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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 19.05.2006
Aktenzeichen: 8 U 69/05
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B, VOB/A, ZPO


Vorschriften:

BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
VOB/B § 2
VOB/B § 2 Nr. 3
VOB/B § 2 Nr. 5
VOB/B § 2 Nr. 7
VOB/A § 9
VOB/A § 9 Nr. 1
VOB/A § 9 Nr. 2
VOB/A § 9 Nr. 3 Abs. 1
ZPO § 288 Abs. 1
1. Ein Bieter darf die Leistungsbeschreibung einer öffentlichen Ausschreibung im Zweifelsfalle so verstehen, dass sie den Anforderungen der VOB/A entspricht.

2. Maßgebend für die Auslegung ist der objektive Empfängerhorizont. Da der Empfängerkreis abstrakt ist, kommt dem Wortlaut der Ausschreibng große Bedeutung zu.

3. Zur Feststellung, wie die beteiligten Fachkreise die in der Ausschreibung verwendete Terminologie üblicherweise im speziellen fachlichen Sinne verstehen, kann ein Sachverständiger herangezogen werden.

4. Bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung ist zunächst von der auf die konkrete Leistung bezogenen Positionen auszugehen. Die dort enthaltenen Angaben sind jedoch in Verbindung mit den sonstigen Angaben des Leistungsverzeichnisses und anderen vertraglichen Unterlagen als sinnvolles Ganzes auszulegen.


OBERLANDESGERICHT KOBLENZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 8 U 69/05

Verkündet am 19.05.2006

In dem Rechtsstreit

Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Hölzer, den Richter am Oberlandesgericht Marx und die Richterin am Oberlandesgericht Speich auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 10. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darüber, wie die Ausschreibung des Klägers betreffend die Deponie R....... - Rückbauphase III in 2002 - hinsichtlich der Positionen 2.2.20, 2.5.10 und 2.6.10 zu verstehen ist und ob die Beklagte die ihr auf der Grundlage dieser Positionen des Leistungsverzeichnisses übertragenen Arbeiten mit der überarbeiteten Schlussrechnung vom 21.05.2003 (Blatt 431-437 GA) korrekt abgerechnet hat.

Der Kläger hat vorgetragen, die Schlussrechnung der Beklagten entspreche nicht den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses zur Massenermittlung. Die in Ziffer 2.2.20, 2.5.10 und 2.6.10 aufgestellten Kriterien für die Massenermittlung seien identisch; entscheidend seien die Abtragsmengen in R........ Nur dies entspreche dem Verständnis der Fachkreise. Eine Abrechnung nach "abgegrabenem Material" hätte eine Zwischenlagerung für Vermessungszwecke erfordert. Die Materialdichte sei korrekt angegeben; sie beziehe sich auf das noch eingebaute, verdichtete Material. Die Beklagte habe falsch kalkuliert, indem sie die Auflockerung und die Volumenbegrenzung der LKWs nicht berücksichtigt habe. Die Vorgabe eines Auflockerungsfaktors durch den Auftraggeber sei weder üblich noch möglich, da bestimmte Faktoren wie beispielsweise die Größe der Baggerschaufel nicht feststünden. Die Ladekapazität der LKWs sei in der Tourenliste der Beklagten mit 20 m³ angegeben, so dass die Beklagte gegebenenfalls zu kleine LKWs verwendet oder diese unzureichend beladen habe. Die Beklagte hätte im April beziehungsweise Mai 2002 erkennen müssen, dass ihre Kalkulation unzutreffend gewesen sei. Sie habe gleichwohl die Kalkulation der Einheitspreise nicht in Frage gestellt. Es liege ein unbeachtlicher Kalkulationsirrtum auf Beklagtenseite vor. Diese habe den Auflockerungsfaktor im Rahmen ihrer Kalkulation ermitteln müssen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

die Angabe im Leistungsverzeichnis zum spezifischen Gewicht sei falsch gewesen; es habe statt 1,4 t pro Kubikmeter weniger als 1,0 t pro Kubikmeter betragen.

Dementsprechend hätten nur 12,83 t statt 17,14 t pro Lkw transportiert werden können. Bei 168.976,92 m² Masse seien daher 13.167 Fahrten statt 9669 Fahrten erforderlich gewesen.

Da die seitens des Auftraggebers im Vertrag vorgesehene Verwiegung nicht durchgeführt worden sei, sei die Anzahl der durchgeführten Transporte die einzige Größe, um die Plausibilität und die Angabe aus den Positionsbeschreibungen zu prüfen. Die Zahl der Transporte sei der Klägerin aufgrund der Ladescheine bekannt gewesen.

Die Abrechnungsmasse sei in sämtlichen, den Transport betreffenden Positionen als "abgelagert" oder "abgegraben" bezeichnet worden, so dass es auf den Einbauzustand vor und nach dem Transport nicht ankommen könne. Lediglich in der Position 2.2.20 werde von "Vermessung AG" gesprochen, woraus folge, dass hinsichtlich der Massenberechnung eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Positionen erfolgen müsse. Sämtliche Nachunternehmer hätten das Leistungsverzeichnis ebenso ausgelegt wie sie.

