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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 05.10.2000
Aktenzeichen: 1 U 25/00
Rechtsgebiete: BGB, LuftVG, AGBG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 326
BGB § 325
BGB § 326 Abs. 1
BGB § 631 ff.
BGB § 361
BGB § 325 Abs. 1
BGB § 276
BGB § 812
BGB § 323
BGB § 323 Abs. 3
BGB § 324 Abs. 1
LuftVG § 21 Abs. 2
LuftVG § 21 Abs. 2 S. 2 Nr. 1
AGBG § 9 Abs. 2 S. 2
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 25/00 15 O 215/99 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 05.10.2000

Verkündet am 05.10.2000 Brück, JAng.

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 24.08.2000 unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht Schmitz-Justen, Dr. Richter und Gundlach

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Grundurteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 13.01.2000 - 15 O 215/99 - aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 13.000,00 DM abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische, unbedingte und unwiderrufliche Bürgschaft einer Deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen einer gescheiterten Flugreise nach Israel.

Die Klägerin buchte bei der Beklagten für 33 Personen eine Gruppen-Flugreise nach Israel für den 09.11.1998. Sämtliche Reiseteilnehmer waren jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt Mitglieder des Vereins "D. D. K. e. V.", dessen Vorsitzender der Geschäftsführer der Klägerin ist. Dem Luftbeförderungsvertrag lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen (im folgenden: ABB-Flugpassage) der Beklagten zugrunde, die u.a. folgende Regelungen enthalten:

"Art. VII

Beförderungsbeschränkungen

...

2. Der Luftfrachtführer darf die Beförderung oder Weiterbeförderung eines Fluggastes verweigern ..., wenn ...

b) diese Maßnahme zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Vorschriften eines Staates notwendig ist, von dem aus abgeflogen wird, oder der angeflogen oder überflogen wird...

3. Wird ein Fluggast aus einem der vorstehenden Gründe von der Beförderung ausgeschlossen ..., so beschränken sich seine Ansprüche auf das Recht, eine Flugpreiserstattung für die nicht benutzten Flugcoupons nach Maßgabe von Artikel IX Abs. 3 Buchstabe b) ... zu verlangen.

Art. IX

Erstattungen

...

3.

a) Unterbleibt die Beförderung aus einem Grunde, den der Luftfrachtführer zu vertreten hat, so entspricht der Erstattungsbetrag ...

b) Verlangt der Fluggast Erstattung aus anderen als den unter Buchstabe a) ... genannten Gründen, so entspricht der Erstattungsbetrag, ...

(ii) wenn ein Teil des Flugscheins ausgeflogen worden ist, der Differenz zwischen dem gezahlten Flugpreis und dem für die abgeflogene Strecke anwendbaren Flugpreis abzüglich anwendbaren Gebühren...

Art. XIII

Verwaltungsformalitäten

...

6. (Ablehnung der Beförderung)

Der Luftfrachtführer haftet nicht, wenn er in gutem Glauben der Ansicht war, dass die nach seiner Auffassung maßgeblichen Vorschriften die Beförderung eines Fluggastes nicht zulassen, und er sie deshalb verweigert. Die gilt nicht bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit des Luftfrachtführers."

Kurz vor Reisebeginn kam es in der israelischen Presse zu Berichten, in denen die Befürchtung geäußert wurde, die Reisegruppe bestehe aus sog. Neo-Nazis, die provokativ am Gedenktag der Reichskristallnacht am 9. November 1998 nach Israel einreisen wollten. Vor dem Abflug der Maschine teilten Mitarbeiter der Beklagten der Gruppe zunächst mit, nach ihren Informationen sei die Einreise der Gruppe in Israel unerwünscht. Nach weiteren Gesprächen zwischen dem Flugpersonal der Beklagten und Mitgliedern der Reisegruppe entschied die Beklagte, den Flug zu starten. Während des Fluges kam es zu einem erneuten Informationsaustausch, nach Behauptungen der Beklagten auch mit israelischen Behörden. Schließlich entschloss sich die Beklagte, den Flug nach Istanbul umzuleiten. Dort verließ die Reisegruppe das Flugzeug und wurde am Folgetag von der Beklagten nach Deutschland zurückgeflogen. Nachdem sich in der Folgezeit sowohl der Geschäftsführer der Klägerin (Bl. 72 GA) als auch ein Mitglied der Reisegruppe (Bl. 70 GA) gegenüber der israelischen Botschaft über das Verhalten der israelischen Behörden beschwert hatten, teilte die israelische Botschaft den Mitgliedern der Gruppe mit, dass "die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Einreise der Gruppe "D. D. K." das Ziel hatten, die Einreise des Vorsitzenden zu verhindern und keineswegs gegen einzelne Teilnehmer gerichtet gewesen seien (Bl. 95, 96 GA).

