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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 05.04.2007
Aktenzeichen: 6 U 342/04
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 57
Tätigt eine Aktiengesellschaft mit einem ihrer Aktionäre ein Austauschgeschäft und besteht zwischen Leistung und Gegenleistung ein Missverhältnis zum Nachteil der Gesellschaft, welches ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht hingenommen haben würde, so liegt darin eine nach § 57 AktG verbotene Vermögenszuwendung.

Steht die Aktiengesellschaft zu dem mit ihr kontrahierenden Aktionär in einem Abhängigkeitsverhältnis, so trägt gegenüber anderen Aktionären, welche aus dem mutmaßlichen Verstoß gegen § 57 AktG Rechte gegen die Gesellschaft herleiten, diese die Beeislast dafür, dass auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter das Rechtsgeschäft vorgenommen haben würde.

Die korrekte Bewertung eines Unternehmens erfordert es nicht, im Hinblick auf die besonderen Risiken des Unternehmens den Kapitalisierungszinssatz mit einem (erhöhten) Risikozuschlag zu versehen, soweit diese Risiken bereits durch vorsichtige Ansätze bei der Schätzung des Zukunftserfolges des Unternehmens berücksichtigt sind.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 6 U 342/04

Verkündet am 05.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sartor, den Richter am Oberlandesgericht Ritter und den Richter am Oberlandesgericht auf die mündliche Verhandlung vom 15.03.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger zu 1) bis 4) wird das am 17.02.2004 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer - 3. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Mainz abgeändert wie folgt:

Es wird festgestellt, dass die nachstehenden Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 23.05.1997 zu den Punkten 4 bis 6 der Tagesordnung in der Zeit bis zum 25.09.2003 nichtig waren:

Beschluss zu TOP 4:

"Die Hauptversammlung stimmt zu, dass die 15 SB-Warenhäuser der Gesellschaft einschließlich des zentralen Verwaltungsbereichs (Service-Center) - nachfolgend Ma...-SB-Bereich" genannt - zusammen mit den dazu gehörenden Aktiva in die E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG ausgegliedert und anschließend sowohl die Kommanditbeteiligung an dieser Gesellschaft zum Preis von 295.000.000,00 DM als auch die Geschäftsanteile der Komplementär-GmbH zum Nominalwert von 50.000,00 TDM an die ME... AG verkauft werden."

Beschluss zu TOP 5:

"Die Hauptversammlung stimmt dem Vertrag über die Einbringung des Ma...-SB-Bereiches in die E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG gemäß § 179 a AktG zu."

Beschluss zu TOP 6:

"Die Hauptversammlung stimmt den Verträgen über den Verkauf der Kommanditbeteiligung an der E... SB-Warenhaus Verwaltungs GmbH durch die Ma... AG an die ME... AG gemäß § 179 a AktG zu."

Die Kosten des ersten Rechtszuges, die vor der Zurückverweisung an das OLG angefallenen Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten des Revisionsverfahrens werden wie folgt verteilt: Die Kläger zu 1) und 2) tragen jeweils 0,5 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Die Beklagte trägt 99 % der Gerichtskosten, jeweils 98 % der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1) und 2), die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 3) und 4) sowie die durch die Nebeninterventionen verursachten Kosten. Im Übrigen tragen die Parteien ihre Kosten selbst.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der durch die Nebeninterventionen verursachten Kosten, soweit die Kosten nach der Zurückverweisung angefallen sind.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Kläger und ihre Streithelfer waren bis zum 24.01.2003 Aktionäre der Beklagten und wenden sich mit Anfechtungs-, hilfsweise Nichtigkeitsfeststellungsklage, gegen drei Beschlüsse der Hauptversammlung vom 23.05.1997, durch welche die Ausgliederung der 15 SB-Warenhäuser der Beklagten in die E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG und die anschließende Veräußerung der diesbezüglichen Beteiligungen der Beklagten an ihren Hauptaktionär, die ME... AG, beschlossen wurde.

Die Kläger und die Streithelfer haben nach teilweiser Klagerücknahme durch die Kläger zu 1) und 2) übereinstimmend beantragt,

die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 23.05.1997 zu den Tagesordnungspunkten 4, 5 und 6 für die Zeit bis zum 25.09.2003 für nichtig zu erklären,

hilfsweise,

deren Nichtigkeit festzustellen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Landgericht hat nach Einholung eines Gutachtens und eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Kfm. C... sowie nach mündlicher Erläuterung durch den Sachverständigen die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Die Kläger und die Streithelfer tragen zur Begründung ihrer Berufung u. a. vor, der für die Veräußerung der Kommanditbeteiligung an der E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG vereinbarte Kaufpreis sei mit 295 Mio. DM deutlich zu niedrig. Die ME... AG habe sich dadurch einen Sondervorteil verschafft. Die hierüber gefassten Hauptversammlungsbeschlüsse seien daher anfechtbar gemäß § 243 AktG. Weiter wird Nichtigkeit gemäß § 241 AktG wegen Einlagenrückgewähr geltend gemacht.