Es liege keine Fehlkalkulation vor; vielmehr habe die Klägerin ihr mit der Falschbeschreibung im Leistungsverzeichnis ein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet, das zu Nachtragsansprüchen führen müsse. Sie habe die vom Sachverständigen ursprünglich mit 35 % angegebene Auflockerung des Abfalls beim Lösen bei ihrer Kalkulation bedacht. Tatsächlich habe der Auflockerungsfaktor 100 % betragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung von 118.418,28 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu, da die Beklagte in Höhe dieses Betrages überzahlt und mithin rechtsgrundlos bereichert sei.

Die Ursache hierfür liege in einer fehlerhaften Kalkulation der Beklagten hinsichtlich des spezifischen Gewichts des zu transportierenden Deponiematerials. Der Kläger habe in der Ausschreibung im Leistungsverzeichnis die zutreffenden Vorgaben gemacht. Die Form der Ausschreibung habe - so der Sachverständige Dipl. - Ing. W..... - den üblichen Gepflogenheiten und den Vorgaben der DIN 18300 (Allgemeine technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) Erdarbeiten) entsprochen. Die im Leistungsverzeichnis vorgegebene Abrechnungsmethode nach den Abtragsprofilen auf der Deponie R....... sei nicht zu beanstanden. Denn nur bei dieser Abrechnungsform nach fester Masse könne der Auftraggeber die Angebote der verschiedenen Anbieter miteinander vergleichen. Dies gelte umso mehr, als der Auftraggeber keinen Einfluss auf die tatsächliche Art und Weise des Ladens und Lösens der Massen und damit auf die tatsächliche Auflockerung des Deponiematerials habe. Das im Leistungsverzeichnis angegebene Eigengewicht des Deponieabfalls von 1,2 bis 1,6 Mg/t sei ausweislich der nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen zutreffend.

Soweit die Beklagte vortrage, der Auflockerungsfaktor sei unzutreffend ermittelt worden, sei dies für die Entscheidung nicht von Bedeutung. Es obliege dem Bieter, diesen Faktor bei seiner Kalkulation zu schätzen und in sein Angebot einzuarbeiten. Der Beklagten hätten vorliegend als maßgebliche Kalkulationsfaktoren Angaben zur Art des zu transportierenden Materials, zu dessen Zusammensetzung und zur Transportentfernung zur Verfügung gestanden. Kalkuliere die Beklagte mit einem zu geringen und somit für sie ungünstigen Auflockerungsfaktor, sei dies allein ihr Risiko. Zwar habe der Sachverständige zunächst - ebenso wie die Beklagte - einen Auflockerungsfaktor von 35% angenommen. Später habe er einen Auflockerungsfaktor von annähernd 90% errechnet. Zur Begründung habe der Sachverständige zutreffend ausgeführt, dass es sich bei dem Deponiemüll um stark inhomogenes Material handele. Mit derartigen Schwankungsbreiten habe die Beklagte rechnen und entsprechend kalkulieren müssen.

Die Beklagte hätte gegebenenfalls, als sie merkte, dass die von ihr kalkulierten Mengen überschritten wurden, nach § 2 Nr. 7 VOB/B auf eine Vertragsanpassung drängen können. Dies sei jedoch nicht geschehen. Maßgeblich bleibe deshalb das dem Auftrag zu Grunde liegende Leistungsverzeichnis.

Hiergegen wendet sich die Beklagte im Wege der Berufung. Zur Begründung führt sie aus, ein Kalkulationsfehler sei ihr nicht unterlaufen. Ihrer Kalkulation habe pflichtgemäß zugrunde gelegen, dass sich die Angabe des spezifischen Gewichts unter Position 2.5.10 im Leistungsverzeichnis auf das gelöste Material beziehe.

Gemäß Leistungsverzeichnis sei "nach abgegrabenem Material gemäß Aufmass durch Vermessung AG" abzurechnen. Aufgrund der Verwendung des Partizips Perfekt sei sie von einer Abrechnung des losen, bereits rückgebauten Materials ausgegangen. Hätte der Kläger eine Abrechnung nach fester, eingebauter Masse gewollt, hätte er die Formulierung "abzugrabendes" Material wählen müssen. Da sich das spezifische Gewicht unter der Erdoberfläche liegenden Aushubmaterials nicht ermitteln lasse, könne bei natürlicher Betrachtung des Sachverhalts nur gelöstes Material gemeint sein, zumal der Kläger bei den ersten beiden Bauabschnitten Erkenntnisse zum spezifischen Gewicht des Aushubs habe gewinnen können. Auch der einleitende Satz der Positionsbeschreibung 2.5.10 "Transport des geladenen rückgebauten Abfalls" habe eine Massenermittlung anhand der Transport- und Wiegescheine nahe gelegt. Der Kläger könne den Abrechnungsmodus nicht nachträglich ändern.