Mit der Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Ersatz des Flugpreises, der ihr entstandenen Hotelkosten sowie des entgangenen Gewinns (Bl. 5-7 GA). Sie hat geltend gemacht, für die Beklagte habe kein zureichender Grund bestanden, den Zielflughafen Tel Aviv nicht anzufliegen. Noch vor dem Abflug hätten Mitarbeiter der Beklagten erklärt, die Bedenken gegen eine Einreise der Gruppe nach Israel seien ausgeräumt. Daran habe sich auch während des Fluges nichts geändert. Insbesondere habe die Beklagte - was unstreitig ist - vor Abflug der Maschine gewusst, dass sich der Geschäftsführer der Klägerin nicht bei der Reisegruppe befinde. Da die israelischen Behörden eine Landeerlaubnis - unstreitig - nicht verweigert hätten, habe die Beklagte mit der Umleitung des Fluges ihre Vertragspflichten verletzt, zumal sämtliche Mitglieder der Reisegruppe über gültige Einreisepapiere verfügt hätten. Zumindest hätte die Beklagte die israelischen Behörden durch Übersendung der Passagierliste davon überzeugen müssen, dass der Geschäftsführer der Klägerin der Reisegruppe nicht angehört habe. Im übrigen seien die Mitglieder der Gruppe in Istanbul durch den unzutreffenden Hinweis, im Falle der Fortsetzung des Fluges werde Israel Abfangjäger aufsteigen lassen, zum Verlassen der Maschine veranlasst worden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 86.313,55 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 06.01.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf ein handschriftliches, nach ihrer Behauptung vom israelischen Außenministerium stammendes, während des Fluges eingegangenes Telefax (Bl. 76 GA) berufen, mit dem der Gruppe die Einreise nach Israel verwehrt worden sei. Angesichts dessen habe sie mit der Umleitung des Fluges nach Istanbul im Interesse aller Flugpassagiere und in Übereinstimmung mit den ABB-Flugpassage gehandelt. Darauf, dass ihr Geschäftsführer der Reisegruppe nicht angehört habe, könne sich die Klägerin nicht berufen, da sich das Einreiseverbot gegen die gesamte Reisegruppe gerichtet habe. Im Hinblick darauf wäre der mit der Klage geltend gemachte Schaden auch im Falle einer Landung der Maschine in Tel Aviv eingetreten.

Mit Urteil vom 13.01.2000 hat das Landgericht der Klage dem Grunde nach stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte hafte den Grunde nach aus § 326 BGB, weil sie die Reisegruppe der Klägerin nicht nach Tel Aviv geflogen habe. Unter den gegebenen Umständen habe es keine sachlich gerechtfertigten Gründe gegeben, von einem Anflug des Flughafens Tel Aviv abzusehen. Das Risiko, dass die Gruppe möglicherweise nach kurzem Aufenthalt auf dem Flughafen wieder nach Deutschland hätte zurückfliegen müssen, habe allein die Klägerin getroffen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie meint, das Landgericht habe schon die einschlägigen ABB-Flugpassage verkannt. Nach deren Artikel VII Nr. 2 sei sie nämlich berechtigt gewesen, die Weiterbeförderung der Gruppe zu verweigern. Der Abbruch des Fluges sei insbesondere als Maßnahme zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Vorschriften des angeflogenen Staates gemäß Artikel VII Nr. 2 b der ABB gerechtfertigt gewesen, weil das israelische Außenministerium noch während des Fluges darauf hingewiesen habe, dass für die "Neonazi-delegation, headed by Mr. J. S..", ein Einreiseverbot bestehe (Bl. 76, 162 GA). Selbst wenn sie ihre Beförderungspflicht gegenüber der Reisegruppe der Klägerin verletzt haben sollte, sei dies für den geltend gemachten Schaden nicht ursächlich geworden. Nach dem Wortlaut des Schreibens des israelischen Außenministeriums müsse nämlich davon ausgegangen werden, dass die israelischen Behörden an ihrem Einreiseverbot gegenüber der gesamten Gruppe festgehalten hätten und die geltend gemachten Schäden daher auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten wären.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, die Beklagte hafte aus § 325 BGB. Auf Artikel VII Nr. 2 der ABB-Flugpassagen könne sich die Beklagte nicht berufen, denn diese Bestimmung sei, um die in § 21 Abs. 2 LuftVG normierte Beförderungspflicht nicht zu unterlaufen, eng auszulegen. Insbesondere hätte die Beklagte mit einer Landung in Tel Aviv nicht im Sinne von Art. VII Nr. 2 b der ABB gegen Vorschriften des angeflogenen Staates Israel verstoßen. Noch vor dem Start sei der Reisegruppe von Mitarbeitern der Beklagten erklärt worden, man könne nicht raten, die Reise abzubrechen. In diesem Zusammenhang werde die Echtheit des von der Beklagten vorgelegten, angeblich vom israelischen Außenministerium stammenden Faxschreibens bestritten, denn es sei nur handschriftlich verfasst und lasse keinen Briefkopf erkennen. Jedenfalls sei ein Einreiseverbot allenfalls gegen ihren Geschäftsführer, nicht aber die übrigen Mitglieder der Reisegruppe verhängt worden. Die Beklagte hätte unter diesen Umständen den Flughafen Tel Aviv anfliegen müssen, anstatt als gleichsam vorgeschaltete Einreisebehörde tätig zu werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Anders als das Landgericht meint, haftet die Beklagte der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt auf Schadensersatz. Einem - vertraglichen oder bereicherungsrechtlichen - Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Flugpreises stehen die AGB der Klägerin entgegen. Im einzelnen gilt folgendes:

I.