Die Kläger und die Streithelfer beantragen übereinstimmend,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 23.05.1997 zu den Tagesordnungspunkten 4, 5 und 6 für die Zeit bis zum 25.09.2003 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Kaufpreis von 295 Mio. DM liege über dem Wert, den die 15 SB-Warenhäuser am 23.05.1997 gehabt hätten.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze und Urkunden (bis Bl. 938 GA) Bezug genommen.

Der Senat hat die Berufung durch Urteil vom 27.01.2005 zurückgewiesen. Durch Urteil des Bundesgerichtshofes vom 09.10.2006 ist das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache an den Senat zurückverwiesen worden.

II.

Die Berufung ist zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klage ist zulässig (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofes vom 09.10.2006 - II ZR 46/05).

Die mit der Klage angegriffenen Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 23.05.1997 sind nichtig gemäß § 241 Nr. 3 AktG. Sie verstoßen gegen das Verbot der Rückgewähr von Einlagen (§ 57 Abs. 1 AktG).

1. Ein Beschluss der Hauptversammlung ist nichtig, wenn er mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht vereinbar ist oder durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind (§ 241 Nr. 3 AktG). Zu den überwiegend dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger dienenden Vorschriften gehört die Bestimmung des § 57 AktG, da sie den Zweck hat, das Grundkapital der Gesellschaft zu erhalten (vgl. Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 57 Rdnr. 1 und § 241 Rdnr. 17). Eine Verletzung von § 57 Abs. 1 AktG, nämlich eine teilweise Rückgewähr von Einlagen an einen Aktionär, liegt hier in der Veräußerung der Kommanditbeteiligung der Beklagten an der E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG an die ME... AG zu einem Preis von 295 Mio. DM.

a) Tätigt eine Aktiengesellschaft - wie im vorliegenden Fall - mit einem Aktionär ein Austauschgeschäft, so ist das nur dann nicht zu beanstanden, wenn Leistung und Gegenleistung äquivalent sind. Besteht dagegen ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zum Nachteil der Gesellschaft, so gewährt diese dem Aktionär damit eine nach § 57 AktG verbotene Vermögenszuwendung (vgl. BGH NJW 1987, 1194, 1195 zu §§ 29, 30 GmbHG; Hüffer § 57 Rdnr. 8). Wesentliches Kriterium für ein solches Missverhältnis ist bei Fehlen eines Marktpreises die Frage, ob die Aktiengesellschaft ein gleiches Geschäft auch mit einem Nichtgesellschafter getätigt haben würde (vgl. Hüffer aaO.; Münchener Kommentar / Bayer, AktG, 2. Aufl., § 57 Rdnr. 35; Kölner Kommentar / Lutter, 2. Aufl., § 57 Rdnr. 15). Dabei ist darauf abzustellen, wie ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG) sich verhalten hätte (Kölner Kommentar / Lutter § 57 Rdnr. 21; vgl. zu §§ 29, 30 GmbHG: BGH NJW 1987, 1194, 1195; Lutter / Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 29 Rdnr. 52; Rowedder / Pentz, GmbHG, 4. Aufl., § 29 Rdnr. 161; ebenso für den steuerrechtlichen Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung: BFH DStR 1967, 616 Nr. 504; DStR 2004, 680, 681). Dies ist allerdings lediglich im Sinne eines objektiven Pflichtmaßstabs zu verstehen, d. h., ohne Rücksicht auf die Frage eines subjektiven Verschuldens (Kölner Kommentar / Lutter § 57 Rdnr. 21). Es ist also zu prüfen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Vorstand bei Kenntnis des objektiven Wertes des an den Aktionär verkauften Objekts den Kaufpreis akzeptiert haben würde. Das ist, wenn der Preis geringer ist als der Wert und keine weiteren preisbeeinflussenden Umstände hinzutreten, regelmäßig nicht der Fall.

