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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 28.04.2005
Aktenzeichen: 1 W 10/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 550
BGB a. F. § 566
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

1 W 10/05

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch die Richter am Oberlandesgericht Schmitz-Justen und Dr. Dumke sowie die Richterin am Oberlandesgericht Statthalter

am 28. April 2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 15.03.2005 gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 27.01.2005 - 16 O 442/04 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verpachtete der Beklagten und ihrem Sohn mit Vertrag vom 26.05.1999 eine Gaststätte. Im Vertrag war eine Laufzeit bis zum 30.11.2004 vorgesehen. Mit Schreiben vom 14.09. und 29.09.1999 fochten die Pächter den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Die Klägerin klagte daraufhin u.a. auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Pachtverhältnis über das Gaststättenobjekt bestehe und nahm die Pächter darüber hinaus auf Zahlung des rückständigen Pachtzinses in Anspruch. Mit - rechtskräftigem - Urteil vom 15.06.1999 - 2 O 515/99 - gab das Landgericht Köln der Klage statt. Da die Beklagte und ihr Sohn keine Zahlungen leisteten, kündigte die Klägerin das Pachtverhältnis mit Schreiben vom 02.11.2001 fristlos.

Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf rückständigen Pachtzins für den Zeitraum von Mai 2000 bis November 2001 in Anspruch. Zugleich begehrt die Klägerin Schadensersatz in Höhe des Pachtausfalls für den Zeitraum Dezember 2001 bis September 2002, da das Objekt bislang nicht weiterverpachtet werden konnte.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, der zwischen den Parteien geschlossene Pachtvertrag sei durch die Anfechtungserklärung vom 14.09./29.09.1999, die in eine Kündigungserklärung umzudeuten sei, beendet worden. Der Vertrag habe ordentlich gekündigt werden können, da er nicht der Schriftform genügt habe. Er sei auf Klägerseite von mehreren Personen unterzeichnet, ohne dass ersichtlich sei, wer und in welcher Funktion den Vertrag unterschrieben habe. Unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BGH (Urteile vom 15.01.2003 - XII 300/99, veröffentlicht etwa in GuT 2003, 135 sowie vom 16.07.2003 - XII ZR 65/02 -, veröffentlicht etwa in NJW 2003, 3053 -) sei dies jedoch erforderlich gewesen. Die Beklagte bestreitet zudem, dass die Unterzeichner des Vertrages zur Vertretung der Klägerin befugt gewesen seien.

Den von der Beklagten gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Landgericht zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Beklagte fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren Prozesskostenhilfeantrag weiter verfolgt.

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat der Beklagten die begehrte Prozesskostenhilfe zu Recht mit der Begründung versagt, zwischen den Parteien sei ein befristeter Pachtvertrag zustande gekommen, der erst durch die fristlose Kündigung der Klägerin vom 02.11.2001 aufgelöst worden sei, so dass die Beklagte bis zur Beendigung des Vertrages den Pachtzins und bis zum ursprünglich vereinbarten Vertragsende Schadensersatz in Höhe der Pachtausfälle schulde. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

Die Beklagte hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die die Ansprüche der Klägerin zu Fall bringen und damit eine Rechtverteidigung der Beklagten erfolgreich erscheinen lassen könnten. Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert die wirksame Befristung des Vertrages nicht an dem Schriftformerfordernis des § 566 BGB a.F. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob die Befristung des Pachtvertrages bereits von der Rechtskraft des Urteils im Verfahren 2 O 515/99 LG Köln, das jedenfalls in den Entscheidungsgründen von einer fest vereinbarten Laufzeit bis zum 30.11.2004 ausgegangen war, umfasst ist. Selbst wenn insoweit eine Bindungswirkung nicht eingetreten sein sollte, ergeben sich keine Anhaltspunkte, die der Schriftform des Vertrages und damit der Wirksamkeit der Befristung entgegenstehen könnten. Insbesondere mussten die Unterschriften der für die Klägerin handelnden Personen nicht mit weiteren, die Vertretung erläuternden Zusätzen versehen werden. Ein solches Erfordernis lässt sich zunächst nicht aus den von der Beklagten zitierten Entscheidungen des BGH (GuT 2003, 135; NJW 2003, 3053) herleiten, da die dort niedergelegten Grundsätze nicht auf die vorliegende Fallkonstellation übertragen werden können. Die Urteile verhalten sich nämlich nicht zu dem Mietvertragsabschluss durch eine Personenhandelgesellschaft, sondern allein zu der Frage des Vertragsabschlusses durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

Im hier zu beurteilenden Sachverhalt handelt es sich bei der Klägerin indes um eine Kommanditgesellschaft (KG). Dies dürfte mittlerweile unstreitig sein, ist jedenfalls durch das Urteil im Vorprozess 2 O 515/99 LG Köln rechtskräftig festgestellt. Zwischen dem Vertragsabschluss durch eine KG und einem solchen durch eine GbR bestehen allerdings nicht unwesentliche Unterschiede.

