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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 12.08.1999
Aktenzeichen: 8 U 970/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, OWiG


Vorschriften:

ZPO § 114 Abs. 1
BGB § 134
BGB § 138
OWiG § 120 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OLG Koblenz Beschluß 12.08.1999 - 8 U 970/99 - 1 O 39/99 LG Mainz

Der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hölzer, den Richter am Oberlandesgericht Grüning und die Richterin am Oberlandesgericht Krumscheid am 12. August 1999 beschlossen:

Tenor:

Dem Beklagten wird für die Berufungsinstanz die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Bezahlung von vier Telefonrechnungen in Höhe von insgesamt 26.362,22 DM in Anspruch. Der Beklagte behauptet, die Höhe der Rechnungen könne nur durch einen technischen Defekt verursacht worden sein, da er seine Telefongewohnheiten nicht geändert habe und die Telefonrechnungen pro Monat ansonsten immer 40-50 DM ausgemacht hätten. Der Beklagte bestreitet Gespräche zu sogenannten "Sex-Nummern" geführt zu haben. Des Weiteren streiten die Parteien darüber, ob der Beklagte nach dem sprunghaften Ansteigen der Rechnungsbeträge jeweils bei der Rechnungsstelle am M. die Höhe der Rechnungen beanstandet habe.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Bitte, ihm für die Berufungsinstanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

II.

Dem Beklagte ist die nachgesuchte Prozesskostenhilfe zu verweigern, da seine Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht, § 114 Abs. 1 ZPO.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Bezahlung von vier Rechnungen. Auf die Rechnung vom 20. April 1998 in Höhe von 452,24 DM hat der Beklagte einen Betrag von 385,71 DM bezahlt. Diese Rechnung enthielt einen Gebührenanteil von 332,51 DM der auf die Anwahl von 0190er Nummern entfiel.

Die Rechnung vom 19. Mai 1998 enthielt einen Gebührenanteil von 1.412,12 DM für die Anwahl von 0190er-Nummern. Dieser Anteil war bei der Rechnung vom 19. Juni 1998 in Höhe von 2.988,82 DM gegeben. Bei der Rechnung vom 24. Juli 1998 belief sich der Gebührenanteil für 0190er-Nummern auf 16.944,06 DM.

Von dem Gesamtrechnungsbetrag in Höhe von 26.362,22 DM entfallen damit 21.345 DM Gebühren + 16 % Mehrwertsteuer für die Anwahl von 0190er-Nummern. Demgemäß schuldet der Beklagte auf den Gesamtrechnungsbetrag von 26.362,22 DM auf jeden Fall die auf nicht 0190er-Anwahlen entfallende Summe von 1.602,02 DM. In dieser Höhe ist dem Beklagten auf jeden Fall Prozesskostenhilfe zu verweigern.

Aber auch die übrigen vom Beklagten geltend gemachten Einwendungen führen nicht zum gewünschten Erfolg.

Unstreitig wurden die Einwendungen des Beklagten gegen die Höhe der Telefonrechnungen nicht schriftlich geltend gemacht oder zur Niederschrift bei der zuständigen Stelle erhoben, wie es den Bedingungen der Klägerin entspricht, die auf den jeweiligen Telefonrechnungen abgedruckt sind.

Es kann offenbleiben, ob der Beklagte mündlich reklamiert hat, da diese nach den Bedingungen der Klägerin nicht ausreichen.

Zugunsten der Klägerin wird zunächst die Richtigkeit der Telefonrechnungen angenommen. Wenn keinerlei Anhaltspunkte für technische Fehler bestehen, ist davon auszugehen, dass die automatische Gebührenerfassungseinrichtung der Deutschen Telekom AG zutreffend anzeigen, wieviele Gebühreneinheiten von dem betreffenden Anschluss aus angefallen sind (OLG Stuttgart, ZIP 1999, 1217, OLG Köln, NJW-RR 1998, 1363; OLG Celle, OLGR 1997, 35). Nach den eigenen Angaben des Beklagten war ein Techniker der Klägerin im Juni 1998 da und hat die Leitungen überprüft. Dabei konnte er keinen technischen Mangel feststellen.

Es ist daher davon auszugehen, dass die angefallenen Gebühren zutreffend erfasst wurden.

Der so begründeten Zahlungsverpflichtung steht auch - die hohe Wahrscheinlichkeit zugrundegelegt, dass die gewählten 0190er-Nummern Telefonsexbetreibern zuzuordnen waren - weder § 134 BGB noch § 138 BGB entgegen.

Zunächst liegt ein Verstoß gegen die als Verbotsgesetze im Sinne von § 134 BGB anerkannten Vorschriften über die verbotene Werbung für Prostitution gemäß § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG nicht vor (BGHZ 118, 182 f.). Die akustische Vermittlung sexueller Reize fällt nach herrschender Ansicht nicht unter den Begriff der sexuellen Handlung im Sinne von § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG.

Ob Telefonsex an sich sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB ist, in paralleler Wertung zur Prostitution (BGH NJW 1998, 2895) kann angesichts der sich ändernden Rechts- und Sozialmoral dahinstehen, nachdem inzwischen Überlegungen des Gesetzgebers vorhanden sind, Verträge mit Prostituierten nicht mehr mit dem Makel des § 138 BGB zu behaften, sich die Tätigkeit der Klägerin auf die Vermittlung von Gesprächen beschränkt und damit einen rechtlich neutralen Charakter hat. Die Tätigkeit der Klägerin ist als neutrales Hilfsgeschäft zu werten vergleichbar mit der Belieferung von Bordellen und der Zimmervermietung an Prostituierte.

Genauso, wie derjenige, der Zimmer an Prostituierte vermietet, und so diesen ihre Tätigkeit ermöglicht, bietet die Telekom ihren Benutzern die Möglichkeit unter bestimmten Nummern bestimmte Dienste abzurufen. Auf keinen Fall steht die Tätigkeit der Klägerin in einem engen Zusammenhang mit möglicherweise geführten "Sex-Gesprächen", dass sie ihrer Art nach als Förderung der sittenwidrigen Tätigkeit anzusehen wäre.

Das Verhältnis der Klägerin zu ihren Telefonkunden beschränkt sich auf die Vermittlung von Gesprächen, die als solche rechtlich neutral anzusehen ist, unabhängig davon, ob die Kunden die Telefonverbindung zu sittenwidrigem Tun nutzen, was ohne Zweifel auch geschehen kann, ohne dass die Klägerin hiervon Kenntnis erlangen kann.

Insoweit unterscheidet sich das Zurverfügungstellen von Leitungssystemen von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in dem es um einen Vertrag ging, der darauf gerichtet war, durch die Vermarktung und den Vertrieb von Telefonkarten Telefonsex kommerziell zu fördern. Das dort vorhandene subjektive Element fehlt bei der Klägerin vollkommen. Die Klägerin stellt ihr Telefonnetz zur Verfügung im Sinne eines wertneutralen Hilfsgeschäfts, ohne dass es ihr Ziel ist, Telefonsex kommerziell zu fördern.

Dem Beklagten ist daher die nachgesuchte Prozesskostenhilfe zu verweigern.

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