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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 31.10.2001
Aktenzeichen: 7 U 1847/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 2049
BGB § 1934 b Abs. 2
BGB §§ 2325 ff.
BGB § 2338 a
BGB § 2332 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 7 U 1847/00

Verkündet am 31. Oktober 2001

in dem Rechtsstreit

Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jahn sowie die Richter am Oberlandesgericht Trueson und Dr. Fischer auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 3. November 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der am 6. Januar 1981 geborene Kläger ist der nichteheliche Sohn des am 14. Oktober 1992 verstorbenen K... A........ R........ (Erblasser). Die Beklagte ist die Witwe und Alleinerbin des Erblassers. Über den Nachlass nach K... A........ R........ haben sich die Parteien mit Ausnahme eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs (Anspruch auf Ergänzung des Erbersatzanspruchs) auseinander gesetzt.

Mit notariellem Vertrag vom 18. Mai 1983 übertrug der Erblasser das Forstgut B......... schenkweise an seine Schwester U..... S.... sowie deren Kinder P.. und F..... S..... Der Kläger verlangt von der Beklagten Auskunft über den Wert des Forstguts im Zeitpunkt der Schenkung sowie hinsichtlich der nicht verbrauchbaren Gegenstände zusätzlich im Zeitpunkt des Erbfalls.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass nichtehelichen Kindern vor Inkrafttreten des Erbrechtsgleichstellungsgesetzes in Fällen der vorliegenden Art Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht zustehen. Weiterhin sei das Forstgut unter Berücksichtigung der Familientradition eine Grundbuchposition ohne wirtschaftlichen Wert. Letztlich sei das Forstgut als Landgut gemäß § 2049 BGB lediglich mit dem niedrigeren Ertragswert im Rahmen der Pflichtteilsergänzung anzusetzen. Dieser Ertragswert sei so niedrig, dass eine Pflichtteilsergänzung nicht in Betracht komme. Ein Auskunftsanspruch über den Wert des Forstguts B......... bestehe somit nicht.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, auch nach der bis 1998 geltenden gesetzlichen Regelung stünden nichtehelichen Kindern in gleicher Weise wie ehelichen Kindern Pflichtteilsergänzungsansprüche zu. Eine Bewertung des Forstguts lediglich nach dem Ertragswert komme vorliegend nicht in Betracht, weil kein pflichtteilsberechtigter Erbe mit der Schenkung bedacht worden sei.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie erhebt die Einrede der Verjährung und wiederholt ihre Rechtsansicht, dass dem Kläger als nichtehelichen Kind vorliegend ein Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht zustehe. Darüber hinaus handele es sich bei der Übertragung des Forstguts B......... nicht um eine Schenkung, weil es Zweck der Übertragung gewesen sei, das Gut entsprechend der Familientradition und Familienbindung zu erhalten.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf deren Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung

1. die Übertragung des Forstguts B......... an die Schwester des Erblassers U..... S.... sowie deren P.. und F..... S.... als Schenkung angesehen

und

2. einen Pflichtteilsergänzungsanspruch (Erbersatzergänzungsanspruch) des Klägers bejaht.

Zu 1:

Dass es der Wille des Erblassers war, das Forstgut B......... seiner Schwester und deren Kinder F..... und P.. schenkweise zu übertragen, ergibt sich bereits aus Ziffer 1 des notariellen Vertrags vom 18. Mai 1983. Dort heißt es:

"Herr K... A........ R........ schenkt und überträgt hiermit im Wege vorweggenommener Erbfolge das Forstgut B........., nämlich ...".

Die Schenkungsabrede (Einigung über die Unentgeltlichkeit) ist somit ausdrücklich notariell vereinbart.

Zudem haben die Schwester des Erblassers und deren Kinder F..... und P.. durch die Übertragung des Forstguts B......... eine Zuwendung von erheblichem Wert erhalten (der Kläger hat den Wert des Forstguts mit etwa 11 Mio. DM angegeben), ohne an den Erblasser materielle Gegenleistungen zu erbringen. Es ist daher von einer Schenkung auszugehen. Dass die Übertragung des Forstguts B......... im Hinblick auf eine nicht näher begründete "Familientradition" und "Familienbindung" erfolgt ist, ist rechtlich nicht erheblich. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die auf S. 7 der Berufungsbegründung (= GA Bl. 642) dargelegten Vereinbarungen wertmindernd zu berücksichtigen sind, ist für den Auskunftsanspruch nicht relevant.