Die unzutreffenden rechtsirrtümlichen Ausführungen des Sachverständigen W..... seien ohne Belang, da es sich bei der Auslegung der Leistungsbeschreibung um eine Rechtsfrage handele.

Die klägerischen Verdingungsunterlagen enthielten unter Position 2.5.10 eine unzutreffende Angabe des spezifischen Gewichts, die sich auf den geladenen rückgebauten Abfall beziehe und eben nicht auf das noch eingebaute Material. Das spezifische Gewicht des Abfalls betrage tatsächlich 0,736 t/m³ statt - wie klägerseits angegeben - im Mittel 1,4 t/m³. Sie sei zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Angabe des spezifischen Gewichts auf den gelösten Abfall beziehe und damit den Auflockerungsfaktor mittelbar berücksichtige. Anderenfalls hätte der Kläger einen Auflockerungsfaktor angeben müssen, um den Bietern eine Kalkulation zu ermöglichen.

Sie habe bei ihrer Vertragskalkulation eine Schwankungsbreite des spezifischen Gewichts von 35 % und damit einer Auflockerung des Materials in gleichem Umfang pflichtgemäß berücksichtigt. Der tatsächliche, mit 90 % ungewöhnlich hohe Auflockerungsfaktor wäre nur durch umfangreiche Vorarbeiten zu ermitteln gewesen; hierzu sei sie nicht verpflichtet gewesen. Der Kläger habe aufgrund der ersten beiden Bauabschnitte über entsprechende Kenntnisse verfügt, die er den Bietern gezielt vorenthalten habe. Man habe es mit einer frivolen Vergabepraxis und nicht mit einer spekulativen Kalkulation ihrerseits zu tun.

Das Risiko der höheren Auflockerung liege beim Kläger, da er für einen von ihm gelieferten Stoff, mithin auch für den Baugrund, verantwortlich sei.

Sie habe sich stets um eine optimale Ausnutzung der Ladekapazitäten im eigenen wirtschaftlichen Interesse bemüht.

Eine Bindung an die Vertragskalkulation bestehe wegen der unzutreffenden Angaben des Klägers zum spezifischen Gewicht nicht mehr. Beim Termin vor dem Oberlandesgericht Koblenz am 11.11.2005 sei festgelegt worden, dass alle Positionen des Auftrags mit dem Volumen der fest eingebauten Masse abgerechnet werden sollten. Dies sei zum Zeitpunkt der Ausschreibung für einen Bieter nicht erkennbar gewesen. Sie könne daher ihre Mehrkosten nun zutreffend mit der mit Schriftsatz vom 28.11.2005 vorgelegten, geänderten Schlussrechnung ermitteln. Aus der Änderung der Bauumstände im Sinne des § 2 Nr. 5 VOB/B ergebe sich ein erhöhter Transportaufwand ihrerseits in Höhe von 1,76 €/m³, diesen Betrag könne sie als Zulage zu Position 2.5.10. zur Abrechnung bringen.

Die Beklagte beantragt,

das am 10.12.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Koblenz, Aktenzeichen 8 O 371/03, abzuändern und die Klage abzuweisen und widerklagend den Kläger zu verurteilen, an sie 219.912,20 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.

Er führt aus, die Richtigkeit und Authentizität der nunmehr erstmals vorgelegten Kalkulation der Beklagten werde bestritten. Der Auftrag sei erstens abweichend von der Kalkulation durchgeführt worden, da Fahrzeuge mit einem geringeren Lademaß von 20 m³ statt 28 m³ eingesetzt worden seien.

Bei der Kalkulation sei zweitens verkannt worden, dass sich die Angabe des spezifischen Gewichts nach dem objektiven Empfängerhorizont der angesprochenen Verkehrskreise nur auf das noch verdichtete, eingebaute Material habe beziehen können, weil die Auflockerung von Umständen abhänge, die durch den Auftraggeber nicht zu beeinflussen seien wie beispielsweise die Größe des Baggerlöffels und die Schütthöhe.

Das dritte "Manko" der Kalkulation bestehe in dem Fehlverständnis der Beklagten, dass die Masse des aufgelockerten Abfalls Abrechnungsgrundlage der Transportvergütung sei. Dass dies nicht zutreffe, folge bereits aus den korrespondierenden Massen -Vordersätzen der Positionen 2.2.20, 2.5.10 und 2.5.20 bzw. 2.6.10 und 2.6.30 im Leistungsverzeichnis; in denen die Massen mit jeweils mit 92.000 m³ bzw. 90.000 m ³ angegeben seien. Gegenteiliges lasse sich auch nicht aus dem Begriff "abgegraben" schließen, da die Formulierung "abzutragendes" Material sinnentstellend sei und mit dem Wesen des Einheitspreisvertrages, bei dem die erbrachte Leistung abgerechnet werde, nicht konform gehe. Aus dem Gesamtkontext der Ausschreibung ergebe sich unmissverständlich, dass die Abrechnungsmasse durch Vermessung auf der Deponie in R....... ermittelt werden sollte, zumal eine Vermessung aufgelockerten Transportmaterials technisch nicht beziehungsweise nur mit einem völlig unverhältnismäßigen Aufwand möglich sei. Insoweit werde auch auf die Positionen Nummer 1.4 und 1.4.10 verwiesen.

