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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 27.02.2002
Aktenzeichen: 11 U 116/01
Rechtsgebiete: RVO, BGB, ZPO, SGB X


Vorschriften:

RVO § 569b
RVO § 1542
BGB § 252
BGB § 252 S. 2
ZPO § 287
ZPO § 711
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 287 Abs. 1
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
SGB X § 116 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 116/01

Anlage zum Terminsprotokoll vom 27.02.2002

Verkündet am 27.02.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 16.01.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Pastor und die Richter am Oberlandesgericht Zoll und Hartlieb

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.03.2001 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 O 571/95 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts Aachen vom 27.3.1998 und unter Klageabweisung im Übrigen werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 73.859,68 € nebst 4% Zinsen seit dem 01.08.1994 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 01.03.1989 auf der P.straße in U.-P. zu ersetzen, soweit die Ansprüche nach dem 03.09.1995 entstanden sind bzw. entstehen und soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger zu 2/5 und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 3/5 zur Last, mit Ausnahme der Kosten der erstinstanzlichen Säumnis des Klägers, die dieser selbst zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch die jeweilige Gegenpartei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gesamten aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Sicherheitsleistung kann von beiden Parteien auch durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt als Opfer eines Verkehrsunfalls die Beklagten auf Ersatz seines materiellen Schadens, insbesondere des Verdienstausfallschadens, und auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch. Die grundsätzliche Eintrittspflicht der Beklagten ist unstreitig. Zu dem Unfall kam es am 01.03.1989, weil der Beklagte zu 1) mit seinem Lastkraftwagen das Vorfahrtsrecht des auf seinem Motorrad mit angepasster Geschwindigkeit fahrenden Klägers missachtete und die Fahrbahn der vorfahrtsberechtigten Straße versperrte. Der Kläger unternahm zunächst eine Vollbremsung und sprang dann von dem Motorrad ab, als er erkannte, dass er einen Zusammenstoß nicht verhindern konnte; das Motorrad stieß mit dem Lastkraftwagen zusammen, geriet in Brand und wurde vollkommen zerstört. Bei dem Absprung zog sich der Kläger schwere Verletzungen zu; auf die ausführliche Darstellung der Verletzungen und ihrer Folgen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Erforderlich wurden u.a. eine Vielzahl von operativen Eingriffen am linken Bein und damit verbundene längere Krankenhausaufenthalte in verschiedenen Kliniken, zuletzt im April 1996 eine zweiwöchige stationäre Behandlung zur Knochenübertragung, an die sich ein dreiwöchiges Aufbautraining im Juni/Juli 1996 und eine stationäre Behandlung im Oktober 1996 zur Arthroskopie des Kniegelenks anschlossen. Es verblieben als Dauerschäden u.a. ein posttraumatisches Kopfschmerzsyndrom, erhebliche Beeinträchtigungen des linken Beins und eine Bewegungseinschränkung der Langfinger der linken Hand mit Faustschlussstörung. Die MdE wurde mit 40% festgesetzt. Seinen Beruf als Maschinenbauer konnte der Kläger nicht weiter ausüben. Eine Wiedereingliederung in den betrieblichen Arbeitsablauf war trotz der Einrichtung eines speziell auf den Kläger zugeschnittenen Schonarbeitsplatzes wegen fortbestehender Beschwerden nicht möglich. Das Arbeitsverhältnis wurde am 31.07.1993 einvernehmlich aus gesundheitlichen Gründen aufgelöst; der Kläger erhielt eine einmalige Abfindung in Höhe von 10.000,00 DM. In den Jahren 1994 bis 1997 durchlief er eine Umschulung zum Feinmechaniker; eine neue Anstellung erhielt er jedoch nicht.

Die Beklagte zu 2), der Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 1), zahlte im Juli 1994 zur Schadensregulierung 8.500,00 DM auf den materiellen Schaden und ein Schmerzensgeld von 40.000,00 DM.

Mit der im Dezember 1995 eingereichten Klage hat der Kläger geltend gemacht: Ihm seien aufgrund der Krankenbehandlungen eigene Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 6.037,20 DM, Fahrtkosten von Angehörigen in Höhe von 4.754,40 DM und Telefonkosten in Höhe von 1.400,00 DM entstanden. Infolge des Unfalls habe er zudem einen Verdienstausfallschaden von insgesamt 141.817,29 DM erlitten. Bei dem seinerzeitigen Arbeitgeber habe die Möglichkeit zur Leistung von Überstunden bestanden. Auch habe er im Unfallzeitpunkt die konkrete Möglichkeit gehabt, eine Stelle bei einem anderen Arbeitgeber anzutreten, bei dem er von Juni 1989 Dezember 1995 einen Mehrverdienst von insgesamt 65.833,33 DM habe erzielen können; unfallbedingt habe er diese neue Arbeitsstelle nicht antreten können. Ein Schmerzensgeld von 40.000,00 DM werde den Unfallschäden und deren Folgen nicht gerecht; angemessen sei ein Schmerzensgeld von 140.000,00 DM.

Der Kläger hat zunächst dem entsprechende Zahlungsanträge und zudem einen Feststellungsantrag hinsichtlich der Ersatzpflicht der Beklagten gestellt. Den Feststellungsantrag haben die Beklagten anerkannt. In der mündlichen Verhandlung vom 19.04.1996 hat der Kläger sämtliche Anträge gestellt; die Beklagten haben sich auf ihren "Antrag" in dem Schriftsatz bezogen, der auch das Anerkenntnis enthält (Bl. 63 d.A.). Durch Versäumnisurteil vom 27.03.1998 hat das Landgericht die Klage abgewiesen, nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers in dem Termin aus prozessualen Gründen nicht aufgetreten war (Bl. 216 f. d.A.). Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Einspruch eingelegt und diesen begründet. In der folgenden mündlichen Verhandlung hat der Kläger nur noch die Leistungsanträge verlesen.