Schadensersatz aus § 326 Abs. 1 BGB kann die Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts schon aus Rechtsgründen nicht verlangen: Der zwischen den Parteien geschlossene Luftbeförderungsvertrag ist ein Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB, denn das Erreichen des Zielortes Tel Aviv war wesentlicher Inhalt des Vertrages (vgl. BGHZ 62, 71; Führich, Reiserecht, 3. Aufl., Rdnr. 747, 755). Dabei stellt der Vertrag hinsichtlich der Einhaltung der vereinbarten Flugzeit ein Fixgeschäft gemäß § 361 BGB dar mit der Folge, dass jedenfalls der Abbruch des Fluges bzw. die Nichtbeförderung zum vereinbarten Zielort mangels Nachholbarkeit eine dauernde Unmöglichkeit - und nicht etwa Verzug - begründet (vgl. Führich a.a.O. Rdnr. 761).

II.

Ein Schadensersatzanspruch aus § 325 Abs. 1 BGB steht der Klägerin indessen nicht zu, denn der Beklagten ist die von ihr geschuldete Leistung - die Beförderung der Reisegruppe nach Tel Aviv am 09.11.1998 - nicht infolge eines von ihr gemäß § 276 BGB zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden.

1.

Soweit die Beklagte den Flug nach Tel Aviv abgebrochen und die Reisegruppe der Klägerin stattdessen nach Istanbul befördert hat, ist ihr dies im Hinblick auf ein von den israelischen Behörden gegen die gesamte Gruppe - und nicht lediglich gegen den Geschäftsführer der Klägerin - verhängtes Einreiseverbot jedenfalls nicht als Verschulden im Sinne der §§ 325 Abs. 1, 276 BGB vorwerfbar.

a)

Dass die Reisegruppe von den israelischen Behörden am 09.11.1998 mit einem Einreiseverbot belegt wurde, ergibt bereits eine Würdigung der von beiden Parteien in diesem Zusammenhang vorgelegten Schriftstücke unter Berücksichtigung des unstreitigen Sachverhalts:

Mit dem von der Beklagten als Telefax des israelischen Außenministeriums vorgelegten Schreiben vom 09.11.1998 (Bl. 76 GA) wurde der Vertretung der Beklagten in Tel Aviv mitgeteilt, dass gemäß einer Anordnung des Innenministeriums der "Neonazi Delegation, headed by Mr. J. S. ..." der Besuch in Israel nicht erlaubt werde. Der Senat ist davon überzeugt, dass es sich bei diesem - seinem Wortlaut nach unstreitigen - Schreiben um eine authentische Mitteilung des israelischen Außenministeriums handelt. Soweit die Klägerin die Echtheit des Schreibens bestreitet, ist dies unerheblich und zwingt nicht zu einer Erhebung der von beiden Parteien angebotenen Beweise (Bl. 85, 117 GA).

Die handschriftliche Abfassung des Faxschreibens ist für sich genommen kein Grund, an der Echtheit des Schreibens zu zweifeln. Ob - wie die Klägerin offenbar meint - ein Erfahrungssatz besteht, dass das Außenministerium des Staates Israel derartige Mitteilungen stets nur in maschinenschriftlicher Form macht, kann dahinstehen. Ein solcher Erfahrungssatz würde zumindest in der vorliegenden, durch Zeitdruck geprägten Situation nicht gelten, denn es ging schließlich darum, eine bereits in der Luft befindliche Maschine von einem Einreiseverbot für bestimmte Passagiere zu unterrichten. Wie sich aus dem Telefax ergibt, ist es von der Vertretung der Beklagten in Tel Aviv am 09.11.1998 um 15.33 Uhr aufgegeben worden. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Maschine unstreitig schon auf dem Weg nach Israel.