Der Kläger habe die Beklagte nicht über den Abrechnungsmodus im Unklaren gelassen und diesen erst recht nicht geändert. Bei einem Baustellengespräch am 10.4.2002 habe Einigkeit bestanden, dass auch die Transportleistung nach dem Massenabtrag in R....... abzurechnen sei. Den Abschlagsrechnungen sei ein Zwischenaufmass vom 28.5.2002 zugrunde gelegt worden, das ein Transportvolumen von 15,5 m³ pro Lkw - Tour ergeben habe.

Der Beklagten werde kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet; ihr sei schließlich auch kein "Baugrundrisiko" zugemutet worden. Die Kalkulation mit einem angemessenen Auflockerungsfaktor unterfalle dem Vertragsrisiko der Beklagten. Der Beklagten habe es als Fachunternehmen oblegen, unter Berücksichtigung der allein aus ihrem Baubetriebsablauf resultierenden Faktoren eigenverantwortlich einen Auflockerungsfaktor zu ermitteln und den ihr auskömmlichen Transportpreis zu kalkulieren. Hierzu seien der Beklagten die Bestandteile des Abfallgemischs im Leistungsverzeichnis unter 2.2.20 sowie im Arbeitsschutzkonzept (Anlage BE 7) mitgeteilt worden. Er habe der Beklagten alle verfügbaren und notwendigen Angaben für die Kalkulation offen gelegt. Ihm hätten aus den vorangegangenen zwei Umlagerungsphasen keine weitergehenden Erkenntnisse vorgelegen.

Der durch den Sachverständigen W..... als angemessen schätzbar bezeichnete Auflockerungsfaktor von 35% werde bestritten, weil der Sachverständige bei seiner Schätzung nicht alle für die Beklagte aus der Ausschreibung verfügbaren Informationen über die Zusammensetzung des Materials berücksichtigt habe. Der vom Sachverständigen mit 90 % angegebene Auflockerungsfaktor sei überhöht, weil es bei dem Termin um die Feststellung der Dichte des Deponiekörpers und nicht um die Ermittlung des Auflockerungsfaktors gegangen sei. In fünf Schürfgruben sei das Profil buchstäblich "frisiert" worden, um die genaueste Vermessung der Kubatur zu gewährleisten, wodurch eine ungleich höhere Auflockerung des Materials als im normalen Ladebetrieb eingetreten sei.

Die Beklagte hätte die drastische Abweichung des von ihr zugrunde gelegten Auflockerungsfaktors erkennen und den Kläger informieren müssen. Stattdessen sei der Bauvertrag zu den gleichen Bedingungen sogar noch ergänzt worden. Zudem habe die Beklagte nach Abschluss der hier streitgegenständlichen Arbeiten eine abermalige Erweiterung/Verlängerung des Auftrags zu den gleichen Bedingungen angeboten.

Die Beklagte versuche mit dem Schriftsatz vom 21.12.2005 gewissermaßen "zurück zu rudern", indem sie die im Termin übereinstimmend zu Protokoll getroffene Feststellung, dass aufgrund der Ausschreibung nach Kubatur des Abtrags abzurechnen sei, dahin relativiere, dass das für sie bei Angebotsabgabe nicht erkennbar gewesen sei. Diese Aussage sei falsch. Die Beklagte habe nach ihrem eigenen Vortrag falsch kalkuliert.

Wenn die Angabe des spezifischen Gewichts im Leistungsverzeichnis auf das aufgelockerte Material bezogen wurde, war ein Klärungsbedarf offenkundig, da ohne die zweite Dichteangabe für das eingebaute Material nicht verlässlich zu kalkulieren gewesen sei. Da die Beklagte jedoch die gebotenen Aufklärungshandlungen unterlassen habe, stünden ihr weder Mehrvergütungsansprüche aus § 2 VOB/B noch Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss zu.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückzahlung überzahlten Werklohns aus § 812 Abs. 1 S. 1 1.Alternative BGB bejaht. Der Beklagten steht dementsprechend kein Anspruch auf Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 219.912,20 € mit der Folge zu, dass die Widerklage abzuweisen ist.