Er hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

a) an ihn 154.581,35 DM nebst 4% p.a. seit dem 01.08.1994 zu zahlen,

b) an ihn über den gezahlten Betrag in Höhe von 40.000,00 DM hinaus ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld nebst 4% Zinsen p.a. seit dem 01.08.1994 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Beklagten haben geltend gemacht: Der Arbeitgeber des Klägers sei zum Unfallzeitpunkt und in den Jahren danach ein Sanierungsfall gewesen. Davon wäre auch der Kläger bei Fortsetzung seiner Tätigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit betroffen gewesen, so dass ihm ein Verdienstausfall durch den Unfall nicht entstanden sein könne. Der Wechsel zu dem anderen Arbeitgeber sei nicht unfallbedingt gescheitert; vielmehr habe sich der Kläger bereits zuvor aus anderen Gründen gegen einen Wechsel entschieden. Die Abfindungszahlung in Höhe von 10.000,00 DM sei auf den Verdienstausfallschaden anzurechnen. Das vorprozessual gezahlte Schmerzensgeld von 40.000,00 DM sei angemessen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens, die Vernehmung eines Zeugen und die Einholung amtlicher Auskünfte; insoweit wird auf die Darstellung in dem angefochtenen Urteil und die dortigen Fundstellen Bezug genommen.

Durch die angefochtene Entscheidung hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 27.03. 1998 teilweise aufgehoben und die Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 36.193,67 DM, darunter 20.000,00 DM weiteres Schmerzensgeld, nebst 4% Zinsen seit dem 01.08.1994 zu zahlen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz und der Ausführungen des Landgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das seinen erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 06.04.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am Montag, dem 07.05.2001 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem am 16.07.2001 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger wiederholt und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen. Er macht im Wesentlichen geltend:

Seine eigenen Fahrtkosten für die Krankenhausaufenthalte und Arztbesuche (6.037,20 DM) seien zu ersetzen. Von der BG habe er insoweit nicht erhalten. Es werde bestritten, dass die Berufsgenossenschaft insoweit zur Zahlung verpflichtet gewesen wäre. Bei der Berechnung des Verdienstausfalls habe das Landgericht zu geringe Beträge angesetzt. Sein Einkommen wäre schon bei der Firma S. im Lauf der Jahre gestiegen. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sei auch davon auszugehen, dass der Kläger im Jahre 1989 zur Firma D. gewechselt wäre und dort monatlich bei 167 Stunden zu 24 DM und 10 Überstunden zu 30 DM verdient hätte, so dass sich der Verdienstausfall für 1989 bis 1995 auf 117.019,54 DM belaufe. Das Landgericht habe auch den Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen von 26 DM pro Monat = 2.080,00 DM nicht angesetzt. Schließlich sei das gezahlte und zuerkannte Schmerzensgeld (40.000 DM + 20.000 DM = 60.000 DM) - auch im Hinblick auf das zögerliche Regulierungsverhalten der Beklagten zu 2 - untersetzt. Ausweislich des Antrags zu 2 verlangt der Kläger ein Schmerzensgeld von insgesamt 140.000,00 DM.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils und unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Beklagten zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner 131.863,60 DM nebst 4% Zinsen seit dem 01.08.1994 zu zahlen;

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn über die gezahlten 40.000,00 DM hinaus ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch weitere 100.000,00 DM, nebst 4% Zinsen seit dem 01.08.1994 zu zahlen;

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 01.03.1989 auf der P.straße in U.-P. zu ersetzen, soweit die Ansprüche nach dem 03.09.1995 entstanden sind bzw. entstehen und soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen und

Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zu gestatten.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen und Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zu gestatten.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und treten den Ausführungen des Klägers entgegen. Im Hinblick auf die Ausführungen des Senats in der mündlichen Verhandlung haben sie mit Schriftsätzen vom 30.01. und 15.02.2002 (Bl. 566 ff. d.A.) weiter vorgetragen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze und die überreichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Der dem Kläger vom Landgericht zuerkannte Betrag reicht nach Auffassung des Senats zur Abdeckung des entstandenen materiellen und immateriellen Schadens nicht aus. Der Kläger hat gegen die Beklagten über die von ihnen bereits gezahlten Beträge hinaus einen Anspruch in Höhe von 50.851,55 € (= 99.456,99 DM) für den materiellen Schaden und 23.008,13 € (= 45.000,00 DM) für den immateriellen Schaden.

I. Soweit der Kläger Fahrtkosten für eigene Fahrten zur Heilbehandlung verlangt, hat die Berufung allerdings keinen Erfolg. Der Kläger ist nicht aktivlegitimiert, weil die Berufsgenossenschaft gemäß § 569b RVO, der im Anspruchszeitraum noch für die Unfallversicherung galt, Reisekosten zur Heilbehandlung zu ersetzen hatte und entsprechende Ansprüche des Klägers mithin gemäß §§ 1542 RVO, 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf die Berufsgenossenschaft als Sozialversicherungsträger übergegangen sind. Diese hat auch, wie sich aus den vorliegenden Unterlagen (Bl. 80 ff. = 320 ff. d.A.) ergibt, in einigem Umfang Fahr- bzw. Reisekosten ersetzt. Angesichts dessen und der Gesetzeslage ist das Bestreiten der Leistungspflicht der Berufsgenossenschaft unbeachtlich. Der Kläger trägt auch nicht vor, dass, soweit die Berufsgenossenschaft - mangels Antragstellung - nichts gezahlt hat, die Anspruchsvoraussetzungen gegenüber der Berufsgenossenschaft inzwischen wegen Zeitablaufs oder ähnlichem endgültig entfallen sind, so dass der Anspruch an ihn zurück gefallen ist (vgl. dazu BGH, VersR 1999, 382,383; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 7. Aufl., Rn. 450). Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger gegenüber der Berufsgenossenschaft auf entsprechende Ansprüche für die Vergangenheit verzichtet hat (möglich durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Sozialversicherungsträger, § 46 Abs. 1 SGB I) oder dass eine Abtretung durch die Berufsgenossenschaft erfolgt ist.