Das von der Klägerin beanstandete Fehlen eines Briefkopfes stellt die Echtheit des Schreibens schon deshalb nicht in Frage, weil auch die von der Klägerin vorgelegten Schreiben der israelischen Botschaft (Bl. 95, 96 GA) nicht über einen - wie auch immer gearteten - Briefkopf verfügen. Wie auch das Telefax vom 09.11.1998 zeigen sie in der Mitte einen siebenarmigen Leuchter und links unten das Logo der 50jährigen Staatsgründung Israels. In diesem Zusammenhang geht auch die Rüge der Klägerin fehl, die Beklagte habe die zweite Seite des Schreibens nicht vorgelegt. Wie dem Aufdruck "P.02/02" (Bl. 76 GA) zu entnehmen ist, handelt es sich bei dem Schreiben gerade um die zweite von zwei gefaxten Seiten. Sie enthält einen in sich abgeschlossenen Text und trägt am Ende eine Unterschrift. Angesichts dessen spricht alles dafür, dass es sich bei der ersten, nicht zur Akte gereichten Seite um das Deckblatt des Telefax handelt. Dies kann jedoch letztlich offen bleiben, denn die Verhängung eines Einreiseverbotes ergibt sich auch aus den von der Klägerin vorgelegten Schreiben:

So hat der als Zeuge benannte Co-Reiseleiter L. sich mit Schreiben vom 24.11.1998 (Bl. 70 GA) gegenüber der israelischen Botschaft ausdrücklich über die Einreiseverweigerung beschwert. Bereits zuvor hatte der Geschäftsführer der Klägerin für den Verein der D. K. e. V. mit Schreiben an die israelische Botschaft vom 11.11.1998 (Bl. 72 GA) den Versuch unternommen, "die schlimme und für ihren Staat schädliche Auseinandersetzung über die geplatzte Reise nach Israel" gütlich zu regeln. Das Schreiben enthält zwar nicht ausdrücklich den Vorwurf der Einreiseverweigerung. Es wäre aber ebenso wenig wie das des Zeugen L. verständlich, wenn die israelischen Behörden kein Einreiseverbot verhängt hätten. Dies gilt auch für das von der Klägerin auszugsweise vorgelegte Interview mit dem Pressesprecher der israelischen Botschaft in Deutschland vom 11.11.1998 (Bl. 104 GA), in dem ausdrücklich von einem Einreiseverbot gegen die "rechtsgerichtete Gruppe" die Rede ist. Im übrigen stellt sich die Frage, welchen Anlass die Beklagte hatte, die Maschine, obwohl es weder technische noch witterungsbedingte Probleme gab, nach Istanbul umzuleiten und sich dadurch Beschwerden und etwaigen Schadensforderungen aller Passagiere auszusetzen, wenn von den israelischen Behörden - wie die Klägerin behauptet (Bl. 84, 85 GA) - keinerlei Bedenken gegen eine Einreise der Gruppe vorgebracht wurden. Unter den gegebenen Umständen kommt als plausibler Grund hierfür allein das Telefax vom 09.11.1998 in Betracht.

Vor diesem Hintergrund ist das pauschale Bestreiten der Echtheit des Faxschreibens ebenso unbeachtlich wie - ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung (Bl. 86 GA), es habe ein zweites Telefax gegeben, mit dem der Gruppe die Einreise gestattet worden sei.

b)

Die Beklagte musste nach den für sie erkennbaren Umständen auch davon ausgehen, dass sich das Einreiseverbot nicht nur gegen den Geschäftsführer der Klägerin, sondern gegen die gesamte Gruppe richtete: Im Schreiben des israelischen Außenministeriums heißt es ausdrücklich, dass "the Neonazi delegation, headed by Mr. J. S., will not be allowed to visit Israel." Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut, dessen Übersetzung in die deutsche Sprache dem Senat möglich ist, richtete sich das Einreiseverbot gegen die Delegation, also die Mitglieder der Reisegruppe der D. K. e. V.. Der Geschäftsführer der Klägerin ist lediglich als Leiter oder Anführer ("headed by") genannt. Dieser Formulierung kann nur entnommen werden, dass der gesamten Gruppe die Einreise nach Israel verweigert wurde. Eine Beschränkung des Einreiseverbots auf die Person des Geschäftsführers der Klägerin hätte nämlich ohne weiteres durch eine entsprechende Abfassung des Schreibens zum Ausdruck gebracht werden können. Bei verständiger Würdigung stellt die Angabe der Person des Geschäftsführers der Klägerin nur ein Identifizierungsmerkmal dar, denn ein Einreiseverbot gegen eine nicht näher beschriebene "Neonazi-Delegation" wäre offensichtlich ins Leere gegangen.

Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte noch vor dem Abflug in Frankfurt wusste, dass der Geschäftsführer der Klägerin nicht an Bord sein würde (Bl. 44 GA) Ebenso wenig spielt eine Rolle, dass die israelische Botschaft einzelnen Mitgliedern der Reisegruppe nach dem 09.11.1998 mitgeteilt hat, die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Einreise hätten das Ziel gehabt, die Einreise des Geschäftsführers der Klägerin zu verhindern (Bl. 95, 96 GA). Die Beklagte brauchte aufgrund des klaren Wortlauts des Einreiseverbots (Bl. 76 GA) keine Überlegungen dahin anzustellen, ob der Staat Israel der Gruppe die Einreise möglicherweise nur deshalb verweigert, weil die Reisegruppe nach israelischer Vorstellung tatsächlich vom Geschäftsführer der Klägerin angeführt wurde. Dafür, dass das Einreiseverbot entgegen dem Wortlaut des Faxschreibens allein den Geschäftsführer der Klägerin betraf und von der Beklagten auch so verstanden werden musste, hat die Klägerin keine Anhaltspunkte aufgezeigt.

c)

Das Einreiseverbot berechtigte die Beklagte nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen, die unstreitig Vertragsinhalt geworden sind (Bl. 38, 182 GA), die Weiterbeförderung der Gruppe nach Tel Aviv abzulehnen.