Dem Landgericht ist zwar darin zu folgen, dass ein Unternehmensverkauf durch eine Aktiengesellschaft grundsätzlich Gegenstand einer unternehmerischen Entscheidung des Vorstandes ist. Dies betrifft in vollem Umfang die Frage des 'Ob' eines solchen Geschäfts, und zwar auch dann, wenn die Veräußerung an einen Aktionär erfolgt. Bei der Ausgestaltung des Geschäfts jedoch ist der unternehmerische Entscheidungsspielraum im letzteren Fall stärker eingeengt als bei einem normalen Drittgeschäft (vgl. Kölner Kommentar / Lutter § 57 Rdnr. 15): Der Vorstand unterliegt bei dem Verkauf an einen Aktionär im Hinblick auf dessen Doppelstellung - als Partner eines Außengeschäfts und als Mitglied der Gesellschaft - nicht nur den Pflichten des § 93 AktG, sondern ist darüber hinaus auch an das Verbot jeglicher Schmälerung des Gesellschaftsvermögens (§§ 57, 58 AktG) gebunden. Ein Verstoß gegen § 57 Abs. 1 AktG ist deshalb nicht erst dann zu bejahen, wenn ein besonders gravierender und offenkundiger Bewertungsmangel vorliegt, sondern stets dann, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein Ungleichgewicht besteht, aus welchem sich im Rahmen eines derartigen Geschäfts mit einem Dritten objektiv ein wirtschaftlicher Nachteil für die Aktiengesellschaft ergeben würde, falls dem Vertragspartner gleich günstige Konditionen eingeräumt würden (vgl. Kölner Kommentar / Lutter aaO.).

b) Da die Beklagte zu ihrem Vertragspartner, der ME... AG, die an ihr zu 96 % beteiligt war, in einem Abhängigkeitsverhältnis i. S. von § 17 AktG stand, kommt auf das hier zu beurteilende Rechtsgeschäft zusätzlich der Rechtsgedanke des § 317 Abs. 1 AktG zur Anwendung. Diese Bestimmung untersagt zwischen einem herrschenden Unternehmen und der abhängigen Gesellschaft jedes "für sie nachteilige Geschäft", wobei gemäß § 317 Abs. 2 AktG Nachteiligkeit nur dann zu verneinen ist, wenn auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft das Rechtsgeschäft vorgenommen hätte (Münchener Kommentar / Kropff § 311 Rdnr. 140). Im Verhältnis zur abhängigen Gesellschaft und zu deren Aktionären ist es also Sache des herrschenden Unternehmens, den nachteiligen Charakter des Geschäfts zu widerlegen (vgl. Hüffer § 317 Rdnr. 12). Zwar gilt diese Beweislastverteilung im vorliegenden Fall nicht unmittelbar, zumal weder das herrschende Unternehmen noch deren gesetzliche Vertreter Prozesspartei sind. Aber auch im Verhältnis zur Beklagten dürfen in einem Fall wie dem vorliegenden die Minderheitsaktionären nicht schlechter gestellt werden als bei einer auf Schadensersatz gerichteten Klage gegen die nach § 317 AktG Verantwortlichen.

Die Beweislastverteilung in § 317 Abs. 2 AktG trägt dem Umstand Rechnung, dass die Aktiengesellschaft sich einem herrschenden Unternehmen gegenüber nicht erfolgreich gegen eine schleichende Ausplünderung zur Wehr setzen kann und deshalb - mit Ausnahme von Massengeschäften - alle zwischen der Gesellschaft und dem Mehrheitsaktionär getätigten Rechtsgeschäfte prima facie verdächtig sind (so Münchener Kommentar / Bayer § 57 Rdnr. 31). In dem vorliegenden Rechtsstreit geht es, wie in einem Schadensersatzprozess nach § 317 Abs. 1 Satz 2 AktG, um die Folgen eines Rechtsgeschäfts der abhängigen Gesellschaft mit dem herrschenden Unternehmen. Da die Ma... AG weiterhin von der ME... AG bzw. deren Rechtsnachfolgerin beherrscht wird, die mittlerweile sogar Alleingesellschafterin ist, steht die Beklagte hinsichtlich Wissen und Willensbildung den Klägern nicht anders gegenüber als das herrschende Unternehmen bei einer gegen dieses gerichteten Klage. Es wäre deshalb nicht gerechtfertigt, die Minderheitsaktionäre - anders als in einem solchen Schadensersatzprozess - im Streit mit der abhängigen Gesellschaft über die Voraussetzungen des § 57 AktG hierfür die volle Beweislast tragen zu lassen. Daher ist nur dann ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zum Nachteil der Beklagten zu verneinen, wenn diese darlegt und beweist, dass von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter das Rechtsgeschäft auch mit einem Dritten vorgenommen worden wäre. Dieser Beweis ist der Beklagten nicht gelungen. Im Gegenteil sieht der Senat ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung als bewiesen an.