Zu 2:

Das Landgericht ist auch mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass dem Kläger als nichtehelichem Sohn des Erblassers ein Pflichtteilsergänzungsanspruch aus der schenkweisen Übertragung des Forstguts B......... zusteht. Nach § 1934 b Abs. 2 BGB sind zwar auf den Erbersatzanspruch die §§ 2325 ff. BGB, die die Pflichtteilsergänzung regeln, nicht anwendbar. Von der in § 1934 b Abs. 2 BGB angeordneten sinngemäßen Anwendung bzw. Nichtanwendung von Pflichtteilsregeln auf den Erbersatzanspruch ist aber die unmittelbare Geltung der Pflichtteilsvorschriften bei Beschränkung des Erbersatzanspruchs zu unterscheiden. Dies folgt aus § 2338 a BGB (vgl. Münchener Kommentar-Leipold, 2. Aufl., § 1934 b Rn. 2; Staudinger/Ferid/Cieslar, 12. Aufl. § 2338 a Rn. 44). Das Pflichtteilsrecht des Erbersatzberechtigten wird in keiner Weise durch das Recht des Erbersatzanspruchs beeinflusst. Pflichtteilsergänzungsansprüche eines Erbersatzberechtigten sind somit ausschließlich nach Pflichtteilsrecht zu beurteilen (vgl. Bosch FamRZ 1972, 169, 177). Daher entspricht es allgemeiner Ansicht, dass ehelichen und nichtehelichen Kindern in Erbfällen seit dem 1. Juli 1970 Pflichtteilsergänzungsansprüche in gleicher Weise zustehen (vgl. Bosch a.a.O.; Staudinger/Ferid/Cieslar a.a.O.; Brüggemann FamRZ 1975, 309, 321; Münchener Kommentar-Leipold, 2. Aufl. § 1934 b Rn. 20; Palandt-Edenhofer, 57. Aufl., § 1934 b Rn. 14; umstritten ist lediglich, ob die Vorschriften über die Pflichtteilsergänzung über § 2338 a BGB direkt oder analog angewendet werden).

Der dem Auskunftsbegehren zugrunde liegende Pflichtteilsergänzungsanspruch ist nicht verjährt. Der von der Beklagten in der Sitzung vom 24. Oktober 2001 erhobene Verjährungseinwand ist somit unbegründet. Nach § 2332 Abs. 1 BGB verjährt der Pflichtteilsergänzungsanspruch in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Pflichtteilsberechtigte vom Eintritt des Erbfalls und der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erhalten hat. Durch die Erhebung der Stufenklage im Mai 1994 wurde die Verjährung hinsichtlich der Pflichtteilsergänzungsansprüche unterbrochen (vgl. BGH NJW 1975, 1409). Der Klageantrag wurde in der Sitzung des Landgerichts vom 12. Januar 1995 gestellt. Durch Teilurteil vom 16. März 1995 hat das Landgericht den Auskunftsanspruch teilweise ausgeurteilt, nicht jedoch den Auskunftsanspruch hinsichtlich der Pflichtteilsergänzung. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Das Berufungsverfahren wurde im November 1995 abgeschlossen. Danach wurden Zwangsvollstreckungsanträge hinsichtlich des vom Landgericht ausgeurteilten Auskunftsanspruchs gestellt. Dabei wurde auch auf die Anträge in der Klageschrift Bezug genommen (vgl. Schriftsatz des Klägervertreters vom 21.1.1998). Mit Schriftsatz vom 28. September 1999 wurde, wie bereits in der Klageschrift, Auskunft bezüglich der Pflichtteilsergänzung verlangt. Ein "Nichtbetreiben" des Auskunftsanspruchs hinsichtlich der Pflichtteilsergänzung über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren liegt somit nicht vor.

Die Berufung der Beklagten ist somit mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert sowie die Beschwer der Beklagten betragen 15.000 DM (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3, Stichwort "Auskunft").

Ende der Entscheidung

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