Dabei kann offen bleiben, ob sich die Beklagte gem. Art. VII 2 lit. a) auf Gründe der Sicherheit und Ordnung oder gem. Art. VII 2 lit. c) (ii) auf die Verursachung erheblicher Unannehmlichkeiten durch die Mitglieder der Gruppe stützen kann. Die Umleitung des Fluges nach Istanbul war jedenfalls gem. Art. VII 2 lit. b) der ABB - Flugpassage gerechtfertigt. Danach kann der Luftfrachtführer die Beförderung oder Weiterbeförderung eines Fluggastes verweigern, wenn diese Maßnahme zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Vorschriften eines Staates notwendig ist, von dem aus abgeflogen oder der angeflogen oder überflogen wird.

Die Voraussetzungen dieser Beförderungsbeschränkung liegen hier vor. Nach dem für AGB geltenden Grundsatz der objektiven, an den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden ausgerichteten Auslegung (vgl. BGH NJW 92, 2629; NJW-RR 96, 857) erfasst die Klausel auch Maßnahmen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen ein Einreiseverbot. Der Auffassung der Klägerin, Einreisebedingungen eines Staates gehörten nicht zu den Vorschriften im Sinne der Vertragsklausel, weil es nicht Aufgabe des Luftbeförderers sei, quasi als vorgeschaltete Einreisebehörde tätig zu werden, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Erfüllung der jeweiligen Einreisevoraussetzungen einzelner Flugpassagiere mag zwar grundsätzlich nicht Sache des Luftfrachtführers sein. Die Sichtweise der Klägerin würde jedoch dazu führen, dass der Luftfrachtführer auch die Beförderung von Personen, gegen die der anzufliegende Staat erklärtermaßen ein Einreiseverbot ausgesprochen hat, nicht ablehnen könnte, wenn er nicht eine Vertragsverletzung begehen will. Gerade die praktisch bedeutsamen Fälle der Einreiseverbote von dem Recht zur Beförderungsbeschränkung gemäß Art. VII 2 lit. b) auszunehmen, entspricht nicht dem Verständnis, welches redliche Vertragsparteien unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise der Vertragsklausel beimessen würden. Der Einwand der Klägerin, die Fluggesellschaften beförderten jährlich Tausende von Jugendlichen aus außereuropäischen Ländern ohne Einreisepapiere nach Deutschland, wenn der Flugpreis bezahlt sei, betrifft einen anderen Sachverhalt. Hierbei handelt es sich um Einzelpersonen, deren Einreisepapiere zu überprüfen - gerade weil sie den Flugpreis entrichtet haben - der Luftfrachtführer ohne entsprechende Anhaltspunkte keinen Anlass hat. Ist dem Luftfrachtführer aber das fehlende Visum oder - wie hier - eine ausdrückliche Einreiseverweigerung des angeflogenen Staates bekannt, spricht nichts dafür, ihm die Berufung auf Art. VII 2 lit. b) der ABB zu versagen. Dass durch eine solche Auslegung der Klausel - wie die Klägerin meint - die in § 21 Abs. 2 LuftVG normierte Beförderungspflicht unterlaufen wird, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Klägerin verkennt, dass § 21 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 LuftVG die Beförderungspflicht nicht ohne Einschränkung gewährleistet, sondern unter den Vorbehalt stellt, dass die Beförderung neben den geltenden Beförderungsbedingungen auch den behördlichen Anordnungen entsprechen muss. Hiervon scheint auch die Klägerin auszugehen, da sie in anderem Zusammenhang geltend macht, Fluggäste würden beim geringsten Hinweis auf ein Einreiseverbot vor dem Abflug rigoros aus dem Flugzeug entfernt, weil ungeklärte Verhältnisse Zwischenlandungen und damit Kosten in Höhe von bis zu 200.000,00 DM nach sich ziehen könnten (Bl. 192 GA).