Die Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrags und der zugrunde liegenden Ausschreibung ergibt, dass für alle drei streitigen Positionen - auch für die Abrechnung des Transports von R....... nach M.... (Leistungsverzeichnis Pos. 2.5.10) - die Abtragskubatur in R....... - unbeschadet der durch das Lösen und Laden des Abfalls eintretenden Auflockerung - heranzuziehen ist. Zudem bezieht sich die Angabe des spezifischen Gewichts in der Ausschreibung auf festes Material. Es besteht daher weder für eine Preisanpassung nach § 2 Nr. 3 VOB/B noch - wie die Beklagte meint - für eine Änderung der Preisgrundlage wegen modifizierter Bauumstände nach § 2 Nr. 5 VOB/B Raum.

1. Ein Bieter darf die Leistungsbeschreibung einer öffentlichen Ausschreibung nach der VOB/A im Zweifelsfall so verstehen, dass der Auftraggeber den Anforderungen an die VOB/A entsprechen will. Danach ist die Leistung nach § 9 Nr. 1 VOB/A eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Dem Wortlaut der Ausschreibung kommt vergleichsweise große Bedeutung zu, weil der Empfängerkreis der Erklärung nur abstrakt bestimmt ist. Maßgebend für die Auslegung ist der objektive Empfängerhorizont. Hierbei ist nicht auf den einzelnen Bieter, sondern den angesprochenen Empfängerkreis insgesamt abzustellen. Der Horizont der Bieter und ihre Verständnismöglichkeit sind maßgeblich, auch wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und auch verstehen durfte (BGH BauR 1993, 595 ff.; BGH BauR 1994, 236 ff.; BGH BauR 1997, 466f.; BGH NJW 1999, 2432 ff.; BGH BauR 2002, 935 ff.; OLG Koblenz BauR 2001, 1442 ff.).

Es handelt sich insoweit nicht um eine reine Rechtsfrage, die der Senat alleine, d.h. ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen zu entscheiden hat. Vielmehr kommt es im Rahmen einer Auslegung darauf an, wie die beteiligten Fachkreise, die Bieter, die verwendete Terminologie üblicherweise einheitlich in dem speziellen, fachlichen Sinne verstehen (BGH BauR 1997, 466 f.; OLG Koblenz BauR 2001, 1442 ff.; BGH BauR 2004, 1438 ff.).

Bei der danach gebotenen Auslegung kommt es darauf an, wie ein objektiver Dritter die im Auftrag vom 25.03.2002 enthaltene Klausel "Die Abrechnung erfolgt grundsätzlich über cbm des abgegrabenen Müllkörpers gemäß Aufmass durch Vermessung des AG" (Anlage K1) verstehen durfte. Diese Angabe ist in Verbindung mit dem Leistungsverzeichnis und auch anderen vertraglichen Unterlagen als sinnvolles Ganzes auszulegen; Ausgangspunkt ist dabei zunächst derjenige Teil der Leistungsbeschreibung, der die Leistung konkret auf das Bauvorhaben bezogen beschreibt (BGH NJW 1999, 2432 ff.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage 2005, Rn. 1133 m.w.N.).

Hinsichtlich des Rückbaus in R....... enthält die Position 2.2.20 den Zusatz "Abrechnung nach Vermessung AG".

Position 2.6.10 sieht ausdrücklich vor, dass "nach Abtragsmengen in R....... gemäß Verrechnung AG" abgerechnet werden soll, mithin nach der Menge des festen Müllkörpers in R......., obwohl die Position den Einbau des Abfalls in der Deponie R....... betrifft.

Bezüglich des Transports nach M.... ist unter Position 2.5.10 eine "Abrechnung nach abgegrabenen Material gem. Aufmass durch Vermessung AG" vorgesehen. Der Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass die vordergründige, isolierte Betrachtung dieser Formulierung auf loses Material hinweist im Gegensatz zum abzugrabenden Material, das dem ungelösten Müllkörper entspricht. Entgegen zu halten ist der Beklagten jedoch, dass die Formulierung "abzugrabendes" Material in diesem Zusammenhang sprachlich mindestens ebenso fehlerhaft wäre, da sich festes, noch eingebautes Material eben nicht transportieren lässt. Insoweit ist auch der Hinweis der Beklagten auf den einleitenden Satz der Position 2.5.10 "Transport des geladenen rückgebauten Abfalls" nicht ergiebig. Hinzu kommt, dass der Masseverlust der Altablagerung als Abrechnungsgrundlage erst ermittelt werden kann, nachdem das Material gelöst und geladen ist.