II. Unbegründet ist die Berufung auch hinsichtlich der vermögenswirksamen Leistungen. Der Vortrag, das Landgericht habe den Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen von 26 DM pro Monat (insgesamt 2.080,00 DM) nicht angesetzt, ist unrichtig, wie sich aus den Ausführungen auf Seite 21 des angefochtenen Urteils ergibt.

III. Begründet ist die Berufung aber, soweit der Kläger die Ausführungen des Landgerichts zum Verdienstausfallschaden rügt. Nach Ansicht des Senats spricht aufgrund der vom Landgericht getroffenen Feststellungen eine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger ohne den Unfall in der Zeit von 1989 bis 1995 ein höheres Einkommen erzielt hätte, als es das Landgericht angenommen hat.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Dem Kläger sei nicht der Beweis dafür gelungen, dass er aufgrund des Unfalls nicht den ihm angebotenen Arbeitsplatz bei der Fa. D. habe antreten können. Insoweit stehe nach Vernehmung des Zeugen D. (BI. 362 ff. d.A.) jedenfalls nicht fest, dass der Kläger unfallbedingt den Arbeitsplatzwechsel unterlassen habe. Zwar habe der Zeuge D. bekundet, dass er dem Kläger einen Arbeitsplatz in seinem Unternehmen - zu denen vom Kläger vorgetragenen finanziellen Bedingungen - angeboten habe und dass einem sofortigen Wechsel zunächst nur die Weihnachtsgeldregelung bei der Fa. S. im Wege gestanden habe. Jedoch habe sich der Kläger nach der Aussage des Zeugen später nicht mehr bei der Fa. D. gemeldet, so dass der Zeuge davon ausgegangen sei, ein Arbeitsplatzwechsel des Klägers zu seinem Betrieb komme nicht mehr in Frage. Da der Kläger, nach Aussage des Zeugen, auch keine anderen konkreten Schritte in Richtung eines Arbeitsplatzwechsels unternommen habe, sei mithin davon auszugehen, dass er bereits vor dem Unfallereignis von einem Arbeitsplatzwechsel Abstand genommen habe. Jedenfalls stelle sich die Situation nicht so dar, dass der Kläger den Arbeitsplatzwechsel schon konkret vorbereitet und dann unfallbedingt hiervon abgesehen habe. Auch könne die Behauptung des Klägers, den Arbeitsplatz bis zum 01.06.1989 wechseln zu können, als nicht bewiesen angesehen werden. Die Nichterweislichkeit dieser Tatsachen gehe zu Lasten des Klägers.

2. Dem kann nicht gefolgt werden. Das Landgericht hat übersehen, dass dem Kläger im Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität nicht der volle Beweis (§ 286 ZPO) für die Entwicklung seiner Einkommensmöglichkeiten abverlangt werden kann. Für die Darlegung und den Beweis eines vom Schädiger zu verantwortenden Erwerbsschadens gelten die §§ 252 S. 2 BGB, 287 Abs. 1 ZPO. Angesichts der danach geltenden Maßstäbe dürfen an die Darlegung konkreter Anhaltspunkte für die Ermittlung des Erwerbsschadens keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, NJW-RR 1992, 852 = VersR 1992, 973; NJW 1993, 2673 = VersR 1993, 1284, 1285; NJW 1995, 1023, 1024 = VersR 1995, 422 ff. = MDR 1995, 358; NJW 1998, 1634 = VersR 1998, 770, 772; NJW-RR 1999, 1039 = VersR 2000, 233; NJW 2000, 3287, 3288 = VersR 2000, 1521). Im Rahmen der Beweiswürdigung reicht je nach Lage des Falls eine höhere oder deutlich höhere, jedenfalls überwiegende Wahrscheinlichkeit aus (BGH, VersR 1987, 310; 1993, 55, 56; 1995, 422 ff.). Der Geschädigte darf im Rahmen der Schadensermittlung gemäß den §§ 252 BGB, 287 ZPO jedenfalls nicht vorschnell auf die Unsicherheit möglicher Prognosen verwiesen werden; verbleibenden Risiken kann durch gewisse Abschläge Rechnung getragen werden (BGH, VersR 1998, 770, 772; 2000, 233; NJW 2000, 3287, 3288). Dabei ist im Auge zu behalten, dass bei einem jüngeren Menschen ohne konkrete Anhaltspunkte nicht angenommen werden kann, dass er auf Dauer die ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten für eine gewinnbringende Erwerbstätigkeit nicht nutzen werde (BGH, NJW 2000, 3287, 3288 mit weiteren Nachweisen). Ferner darf bei der Schadensschätzung nicht außer acht gelassen werden, dass es ausschließlich in der Verantwortlichkeit des Schädigers liegt, wenn Prognoseschwierigkeiten darauf beruhen, dass der Geschädigte in einem bestimmten, für die weitere berufliche Entwicklung entscheidenden Zeitpunkt aus dem Berufsleben gerissen wird; dies darf nicht durch Anlegung allzu strenger Darlegungs- und Beweisanforderungen zu Lasten des Geschädigten gehen (vgl. BGH, VersR 1998, 770, 772).

3. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe reicht dem Senat die Aussage des Zeugen D. (Bl. 362 ff. d.A.) für eine Wahrscheinlichkeitsaussage dahin, dass er die besser dotierte Tätigkeit bei der Firma D. ohne den Unfall angetreten hätte, aus.

Nach der Aussage des Zeugen D. spricht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger die ihm dort sicher angebotene Arbeitsstelle auch angenommen hätte, insbesondere wenn sich die Firma S. - wie die Beklagten vortragen - in dauernden wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Der Zeuge hat klar und eindeutig bekundet, dass er den Kläger im Hinblick auf seine Qualifikation und den in seinem - des Zeugen - Unternehmen noch bis in das Jahr 1990 bestehenden Arbeitskräftemangel jederzeit eingestellt hätte und dass der Kläger den Wechsel avisiert hatte. Dass sich der Kläger nach der Aussage des Zeugen nicht mehr gemeldet hat, beeinträchtigt die Prognose nicht. Dies liegt nach aller Wahrscheinlichkeit daran, dass der Kläger zunächst bei der Firma S. die Kündigungsvoraussetzungen abklären und dort so lange tätig bleiben wollte, dass er die Jahreszuwendung für 1988 nicht zurückzahlen musste, was er dem Zeugen D. nach dessen Aussage mitgeteilt hatte. Dies ist auch nachvollziehbar, da Tarifverträge und betriebliche Vereinbarungen üblicherweise ähnliche Regelungen wie § 3 Abs. 1 Nr. 2 Sonderzuwendungsgesetz enthalten, wonach der Beamte bis einschließlich 31.03. des folgenden Jahres im Dienst des Dienstherrn bleiben muss, andernfalls die jährliche Sonderzuwendung zurück zu zahlen ist. Die Einstellungsgespräche zwischen dem Kläger und dem Zeugen D. fanden nach der Aussage des Zeugen Ende 1988, Anfang 1989 statt. Bereits am 01.03.1989 erlitt der Kläger aber den durch die Vorfahrtsverletzung des Erstbeklagten verursachten Unfall, so dass er sich nach Eintritt der Voraussetzungen für den Erhalt des Weihnachtsgeldes naturgemäß nicht mehr melden konnte. Dafür, dass sich der Kläger aus anderen Gründen als dem erlittenen Unfall bei dem Zeugen D. nicht mehr gemeldet hat, spricht nichts. Der Zeuge hat bereits in seiner schriftlichen Bescheinigung vom 20.12.1994 (Bl. 27 d.A.) angegeben, der Arbeitsvertrag sei aufgrund des Unfalls nicht zustande gekommen. Bei seiner Zeugenaussage hat er die Richtigkeit der Bescheinigung bestätigt.

Bedenken gegen die Richtigkeit der Aussage des Zeugen D. sind nicht ersichtlich. Zwar kennt der Zeuge den Kläger, weil er mit seinem Sohn bekannt ist. Es besteht indes kein Anlass zu der Annahme, dass die umfangreiche und detaillierte Aussage, in deren Verlauf der Zeuge auch Erinnerungslücken in Einzelpunkten eingeräumt hat, eine Gefälligkeitsaussage sein könnte.

Eine Wiederholung der Zeugenvernehmung hält der Senat - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten in ihrem nachgereichten Schriftsatz - nicht für erforderlich. Das Landgericht hat den Zeugen D. ausführlich zu der Beweisfrage vernommen. Die protokollierte Aussage ist klar und eindeutig. Es ist nicht ersichtlich, was der Zeuge noch sollte bekunden können. Das Landgericht hat offenbar wie der Senat keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussage gehabt. Es hat seine Beweiswürdigung lediglich auf objektive Momente gestützt, dabei aber - wie ausgeführt - die Beweisanforderungen überspannt.

4. Dass der Kläger den Arbeitsplatz im Verlaufe des Jahres 1989 hätte wechseln können, bedarf keines gesonderten Beweises. Für ein unkündbares Arbeitsverhältnis bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Dass der seinerzeitige Personalleiter der Firma S. inzwischen verstorben ist und als möglicher Zeuge nicht mehr zur Verfügung steht (vgl. Bl. 435 d.A.), steht einer dem Kläger günstigen Prognoseentscheidung daher nicht entgegen.

5. Unerheblich für die vorliegende Entscheidung sind die Ausführungen der Beklagten in den nachgereichten Schriftsätzen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers und seiner gegenwärtigen Tätigkeit im Haushalt und bei der Betreuung der vierjährigen Tochter, da es im vorliegenden Rechtsstreit nur um den Verdienstausfall bis 1995 geht. Bis dahin ist es dem Kläger unstreitig nicht gelungen, eine neue Beschäftigung zu finden. Die Beklagten tragen selbst vor, dass der Kläger die Umschulung zum Feinmechaniker erst 1997 beendet hat. Im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen zum Schmerzensgeld und mögliche Regulierungsverhandlungen betreffend weitere Schäden sei allerdings darauf verwiesen, dass ein unfallbedingter Erwerbsschaden nicht stets schon von dem Zeitpunkt ab zu verneinen ist, zu dem der Verletzte gesundheitlich voll wiederhergestellt ist; Schadensersatz wegen Verdienstausfalles kann vielmehr auch nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit gewährt werden, wenn die Erwerbslosigkeit ihre Ursache weiterhin in dem Unfall findet (BGH, VersR 1991, 703 f. = NJW 1991, 2422 f.). So liegt es im Streitfall auf jeden Fall für den im Rechtsstreit in Frage stehenden Zeitraum. Aber auch für die nachfolgende Zeit bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat, ergeben die neuen Ausführungen der Beklagten keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die andauernde Beschäftigungslosigkeit des Klägers von ihm selbst zu vertreten ist.