Unter Vorschriften eines Staates im Sinne der streitigen ABB-Klausel etwa nur Bestimmungen zu verstehen, die in einem besonderen gesetzgeberischen Verfahren zustande gekommen sind, scheidet bereits deshalb aus, weil dies vom Luftfrachtführer in keiner Weise zuverlässig überprüft werden könnte.

d)

Selbst wenn die Umleitung des Fluges nach Istanbul von Art. VII 2 lit. b) der ABB-Flugpassage nicht gedeckt wäre und sich die Beklagte damit vertragswidrig verhalten hätte, würde dies ihre Haftung aus § 325 Abs. 1 BGB nicht begründen.

aa) Zwar stünde einer Schadensersatzpflicht, ein fahrlässiges Verhalten der Beklagten unterstellt, nicht schon Art. XIII Nr. 6 der ABB-Flugpassage entgegen. Der in dieser Klausel bestimmte Haftungsausschluss für den Fall, dass sich die Beklagte infolge einfacher Fahrlässigkeit zur Verweigerung der Beförderung für berechtigt hält, ist nach Auffassung des Senats wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 S. 2 AGBG unwirksam. Bei Verletzung sog. Kardinalpflichten, zu denen im Vertragsverhältnis zwischen den Parteien die Beförderungspflicht der Beklagten gehört, kann die Haftung für einfache Fahrlässigkeit nicht formularmäßig ausgeschlossen werden (vgl. BGHZ 93, 48; BGH NJW 93, 335).

bb) Die Beklagte hat die Unmöglichkeit ihrer Leistung indessen weder fahrlässig herbeigeführt noch aus anderen Gründen zu vertreten. Die Auffassung des Landgerichts, es hätten unter den gegebenen Umständen keine sachlich gerechtfertigten Gründe bestanden, von einem Anflug des Flughafens Tel Aviv abzusehen, wird den Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht gerecht:

Die Beklagte hatte unter erheblichem Zeitdruck über die Weiterbeförderung einer Gruppe von immerhin 33 Personen zu entscheiden, die - wovon die Beklagte nach den für sie erkennbaren Umständen ausgehen musste - von den israelischen Behörden und der israelischen Presse als Neonazis angesehen wurden und ausgerechnet an einem 9. November - dem Jahrestag der sog. Reichskristallnacht - gegen den erklärten Willen der israelischen Regierung nach Israel einreisen wollten. Ob es sich bei den unstreitigen Presseverlautbarungen um eine unberechtigte Hetzkampagne gegen die Mitglieder der Reisegruppe handelte, konnte die Beklagte im Zeitpunkt ihrer Entscheidung, den Flug nach Istanbul umzuleiten, nicht zuverlässig feststellen. Angesichts der durch die Vergangenheit Deutschlands geprägten, besonders sensiblen Beziehung zum Staat Israel trat durch das Schreiben des israelischen Außenministeriums eine kritische, in ihren möglichen Konsequenzen nicht absehbare Situation ein, der eine völlig andere Dimension zukommt als etwa der Beförderung einzelner Flugpassagiere, die keine gültigen Einreisepapiere besitzen oder aus sonstigen Gründen im angeflogenen Staat nicht willkommen sind. Wenn die Beklagte, wie sie unwidersprochen und mit Recht geltend macht, für den Fall einer Landung in Tel Aviv danach sogar politische Verwicklungen befürchten musste (Bl. 45 GA), kann ihr dies im Hinblick auf die Besonderheiten des deutsch-israelischen Verhältnisses nicht vorgeworfen werden.

Zu Recht weist die Beklagte ferner darauf hin (Bl. 118, 120 GA), dass die mit einer Landung in Tel Aviv verbundene negative Publizität auch sie selbst als nationaler Luftfrachtführer Deutschlands getroffen hätte. Insbesondere angesichts der empörten Berichte, die die bevorstehende Einreise der Gruppe bereits vor Abflug in den israelischen Medien ausgelöst hatte (Bl. 40, 41 GA), war es ohne weiteres denkbar, dass die Beklagte mit dem Vorwurf, als deutsche Fluggesellschaft ausgerechnet am Jahrestag der Reichskristallnacht trotz eines angeordneten und ihr bekannten Einreiseverbots eine Gruppe von Neonazis nach Israel befördert zu haben, in die Schlagzeilen geraten würde. Dem Risiko des damit verbundenen Ansehensverlustes brauchte sich die Beklagte nicht auszusetzen.

Schließlich hatte die Beklagte auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die israelischen Behörden, wäre ihnen die Abwesenheit des Geschäftsführers der Klägerin bekannt gewesen, das Einreiseverbot möglicherweise aufgehoben hätten.

Bei Würdigung all dieser Umstände stellt die Umleitung des Fluges, selbst wenn die Beklagte entgegen ihrer Behauptung (Bl. 117 GA) im Falle einer Landung in Tel Aviv keine Einreisestrafe verwirkt hätte, kein im Sinne des § 325 Abs. 1 BGB zu vertretendes Verhalten dar. Auf die streitige Frage, ob der geltend gemachte Schaden auch im Falle einer Landung in Tel Aviv eingetreten wäre, kommt es in diesem Zusammenhang nicht mehr an.

2)

Soweit die Klägerin einen Schadensersatzanspruch aus § 325 Abs. 1 BGB auf die angebliche - falsche - Erklärung des Flugpersonals der Beklagten vor dem Abflug stützen will, die Bedenken gegen eine Einreise der Gruppe nach Israel seien ausgeräumt, scheidet ein Haftung der Beklagten von vorneherein aus. Hätte das Personal sich - aus Sicht der Klägerin - rechtmäßig verhalten und auf fortbestehende Bedenken gegen eine Einreise hingewiesen, wäre der geltend gemachte Schaden unabhängig davon entstanden, ob die Gruppe sich über den Hinweis hinweggesetzt oder die Reise nicht angetreten hätte.