Eine solche isolierte Betrachtung der einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses ist jedoch nicht möglich. Selbst die Beklagte hat durch ihren Prozessbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 11.11.2005 erklärt, dass "Einigkeit bestehe, dass die Kubikmeteranzahl, die abgerechnet werden soll, bei den drei Positionen Aushub in R......., Transport von R....... nach M.... und Einbau in M.... identisch sind". Hier liegt ein Geständnis der Beklagten vor, an das diese gemäß § 288 Absatz 1 ZPO gebunden ist. Die Beklagte versucht dieses Geständnis nunmehr dadurch zu entkräften, dass sie erklärt, man habe im Termin übereinstimmend festgelegt, dass alle drei streitigen Positionen einheitlich mit dem Volumen der fest eingebauten Masse abgerechnet werden sollten (Schriftsatz vom 21.12.2005 Blatt 7 - Seite 426 GA). Dies widerspricht jedoch eindeutig dem, was der Prozessbevollmächtigte im Termin erklärt hat und was zu Protokoll genommen wurde. Damit ist die Beklagte an dieses Geständnis gebunden (Zöller-Greger, ZPO, 25. Auflage 2005, § 288 Rn. 6).

Aber selbst unabhängig von diesem Geständnis ergibt eine Gesamtschau der Formulierungen der Positionen 2.2.20, 2.5.10 und 2.6.10 sowie der sonstigen Angaben im Leistungsverzeichnis, dass vorliegend eine einheitliche Abrechnung aller Positionen vereinbart wurde, und zwar nach fester Abfallmenge.

Dass alle drei Positionen auf die Vermessung des Auftraggebers verweisen, spricht bereits für eine einheitliche Abrechnung. Anderenfalls wäre der Kläger als Auftraggeber gehalten, für jeden einzelnen Arbeitsschritt - Rückbau, Transport und Einbau - die Massen gesondert zu ermitteln hätte, was nicht nur unpraktikabel, sondern auch kostenintensiv wäre. Wenn der Kläger dies vorliegend beabsichtigt hätte, hätte er bezüglich des Einbaus in M.... auch nicht auf den Abtrag in R....... abgestellt.

Für eine einheitliche Ermittlung der Massen aller drei Positionen sprechen auch die übereinstimmenden Massen-Vordersätze des Leistungsverzeichnisses, die für alle drei Arbeitsschritte - 2.2.20, 2.5.10 und 2.5.20 sowie 2.6.10 - ein Volumen von 92.000 m³ bzw. 90.000 m³ ergeben. Hätte die Abrechnung der Position 2.5.10 nach der Menge des gelösten Mülls erfolgen sollen, hätte der Massen-Vordersatz insoweit erheblich nach oben abweichen müssen.

Gegen die Auslegung der Beklagten spricht auch, dass das Leistungsverzeichnis unvollständig wäre, wenn die Transportposition 2.5.10 nach der Masse des gelösten Mülls hätte abgerechnet werden sollen. Für diesen Fall bliebe nämlich offen, wie die Vermessung der Transportmenge erfolgen sollte. Position 1.4 des Leistungsverzeichnisses gibt hierüber keine Auskunft (Bl. 398 GA). Wenn die Beklagte die Ausschreibung in diesem, gegen § 9 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A verstoßenden Sinne (Ingenstau/ Korbion -Kratzenberg, VOB Kommentar, 15. Auflage 2004, § 9 VOB/A Rn. 26 m.w.N.) verstanden haben sollte, hätte die Beklagte diese Unklarheit durch Rückfrage klären müssen (BGH BauR 1988, 338 ff.; OLG Celle BauR 2005, 1776 ff.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage 2005, Rn. 1130 m.w.N.; Motzke/Pietzker/Prieß - Hertwig, VOB/A, 2001, § 9 Rn. 24).

Tatsächlich bestand eine solche Unklarheit jedoch nicht. Aus weiteren Positionen folgt, dass einheitlich nach fester Abtragsmenge abzurechnen war, und zwar sowohl aus Position 2.2.10 als auch den Positionen 1.4 sowie 1.4.10 (Bl. 390, 398 GA). Insbesondere folgt dies aber auch aus dem Auftrag vom 25.3.2002 (Anlage K1), in dem unter "Vertragsinhalt" festgehalten ist, dass "die Abrechnung ...grundsätzlich über cbm des abgegrabenen Müllkörpers gemäß Aufmass durch Vermessung des AG" erfolgt.

Insbesondere aber hat das überzeugende und nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen W..... ergeben, dass Fachkreise die Ausschreibung - auch hinsichtlich der Transportposition - eindeutig so verstehen, dass die Abrechnung nach festem Material (Abtrag in R.......) zu erfolgen hat und sich die Angabe des spezifischen Gewichts auf dieses bezieht (Gutachten vom 30.6.2004 Seite 14). Der Sachverständige hat dies damit begründet, dass nur so die von § 9 Nr. 1 VOB/A geforderte Vergleichbarkeit der Angebote der verschiedenen Anbieter gewährleistet werden könne, da der Auftraggeber keinen Einfluss auf das Lösen und Laden der Massen hat und somit keinen Einfluss auf die tatsächliche Auflockerung des Materials. Insbesondere hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass diese Abrechnung nach festen Abtragsprofilen und festen Massen den üblichen Gepflogenheiten und Vorgaben der DIN 18300, Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) Erdarbeiten, entspricht. Unter Ziffer 5.4 sieht die DIN 18300 nämlich vor: "Die Mengen sind an der Entnahmestelle im Abtrag zu ermitteln.". Natürlich bezieht sich diese Aussage auf den Bereich "Abtrag und Aushub". Sie gilt aber auch für die Fälle, in denen der Aushub auf eine Deponie verbracht wird; der Auflockerungsfaktor im Zuge des Lösens und Ladens bleibt für die Abrechnung unberücksichtigt (BeckŽscher VOB-Kommentar - Putzier/Katzenbach/Giere, VOB/C, 2003, DIN 18300 Rn. 155; OLG Koblenz NJW-RR 1992, 727, 728).