6. Der dem Kläger von 1989 bis 1995 entstandene Verdienstausfallschaden ist wie folgt zu berechnen:

Nach der schriftlichen Bestätigung und der Aussage des Zeugen D. hätte der Kläger bei einer Einstellung in dem Betrieb des Zeugen einen Stundenlohn von brutto 24,00 DM erhalten und so bei einer durchschnittlichen Monatsarbeitszeit von 167 Stunden einen monatlichen Bruttolohn von 4.008,00 DM erzielt. Hinzu wären 8 bis 12 Überstunden pro Woche gekommen, die in dem maßgeblichen Zeitraum üblicherweise im Unternehmen des Zeugen anfielen; der Überstundenzuschlag lag nach der Aussage des Zeugen bei 20%, woraus sich ein Stundensatz von 28,40 DM ergibt.

Von diesen Daten geht der Senat aus. Die daran anknüpfende Berechnung in der Berufungsbegründung ist indes zu modifizieren.

Wegen der Unsicherheit, wann der Wechsel des Klägers zur Firma D. vollzogen worden wäre, belässt es der Senat für das Jahr 1989 bei dem vom Landgericht für dieses Jahr festgestellten Verdienstausfallschaden von 3.697,21 DM.

Für die Jahre 1990 bis 1995 setzt der Senat zunächst das Bruttojahresgehalt von 13 x 4008,00 DM = 52.104,00 DM an. Die Überstunden berücksichtigt der Senat jedoch nur mit der vom Zeugen angegebenen Mindestzahl von 8 Wochenstunden. Entgegen den Ausführungen in der Berufungsbegründung können die Überstunden auch nicht für 52 Monate berücksichtigt werden. Für die üblichen Urlaubszeiten und mögliche Erkrankungszeiten, in denen naturgemäß keine Überstunden anfallen, erscheint ein Abzug von 8 Wochen als angemessen, so dass sich für 44 Wochen à 8 Stunden zu je 28,40 DM ein Jahresbetrag von 9.996,80 DM ergibt. Als Jahresbruttoeinkommen sind danach 62.100,80 DM zu berücksichtigen. Bei einem als angemessen anzusehenden Abzug von 35% für Steuern und gesetzliche Versicherungen verbleibt mithin ein Jahresnettobetrag von 40.365,52 DM. Für die 6 Jahre von 1990 bis 1995 ergibt sich so ein Ausgangsbetrag von 242.193,12 DM. Davon sind die Beträge für die betreffenden Jahre abzuziehen, die sich der Kläger nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts anrechnen lassen muss und auch anrechnen lassen will ( 23.618,19 DM + 24.212,81 DM + 23.115,16 DM + 22.736,53 DM + 23.366,88 DM + 38.190,63 DM = 155.240,20 DM), woraus sich ein verbleibender Restbetrag von 86.952,92 DM ergibt. Bei Addition des Verdienstausfallschadens für 1989 (3.697,21 DM) errechnet sich der gesamte Verdienstausfallschaden für die Jahre 1989 bis 1995 auf 90.650,13 DM. Hinzu kommt der vom Landgericht berücksichtigte Betrag von 2.080,00 DM (Arbeitgeberanteil von monatlich 26,00 DM für vermögenswirksame Leistungen).

7. Der gesamte materielle Schaden des Klägers, soweit er mit der Klage berechtigt geltend gemacht worden ist, beträgt unter Berücksichtigung der weiteren Schadenspositionen von 572,46 DM (verbleibender Fahrzeugschaden nach Abzug der vorprozessualen Zahlung von 8.500,00 DM), 4.754,40 DM (Fahrtkosten) und 1.400,00 DM (Telefonkosten) mithin 99.456,99 DM = 50.851,55 €.

IV. Teilweise begründet ist die Berufung auch, soweit sich der Kläger gegen die Höhe des zugesprochenen Schmerzensgeldes wendet. Nach Ansicht des Senats ist dem Kläger unter Berücksichtigung der vorprozessualen Zahlung von 40.000,00 DM = 20.451,68 € ein Schmerzensgeld in Höhe von weiteren 23.008,13 € (= 45.000,00 DM) zuzusprechen, so dass sich das Schmerzensgeld auf insgesamt 43.459,81 € (= 85.000,00 DM) beläuft. Dabei ist durchaus den vom Landgericht zutreffend dargestellten rechtlichen Ausgangspunkten zu folgen; der vom Landgericht ausgeworfene Betrag von insgesamt 60.000,00 DM erscheint dem Senat aber als zu niedrig. Zu berücksichtigen ist Folgendes:

1. Der im Unfallzeitpunkt 28 Jahre alte Kläger erlitt als Folge des Verkehrsunfalls im Wesentlichen ein posttraumatisches Kopfschmerzsyndrom nach Schädelhirntrauma, eine knöcherne, noch nicht vollständig konsolidierte körperferne Oberschenkelfraktur nach Falschgelenkbildung, eine Beinverkürzung links, eine geringgradige O-Beinstellung links, eine posttraumatische Arthrose des linken Kniegelenkes, Bewegungseinschränkungen im linken Hüft-, Knie- und oberen Sprunggelenk, eine Instabilität des linken Kniegelenkes, ein gestörtes Gangbild, eine Minderbemuskulung des linken Beines, Gefühlsstörungen des linken Beines, Narbenbildungen im Bereich von Thorax, Becken und linkem Bein und eine Bewegungseinschränkung der Langfinger der linken Hand mit Faustschlussstörung als Dauerschäden. Zum weitgehenden Ausgleich des Gangbildes ist es erforderlich, dass der Kläger orthopädisch zugerichtetes Schuhwerk trägt. Die MdE wurde mit 40% festgesetzt.