3)

Ein Schadensersatzanspruch lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Beklagte - nach Behauptung der Klägerin - die Reisegruppe in Israel durch den falschen Hinweis auf einen bevorstehenden Einsatz israelischer Abfangjäger zum Verlassen des Flugzeugs veranlasst hat. (Bl. 4, 90, 91 GA). Eine derartige Erklärung, hätte sie ein Mitarbeiter der Beklagten tatsächlich gegenüber der Reisegruppe abgegeben, wäre nämlich für den Schaden ebenfalls nicht kausal geworden:

Die Beklagte hatte nach Verhängung des Einreiseverbots (Bl. 76 GA) entschieden, den Flug nach Istanbul umzuleiten und die Reisegruppe dort auszuladen (Bl. 45 GA). Die hierfür maßgeblichen Gründe bestanden auch nach der Landung in Istanbul fort; etwas Gegenteiliges hat die Klägerin nicht vorgetragen. Nichts spricht angesichts dessen dafür, dass die Beklagte, wäre ein Hinweis auf israelische Abfangjäger nicht erfolgt und hätte die Gruppe deshalb die Maschine nicht - alsbald - verlassen, mit der Reisegruppe wieder in Richtung Tel Aviv gestartet wäre. Bei dieser Sachlage trifft die Klägerin jedenfalls die konkrete Beweisführungslast (vgl. dazu Rosenberg/Schwab, ZPO, 15. Aufl. § 117 I 3 b) dafür, dass die Maschine mit der Reisegruppe zumindest in Tel Aviv gelandet wäre. Dies hat die Klägerin nicht einmal behauptet, geschweige denn geeigneten Beweis angetreten.

4)

Eine Haftung der Beklagten - sei es aus § 325 Abs. 1 BGB oder pVV - ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die Beklagte nach der Landung in Istanbul den israelischen Behörden keine Passagierliste zugeleitet hat, um diese über das Fehlen des Geschäftsführers der Klägerin in Kenntnis zu setzen (Bl. 92).

Ein Anspruch aus § 325 Abs. 1 BGB scheidet auch dann aus, wenn man den Vortrag der Klägerin (Bl. 92 GA) unterstellt, die Reisegruppe wäre bei Vorlage der Passagierliste am 10.11.1998 nach Israel befördert worden. Da die Einhaltung einer genau bestimmten Flugzeit wesentlicher Inhalt der vertraglichen Pflicht des Luftfrachtführers ist, hätte jedenfalls am 10.11.1998 bereits dauernde Unmöglichkeit der von der Beklagten zu erbringenden Leistung vorgelegen. Nach Auffassung des Senats ist im Rahmen von Luftbeförderungsverträgen von einer Unmöglichkeit bei einer Verspätung auszugehen, die größer als die vorgesehene Flugzeit ist (vgl. Führich a.a.O. Rdnr. 764 m.w.N.). Eine solche Verspätung wäre am 10.11.1998 offenkundig erreicht gewesen.

Jedenfalls aber hätte die Beklagte eine durch unterlassene Übersendung der Passagierliste herbeigeführte Unmöglichkeit nicht zu vertreten: Da die Beklagte - wie oben dargelegt - aufgrund des Schreibens des israelischen Außenministeriums von einem Einreiseverbot gegen die gesamte Reisegruppe ausgehen musste, hätte ein Hinweis auf das Fehlen des Geschäftsführers der Klägerin aus der Sicht der Beklagten nichts bewirken können. Dass die Beklagte vor der Rückbeförderung der Gruppe von Istanbul nach Deutschland Anhaltspunkte dafür hatte, ohne Begleitung des Geschäftsführers der Klägerin könne die Gruppe möglicherweise nach Israel einreisen, ist weder behauptet noch ersichtlich.

Im Hinblick darauf kommen - mangels schuldhafter Pflichtverletzung der Beklagten - auch Ansprüche aus pVV nicht in Betracht.

III.

Die Klägerin hat schließlich auch keinen vertraglichen oder bereicherungsrechtlichen (§§ 323 Abs. 3, 812 ff. BGB) Anspruch auf Rückzahlung des Flugpreises gegen die Beklagte.

1)

Derartige Ansprüche scheitern allerdings nicht schon daran, dass mit der Klage ausdrücklich ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine etwa auf positive Vertragsverletzung gestützte Schadensersatzklage auch unter dem Gesichtspunkt des § 812 BGB zu prüfen ist (vgl. BGH ZIP 87, 1164). Im Rahmen eines Anspruchs aus § 325 Abs. 1 BGB kann nichts anderes gelten.