Bemerkenswert ist insoweit auch das seitens der Beklagten zu den Akten gereichte Privatgutachten des Sachverständigen Dipl.-Biol. W...., der ebenfalls eine Abrechnung nach fester Masse als "durchaus üblich" bezeichnet hat (Bl. 364 GA). Auch der seitens der Beklagten beauftragte Privatgutachter Dipl.-Wirt.-Ing. L.... hat ausführt, dass die Formulierung im LV Pos. 2.5.10 " Abrechnung nach abgegrabenen Material gemäß Aufmass durch Vermessung AG" der DIN 18300 Ziffer 5.4 entspricht und hierunter eine Abrechnung nach fester Masse zu verstehen ist; eine analoge Bestimmung gebe es für den Einbau unter Ziffer 5.5. (Bl. 349 GA). Der Sachverständige Lange meint zwar, dass die Transportleistung gemäß Position 2.5.10 hiervon abweichend zu bemessen sei. Hierbei darf jedoch nicht übersehen werden, dass dem Sachverständigen ausweislich seines Gutachtens gerade nicht das gesamte Leistungsverzeichnis sowie der Auftrag vorlagen, sondern gerade einmal die Seiten 38 und 39 des Leistungsverzeichnisses (vgl. Bl. 341 GA). Ihm war somit die erforderliche Gesamtschau nicht möglich.

2. Wenn nun aber alle drei streitigen Positionen des Leistungsverzeichnisses einheitlich nach fester Abtragsmenge abzurechnen sind, dann bezieht sich die in Position 2.5.10 enthaltene Angabe zum "Spez. Gewicht des Abfalls: i.M. 1,2 - 1,6 Mg/m²"auf eben diese feste Masse, d.h. den ungelösten Abfall. Dies folgt neben der vereinbarten Abrechnungsweise auch daraus, dass sich alle übrigen Angaben im Leistungsverzeichnis bzw. im Arbeitsschutzkonzept (Bl. 406 f. GA) auf den abzutragenden Abfall bezogen (vergleiche Angaben zur Zusammensetzung des Abfalls, der Schichtstärke, zu den umzulagernden m³). Dementsprechend hat der Sachverständige W..... in seinem Gutachten bestätigt (Gutachten vom 30.06.2004 Seiten 17-18), dass sich dieser Wert auf das noch eingebaute Material bezieht. Dieses Eigengewicht des Deponieabfalls ist klägerseits korrekt angegeben worden. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen, die sich der Senat ausdrücklich zu Eigen macht.

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Kläger - auch vor dem Hintergrund des § 9 VOB/A - nicht gehalten, einen Umrechnungsschlüssel zur Umrechnung in loses Material in das Leistungsverzeichnis aufzunehmen ("Auflockerungsfaktor").

a. Zwar ist eine Leistung nach § 9 Nr. 1 VOB/A im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Diesem Erfordernis genügt die vorliegende Ausschreibung.

Aus dem Leistungsverzeichnis geht klar hervor, dass die streitigen Positionen 2.2.20, 2.5.10 sowie 2.6.10 "nach abgegrabenem Material" bzw. "nach Abtragsmengen in R......." gemäß dem Aufmass des Auftraggebers berechnet werden sollten. Die Ausschreibung war damit unmissverständlich und ließ für unterschiedliche Interpretationen einzelner Bieter keinen Raum.

Den Bietern oblag es als Fachunternehmen daher, vor Abgabe des Angebots den Auflockerungsfaktor, gegebenenfalls durch Inaugenscheinnahme des abzutragenden Materials, festzulegen und in ihre Kalkulation einzubeziehen. Umfangreicher Vorarbeiten bedurfte es zur Abgabe des Angebots somit nicht. Vielmehr standen den Bietern und damit auch der Beklagten Angaben zur Zusammensetzung des Abfalls, so zum Beispiel im Arbeitsschutzkonzept unter "Beschreibung des Standortes" zur Verfügung (Bl. 406 f. GA). Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger darüber hinaus Erkenntnisse zur Verfügung standen, die er den Bietern vorenthalten hätte. Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten entbehrt jeder Tatsachengrundlage.