2. Bei der Veräußerung der Beteiligung der Beklagten an der E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG zu einem Preis von 295 Mio. DM liegt ein deutliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, welches ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht hingenommen haben würde. Die Beweisaufnahme hat erbracht, dass der Wert der von der Kommanditgesellschaft betriebenen fünfzehn SB-Warenhäuser und damit des Kommanditanteils etwa 374 Mio. DM betrug, den Kaufpreis also erheblich überstieg.

Der für Unternehmensbewertungen und Betriebsveräußerungen öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige Dipl.-Kfm. C..., an dessen Fachkunde kein Zweifel besteht, hat ausführlich und in nachvollziehbarer Weise seine Berechnung des Unternehmenswertes begründet.

a) Der Sachverständige hat zur Bestimmung des Wertes des veräußerten Unternehmens zu Recht die Ertragswertmethode angewandt und hierzu nach eingehender Überprüfung die Planergebnisse übernommen, die in dem von der Beklagten vorgelegten Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften C & L sowie F... und Partner vom 24.02.2003 ermittelt worden sind. In Übereinstimmung mit dem Privatgutachten hält der Sachverständige hier im Hinblick auf den - insbesondere bezüglich der Personalkosten - als optimistisch zu bezeichnenden Planungsansatz einen Risikoabschlag von 12,5 % für gerechtfertigt. Das ist nicht zu beanstanden.

b) Die zu erwartende Belastung durch die Gewerbeertragssteuer hat der Sachverständige mit 16,3 % angenommen. Dieser Satz ist von ihm anhand umfangreichen Zahlenmaterials in nachvollziehbarer Weise ermittelt worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten konnte nicht von einer steigenden Tendenz bezüglich der Hebesätze für Gewerbsteuer ausgegangen werden. Der Sachverständige hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine solche Entwicklung sich allenfalls in Großstädten gezeigt habe, dass die SB-Warenhäuser der E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG aber überwiegend in ländlichen Gegenden angesiedelt gewesen seien, für die ein solcher Trend nicht erkennbar gewesen sei. Dies ist in den beiden Gutachten des Sachverständigen C... mit Zahlen belegt. Aufgrund der zum Stichtag bekannten Hebesätze, die jeweils für die 15 SB-Warenhäuser galten, konnte daher im Rahmen der Bewertung mit dem Sachverständigen von einem zu erwartenden durchschnittlichen Hebesatz in Höhe von 390 % ausgegangen werden, was einem effektiven Satz von 16,3 % entspricht.

c) Dem Sachverständigen ist auch darin zuzustimmen, dass bei der Ermittlung des künftigen Ertrages nicht von einer Belastung mit Gewerbekapitalsteuer auszugehen war. Zum Stichtag galt zwar noch die gesetzliche Regelung über die Erhebung von Gewerbekapitalsteuer; diese entfiel jedoch ab 01.01.1998. Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass dieser Fortfall bereits zum Stichtag absehbar gewesen sei. Die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer war vor dem 23.05.1997 vom Bundestag beschlossen worden; im Vermittlungsausschuss konnte darüber allerdings erst am 30./.31.07.1997 eine Einigung erzielt werden, der der Bundesrat dann am 05.09.1997 zustimmte. Der Sachverständige weist zu Recht darauf hin, dass im Jahre 1997 von Anfang an Einigkeit zwischen allen politischen Parteien darüber bestand, dass die Gewerbekapitalsteuer abzuschaffen sei, und dass die Anrufung des Vermittlungsausschusses lediglich durch einen Streit über die Regelung der Gegenfinanzierung notwendig wurde. Es handelt sich hier also um eine Entwicklung, deren Wurzeln in der Zeit vor dem Stichtag lagen und die deshalb bei der Bewertung berücksichtigt werden musste (sog. Wurzeltheorie; vgl. dazu BGH NJW 1973, 509, 511). Soweit die Beklagte dem gegenüber geltend machen, es sei zum Stichtag noch nicht sicher gewesen, dass es zur Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer kommen werde, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Bewertung des Unternehmens auch sonst weitgehend auf Prognosen beruht. Eine solche Prognose war ebenso hinsichtlich der Steuerentwicklung zulässig.

d) Dem Sachverständigen ist des Weiteren darin zu folgen, dass bei der Ermittlung des nachhaltig zu erzielenden Ertrages ein Kapitalisierungszinssatz von 6,5 % zugrunde zu legen ist.

aa) Dabei ist der Sachverständige von einem Basiszinssatz von 6 % für die erste Phase (1997 bis 2002) und von 7 % für die zweite Phase (nachhaltiger Zinssatz ab 2003) ausgegangen. Gegen diese Vorgehensweise ist nichts einzuwenden.

