmungen, einschließlich der Bestimmungen über internationale Transport-Staatsverträge, einzuhalten. Sie müssen entscheiden, wie die Schlichtung behandelt werden wird, wobei dies stets unter der Voraussetzung gilt, dass den Parteien in jedem Fall eine Gelegenheit gegeben wird, ihre Ansichten schriftlich zu erläutern und sie mündlich zu erklären.

..."

Der einschlägige Artikel 23. der Niederländischen Speditionsbedingungen, die durch die Fenex in ihrer aktuellen Fassung am 1.7.2004 bei den Geschäftsstellen der Arrondismontgerichte in Amsterdam, Arnheim, Breda und Rotterdam hinterlegt worden ist, lautet u. a. wie folgt:

"Streitigkeiten

Artikel 23.

1. Alle zwischen dem Spediteur und seinem Vertragspartner eventuell entstehenden Streitigkeiten werden unter Ausschluss des ordentlichen Gerichts in höchster Instanz von drei Schiedsrichtern entschieden. Eine Streitigkeit liegt vor, wenn ein Vertragsteil erklärt, dass dies der Fall ist.

Unvermindert des im vorigen Absatz Bestimmten steht es dem Spediteur frei, Forderungen von fälligen Geldsummen, deren Schuldigsein von der Gegenpartei nicht innerhalb von vier Wochen nach Rechnungsdatum schriftlich bestritten wurde, dem zuständigen Gericht in dem Ort, in dem der Spediteur seinen Sitz hat, vorzulegen. Es steht dem Spediteur ebenfalls frei, dringende Forderungen in einem einstweiligen Verfügungsverfahren dem zuständigen Gericht in dem Ort, in dem der Spediteur seinen Sitz hat, vorzulegen.

...

7.

...

Die Schiedsrichter urteilen "als goede mannen naar billijkheid" (als gute Männer nach Billigkeit) mit der Verpflichtung, die anwendbaren zwingenden Rechtsvorschriften zu berücksichtigen. Sofern zutreffend, werden sie ferner die Bestimmungen internationaler Beförderungsverträge, worunter unter anderem das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), anwenden.

Die Schiedsrichter bestimmen das schiedsrichterliche Verfahren in dem Sinne, dass die Parteien jedenfalls die Gelegenheit bekommen ihren Standpunkt schriftlich darzulegen und mündlich zu erläutern.

..."

Aufgrund des vorgenannten Lagerungs- und Logistikvertrages beauftragte die S... E... L... B.V. die Beklagte am 15.11.2004 mit der Beförderung von 141 Monitoren. Empfängerin sollte die Firma L... E... International GmbH in P... sein. Die Beklagte beauftragte ihrerseits zur Durchführung des Transportes die Firma E.A. B... Transport B.V., ..., NL-.... Bei der Empfängerin erfolgte lediglich eine Anlieferung von 64 Monitoren. Mit Schreiben vom 23.11.2005 erfolgte eine Haftbarmachung der Beklagten durch die S... E... L... B.V.

Die Klägerinnen begehren nunmehr als Transportversicherer in Höhe von 10 % (Klägerin zu 1.) sowie 90 % (Klägerin zu 2.) Ersatz der von ihnen behaupteten Leistungen in Gesamthöhe von 44.660,-- €.

Die Klägerinnen, die u. a. geltend gemacht haben, dass die in Frage stehende Klausel des Vertrages nicht den Anforderungen des Art. 33 CMR entspreche und mithin nach Art. 41 CMR unwirksam sei, haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. 4.466,-- € und an die Klägerin zu 2. 40.194,-- € nebst 5 % Zinsen vom 23.11.2004 bis zur Rechtshängigkeit und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte, die die Einrede der Schiedsvereinbarung erhoben hat, hat Klageabweisung beantragt und sich u. a. darauf berufen, dass die Klausel des Vertrages wirksam sei.

Das Landgericht, das die Schiedsvereinbarung als wirksam angesehen hat, hat die Klage als unzulässig abgewiesen.