Der Kläger musste sich aufgrund seiner Verletzungen einer Vielzahl von operativen Eingriffen am linken Bein unterziehen. Diese operativen Eingriffe waren mit längeren Krankenhausaufenthalten in verschiedenen Kliniken - u.a. in G., D.-B., H. und W. - verbunden. Zuletzt musste sich der Kläger im April 1996 einer zweiwöchigen stationären Behandlung zur Knochenübertragung, sowie einem hieran anschließenden dreiwöchigem Aufbautraining im Juni/Juli 1996 und einer stationären Behandlung im Oktober 1996 zur Arthroskopie des Kniegelenkes unterziehen.

2. Bei dieser Sachlage reicht ein Schmerzensgeld von 60.000,00 DM, das dem Kläger bisher gezahlt (40.000,00 DM) bzw. ergänzend vom Landgericht zugesprochen worden ist (20.000,00 DM) nicht aus. Die Sachverhalte, die den vom Landgericht (Hacks/Ring/Böhm, 19. Aufl., Nr. 2037) und den Beklagten (Hacks/Ring/Böhm, 20. Aufl., Nrn. 2196, 2210, 2218, 2289, 2299) zum Vergleich heran gezogenen Entscheidungen zugrunde liegen, die ein Schmerzensgeld in der bisher zugesprochenen Höhe rechtfertigen könnten, sind mit dem Streitfall nur teilweise vergleichbar. Zu berücksichtigen ist hier neben den Verletzungen und ihren Folgen in besonderem Maße auch, dass der Kläger durch den Unfall aus seiner bisherigen Lebensbahn geworfen wurde, insbesondere seinem erlernten Beruf nicht mehr nachgehen kann und in dem durch Umschulung erlernten Beruf unfallbedingt keine Beschäftigung findet.

Unter Berücksichtigung aller Umstände erscheint es dem Senat als angemessen, sich an folgenden Entscheidungen zu orientieren:

Das OLG Koblenz hat mit Urteil vom 27.04.1992 (12 U 181/91 - dokumentiert bei Juris) unter Anrechnung eines Mitverursachungsanteils von 1/3 ist ein Schmerzensgeld von insgesamt 60.000 DM für angemessen gehalten, wenn infolge eines Verkehrsunfalls der Geschädigte einen Beckenringbruch, eine Luxationsfraktur am Sprunggelenk, eine Luxation am Fuß, einen Abriss der Weichteildeckung an Ferse und Fußsohle, einen Mittelhandbruch, ein stumpfes Bauchtrauma erleidet und eine Großzehenamputation und Hauttransplantationen hinnehmen muss und die Minderung der Erwerbsfähigkeit 75% beträgt.

Das OLG Magdeburg hat durch Urteil vom 23.09.1998 (Schaden-Praxis 1999, 90 f.) entschieden, dass bei Wirbelsäulen- oder Wirbelkörperfrakturen, bei denen die Unfallgeschädigten keine oder nur geringe Dauerschäden davongetragen haben, wie z.B. eine geringfügige Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10% oder 20%, ohne dass es zu erheblichen Dauerschäden gekommen ist, ein Schmerzensgeld in einem Bereich von 50.000,00 DM bis höchstens 75.000,00 DM zuzuerkennen sei, wobei in dem entschiedenen Fall unter Berücksichtigung der Umstände, dass der Geschädigte noch stark unter den Folgen des Unfalls litt, eine erhebliche Besserung seines Gesundheitszustandes nicht zu erwarten war, den Unfallverursacher ein schweres Verschulden traf und es sich bei dem Anspruchsgegner um dessen Haftpflichtversicherung handelte, ein Schmerzensgeld von 70.000,00 DM als angemessen angesehen wurde.

Ebenfalls 70.000,00 DM hat das OLG Koblenz vom durch Urteil vom 03.06.1991 (12 U 1682/87 - IMMDAT-Nummer 1414) einem 15jährigen Jungen zuerkannt, der bei einem Unfall Becken- und Beinverletzungen erlitt und deshalb monatelang stationär behandelt werden musste, wobei als Dauerschaden bei einer MdE von 30% eine Bewegungseinschränkung, Schmerzen bei längerem Stehen und Gehen, der Ausschluss sportlicher Tätigkeit und eine Schließmuskelschwäche verblieben und weiterhin eine Umschulung erforderlich wurde.

Auch das OLG Hamm hat durch Urteil vom 29.07.1986 (9 U 331/85 - ZfS 1987, 71 - IMMDAT-Nummer 947) 70.000,00 DM zuerkannt im Fall eines 22jährigen Schreiners, der mit Bein- und Fußverletzungen 8 Monate stationär mit 9 Operationen behandelt wurde, noch jahrelang Schmerzen litt, wobei als Dauerschaden eine Bewegungseinschränkung verblieb und der Geschädigte seinen Beruf aufgeben musste.

In einem weiteren Urteil vom 23.02.94 (20 U 282/93 - Recht und Schaden 1994, 248 - IMMDAT-Nummer 1857) hat das OLG Hamm 70.000,00 DM zugesprochen im Fall eines verletzten LKW-Fahrers, der aufgrund einer Fußverletzung stationär behandelt wurde und wegen einer verbleibenden Gehbehinderung als Kraftfahrer berufsunfähig wurde und deshalb umgeschult werden musste.

