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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 17.11.1999
Aktenzeichen: 8 W 662/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 269 Abs. 3 Satz 5
ZPO § 567
ZPO § 577
ZPO § 569
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OLG Koblenz Beschluß 17.11.1999 - 8 W 662/99 - 10 O 115/99 LG Koblenz

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hölzer, den Richter am Oberlandesgericht Grüning und die Richterin am Oberlandesgericht Krumscheid am 17. November 1999 beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 10. September 1999 gegen den Kostenbeschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 20. August 1999 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.000,00 DM.

Gründe

I.

Der Kläger hat - persönlich - zum Amtsgericht Koblenz Klage erhoben und damit behaupteten Schadensersatz gegen die Beklagte geltend gemacht. Nachdem der Kläger - wiederum persönlich - mit Schriftsatz vom 18. Januar 1999 die Klage erweitert und in der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 1999 erläuternde Erklärungen hierzu abgegeben hat, hat das Amtsgericht Koblenz sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Landgericht Koblenz verwiesen. Dieses hat sodann mit Beschluss vom 21. April 1999 dem Kläger die begehrte Prozesskostenhilfe verweigert. In dem daraufhin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. August 1999 hat der anwaltlich nicht vertretene Kläger die Klage zurückgenommen; das Landgericht hat ihm daraufhin auf den Hilfsantrag der Beklagten, die die Klagerücknahme mangels Postulationsfähigkeit des Klägers als unwirksam erachtet, durch den angefochtenen Beschluss vom 20. August 1999 die Kosten auferlegt. Hiergegen wendet sich die Beklagte, die eine Beschwer ihrerseits in dem Verwehren einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung sieht, weil anderenfalls von ihr Versäumnisurteil gegen den Kläger beantragt und ergangen wäre.

II.

Die gemäß §§ 269 Abs. 3 Satz 5, 567 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen, §§ 577, 569 ZPO, zulässig. Ob auch die - wie bei jedem Rechtsmittel - auch hier erforderliche Beschwer der Beklagten gegeben ist, mag letztlich dahinstehen. Denn die Beschwerde der Beklagten ist aus dem gleichen Gesichtspunkt auf alle Fälle unbegründet.

1. Das Landgericht hat nämlich dem Kläger zu Recht die Kosten auferlegt, nachdem dieser selbst die Klage in der mündlichen Verhandlung vom 20. August 1999 zurückgenommen hat. Diese Rücknahme der Klage ist auch wirksam.

Zwar besteht vor dem Landgericht gemäß § 78 ZPO Anwaltszwang, und Prozesshandlungen, wie eine Klagerücknahme (vgl. hierzu statt aller Thomas-Putzo, ZPO, § 269 Rdnr. 6 m. w. N.), unterliegen daher grundsätzlich der Postulationsfähigkeit und können deshalb vor dem Landgericht an sich nur durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt, nicht aber durch die nicht postulationsfähige Partei selbst vorgenommen werden. Dieser Grundsatz kann jedoch nicht streng und starr durchgeführt werden, sondern muss in besonders gestalteten Fällen auch Ausnahmen zulassen. So hat die Rechtsprechung (vgl. BGHZ 14, 210; RGZ 132, 92) es als wirksame Klagerücknahme angesehen, wenn der Revisionskläger die Klage durch seinen zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten hat zurücknehmen lassen. Gleiches ist angenommen worden, wenn die Klage durch einen bei dem erkennenden Landgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalt eingereicht und dann von diesem zurückgenommen wird (vgl. hierzu LG Bonn in NJW-RR 86, 223).

Nichts anderes kann gelten, wenn wie hier der - bisher - anwaltlich nicht vertretene Kläger selbst die Klage zurücknimmt. Dafür sprechen in erster Linie prozessökonomische Gründe. Niemand würde verstehen, dass ein bisher vor dem Landgericht nicht vertretener Kläger in einem allein wegen streitwerterhöhender Klageerhöhung, vom Amtsgericht an das nunmehr sachlich zuständige Landgericht gelangten Rechtsstreit, um seine Klage wirksam zurücknehmen zu können, zur Beauftragung eines postulationsfähigen Rechtsanwaltes allein dafür - mit erheblicher Kostenkonsequenz - genötigt werden müsste. Dies muss umsomehr gelten, wenn man - wie allgemein - eine von einer postulationsunfähigen Person bei dem Landgericht eingereichten Klage als unzulässige Klage, nicht aber als "im Nullum" oder "ein Nichts" ansieht. Wenn dies aber der Fall ist, dann muss diesem Kläger auch rechtlich möglich sein, die von ihm eingereichte unzulässige Klage selbst zurückzunehmen.

2. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht durch Beschluss entschieden hat. Zwar ist umstritten, wie bei Streit über die Zulässigkeit oder Wirksamkeit einer Klagerücknahme zu entscheiden ist, entweder durch Beschluss oder durch Urteil (vgl. hierzu Zöller-Greger, ZPO, § 269 Rdnr. 19 b m. w. N.). Der Senat schließt sich bei dieser Streitfrage, der von Rechtsprechung vertretenen überzeugenden Ansicht an, die eine Beschluss-Entscheidung genügen lässt (vgl. hierzu BGH in NJW 78, 1585; in NJW-RR 93, 1470). Diese hat das Landgericht inzidenter - wenn auch ohne Begründung - in dem Kostenbeschluss gemäß § 269 Abs. 3 ZPO getroffen.

3. Nach alledem war die sofortige Beschwerde der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

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