Die Klägerinnen tragen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zur Begründung ihrer Berufung ergänzend vor, dass unabhängig von der Frage eines Verstoßes gegen Art. 41 CMR die Regelung des Art. 33 CMR allenfalls die Möglichkeit der Vereinbarung eines zusätzlichen Gerichtsstandes - der Schiedsgerichtsbarkeit - vorsehe, nicht aber die Möglichkeit eines ausschließlichen Gerichtsstandes - der Schiedsgerichtsbarkeit - begründen könne.

Die Klägerinnen beantragen,

die Beklagte - unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Koblenz vom 12.7.2006, Az. 3 HK.O 172/05 - zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 4.466,-- € und an die Klägerin zu 2) 40.194,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 % vom 23.11.2004 bis Rechtshängigkeit und Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise,

den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das LG Koblenz, Kammer für Handelssachen, zurück zu verweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Wegen aller weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze und Urkunden sowie gemäß § 540 ZPO auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

II.

Die Berufungen der Klägerinnen sind zulässig, haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht die Klagen als unzulässig abgewiesen. Der Zulässigkeit der Klagen steht die wirksame Schiedsvereinbarung gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO entgegen, nachdem die Beklagte die Schiedsgerichtseinrede ordnungsgemäß erhoben hat.

Zwischen der S... E... B.V und der Beklagten ist unstreitig durch Ziffer 11.2. des Lagerungs- und Logistikvertrages vom 2.8. / 5.8.2002 eine Schiedsgerichtsklausel in das zwischen ihnen bestehende Vertragsverhältnis einbezogen worden. Diese Schiedsgerichtsklausel ist entgegen der Auffassung der Klägerinnen weder gemäß Art. 41 CMR in Verbindung mit Art. 33 CMR nichtig, noch bewirkt diese nur einen neben den gemäß Art. 31 CMR verbleibenden Zuständigkeiten staatlicher Gerichte entstehenden zusätzlichen und gleichrangigen "Gerichtsstand".

Die CMR ist anwendbar, da es sich bei dem dem vorliegenden Regressverfahren zugrunde liegenden Vertrag zwischen der S... E... L... B.V. und der Beklagten um einen Beförderungsvertrag im Sinne des Art 1 CMR handelt. Insoweit ist zwar die Schiedsvereinbarung kein materiellrechtlicher Gestaltungsakt, durch welchen die materielle Rechtslage geändert wird, sondern ein Prozessvertrag (vgl. BGHZ 143, 147). Soweit die Klägerinnen jedoch im Wege des Regresses an sie abgetretene und auf sie übergegangene Rechte ihres Versicherten - der S... E... L... B.V. - geltend machen, sind sie Rechtsnachfolgerinnen und treten in das Schiedsvertragsverhältnis ein; es finden die Regeln des materiellen Rechts Anwendung (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 26. Aufl. § 1029 Rdnr. 15). Diese Wirkung der Schiedsabrede auch im Verhältnis des Versicherers zum Vertragspartner seines Versicherten richtet sich insoweit nach dem ergänzend anwendbaren nationalen Recht (vgl. Herber/Piper, 1996, CMR, Art. 33 Rdnr. 5).

Nach Art. 41 CMR ist jede Vereinbarung, die unmittelbar oder mittelbar von den Bestimmungen dieses Übereinkommens abweicht, nichtig und ohne Rechtswirkung. Gemäß Artikel 33 CMR kann dabei der Beförderungsvertrag eine Bestimmung enthalten, durch die die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts begründet wird. Hierbei muss jedoch diese Schiedsklausel "vorsehen" (englisch: "provide"; französisch: "prévoie"), dass das Schiedsgericht "dieses Übereinkommen" - die CMR - "anzuwenden hat".