Es ist nicht geboten, für beide Phasen einen einheitlichen Basiszinssatz zu Grunde zu legen. Vielmehr ist das von dem Sachverständigen gewählte Verfahren geeignet, die Prognosegenauigkeit zu erhöhen, da für den näheren Planungszeitraum auch die Zinsprognose genauer, nämlich mehr am Stichtag orientiert, vorgenommen werden kann (vgl. BayObLG NZG 2006, 156, 158). Der Basiszinssatz für Phase I ist nachvollziehbar aus den Renditen der inländischen öffentlichen Anleihen der letzten fünf Jahre vor dem Stichtag hergeleitet worden. Dass nicht auf einen Zehn-Jahres-Zeitraum (mit einer Durchschnittsrendite von 7 %) abgestellt worden ist, hat der Sachverständige überzeugend damit begründet, dass sich in den Jahren 1993 bis 1997 mit einer Durchschnittsrendite von 6,1 % eine fallende Tendenz gezeigt habe und zum Stichtag Signale einer Zinswende eindeutig nicht erkennbar gewesen seien. Dagegen ist der Sachverständige bei der langfristigen Zinsprognose (Phase II) folgerichtig von der Durchschnittsrendite der letzten zwanzig Jahre (7,3 %) ausgegangen, hat aber berücksichtigt, dass die 10- und 15-jährigen Durchschnittswerte darunter lagen. Der so ermittelte nachhaltige Zinssatz von 7 % ist nicht zu beanstanden.

bb) Der Senat folgt dem Sachverständigen auch darin, dass ein Risikozuschlag von 0,5 % gerechtfertigt ist, dass insbesondere kein höherer Abschlag geboten ist.

Für den von der Beklagten befürworteten Risikozuschlag in Höhe von 2,8 % fehlt es bereits an einer plausiblen Begründung. Dabei folgt der Senat der Auffassung, dass Sätze jenseits von 2% stets besonders begründungsbedürftig sind (BayObLG NZG 2006, 156, 159). Dem genügt der Vortrag der Beklagten nicht.

Nach h. M. ist im Rahmen des Kapitalisierungszinssatzes das Unternehmensrisiko (ausschließlich) als Zuschlag auf den Basiszinssatz zu erfassen. Der Zuschlag soll nach dieser Konzeption sowohl das operative Risiko aus der betrieblichen Tätigkeit als auch das vom Verschuldungsgrad beeinflusste Finanzierungsrisiko abdecken. Eine abweichende Meinung führt hiergegen an, dass die besonderen Chancen und Risiken des Unternehmens i. d. R. bereits bei der Ermittlung des nachhaltigen Unternehmensertrages berücksichtigt seien und somit ein Zuschlag hierfür von vornherein ausscheide; berücksichtigt werden könne daher allenfalls das generelle Unternehmerrisiko, welches die Kapitalanlage in einem Unternehmen von einer "quasi-sicheren" Kapitalanlage in fest verzinslichen Wertpapieren unterscheide (OLG Celle NZG 1998, 987, 989). Diese Frage braucht hier jedoch nicht abschließend entschieden zu werden. Denn ganz allgemein muss es dem Sachverständigen überlassen bleiben, ob er alle unternehmerischen Risiken bereits durch vorsichtige Ansätze bei der Schätzung des Zukunftserfolges oder erst bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinses berücksichtigt (OLG Stuttgart ZIP 2004, 712, 716; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.04.1988 - 19 W 32/86 - juris Rspr). Da der Sachverständige C... in seinen beiden Gutachten überzeugend ausgeführt hat, dass einem Großteil der Unternehmensrisiken bereits in der Ertragsprognose Rechnung getragen ist, besteht keine Notwendigkeit, diese Risiken durch einen weiteren Abschlag zu berücksichtigen.

Der Sachverständige hat in seinem ergänzenden Gutachten vom 22.11.2002 dargetan, dass der Abschlag von 12,5 %, mit welchem die prognostizierten Ertragszahlen versehen werden, das operative Risiko aus der betrieblichen Tätigkeit und das vom Verschuldungsgrad beeinflusste Finanzierungsrisiko voll abdeckt.

Eine mögliche negative Entwicklung der Einzelhandelskonjunktur stellt ein branchenspezifisches Risiko des Unternehmens der E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG dar, dem die Chance einer unerwarteten Konjunkturverbesserung gegenübersteht. Dies sind Faktoren, die bereits in die Ermittlung der zu erwartenden Ertragsüberschüsse zwangsläufig einzubeziehen waren. Gleiches gilt für die Möglichkeit einer Veränderung der Konkurrenzsituation, da auch dieses Risiko bzw. diese Chance sich auf die Ertragsprognose auswirkt. Ein höherer Risikoabschlag als 12,5 % ist im Hinblick auf diese Umstände nicht gerechtfertigt, zumal die Ertragslage der SB-Warenhäuser der Beklagten sich in den letzten Jahren vor der Veräußerung kontinuierlich verbessert hatte. Dass die darauf gestützte Prognose einer weiteren Verbesserung nicht gänzlich unbegründet war, zeigt sich, wie der Sachverständige aufzeigt, auch bei einer nachträglichen Überprüfung anhand eines Vergleichs der tatsächlichen Umsätze mit den Planzahlen für die Jahre 1998 bis 2000. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens durften auch die Umstellung der SB-Warenhäuser auf das Unternehmenskonzept "r...,-" und die damit verbundenen Synergieeffekte berücksichtigt werden, da diese Veränderung zum Stichtag unstreitig bereits weitgehend abgeschlossen war.