70.000,00 DM hat auch das OLG Koblenz mit Urteil vom 21.06.1999 (12 U 565/98 - IMMDAT-Nummer 2743) einer jungen Frau zugesprochen, die aufgrund einer Knieverletzung langwierig mit mehrfachen stationären Aufenthalten behandelt werden musste, wobei als Dauerschaden eine Gehbehinderung und Sportbehinderung mit Verschlimmerungstendenz bei 30% MdE verblieb.

Das LG Osnabrück hat mit Urteil vom 30.08.1997 (3 O 110/95 - IMMDAT-Nummer 2472) einem 30-40jährigen Maurer, der bei einem Unfall eine Beinverletzung erlitt und deshalb knapp 16 Monate stationär mit zahlreichen Operationen behandelt wurde, wobei als Dauerschaden eine erhebliche Gebrauchsminderung des linken Beines und eine Geh- und Stehbehinderung verblieben und eine Umschulung notwendig wurde, ein Schmerzensgeld von 75.000,00 DM zuerkannt.

Ferner hat das OLG Koblenz mit Urteil vom 06.01.1992 (12 U 1271/90 - dokumentiert bei Juris) ein Schmerzensgeld von insgesamt 80.000 DM für angemessen gehalten, wenn ein 26jähriger Geschädigter eine Oberschenkeltrümmerfraktur mit notwendigen Spongiosa- und Knochentransplantationen, eine Gehirnerschütterung, eine Prellung am Oberarm und multiple Schürfwunden erleidet, der Heilungsverlauf mit 7 Monaten Krankenhausaufenthalt und 6 Operationen langwierig ist, Dauerschäden verbleiben und die Wiedereingliederung in das Berufsleben misslingt.

Das OLG Schleswig vom hat durch Urteil vom 11.11.1992 (9 U 11/92 - IMMDAT-Nummer 2238) einem 19jährigen KfZ-Elektriker, der aufgrund eines Unfalls u.a. Gesichts-, Becken- und Beinnervverletzungen erlitt, deshalb mehrere Monate stationär behandelt werden musste und bei einer verbleibenden MdE von 60% seinen Beruf aufgeben und zum Techniker umgeschult werden musste, ein Schmerzensgeld von 90.000,00 DM zuerkannt.

Ein Schmerzensgeld von 100.000,00 DM hat das OLG Zweibrücken mit Urteil vom 31.05.1991 (1 U 57/89 - IMMDAT-Nummer 1316) einem 20jährigen Bauzeichner zugesprochen, der u.a. Bein- und Organverletzungen erlitten hatte, wobei die MdE ca. 1 1/2 Jahre 100% und in der Folge 40% betrug und als Dauerschäden eine Beinverkürzung um 7 cm, Sprachstörungen und die Erwartung einer Kniegelenkarthrose verblieben.

Schließlich hat der Senat ein Schmerzensgeld von 100.000,00 DM für angemessen gehalten, wenn der bei dem Verkehrsunfall 18 Jahre alte Geschädigte infolge des Unfalles eine Vielzahl von Frakturen, insbesondere im Bereich des rechten Unterarms, des Beckens sowie der Unter- und Oberschenkel beider Beine erlitten hat und die Verletzungen gravierend waren, so dass zu ihrer Behandlung ein über sechs Monate andauernder stationärer Krankenhausaufhalt mit nachfolgender fünfmonatiger teilstationärer Behandlung erforderlich war, wobei zum Teil lang andauernde Operationen und über 30 Blutübertragungen notwendig wurden, wenn ferner schwerwiegende Beeinträchtigungen verbleiben, weil die Funktionsfähigkeit des rechten Arms und beider Beine auf Dauer erheblich gemindert (MdE 70%) und das linke Bein des Klägers um 2 cm verkürzt ist, wodurch ein hinkendes Gangbild hervorgerufen wird, der Geschädigte darüber hinaus mit einer Vielzahl unschöner Narben und Weichteildefekten, besonders im Bereich der Beine leben muss und den angestrebten Beruf als Kfz-Mechaniker nicht ausüben kann (Urteil vom 11.07.2001 - 11 U 177/00, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Das Landgericht Magdeburg hat durch Urteil vom 09.11.1999 (9 O 1244/98 - dokumentiert bei Juris) einem 20jährigen Mann, der bei einem vom Gegner allein verschuldeten Verkehrsunfall schwere Verletzungen davontrug, die eine langwierige Behandlung und erhebliche Dauerschäden nach sich zogen, und unter anderem zur Folge hatten, dass der Geschädigte seinem erlernten Beruf als Betonbauer bzw. Zimmerer nicht mehr nachgehen konnte und eine andere Erwerbstätigkeit nicht absehbar war, sogar ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 120.000 DM zugesprochen, wobei die Folgen allerdings über die im Streitfall eingetretenen um Einiges hinaus gingen (MdE 80%).