b. Hierdurch wurde den Bietern auch kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet, § 9 Nr. 2 VOB/A. "Ungewöhnlich" sind Wagnisse, die sich auf Umstände oder Ereignisse beziehen, auf die der Auftragnehmer keinen Einfluss hat und die hinsichtlich ihres Eintrittes ungewiss sind. Hierunter fallen nicht Wagnisse, die mit einer bestimmten Bauausführung oder einem Teil derselben ursächlich verbunden sind. Ein ungewöhnliches Wagnis liegt nicht vor, wenn der Auftragnehmer die Möglichkeit hat, das Wagnis in wirtschaftlicher, also vergütungsmäßiger Hinsicht, abzusichern (OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22.01.2002, Az. 1 U 2/01, Leitsatz BauR 2002, 833; Motzke/ Pietzker/Prieß - Hertwig, VOB/A, 2001, § 9 Rn. 27). Ein solches "Wagnis" liegt hier nicht vor.

Gegenstand des Auftrags war zunächst einmal der Abtrag des auf der Deponie R....... gelagerten Abfalls, d.h. der Abtrag festen Materials. Allein das Anknüpfen hieran bot - wie dargelegt - eine sichere Berechnungsgrundlage und gewährleistete eine Vergleichbarkeit der Angebote der verschiedenen Bieter, was der Sachverständige Dipl.-Ing. W..... zur Überzeugung des Senats nachvollziehbar dargelegt hat. Die tatsächliche Auflockerung des zu lösenden Materials hängt nämlich nicht nur von der Zusammensetzung des Abfalls, sondern in weitaus stärkerem Maße von den seitens des Auftragnehmers eingesetzten Arbeitsmitteln (z.B. Größe des Baggerlöffels) und der gewählten Arbeitsmethode (z.B. Schütthöhe, vergleiche insoweit Gutachten vom 30.06.2004 Seiten 11 und 14) ab. Da dem Kläger die zur Bemessung des Auflockerungsfaktors erforderlichen Kenntnisse fehlten und er auf diese Faktoren keinen Einfluss hatte, hatte er sich diesbezüglicher Angaben im Leistungsverzeichnis zu enthalten, um den Erfordernissen des § 9 VOB/A zu genügen. Der Kläger konnte diese Faktoren nicht bestimmen oder gar beherrschen. Einfluss hierauf hatte allein die Beklagte, die die ohne jeden Zweifel eintretende Auflockerung des Abfallgemischs beim Lösen in ihre Kalkulation einzubeziehen hatte. Ein "ungewöhnliches Wagnis" lag somit per definitionem nicht vor.

4. Vor diesem Hintergrund sind die seitens der Rechtsprechung zum so genannten Baugrundrisiko entwickelten Grundsätze (OLG Koblenz BauR 2001, 1442 ff.; OLG München BauR 2004, 680 ff.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage 2005, Rn. 1129 m.w.N.) nicht übertragbar. Auf die Beklagte wurde vorliegend nicht - unzulässiger Weise - das Risiko der richtigen Einschätzung und Ermittlung der Bodenverhältnisse bzw. des Müllkörpers übergewälzt. Dies folgt schon daraus, dass die seitens des Klägers im Arbeitsschutzkonzept angegebene Zusammensetzung des Müllkörpers nicht streitig ist.

5. Soweit die Beklagte also mit einem zu geringen und für sie ungünstigen Auflockerungsfaktor kalkuliert hat, liegt dies allein in ihrem Risikobereich, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass ein Auftraggeber nicht gehalten ist, den fachkundigen Bietern das - deren eigene Leistungen betreffende - Kalkulationsrisiko völlig abzunehmen (BGH BauR 1994, 236 ff.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage 2005, Rn. 1127).

6. Aus diesen Gründen ist schließlich der seitens des Bundesgerichtshofs am 09. Januar 1997 entschiedene Fall (BGH BauR 1997, 466 f.) mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Zum einen war das dortige Leistungsverzeichnis unklar, weil lediglich in den Vorbemerkungen festgehalten war, dass Bodenpositionen nach fester Masse abzurechnen seien, und bei Bietern Zweifel entstehen konnten, ob die Anlieferung des tatsächlich lose anfallenden Tonmaterials bzw. sonstigen Materials zu diesen Bodenpositionen zählt. Die Leistungsbeschreibung konnte von verschiedenen Bietern somit unterschiedlich ausgelegt werden. Zudem bürdete sie den dortigen Bietern ein unzumutbares Risiko dergestalt auf, dass diese einen Modus zur Umrechnung des tatsächlich lose anfallenden Materials in feste Masse finden und auf diese aufwändige Weise die Preise zu ermitteln hatten. Vorliegend war jedoch ursprünglich fest anfallendes Material abzutragen, die Abfallmenge vor Abtrag also leicht zu vermessen. Zudem war für die Bieter zweifelsfrei ersichtlich eine Abrechnung nach dieser festen Masse vereinbart.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

8. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

9. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zur Stellung des Widerklageantrags am 28.04.2006 auf 118.418,28 € und ab diesem Zeitpunkt auf 338.330,48 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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