Ein besonderes Risiko ergab sich, anders, als die Beklagte vorträgt, nicht daraus, dass die E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG nicht Eigentümerin von Grundbesitz war. Da die Gesellschaft unstreitig über 60 Mio. DM Eigenkapital verfügte und gänzlich ohne Fremdfinanzierung tätig sein konnte, fehlte es ihr ersichtlich nicht an stillen Reserven. Die Gefahr mangelnder Liquidität ist bei derart hohem Eigenkapital und Fehlen laufender Fremdfinanzierungskosten äußerst gering. Diese Gefahr ist durch den Risikoabschlag von 12,5 % ebenfalls abgedeckt.

Der Sachverständige ist daher auf nachvollziehbare Weise zu dem Schluss gelangt, dass im vorliegenden Fall ein Risikozuschlag beim Kapitalisierungszins nur noch im Hinblick auf das Risiko der eingeschränkten Wiederverwertbarkeit der Investition (geringere Fungibilität als bei Wertpapieren) und außergewöhnliche Ereignisse wie beispielsweise Streiks, Umstrukturierungsmaßnahmen oder Insolvenzen wichtiger Abnehmer gerechtfertigt ist. Der hierfür von ihm mit 0,5 % angenommene Satz hält sich in vertretbarem Rahmen. Das Gutachten ist auch in diesem Punkt im Ergebnis nicht zu beanstanden.

e) Der Senat hat außerdem keine Einwendungen gegen den von dem Sachverständigen angesetzte Geldentwertungsabschlag in Höhe von 1 % bezüglich des nachhaltigen Zinssatzes in Phase II. Die wertmindernde Wirkung von Inflation ist bei dem Unternehmensergebnis der E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG als geringer anzusehen als bei Kapitalanlagen, da das Unternehmen einen Teil der inflationsbedingten Preissteigerungen an seine Kunden abgeben kann. Aus einem Vergleich zwischen der jährlichen Steigerung von Lebenshaltungsindex für Nahrungsmittel einerseits und Preisindex des Nahrungsmitteleinzelhandels andererseits hat der Sachverständige den Anteil der Preisweitergabe in zulässiger Weise mit etwa 1 % ermittelt, wobei steigende Personalkosten berücksichtigt werden.

Danach ergibt sich der Kapitalisierungszinssatz wie folgt:

 Phase I, bis 2002Phase II, nachhaltig
Basiszins6,0 %7,0 %
- Geldentwertungsabschlag0 %1,0 %
+ Risikozuschlag0,5 %0,5 %
Kapitalisierungszinssatz6,5 %6,5 %

f) Der Senat folgt der Auffassung des Sachverständigen, dass im vorliegenden Fall bei der Ermittlung des Unternehmenswertes die persönlichen Ertragsteuern der Anteilsinhaber nicht zu berücksichtigen sind. Die für diesen Fall maßgeblichen berufsständischen Grundsätze für Wirtschaftsprüfer zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (HFA 2/1983; vgl. auch S. 9 des Gutachtens C & L / F... und Partner vom 24.02.2003) sahen dies zum Stichtag noch nicht vor. Die seit einigen Jahren angewandten Grundsätze, wonach auch die persönlichen Steuern der Unternehmenseigner in die Unternehmensbewertung einzubeziehen sein sollen (vgl. IdW S 1 Tz. 32, 37ff.), wurden im Jahre 1997 lediglich diskutiert. Sie sind jedenfalls nicht auf Fälle anzuwenden, die eindeutig noch der Beurteilung nach HFA 2/1983 unterliegen (so auch BayObLG NZG 2006, 156, 158). Denn die Beteiligten mussten von der Bewertung des Unternehmens nach diesen Grundsätzen ausgehen.

g) Auf der Grundlage der in den Gutachten des Sachverständigen C... ermittelten Zahlen errechnet sich folgender Unternehmenswert:

 ErtragsüberschussKapitalisierungBarwert
4/1997 6,71,0006,7
1998 1,30,939 1,2
1999 8,90,882 7,9
2000 17,70,828 14,7
2001 23,70,777 18,4
2002 29,40,730 21,5
ab 2003 29,4  
 452,30,685 309,8
Summe zum 31.12.1997:  380,2

Dies ergibt als Summe der Barwerte zum 30.09.1997 den Unternehmenswert von: 374,1 Mio. DM, oder gerundet 374 Mio. DM.