Der Senat zieht die vom Landgericht und von den Beklagten sowie die oben aufgeführten Fälle in Betracht. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Unterschiede zum Streitfall und der Tatsache, dass die angeführten Entscheidungen teilweise älteren Datums sind, die aufgeführten Summen also einer Anpassung bedürfen, erscheint hier bei Abwägung aller Umstände ein Schmerzensgeld von insgesamt 85.000,00 DM als angemessen, aber auch ausreichend. Der vom Kläger geltend gemachte Mindestbetrag von 140.000,00 DM ist deutlich übersetzt. Schmerzensgelder in dieser Größenordnung sind für vergleichbare Fälle bisher nicht gewährt worden und nach Ansicht des Senats auch nicht zu gewähren. Dass der Kläger nunmehr fast 13 Jahre nach dem Unfall und 7 Jahre nach Prozessbeginn um eine angemessene Entschädigung kämpfen muss, konnte nicht zu einer deutlichen Erhöhung des zuzusprechenden Betrages führen, da die Beklagte zu 2) immerhin im Jahr 1994 einen nicht unerheblichen Betrag gezahlt hat und die hartnäckige Rechtsverteidigung der Beklagten und die Prozessdauer letztlich auch auf der Schwierigkeit beruhen, die gebotenen Feststellungen zur Schadenshöhe zu treffen.

V. Der Feststellungsantrag ist begründet.

Er ist bereits in der Klageschrift angekündigt und in der ersten mündlichen Verhandlung (Bl. 63 d.A.) gestellt worden. Mit der Verteidigungserklärung haben die Beklagten den Feststellungsantrag unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt (Bl. 33 d.A.) und nach dem Protokoll der ersten mündlichen Verhandlung haben sie den "Antrag" aus diesem Schriftsatz gestellt. In der Klageerwiderung haben die Beklagten allerdings geltend gemacht, insoweit fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil sie die grundsätzliche Ersatzpflicht anerkannt hätten; es werde wiederholt, dass die hundertprozentige Haftung nicht in Zweifel gezogen werde (Bl. 35 d.A.). Im Anschluss an das Versäumnisurteil und den Einspruch ist dann in der mündlichen Verhandlung vom 22.05.1998 (Bl. 348 d.A.) nur der Leistungsantrag gestellt worden. Im Tatbestand des angefochtenen Urteils ist der Vorgang erwähnt (Seite 6); in den Entscheidungsgründen (Seite 25) ist ausgeführt, einer Entscheidung über den ursprünglich gestellten Feststellungsantrag bedürfe es nicht, da der Kläger ihn "nicht weiter verfolgt und mithin auch nicht den Erlass eines Anerkenntnisurteils beantragt" habe. Das ist richtig, kann aber den Kläger nicht daran hindern, die noch anhängige Feststellungsklage wieder aufzugreifen. Das Landgericht hat nicht festgestellt, dass die Feststellungsklage zurück genommen sei. Auch bei der Kostenentscheidung ist § 269 Abs. 3 ZPO nicht erwähnt. Ob das angefochtene Urteil danach in der Sache als Teilurteil anzusehen ist, kann dahin stehen; für diesen Fall zieht der Senat die Sache an sich. Eine Entscheidung über den Feststellungsantrag im Berufungsverfahren ist damit jedenfalls möglich.

Die Beklagten, die an ihr Anerkenntnis gebunden sind (vgl. BGHZ 107, 142, 146 f.), sind entsprechend zu verurteilen. Ungeachtet dessen liegt auch das erforderliche Feststellungsinteresse vor; ein lediglich im vorprozessualen Schriftverkehr und schriftsätzlich erklärtes Anerkenntnis, dem nicht ausdrücklich konstitutive Wirkung beigelegt wird, unterbricht lediglich die Verjährung (§ 208 BGB a.F.; vgl. zur Problematik: OLG Hamm, OLGR 1996, 199; 2000, 290; OLG Karlsruhe, OLGR 2000, 224); eine eindeutige Erklärung mit konstitutiver Wirkung ist nicht vorgetragen. Der Kläger hat aber angesichts des erlittenen Dauerschadens ein rechtliches Interesse daran, dass die Haftung der Beklagten auf Dauer von 30 Jahren festgestellt wird. Dies gilt auch, soweit die Feststellung immaterieller Zukunftsschäden begehrt wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes setzt der Erlass eines Feststellungsurteils lediglich voraus, dass aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Ansprüche entstanden sind oder entstehen können; bei schweren Verletzungen - wie der Kläger sie erlitten hat - kann deshalb, auch wenn der Gesundheitszustand des Geschädigten sich stabilisiert hat, der Feststellungsanspruch nur dann verneint werden, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Beurteilung kein Grund bestehen kann, mit Spätfolgen wenigstens zu rechnen (BGH, VersR 1989, 1055; 1997, 1508 f. = NJW 1998, 160 f.); dies ist im Streitfall offensichtlich nicht der Fall.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Für beide Instanzen ergibt sich trotz unterschiedlicher Ausgangswerte die gleiche Quote.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, wobei der Senat hinsichtlich der Sicherheitsleistung unter Berücksichtigung der §§ 108 Abs. 1 Satz 2, 709 Satz 2, 711 Satz 2 der ab 01.01.2002 geltenden Fassung der Zivilprozessordnung entschieden hat.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 ZPO n.F.). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der Rechtsstreit wirft keine ungeklärten Rechtsfragen auf. Zur Beurteilung stehen Sachfragen des Einzelfalls. Bei der Anwendung des materiellen Rechts und der Behandlung der prozessualen Fragen folgt der Senat der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Die Beschwer der Parteien übersteigt jeweils 20.000,00 € (§ 26 Ziffer 8 EGZPO).

Berufungsstreitwert: bis 220.000,00 DM bzw. bis 110.000,00 € Berufungsantrag zu 1: 131.863,60 DM-16.193,67 DM = 115.669,93 DM Berufungsantrag zu 2: 100.000,00 DM-20.000,00 DM = 80.000,00 DM Berufungsantrag zu 3. (Feststellung) 20.000,00 DM Der Senat hat im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen zum Verdienstausfallschaden des Klägers den Wert der Feststellungsklage angemessen erhöht.

Ende der Entscheidung

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