Die Literatur knüpft die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung daran, dass die Bestimmung ausdrücklich vorsieht, dass das Schiedsgericht die CMR anzuwenden hat (vgl. Fremuth/Thume, Komm. Zum Transportrecht, 2000, Art. 33 CMR, Rdnr. 2; Thume/Demuth, Komm. Zur CMR, 1995, Art. 33 CMR, Rdnr. 3; Staub/Helm, Großkomm. HGB, 4. Aufl. 2002, Anh. VI § 452, Art. 33 CMR, Rdnr. 5), dass sie die Anwendung der CMR ausdrücklich vorschreibt (vgl. Koller, Transportrecht, 5. Aufl. 2004, Art. 33 CMR Rdnr. 1; Herber/Piper, a. a. O., Art. 33 Rdnr. 2) bzw. dass sie das Schiedsgericht ausdrücklich zur Anwendung der CMR verpflichtet (vgl. MünchKomm./Basedow, 4. Aufl. 2001, Art. 33 Rdnr. 1). Die generelle Bezugnahme bzw. Verweisung auf das jeweilige nationale Recht eines Vertragsstaates, dessen Teil die CMR ist, soll dabei grundsätzlich nicht genügen (vgl. Herber/Piper, a. a. O., Art. 33 Rdnr. 2; Thume/Demuth, a. a. O., Art. 33 Rdnr. 3). Argument für letzteres ist, dass nicht in allen Mitgliedsstaaten die CMR als unabhängig vom Parteiwillen geltendes innerstaatliches Recht begriffen werde und mit der expliziten Verpflichtung zur Anwendung der CMR Auslegungsunsicherheiten vorgebeugt werden solle (vgl. Thume/Demuth, a. a. O., Art. 33 Rdnr. 3). Es müsse zudem auch bezweifelt werden, ob die Parteien - und Gerichte - diesen mittelbaren Hinweis durchschauten (vgl. Staub/Helm, a. a. O., Art. 33 CMR Rdnr. 5).

Es kann vorliegend offen bleiben, ob die durch Ziffer 11.2. des Lagerungs- und Logistikvertrages vom 2.8. / 5.8.2002 in Bezug genommene Klausel 15 der Bedingungen für die Wertschöpfungslogistik, die durch die Fenex am 15.11.1995 in der Geschäftsstelle des Bezirksgerichts in Rotterdam hinterlegt wurde, bereits eine zwingende Bindung des Schiedsgerichts an die CMR festlegt, so wie es das Landgericht ausgeführt hat, oder aber in Anlehnung an die Entscheidungen des OLG Hamm vom 29.6.1998 (Az.: 18 U 19/98; BB-Beilage 2001, Nr. 6, 22-23) und des OLG Köln vom 2.8.2005 (Az.: 3 U 21/05; TransportR 2005, 472f) zur im Wortlaut ähnlichen Schiedsgerichtsklausel Art. 23 Nr. 7 der niederländischen Speditionsbedingungen in der Fassung vom 4.1.1999 eine solche zwingende Bindung nicht erkennbar ist, wie es die Klägerinnen geltend machen.

Die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende aktuelle Fassung (Stand: 1.7.2004) des Art. 23. Nr. 7 der niederländischen Speditionsbedingungen sieht nämlich nach Auffassung des Senats jedenfalls eine solche, dem Sinn und Zweck der Art. 41 und 33 CMR gerecht werdende, zwingende Bindung des Schiedsgerichts an die Bestimmungen der CMR vor.

Zunächst einmal ergibt sich aus dem Wortlaut, dass zwar den Schiedsrichtern ein Ermessensspielraum eingeräumt werden soll, wenn es dort heißt: "als goede mannen naar billijkheid". Allerdings sollen sie damit nicht in erster Linie nach reinen Billigkeitsgesichtspunkten entscheiden, da zugleich dem Schiedsgericht die "Verpflichtung" auferlegt wird, die anwendbaren "zwingenden" Rechtsvorschriften zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich auch nicht, dass das Schiedsgericht im Rahmen der "Berücksichtigung" sogar von diesen Regelungen absehen könne, da ihm primär durch eine "Verpflichtung" und nicht nur durch eine fakultative Heranziehung auferlegt wird, die entsprechenden Rechtsvorschriften, die zudem noch als "zwingend" charakterisiert werden, im jeweils zu entscheidenden Einzelfall anzuwenden.

Durch den nachfolgenden Satz dieser Klausel, "Sofern zutreffend, werden sie ferner die Bestimmungen internationaler Beförderungsverträge, worunter unter anderem das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), anwenden", ergibt sich auch mit hinreichender Deutlichkeit, dass das Regelwerk der CMR - sofern es hinsichtlich des zu entscheidenden Einzelfalles einschlägig ist - zwingend Anwendung findet. Der Senat ist der Auffassung, dass dieser Satz in unmittelbarem Kontext zu den im vorangehenden Satz aufgeführten "zwingenden Rechtsvorschriften" steht und mithin auch von der vorgenannten "Verpflichtung" des Schiedsgerichts zur Anwendung mit umfasst ist.