3. Der festgestellte Unterschied zwischen dem bewiesenen Wert des verkauften Objekts und dem dafür gezahlten Kaufpreis von 295 Mio. DM zeigt, dass der ME... AG durch den Kauf der Beteiligungen an der E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG ein Teil ihrer Einlage zurückgewährt wurde.

a) Eine verdeckte Einlagenrückgewähr setzt allein ein objektives Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus, ohne dass es weiterer Tatbestandsvoraussetzungen bedürfte. Insbesondere müssen keine subjektiven Umstände wie z. B. Kenntnis des Vorstandes von dem Missverhältnis, hinzutreten (OLG Frankfurt/Main BB 1996, 445, 447; Hüffer § 57 Rdnr. 10; Münchener Kommentar / Bayer, AktG, § 57 Rdnr. 40; vgl. zu §§ 29, 30 GmbHG: HHG: BGH NJW 1987, 1194, 1195; Lutter / Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 29 Rdnr. 52). Die strikte Erhaltung des Gesellschaftsvermögens, insbesondere des Grundkapitals, die von § 57 i. V. m. § 62 AktG bezweckt wird, ist nur dadurch zu erreichen, dass selbst dann, wenn die Verwaltung unfähig sein sollte, kein Aktionär sich eine Zusatzleistung verschaffen kann (so Kölner Kommentar / Lutter, AktG, 2. Aufl., § 57 Rdnr. 27). Dieser Schutzzweck erfordert es auch, dem Vorstand keinen 'Bewertungsspielraum' zuzubilligen (so Kölner Kommentar / Lutter, 2. Aufl., § 57 Rdnr. 20; allerdings unklar: Rdnr. 19). Da es sich hier also nicht um eine wie auch immer geartete Form der Verschuldenshaftung handelt, kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, nach Einholung des Gutachtens C & L / F... und Partner vom 24.02.2003 habe ihr Vorstand darauf vertrauen dürfen, dass der Kaufpreis dem Unternehmenswert entsprochen habe.

b) Umstände, die im vorliegenden Fall einen um 79 Mio. DM unter 374 Mio. DM liegenden Kaufpreis hätten gerechtfertigt erscheinen lassen, sind von der - insofern beweispflichtigen - Beklagten nicht unter Beweis gestellt worden und sind auch nicht ersichtlich. Der Beklagten ist nicht zuzustimmen, soweit sie sich darauf beruft, selbst bei Annahme eines mittleren Wertes von 374 Mio. DM habe eine erhebliche Bandbreite zur Verfügung gestanden, die sie habe ausnutzen dürfen. Der Senat ist vielmehr der Überzeugung, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Vorstand den Verkauf nicht zu einem Preis getätigt haben würde, der wesentlich unter dem mittleren Wert des zu veräußernden Unternehmens lag. Da, wie bereits ausgeführt, hier ein Verschulden des Vorstandes unerheblich ist, muss darauf abgestellt werden, wie dieser bei Kenntnis des tatsächlichen Wertes gehandelt hätte. Es wäre aber mit der Verpflichtung des Vorstandes, stets im Interesse der Gesellschaft zu handeln, unvereinbar gewesen, wenn er bei den Vertragsverhandlungen mit einem hypothetischen Dritten es nicht nur unterlassen hätte, einen Preis im oberen Bereich der ihm bekannten Bandbreite auszuhandeln, sondern sich sogar auf einen Verkauf zu einem Preis eingelassen hätte, der deutlich unterhalb des Mittelwertes lag, zumal keine Notwendigkeit zu einer sofortigen Veräußerung bestand.

Sollte, wie die Beklagte behauptet, sich für den Kauf des Unternehmens der Beklagten kein weiterer Interessent haben finden lassen, wäre also bei der erforderlichen hypothetischen Betrachtung der kaufwillige Dritte einziger Interessent gewesen, so folgt daraus nicht, dass die Veräußerung zu einem Preis im unteren Bereich der in Betracht kommenden Bandbreite oder sogar unterhalb des Wertes vertretbar gewesen wäre. In einer solchen Situation hätte vielmehr, da kein Sachverhalt vorlag, welcher zu einem Verkauf gezwungen hätte, die Beklagte von dem für sie nachteiligen Geschäft mit der ME... AG absehen müssen.

