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Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 07.07.2005
Aktenzeichen: 9 WF 371/05
Rechtsgebiete: ZPO, GVG, BGB
Vorschriften:
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2 | |
ZPO § 571 Abs. 2 S. 2 | |
GVG § 23 b Abs. 1 S. 2 | |
BGB § 985 | |
BGB § 986 | |
BGB § 1006 Abs. 1 |
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS
Geschäftsnummer: 9 WF 371/05
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
hier: sofortige Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe.
Der 9. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bock und die Richterinnen am Oberlandesgericht Peters und Semmelrogge
am 07. Juli 2005
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wittlich vom 01. März 2005 aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
Die nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat einen vorläufigen Erfolg. Das Familiengericht ist für die Entscheidung nicht zuständig. Da die Antragstellerin einen Herausgabeanspruch schlüssig dargelegt hat, war die Entscheidung auch aus materiellen Gründen aufzuheben. Die allgemeine Zivilabteilung des Amtsgerichts ist zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag berufen.
I.
Das Familiengericht Wittlich war für die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch nicht zuständig. Die Klage wurde bei der allgemeinen Zivilabteilung des Amtsgerichts, aber nicht bei dem Familiengericht Wittlich anhängig gemacht. Die Eintragung und weitere Behandlung als Familiensache war deshalb fehlerhaft. Allein aus dem fehlenden Widerspruch der Antragstellerin gegen die Tätigkeit des Familiengerichts kann nicht geschlossen werden, dass sie die Klage nunmehr bei dem Familiengericht anhängig machen wollte. Eine dahingehende Erklärung hat die Antragstellerin auch im Termin vom 30.03.2005 im Verfahren 8 F 323/04.WH nicht abgegeben.
Auch in der Sache besteht keine Zuständigkeit des Familiengerichts, denn bei der beabsichtigten Klage handelt es sich nicht um eine Familiensache im Sinne des § 23 b Abs. 1 S. 2 GVG. Gegenstand der Herausgabeklage ist weder ein Anspruch aus dem ehelichen Güterrecht im Sinne der Nr. 9 der Vorschrift noch ein Anspruch nach der HausratsVO im Sinne der Nr. 8. Der Pkw, dessen Herausgabe die Antragstellerin verlangt, ist kein Hausrat im Sinne der HausratsVO. Der Senat folgt der in Rechtsprechung und Literatur mehrheitlich vertretenen Auffassung, wonach ein Pkw nur dann als Hausrat zu qualifizieren ist, wenn er überwiegend der Nutzung zu familiären Zwecken dient (Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 5. Aufl., 8. Kapitel, Rnr. 183; Johannsen-Henrich-Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl., Rnr. 12 zu § 1361 a BGB; OLG Köln, FamRZ 2002, 322 ff; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.02.2004 - 16 UF 245/03 - zitiert nach juris). Der Pkw wird, wie der Antragsgegner unwidersprochen vorgetragen hat, überwiegend zu beruflichen Zwecken benutzt.
Nach der gegenteiligen Ansicht reicht es für die Begründung der Eigenschaft als Hausrat aus, wenn das Fahrzeug auch zu familiären Zwecken genutzt wird (OLG Stuttgart, FamRZ 1993, 1461; OLG Zweibrücken, FamRZ 1991, 848; Schwab-Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Kapitel VIII, Rnr. 104). Teilweise wird dies mit der Erwägung begründet, auch die Nutzung zu Erwerbszwecken diene letztlich der Familie (Schwab-Motzer a.a.O.). Diese Auffassung hätte allerdings zur Folge, dass der einzige Pkw der Familie nahezu in jedem Fall als Hausratsgegenstand qualifiziert werden müsste. Es entspricht nämlich der Regel, dass ein von einem Ehegatten beruflich genutzter Pkw zumindest teilweise auch zum Einkaufen benutzt wird. Ein Pkw ist jedoch auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 1991, 43 ff, 49) nach der Verkehrsauffassung nur ausnahmsweise ein Hausratsgegenstand. Die von der überwiegenden Meinung vertretene Lösung führt auch zu sachgerechten Ergebnissen. Besteht nur ein lockerer Bezug zu der familiären Nutzung, ist es sinnvoll, für die künftige Zuordnung des Fahrzeugs auf die Eigentumsverhältnisse abzustellen. Der andere Ehegatte partizipiert über den Zugewinnausgleich an dem Wert des Fahrzeugs.
II.
Allerdings führt allein die irrtümliche Bejahung der Zuständigkeit durch das Familiengericht nicht zur Begründetheit der Beschwerde (OLG Nürnberg, NJOZ 2004, 2542 ff, 2543). Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 571 Abs. 2 S. 2 ZPO. Nach dieser Regelung kann eine Beschwerde nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Sinn dieser Norm ist es, zu vermeiden, dass die Sachentscheidung des Untergerichts allein deshalb aufgehoben wird, weil es seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat (Münchener Kommentrar-Lipp, ZPO, Rnr. 10 zu § 571 ZPO; Musielak-Ball, ZPO, 4. Aufl., Rnr. 6 zu § 571 ZPO; BT-Drucksache 14/4722, S. 113).
Die Entscheidung des Amtsgerichts ist aber auch aus materiellen Gründen aufzuheben. Die Antragstellerin hat nämlich einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB schlüssig dargelegt. Sie hat die zugunsten des Antragsgegners sprechende Vermutung des § 1006 Abs. 1 BGB widerlegt, indem sie nachgewiesen hat, dass sie den Pkw in eigenem Namen bestellt hat und deshalb auch Eigentümerin geworden ist. Der Antragsgegner hat nicht dargelegt, dass er entgegen dem Inhalt des Bestellformulars Eigentum an dem Fahrzeug erworben hat. Die Frage, aus wessen Mitteln das Fahrzeug bezahlt wurde, ist für die Eigentümerstellung unerheblich. Auch die behaupteten versicherungstechnischen Gründe rechtfertigen nicht die Annahme, dass der Antragsgegner Eigentümer des Fahrzeugs geworden ist. Anhaltspunkte für ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB bestehen derzeit nicht. Der Annahme eines Nutzungsverhältnisses steht entgegen, dass die Antragstellerin nach der Trennung die von dem Antragsgegner überwiesenen Versicherungsprämien nicht angenommen hat.
III.
Der Senat ist an einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe gehindert. Für die Entscheidung ist nicht das Familiengericht, sondern die allgemeine Zivilabteilung des Amtsgerichts, bei dem die Klage anhängig gemacht wurde, zuständig. Das Familiengericht wird die Sache deshalb formlos an die allgemeine Zivilabteilung des Amtsgerichts Wittlich abgeben müssen. Diese ist nach Übernahme des Verfahrens auch zur Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe berufen.
Ende der Entscheidung
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