Der Senat sieht sich hierbei auch in Übereinstimmung mit der Entscheidung des OLG Köln vom 2.8.2005 (s. oben). Der dortige Senat hat nämlich - obwohl in jenem Verfahren gar nicht einschlägig - ausgeführt, dass "in Übereinstimmung mit der wohl allgemeinen Ansicht in der Literatur ein ausdrücklicher Verweis auf die vorrangige Geltung der CMR erforderlich (ist), wie ihn die aktuelle Fassung der Fenex (in den niederländischen Speditionsbedingungen) vom 1.7.2004 auch vorsieht."

Die damit wirksame Schiedsgerichtsklausel begründet entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht lediglich einen "zusätzlichen Gerichtsstand", sondern bewirkt in der hier streitgegenständlichen Formulierung der Ziffer 11.2. des Lagerungs- und Logistikvertrages vom 2.8. / 5.8.2002 einen Ausschluss der staatlichen Gerichte.

Eine rein prorogierende und nicht derogierende Wirkung lässt sich zunächst nicht aus dem Wortlaut des Art. 31 Absatz 1 Satz 1 CMR herleiten. Danach können zwar die Parteien zusätzlich die internationale Zuständigkeit weiterer Gerichte von Vertragsstaaten vertraglich vereinbaren, nicht jedoch ausschließen, so dass eine Derogation unwirksam ist (vgl. u. a. Koller, Transportrecht, a. a. O., Art. 31 CMR Rdnr. 5). Entgegen der Auffassung der Klägerinnen bezieht sich diese Bestimmung und ihre Wirkung jedoch nicht auf "Schiedsgerichte", sondern allein auf eine vertraglich eröffnete Möglichkeit der Bestimmung weiterer "staatlicher Gerichte".

Den Klägerinnen ist zwar zuzugestehen, dass in der deutschen Fassung der CMR tatsächlich die von ihnen vertretene Auffassung nicht völlig fern liegt, da im Art. 31 Abs. 1 Satz 1 von "Gerichte von Vertragsstaaten" und im Art. 33 CMR von einem "Schiedsgericht" die Rede ist. Allerdings ist die deutsche Fassung nicht verbindlich; allein verbindlich und daher bei der Auslegung dieser Bestimmungen heranzuziehen sind gemäß Art. 51 CMR die Urschriften dieses Übereinkommens in englischer und französischer Sprache (vgl. auch Koller, Transportrecht, a. a. O., Art. 31 CMR Rdnr. 5). Unter Heranziehung dieser Fassungen wird durch Gegenüberstellung der Begriffe "the courts or tribunal of a country" (Art. 31) zu "arbitration tribunal" (Art. 33) sowie "juridictions du pays" (Art. 31) zu "tribunal arbitral" (Art. 33) hinreichend deutlich, dass "Schiedsgerichte" gerade nicht dem Begriff "Gericht" im Sinne des Art. 31 CMR unterfallen. Dies wird im Übrigen auch von der Kommentarliteratur so gewertet (vgl. Herber/Piper, a. a. O., Rdnr. 1; MünchKomm./ Basedow, a. a. O., Art. 31 CMR Rdnr. 24).

