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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 04.02.2000
Aktenzeichen: 8 U 1889/98
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

Leitsatz:

Ein Geschäftsbesorgungsvertrag wird nach seiner vertraglich vorgesehenen Beendigung nicht deswegen konkludent fortgesetzt, weil beide Parteien den Zeitpunkt der Beendigung übersehen und deswegen wie bisher weiter handeln.


Geschäftsnummer: 8 U 1889/98 4 O 34/98 LG Mainz

Verkündet am 4. Februar 2000

Abresch, Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

in dem Rechtsstreit

Firma Dr. W.

Klägerin und Berufungsklägerin,

-Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

gegen

Beklagter und Berufungsbeklagter,

-Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hölzer, den Richter am Oberlandesgericht Grüning und die Richterin am Oberlandesgericht Krumscheid auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

I. Das Versäumnisurteil des Senats vom 9. Juli 1999 wird aufrechterhalten.

II. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten aus abgetretenem Recht Zahlung von Nachschüssen entsprechend seinem Anteil von 1,16226 % an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "B" - einem geschlossenen Immobilienfonds - mit Sitz in B in Höhe von insgesamt 12.640 DM.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin zur Geltendmachung der Forderung in eigenem Namen und auf eigene Rechnung berechtigt ist, und ob durch den Gesellschaftsvertrag oder die nachträglich gefassten Gesellschafterbeschlüsse eine Pflicht der Gesellschafter zu Nachschüssen normiert worden ist.

Daneben erklärt der Beklagte die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen, die er auf den Gesichtspunkt der Prospekthaftung und der ihm bislang entstandenen steuerlichen Einbußen stützt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie vorrangig ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter verfolgt und hilfsweise Zahlung des Nachschussbetrages an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts begehrt.

Beide Parteien wiederholen ihren erstinstanzlichen Vortrag und ergänzen ihn. Der Beklagte macht insbesondere geltend, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der BGB-Gesellschaft und der Klägerin vom 15. September 1992 gemäß § 8 dieses Vertrages am 31.7.1993 endete. Demgegenüber ist die Klägerin der Auffassung, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag konkludent fortgeführt worden sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 1999 hat die Klägerin keinen Antrag gestellt. Der Senat hat durch Versäumnisurteil vom 9. Juli 1999 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Gegen dieses Versäumnisurteil hat die Klägerin rechtzeitig Einspruch eingelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Urkunden verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Versäumnisurteil des Senats ist aufrechtzuerhalten. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 12.640 DM aufgrund des Gesellschaftervertrages und den gefassten Gesellschafterbeschlüssen aus abgetretenem Recht, § 398 BGB.

Abgesehen davon, dass die Abtretungserklärung der Gesellschafter der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Bouchestraße 53 vom 9. Dezember 1997, vertreten durch die Dr. W GmbH, keine Annahmeerklärung der Dr. W GmbH enthält, ist die Abtretung schon deshalb unwirksam, weil die Gesellschafter nicht mehr durch die Dr. W GmbH vertreten wurden.

Der Geschäftsbesorgungsvertrag vom 15.9.1992 sieht in § 8 vor, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag am 31.7.1993 endet, sofern der Geschäftsbesorger nicht spätestens 3 Monate zuvor erklärt, zur Weiterführung der Geschäfte bereit zu sein und von der Gesellschaft mit einfacher Mehrheit zur Weiterführung der Geschäfts beauftragt wird.

Unstreitig hat weder der Geschäftsbesorger 3 Monate vor Ablauf des Vertrages erklärt, zur Weiterführung der Geschäfts bereit zu sein, noch hat die Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit einfacher Mehrheit den Geschäftsbesorger mit der Weiterführung der Geschäfte beauftragt. Damit endete der Geschäftsbesorgungsvertrag am 31.7.1993.

Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde auch kein konkludenter Geschäftsbesorgungsvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Zum einen sieht § 10 des Geschäftsbesorgungsvertrages vor, dass Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürfen. Insbesondere ist es bei Publikumsgesellschaften erforderlich, dass die Vertretung eindeutig und klar geregelt ist.

Darüber hinaus haben die Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht durch konkludentes Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin die Geschäfte weiter besorgen soll.

Zwar hat die Klägerin unstreitig die Gesellschafterversammlungen weiterhin einberufen und die Geschäfte der Gesellschaft besorgt. Auch haben die Gesellschafter ihr jeweils Entlastung erteilt und ihr das im Geschäftsbesorgungsvertrag vom 15. September 1992 vereinbarte Honorar bewilligt. Aus diesem Verhalten kann jedoch nicht geschlossen werden, dass damit die Gesellschafter eine konkludente Verlängerung des Geschäftsbesorgungsvertrages vom 15. September 1992 wollten.

Voraussetzung für eine entsprechende Willensbildung wäre, dass die Gesellschafter sich dessen bewußt waren, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag am 31. Juli 1993 endete und der Abschluss oder die Verlängerung eines neuen Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Klägerin oder einem Dritten erforderlich war. Eine konkludente Fortsetzung des Geschäftsbesorgungsvertrages setzt also voraus, dass die Gesellschafter wussten, dass kein wirksamer Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Klägerin mehr bestand.

Hiervon kann nicht ausgegangen werden. Der Klägerin selbst war der Ablauf des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht bewusst, da sie ansonsten für den Abschluss eines neuen Vertrages gesorgt hätte. Auch in den Einladungen zu den Gesellschafterversammlungen ist kein Hinweis darauf enthalten, dass ein Beschluss oder eine Willensbildung über die Fortführung des Geschäftsbesorgungsvertrages erforderlich sei.

Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sowohl die Klägerin als auch die Gesellschafter die Klausel der Beendigung zum 31. Juli 1993 übersehen haben. Dann kann aber nicht von einem rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten dahingehend ausgegangen werden, dass die Klägerin weiterhin Geschäftsbesorgerin ist.

Daran ändert auch nichts, dass die Gesellschafter in den Gesellschafterversammlungen der Klägerin regelmäßig Entlastung erteilt haben. Zum einen haben die Gesellschafter damit nur die Tätigkeit der Klägerin für die Vergangenheit genehmigt, zum anderen war ihnen nicht bewusst, dass die Klägerin ohne Vertretungsmacht gehandelt hatte und ihr Vertretungsmacht erteilt werden müsste.

Damit fehlte es an einem rechtsgeschäftlichen Willen der Gesellschafter des bürgerlichen Rechts, der Klägerin durch die erklärte Entlastung jeweils Vertretungsmacht zu geben.

Da die Klägerin nach Ablauf des 31.7.1993 nicht mehr zur Vertretung der Gesellschafter des bürgerlichen Rechts befugt war, ist die Abtretung vom 9. Dezember 1997 unwirksam und damit der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 12.640 DM nebst Zinsen an sie abzuweisen.

II.

Es kann dahinstehen, ob der Anspruch der Gesellschafter des bürgerlichen Rechts auf Zahlung von 12.640 DM nebst Zinsen sich aus dem Vertrag und den Gesellschafterbeschlüssen ergibt.

Insoweit ist die Klage der Klägerin unzulässig. Die Klägerin ist nicht aufgrund des Vertrages vom 15.3.1992 gemäß §§ 2 und 3 prozessführungsbefugt, da der Vertrag, wie oben dargelegt, am 31.7.1993 endete.

Da die Klägerin keine Prozessführungsbefugnis für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat, fehlt eine Prozessvoraussetzung, die Klage ist unzulässig.

III.

Das Versäumnisurteil des Senats vom 9. Juli 1999 ist daher aufrechtzuerhalten. Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Wert der Beschwer der Klägerin entspricht dem Streitwert: 12.640 DM.



Ende der Entscheidung

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