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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Beschluss verkündet am 23.07.2003
Aktenzeichen: 9 WF 532/03
Rechtsgebiete: FGG, BVormVG, BGB


Vorschriften:

FGG § 50
FGG § 50 Abs. 3
FGG § 50 Abs. 5
FGG § 67 Abs. 3
BVormVG § 1
BGB § 1835 Abs. 1
BGB § 1835 Abs. 4
BGB § 1908 i Abs. 1
BGB § 1630 I
BGB § 1666
BGB § 1666 I
BGB § 1835
BGB § 1835 a
BGB § 1836 a
BGB § 1915
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ BESCHLUSS

Geschäftsnummer: 9 WF 532/03

in dem Verfahren zur Regelung des Umgangs mit dem Kind J.. K......, geboren am ... Juli 1998, gemeinschaftliches Kind der geschiedenen Eheleute

hier: Festsetzung der Vergütung des Verfahrenspflegers.

Der 9. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bock und die Richterinnen am Oberlandesgericht Peters und Semmelrogge

am 23. Juli 2003

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Cochem vom 23. April 2003 wird teilweise abgeändert und die dem Verfahrenspfleger auf seinen Antrag vom 18. Februar 2003 zu erstattende Vergütung auf 1.269,58 EUR festgesetzt.

Gründe:

Mit Schreiben vom 18.02.2003 beantragt der Verfahrenspfleger, seine Vergütung und Auslagen für die Zeit vom 21.11.2001 bis 29.03.2002 auf 1.269,58 EUR festzusetzen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Rechtspfleger nur auf erstattungsfähige Kosten von insgesamt 355,03 EUR erkannt.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verfahrenspflegers, die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden ist und auch in der Sache begründet ist.

Der Verfahrenspfleger hat gem. §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG, 1908 i Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen und nach § 1835 Abs. 1, 4 BGB auf Vergütung seiner Tätigkeit entsprechend §§ 1836 a BGB, 1 BVormVG. Dabei ist der Aufwand und diejenige Tätigkeit zu vergüten, die zur Erfüllung der dem Verfahrenspfleger übertragenen Aufgabe erforderlich waren (KG Berlin KGR 2001, 383, OLG Brandenburg FamRZ 2002, 626). Was erforderlich ist, bestimmt sich nach der in § 50 FGG umrissenen Aufgabe des Verfahrenspflegers. Dieser soll "als Anwalt" des Kindes sein Interesse gegenüber dem Gericht vertreten, wenn zu befürchten ist, dass dieses zu den Interessen der Eltern in einem erheblichen Gegensatz steht. Der Gesetzgeber wollte Defiziten des Verfahrens, die bei der Wahrung der Interessen des Kindes trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes und der Einschaltung des Jugendamtes auftreten können, Rechnung tragen und dem Kind, welches im Verfahren anders als die Eltern regelmäßig nicht vertreten wird, die Möglichkeit geben, dem Gericht seinen Willen und sein Interesse möglichst authentisch zur Kenntnis zu bringen (vgl. BT-Drucks. 13/4899, 129 f.). Damit umfasst die Aufgabe des Verfahrenspflegers die Ermittlung dieses subjektiven Kindeswillens, die Geltendmachung dieses Willens vor Gericht, aber auch die Begleitung des Kindes zu dem Gerichtstermin. Darauf beschränkt sich die Aufgabe des Verfahrenspflegers indes auch. Er hat sich nicht darüber hinaus an der Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung zu beteiligen (OLG Brandenburg aaO., OLG Schleswig OLGR 2000, 177; KG FamRZ 2000, 1300). Er hat keine Sachverständigenfunktion und ist kein Mediator, mag das auch objektiv nützlich sein und möglicherweise zu der Konfliktlösung beitragen. Er hat auch keine sonstigen pflegerischen Aufgaben für das Kind wahrzunehmen wie zum Beispiel Begleitung zu Umgangskontakten (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2003, 167; OLG Stuttgart FamRZ 2003, 322).

Das bedeutet indes nicht, dass die Aufgabe des Verfahrenspflegers derjenigen eines Rechtsanwalts gleichkommt (so aber OLG Frankfurt FamRZ 1999, 1293, 1294) und er, wie es dessen Aufgabenbild entspricht, sich darauf beschränken darf und damit im Sinne des Erforderlichkeitsprinzips darauf beschränken muss, soll die Tätigkeit erstattungsfähig sein, allein mit dem Kind zu sprechen, um dann dessen Willen zu formulieren. Ein derart beschränkter Aufgabenkreis wird zwar nahe gelegt durch § 50 Abs. 3 FGG, wonach die Bestellung eines Verfahrenspflegers unterbleiben und aufgehoben werden soll, wenn die Interessen des Kindes durch einen Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten angemessen vertreten werden ( KG KGR 2001, 383,384 ). Jedoch sieht der Gesetzgeber auch die Möglichkeit, dass die Interessen des Kindes durch einen Rechtsanwalt nicht ausreichend vertreten werden. Dann kann das Gericht daneben einen Verfahrenspfleger für das Kind bestellen. Mithin ist der Aufgabenkreis des Verfahrenspflegers doch im Einzelfall weiter als es der Verpflichtung des Rechtanwalts entspricht. Das ist dann der Fall, wenn Anhaltspunkte dafür da sind, dass der verbal durch das Kind geäußerte Wille nicht seinem tatsächlichen Willen entspricht, oder wenn das Kind diesen nicht äußert. In diesen Fällen entspricht es nicht anwaltlichen Aufgaben, den wahren Willen "des Mandanten" zu erforschen. Das heraus zu finden, ist aber nach der gesetzgeberischen Vorstellung Aufgabe des Verfahrenspflegers. Mithin muss es nach Auffassung des Senats auch zur Kompetenz des Verfahrenspflegers gehören, die Plausibilität des geäußerten Kindeswillens durch Ermittlungen in dessen Umfeld durch außergerichtliche Gespräche zu überprüfen (Senat OLGR 2002; 408; 11. Senat 11 WF 590/02; ebenso OLG Karlsruhe OLGR 2001, 435; FamRZ 2001, 1166, vgl. auch Luthin FamRZ 2001, 1167; Dormann / Spangenberg FamRZ 1999, 1294). Hierzu gehört immer auch ein Gespräch mit den Eltern, um den Konflikt, in dem das Kind steht, im Einzelfall verstehen zu können (a.A. KG KGR 2001, 383, 384). Der Senat hält es weiter für in die pflichtgemäße Entscheidung des Verfahrenspflegers gestellt, sich ein Bild von Äußerungen des Kindes in Schule oder Kindergarten zu machen.