Bei Vertragsabschlüssen durch eine GbR mag es Fallkonstellationen geben, bei denen aus der Urkunde nicht hinreichend deutlich wird, wer der Vertragspartner sein soll. Auch sind Sachverhaltsgestaltungen denkbar, bei denen die Urkunde unvollständig bleibt, weil nicht alle erforderlichen Personen den Vertrag für die GbR unterzeichnet haben oder aber durch die Art der Unterzeichnung jedenfalls dieser Anschein erweckt wird. Um diesen Anschein einer unvollständigen Vertragsurkunde geht es letztlich in der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des BGH zu Schriftformmängeln bei Unterzeichnung eines langfristigen Mietvertrages, worauf Wiek (GuT 2005, 3; 52) zutreffend hinweist. Derartige Unsicherheiten können bei einer GbR im Gegensatz zu einer Personenhandelsgesellschaft vor allem deshalb auftreten, weil sich die Rechts- und Vertretungsverhältnisse bei einer GbR nicht einem öffentlichen Register entnehmen lassen. Es mangelt der GbR an der Registerpublizität. Bei einer Personenhandelsgesellschaft stellen sich diese Probleme im Regelfall nicht, da sie durch ihre im Handelregister eingetragene Firma im Rechtsverkehr auftritt und zugleich in diesem öffentlichen Register nachzuvollziehen ist, wer für die Gesellschaft mit organschaftlicher Vertretungsmacht oder Prokura ausgestattet ist. Wird die Personengesellschaft daher bei einem Vertragsabschluss nach dem Erscheinungsbild der Urkunde durch den im Handelsregister aufgeführten Personenkreis vertreten, ist ein weiterer erläuternder Hinweis darauf, in welcher Funktion der Unterzeichner gehandelt hat, entbehrlich. Auch der BGH (NJW 2003, 3059) diskutiert - ohne diese Frage zu entscheiden - die Notwendigkeit eines klarstellenden Zusatzes lediglich für die Fälle, in denen sich die Vertretungsbefugnis des für eine Vertragspartei Auftretenden nicht aus öffentlichen Registern ergibt. Für die im Handelsregister eingetragenen Gesellschaften besteht damit grundsätzlich kein Bedürfnis nach weiteren Vertreterzusätzen.

Eine derartige Betrachtungsweise steht auch nicht in Widerspruch zu dem Sinn und Zweck des § 550 BGB (§ 566 BGB a.F.). Die Vorschrift dient in erster Linie dem Erwerberschutz. Dabei verfolgt die Norm allerdings nicht den Zweck, es einem späteren Grundstückserwerber zu ermöglichen, sich allein anhand der Urkunde Gewissheit über das Zustandekommen oder den Fortbestand eines langfristigen Mietvertrags zwischen dem Veräußerer und dem Mieter zu verschaffen (vgl. BGH NJW 2004, 2962, 2964). Dass die Vertretungsbefugnis gegebenenfalls erst durch Einsichtnahme in das Handelsregister festzustellen ist, ist für die Frage der Einhaltung der Schriftform damit ohne Belang.

Ist also in der Vertragsurkunde die Personenhandelsgesellschaft als Vertragspartei ausgewiesen und lässt sich dem Vertrag entnehmen, dass die Unterzeichner als organschaftliche Vertreter oder aufgrund ihrer Stellung als Prokurist für die Gesellschaft handeln, ist damit dem Schriftformerfordernis sowohl was die Vertragspartei als auch was die Vertretung anbetrifft, Genüge getan. So liegt es auch hier. Der Pachtvertrag vom 26.05.1999 wurde auf Seiten der Klägerin unterzeichnet durch "A. S" und "ppa. F". Zusätzlich war der Stempel der Klägerin beigefügt. Dadurch war zum Einen klargestellt, dass beide Unterzeichner für die Klägerin handelten. Zum Anderen war aus der Art der Unterzeichnung ersichtlich, dass für die Klägerin ihre organschaftlichen oder jedenfalls aus dem Handelsregister ersichtlichen Vertreter handelten. Da Herr S ohne weiteren Zusatz unterschrieb, musste es sich bei ihm um einen vertretungsberechtigten Gesellschafter, also einen Komplementär als organschaftlichen Vertreter handeln. Im Gegensatz dazu war durch die Beifügung "ppa." im Falle des Herrn F kenntlich gemacht, dass dieser das Unternehmen in seiner Eigenschaft als Prokurist vertrat.

Von der Einhaltung der Schriftform zu trennen ist die Frage, ob die handelnden Personen tatsächlich auch mit der erforderlichen Vertretungsmacht ausgestattet waren. Auch diese Frage ist im vorliegenden Fall positiv zu beantworten. Einer weiteren Sachaufklärung durch Einsichtnahme in das Handelsregister bedurfte es hierzu nicht. Im Vorprozess wurde nämlich rechtskräftig festgestellt, dass ein Pachtvertrag zwischen den Parteien bestand. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung sind die Parteien durch die der Rechtskraft innewohnende Präklusionswirkung mit allem tatsächlichen Vorbringen ausgeschlossen, das im Widerspruch zu den Feststellungen des Vorprozesses steht. Tatsachen, die im maßgebenden Zeitpunkt des Vorprozesses schon vorhanden waren, sind mit dem Ziel, das "kontradiktorische Gegenteil" der früher festgestellten Rechtsfolge auszusprechen, insoweit ausgeschlossen, als sie bei natürlicher Anschauung zu dem im Vorprozess vorgetragenen Lebenssachverhalt gehören (vgl. etwa BGH NZM 2004, 99, 100 m.w.N.). Demzufolge kann die Beklagte nunmehr nicht mehr mit dem schon im Vorprozess möglichen Einwand gehört werden, die damals für die Klägerin handelnden Personen hätten nicht über die entsprechende Vertretungsmacht verfügt.

Enthielt der Pachtvertrag daher eine wirksame Befristung, kam es auf die Frage, ob eine Anfechtung in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden konnte, nicht an.

Ende der Entscheidung

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