Soweit sich die Klägerinnen auf die Kommentierung in "Koller, Transportrecht, Art. 33 CMR Rdnr. 1" beziehen, ist tatsächlich dort die Einschätzung des Kommentators zu finden, dass "die Vereinbarung nach h. M. die Zuständigkeit der Gerichte im Sinne des Art. 31 CMR nicht ausschließe". Diese Auffassung wird indes - trotz des entgegenstehenden verbindlichen englischen und französischen Wortlauts (s. oben) - nicht weiter begründet, wobei sich der Verfasser lediglich auf eine Kommentarstelle im Großkommentar zum HGB (Staub/Helm) bezieht. Dort wird tatsächlich zunächst in Frage gestellt, ob durch die Klausel (des Art. 33 CMR) die gesetzlichen Zuständigkeiten des Art. 31 Abs. 1 Satz 1 ausgeschlossen werden, oder ob den Beteiligten stattdessen auch eine der gesetzlichen internationalen Zuständigkeiten zur Verfügung stehen solle. Zugleich wird jedoch, auch unter der Annahme, dass die letztere der Auffassungen "wohl herrschende Meinung sei", festgehalten, dass dies aber im Regelfall der feststehenden Entscheidung der Parteien, die staatlichen Gerichte auszuschließen, nicht entgegensteht, so dass dann im international zuständigen Mitgliedsland ein Schiedsgericht angerufen werden muss (vgl. Staub/Helm, a. a. O., Art. 33 CMR Rdnr. 1).

Eine solche Entscheidung der Vertragsparteien, dass die Anrufung der staatlichen Gerichte hinsichtlich eines durch die vertragliche Beziehung entstandenen Rechtsstreits ausgeschlossen werden solle, ist vorliegend gegeben. Dies ergibt sich bereits in aller Deutlichkeit aus der Ziffer 11.2. des Lagerungs- und Logistikvertrages, wonach "jegliche Streitigkeiten" durch Schiedsgerichte "endgültig beigelegt" werden sollen. Dies korrespondiert sowohl mit der Klausel 15 Ziffer 1 der Bedingungen für die Wertschöpfungslogistik, als auch mit Artikel 23 Ziffer 1. der niederländischen Speditionsbedingungen. Hiernach "müssen alle Streitigkeiten mit dem Ausschluss der ordentlichen Gerichte beigelegt werden "(Klausel 15 Ziffer 1) bzw. "werden alle zwischen dem Spediteur und seinem Vertragspartner eventuell entstehenden Streitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Gerichts" (Artikel 23. Ziffer 1) durch ein Schiedsgericht entschieden. Die hierin auftauchende Wortwahl "in höchster Instanz von drei Schiedsrichtern" besagt dabei nichts weiteres, als dass dieser Schiedsspruch für alle Beteiligten bindend und nicht revisibel sein soll. Eine Eröffnung des ordentlichen Gerichtsweges als "untere Instanz" ergibt sich hieraus nicht und widerspräche im Übrigen der eindeutigen Zielrichtung der jeweiligen Regelwerke.

Den Klagen steht daher die seitens der Beklagten erhobene Einrede der Schiedsvereinbarung nach § 1032 Abs. 1 ZPO entgegen. Hierbei ist unerheblich, dass der mithin gegebene allein zuständige Schieds- bzw. Schlichtungsort in Den Haag und damit nicht in Deutschland liegt. Nach dem Wortlaut des § 1025 Abs. 2 ZPO ist nämlich auch in einem solchen Fall § 1032 ZPO anwendbar; darauf, welchem Recht die Schiedsvereinbarung dann unterliegt, kommt es ebenfalls nicht an (vgl. Stein/Jonas-Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1032 Rdnr. 23).

Die Berufungen sind daher aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

III.

1.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO (bezüglich der Klägerin zu 1.) bzw. auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO (bezüglich der Klägerin zu 2.).

2.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 543 ZPO liegen nicht vor. Der Sache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Urteile der Oberlandesgerichte Hamm und Köln betreffen die hier nicht einschlägige Regelung Art. 23 Ziffer 7 der niederländischen Speditionsbedingungen in der Fassung vom 4.1.1999 bzw. ihrer noch früheren Fassung. Die Frage, ob durch eine wirksame Schiedsgerichtsabrede, die nicht ausdrücklich den Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit vorsieht, lediglich ein zusätzlicher oder ein die staatlichen Gerichte ausschließender Gerichtsstand begründet wird, ist nicht entscheidungserheblich. Denn im gegebenen Fall ergibt sich der Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit aus einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien, deren grundsätzliche Zulässigkeit nicht umstritten ist.

3.

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

- für das Berufungsverfahren insgesamt: 44.660,-- €

- für die Berufung der Klägerin zu 1.: 4.466,-- €

- für die Berufung der Klägerin zu 2.: 40.194,-- €

Ende der Entscheidung

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