Ausgehend von diesen Voraussetzungen wäre die angefochtene Entscheidung des Rechtspflegers allerdings ganz überwiegend nicht zu beanstanden. Der Rechtspfleger hat nämlich -unter Zugrundelegung der oben umrissenen Aufgaben eines Verfahrenspflegers- im Grundsatz richtig nur den Aufwand als vergütungsfähig betrachtet, der zur Ermittlung des Kindeswillens erforderlich war. Insbesondere hat er eine Vergütung für die wiederholten Gespräche des Verfahrenspflegers mit den Eltern des Kindes zur Herbeiführung einer gütlichen Regelung für die Umgangskontakte nicht als zu vergüten angesehen, weil es hierfür an einer gesetzlichen Grundlage fehle.

Gleichwohl hat der Verfahrenspfleger hier einen Anspruch darauf, dass ihm dieser Aufwand vergütet wird, weil der Familienrichter diesen ausdrücklich damit beauftragt hat, entsprechende Tätigkeiten zur Regelung des Umgangs zwischen den Eltern zu entfalten. Im Termin vom 24.10.2001 war mit Einverständnis der Parteien vom Gericht in Aussicht genommen worden, einen "Anwalt des Kindes" zu bestellen, "der in der Lage ist, verbindliche Regelungen betreffen, um den Eltern die Möglichkeit zu geben, im Laufe der Zeit die das Kind J.. zu treffenden Angelegenheiten unmittelbar....zu regeln". Im Termin vom 21.11.2001 war dann der Verfahrenspfleger mit dem Zusatz bestellt worden, dass sich seine Aufgabe auch darauf beziehe, für beide Parteien verbindliche Entscheidungen im Einzelfall treffen zu können, womit sich beide Parteien ausdrücklich einverstanden erklärten. Damit war -das ergibt der Zusammenhang- gemeint, dass der Verfahrenspfleger mit den Parteien jeweils im Einzelfall möglichst eine Einigung der Eltern für den Umgang herbeiführen sollte, gegebenenfalls aber auch Anordnungen den Umgang betreffend treffen sollte. Hinzu kommt, dass der Verfahrenspfleger mehrmals mit dem Richter Rücksprache gehalten hat, wie weiter zu verfahren sei, so bei Telefongesprächen am 26.02.2002 und 12.03.2002 sowie im Termin vom 07.08.2002.

Bei dieser besonderen Sachlage ist der Verfahrenspfleger so zu vergüten wie es dem Umfang seiner Aufgabe entspricht, die durch den Beschluss des Gerichts über die Verfahrenspflegerbestellung umrissen wird. Zwar gibt es keine Rechtsgrundlage für einen derart ausgeweiteten Aufgabenbereich des Verfahrenspflegers nach § 50 FGG. Diese Vorschrift sieht nur vor, einen Pfleger zur Vertretung der Interessen des Kindes im Verfahren zu bestellen. Vorliegend hatte der Amtsrichter den Eltern auch nicht durch Beschluss die elterliche Sorge gem. §§ 1666 I, 1630 I BGB teilweise entzogen und den Verfahrenspfleger ebenfalls zum Umgangspfleger bestellt, mit der Folge, dass dessen Aufwand auch nach §§ 1915, 1835, 1835 a BGB abgerechnet werden könnte. Das mag der Richter gewollt haben. Wegen der strengen Voraussetzungen des § 1666 BGB kann solch eine Entscheidung jedoch nicht konkludent sondern muss ausdrücklich ergehen. Somit findet sich eine Rechtsgrundlage für "den Auftrag", den der Verfahrenspfleger durch das Familiengericht erhielt, nicht. Hierauf kann es indes nicht ankommen, weil eine Tätigkeit, die ein durch das Gericht eingeschalteter Pfleger auf ausdrückliche Anweisung des Gerichts entfaltet hat, ohne Rücksicht auf die Rechtmäßigkeit dieser Anordnung auch nach den entsprechenden Vorschriften für die Erstattung der Aufwendungen und Auslagen von Verfahrenspflegern vergütet werden muss. Das gebietet letztlich der Vertrauensschutz (vgl. OLG Schleswig OLGR 2000, 428).

Damit ist der Verfahrenspfleger antragsgemäß zu vergüten. Der Aufwand erscheint plausibel. Dasselbe gilt für die abgerechneten Wegstrecken.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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