2)

Etwaige Rückerstattungsansprüche der Klägerin sind indessen nach den AGB der Beklagten ausgeschlossen:

Gemäß Art. VII Nr. 3 der ABB-Flugpassage hat der Fluggast, wenn er - wie hier - aus einem der in Art. VII Nr. 2 der ABB genannten Gründe von der Beförderung ausgeschlossen wird, nur das Recht, eine Flugpreiserstattung für die nicht benutzten Flugcoupons nach Maßgabe von Art. IX Nr. 3 Buchstabe b) der ABB zu verlangen. Dabei ist unter Flugcoupon nach der Begriffsbestimmung in Art. I der ABB-Flugpassage der Teil des Flugscheins zu verstehen, der den Vermerk "good for passage" trägt und die einzelnen Orte angibt, zwischen denen der Coupon zur Beförderung berechtigt.

Die Voraussetzungen dieser Erstattungsklausel liegen nicht vor, denn die Flugcoupons waren nicht mehr unbenutzt, nachdem die Reisegruppe den Flug nach Tel Aviv angetreten hatte und von der Beklagten auch wieder nach Deutschland zurück befördert worden war. Dass der Rückflug nicht von Tel Aviv, sondern von Istanbul aus erfolgte, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Nach Art. III Nr. 1 b) der ABB-Flugpassage besteht ein Anspruch auf Beförderung nur bei Vorlage eines entsprechenden gültigen Flugscheins, der den Flugcoupon für den betreffenden Flug, alle anderen nicht bereits benutzten Flugcoupons und den Fluggastcoupon enthält. Für den Rückflug nach Deutschland hätten die Mitglieder der Reisegruppe danach grundsätzlich über die entsprechenden Flugscheine und -coupons verfügen müssen. Wenn die Beklagte die Rückbeförderung der Gruppe trotz Fehlens der für die Strecke Istanbul - Frankfurt erforderlichen Tickets vorgenommen hat, kann dies nicht dahin verstanden werden, als habe sie die Reisegruppe unentgeltlich nach Deutschland zurück geflogen, während der Flugcoupon für die Strecke Tel Aviv - Frankfurt unbenutzt blieb. Eine solche Betrachtungsweise wäre, da eine - zusätzlich - Bezahlung des Fluges Istanbul - Frankfurt durch die Klägerin nicht behauptet ist, ebenso lebensfremd wie interessenwidrig. Als allgemeine Lösung des in vergleichbaren Fällen stets wiederkehrenden Interessenkonflikts (vgl. dazu BGH NJW 99, 1711, 1714) erschiene sie offensichtlich unangemessen. Die Beklagte hat vielmehr, da gegenteilige Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind, die noch vorhandenen Flugcoupons für die Rückbeförderung verwertet. Damit waren diese nicht mehr unbenutzt im Sinne von Art. VII Nr. 3 der ABB-Flugpassage.

Diese Auslegung des Art. VII Nr. 3 der ABB-Flugpassage begegnet auch im Hinblick darauf keinen AGB-rechtliche Bedenken, dass sie in Fällen der vorliegenden Art zu einem Ausschluss des Rückerstattungsanspruchs führt, obwohl die dem Fluggast geschuldete Leistung nicht erbracht wurde. Insbesondere schließt die Klausel nicht eine - sonst etwa gebotene - Anwendung des § 323 BGB aus, was wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG grundsätzlich unwirksam wäre (vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl. § 323 Rdnr. 4). Auch ohne eine formularmäßige Beschränkung des Rückerstattungsanspruchs stünde einem Fluggast, der - ohne Verschulden des Luftfrachtführers - aufgrund eines gegen ihn verhängten Einreiseverbotes nicht zum vereinbarten Zielort geflogen wird, kein Anspruch auf Rückzahlung des Flugpreises gem. §§ 323 Abs. 3, 812 ff. BGB zu. Dies ergibt sich aus § 324 Abs. 1 BGB, wonach der Gläubiger nicht nur ein Verschulden im Sinne des § 276 BGB, sondern auch solche Umstände zu vertreten hat, die nach der vertraglichen Risikoverteilung in seine Sphäre fallen (vgl. nur BGH NJW 80, 700; OLG Hamburg, NJW-RR 91, 658; Erman/Battes, BGB, 10. Aufl., § 324 Rdnr. 2; MünchKomm-Emmerich, BGB, 3. Aufl., § 324 Rdnr. 7 ff.; Soergel-Wiedemann, BGB, 12. Aufl., vor § 323 Rdnr. 114;). Dass im vorliegenden Fall - wie die Presseerklärung der israelischen Botschaft (Bl. 122 GA) belegt - die Reisegruppe der Klägerin aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Verein der D. K., insbesondere aber der Geschäftsführer der Klägerin selbst von der israelischen Regierung als Neonazis angesehen und deshalb ein Einreiseverbot gegen sie verhängt wurde, liegt allein im Risikobereich der Klägerin.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Berufungsstreitwert und Beschwer der Klägerin: 86.313,55 DM.

Ende der Entscheidung

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