Unabhängig davon wäre auch bei Zugrundelegung eines Unternehmenswertes am unteren Rand der Bandbreite ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu bejahen. Der Sachverständige hat in der mündlichen Erläuterung seiner Gutachten darauf hingewiesen, dass bei jeder Schätzung eines Unternehmenswertes selbstverständlich eine gewisse Bandbreite zur Verfügung steht (vgl. dazu auch OLG Stuttgart ZIP 2004, 712, 714). Weiter hat er ausgeführt, der von ihm ermittelte Unternehmenswert bewege sich in der Mitte dieser Bandbreite. Deren unteren Wert hat der Sachverständige - im Wesentlichen mit Rücksicht auf einen möglicherweise bei 7 % (statt 6,5 %) liegenden Kapitalisierungszinssatz - mit 340 Mio. DM angegeben, hat also eine Bandbreite von ungefähr ± 34 Mio. DM, somit zwischen 340 Mio. DM und 408 Mio. DM angenommen. Der von der ME... AG gezahlte Preis von 295 Mio. DM liegt also weit außerhalb dieses Bereiches, und zwar um 45 Mio. DM oder 15 % unterhalb des untersten Wertes. Eine solche Unterschreitung stellt immer noch eine unzulässige Benachteiligung der Beklagten dar.

c) Auch sonst fehlt es an Umstände, die den niedrigen Preis von 295 Mio. DM gerechtfertigt erscheinen lassen. Zwar kommt es grundsätzlich in Betracht, dass bei der Preisgestaltung Faktoren außerhalb des eigentlichen Synallagmas berücksichtigenswert sein können, durch die das Missverhältnis ausgeglichen wird, z. B. Vorteile für die Aktiengesellschaft im Rahmen von Konzernverbindungen (Münchener Kommentar / Bayer § 57 Rdnr. 32). Solche anderweitigen, im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung an die Beklagte geleisteten Vorteile sind hier aber nicht ersichtlich. Selbst wenn die vollständige Eingliederung der 15 SB-Warenhäuser in die Gruppe der "r...,-"-Märkte einen profitableren Betrieb ermöglicht haben sollte, ist ein sich daraus ergebender Vorteil für die Beklagte nicht dargetan. Die der Käuferin zugute kommenden Vorteile wären nur dann zu berücksichtigen, wenn sie zumindest teilweise an die Beklagte weitergegeben worden wären. Hierfür werden jedoch keine konkreten Umstände vorgetragen.

Die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom zu TOP 4, TOP 5 und TOP 6, durch welche die Veräußerung der Beteiligungen an der E... SB-Warenhaus GmbH & Co. KG zum Preis von 295 Mio. DM beschlossen wurde, verstoßen somit gegen § 57 Abs. 1 AktG und sind deshalb nichtig gemäß § 241 Nr. 3 AktG.

4. Auf die Berufung war nach allem das angefochtene Urteil abzuändern und Nichtigkeit der angegriffenen Beschlüsse festzustellen. Die auf Feststellung gerichteten Hilfsanträge der Kläger werden dahin ausgelegt, dass sie wie die Hauptanträge nur den Zeitraum bis zum 23.05.1997 betreffen sollen. Zwar dürfte die Bestätigung der Beschlüsse durch den Hauptversammlungsbeschluss der Beklagten vom 25.09.2003 nicht zu deren Wirksamkeit geführt haben. Dies bedarf jedoch angesichts der zeitlichen Beschränkung der Anträge keiner weiteren Prüfung.

Einer Abweisung der Hauptanträge bedurfte es nicht, da Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen denselben Streitgegenstand haben (BGHZ 160, 253, 256).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100, 101, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren wie folgt festgesetzt:

bis zur Zurückverweisung an das OLG:

Kläger zu 1)

Klageantrag betr. TOP 4, TOP 5, TOP 6 500.000,00 EUR

Klageantrag betr.TOP 7 10.000,00 EUR

insgesamt 510.000,00 EUR

Kläger zu 2)

Klageantrag betr. TOP 4, TOP 5, TOP 6 500.000,00 EUR

Klageantrag betr. TOP 7 10.000,00 EUR

insgesamt 510.000,00 EUR

Klägerin zu 3) 500.000,00 EUR

Klägerin zu 4) 500.000,00 EUR

Gesamtstreitwert bis zur Zurückverweisung: 510.000,00 EUR

nach der Zurückverweisung:

Kläger zu 1) 500.000,00 EUR

Kläger zu 2) 500.000,00 EUR

Klägerin zu 3) 500.000,00 EUR

Klägerin zu 4) 500.000,00 EUR

Gesamtstreitwert nach Zurückverweisung: 500.000,00 EUR

Ende der Entscheidung

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