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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 28.09.2005
Aktenzeichen: 11 U 16/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB §§ 631 ff. | |
BGB § 634 a | |
BGB a.F. § 638 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Anlage zum Protokoll vom 28.09.2005
Verkündet am 28.09.2005
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 07.09.2005 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Caesar sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Küpper und Borzutzki-Pasing
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 23.12.2004 (7 O 379/04) mit dem zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsstreits - an das Landgericht zurückverwiesen.
2. Die gerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens werden nicht erhoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag weiter und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen. Er rügt, das Landgericht habe seinen Vortrag zum Zustandekommen eines Vertrages mit dem Beklagten über die Planung und Beaufsichtigung von Baumaßnahmen zu Unrecht als unschlüssig angesehen und seinen diesbezüglichen, unter Beweis gestellten Vortrag verfahrenswidrig übergangen. Er behauptet, er habe zunächst beabsichtigt, fremde Firmen mit der Durchführung der Arbeiten zu beauftragen. Es habe sich dann aber ergeben, dass der Beklagte, der im Vorfeld bei der Schadensberechnung dem Anwalt des vorherigen Architekten gegenüber behilflich gewesen sei, angeboten habe, die Maßnahmen preisgünstiger ausführen zu können. Anlässlich einer Besprechung an der Baustelle sei man im Mai des Jahres 1999 überein gekommen, dass der Beklagte die Maßnahmen durchführen und sich dafür des Zeugen I D bedienen wolle. Im gleichen Monat hätten sich dann auf der Baustelle der Beklagte sowie die Zeugen I E, X B und I D getroffen, um den Arbeitsumfang im einzelnen zu bestimmen. So sei denn auch tatsächlich verfahren worden. Der Beklagte habe über den Zeugen D die Arbeiter organisiert, diese eingewiesen und die zu bestellenden Mengen Betons und anderer Materialien angegeben. Er habe dann auch den Kontakt mit der Dachdeckerfirma I.M. Bedachungs-GmbH hergestellt. Durch Kontakt des Beklagten sei der Auftrag für die Abklebungsarbeiten an diese Firma erteilt worden. Der Beklagte sei in der Folgezeit jeden Tag auf der Baustelle gewesen. Er habe Anweisungen erteilt, wie gebaut werden solle, welche Baumaterialien bestellt werden müssten und wie viel Beton geordert und eingebaut werden solle. Der Beklagte habe ebenfalls den Baggerbetrieb in die Örtlichkeit eingewiesen. Der Kläger ist der Ansicht, dass damit ein wirksamer Vertrag mit dem Beklagten zustande gekommen sei. Im übrigen hafte er als Architekt selbst dann, wenn er die Bauplanung und -überwachung lediglich gefälligkeitshalber ausgeübt habe. Er - der Kläger - sei aktivlegitimiert. Sofern das Vertragsverhältnis zu seinem Vater bestanden habe, ergebe sich die Aktivlegitimation aus der der Berufungsbegründung beigefügten Abtretungserklärung vom 24.11.2004, mit welcher der Vater seine Ansprüche an ihn abgetreten habe.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er bestreitet weiterhin, von dem Kläger oder seinem Vater mit der Bauplanung und -überwachung beauftragt worden zu sein. Diese habe er auch nicht tatsächlich ausgeführt. Seine Tätigkeit habe sich darauf beschränkt, entsprechend seinem Schreiben vom 04.04.1999 (Anlage A1) Vorschläge für die Sanierung der Kelleraußenwand zu erarbeiten. Dabei sei es nur darum gegangen, grobe Anhaltspunkte für die Höhe von Schadensansprüchen zur Durchsetzung gegenüber dem bauplanenden Architekten geltend zu machen. Der Kläger sei zudem nicht aktivlegitimiert. Die von ihm geltend gemachten Sanierungskosten seien von seinem Vater, I E, aufgewandt worden. Sofern der Kläger eine Abtretungserklärung vorlege, sei dies verspätet; unter Berücksichtigung dessen bleibe eine formwirksame Abtretung bestritten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien, die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen und die Akten LG Bonn - 18 OH 22/02 - , die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist insofern begründet, als das landgerichtliche Urteil wegen eines Verfahrensmangels aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
1)
Der Kläger hatte bereits in der ersten Instanz substanziiert vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass der Beklagte die gesamten Bauarbeiten geleitet und organisiert habe (Klageschrift Seite 5 = Blatt 5 der Akte); er habe die Arbeiten dem Kläger angeraten, sie geplant und veranlasst. Dies hat er im Schriftsatz vom 25.11.2004 näher ausgeführt (Seite 3 ff. = Blatt 91 ff. der Akte). In der Berufung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen lediglich. Wenn dieses zutreffen sollte, so haftet der Beklagte unabhängig vom Zustandekommen des Vertrages schon kraft faktischer Übernahme von Architektenaufgaben (vgl. BGH NJW 1996, 1278 = Baurecht 1996, 418 = Betriebs-Berater 1996, 716; OLG Celle Baurecht 2002, 1427 = IBR 2002, 318; Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl., Einführung Rdn. 219). Der Grund dafür liegt in der überragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer sorgfältigen Bauplanung und -überwachung. Auch wer aus bloßer Gefälligkeit bauplanende oder - überwachende Architektentätigkeiten ausübt, haftet deshalb nach denselben Maßstäben wie ein Architekt aus einem Architektenvertrag (OLG Celle a.a.O.).
Die Sache ist allerdings im Hinblick auf das Bestreiten des Beklagten noch nicht entscheidungsreif. Es bedarf einer Beweisaufnahme dazu, ob der Beklagte entsprechend der Darstellung des Klägers die Planung und Überwachung der Baumaßnahmen ausgeführt hat, und gegebenenfalls zur Höhe der Klageforderung. Insoweit verweist der Senat das Verfahren an das Landgericht nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zurück. Das Verfahren im ersten Rechtszug leidet an einem wesentlichen Mangel. Ein schwerer Verfahrensmangel liegt vor, wenn das erstinstanzliche Gericht den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör dadurch verletzt hat, dass es den Kern ihres Vorbringens verkannt hat und daher eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt (BGH NJW-RR 1990, 1500, 1501; NJW 1993, 538 f.; NJW 1998, 2053 f.; Ball in: Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 538 Rdn. 13). Das ist hier der Fall. Da zum Grund und zur Höhe der Klageforderung eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist, liegen die Voraussetzungen für die vom Kläger beantragte Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO vor. Da die Sache völlig unaufgeklärt ist, wäre es nicht sinnvoll, dass der Senat die Beweisaufnahme durchführt.
2)
Der Kläger ist für einen etwaigen Anspruch aktivlegitimiert. Der Beklagte wendet insoweit ein, die vermeintlich unnütz aufgewandten Sanierungskosten seien vom Vater des Klägers aufgewandt worden. Dieser Einwand ist indes unerheblich. Sollte das Vertrags- oder Gefälligkeitsverhältnis mit dem Kläger begründet worden sein, so würde ein Schaden des Klägers nicht deswegen zu verneinen sein, weil der Vater die Aufwendungen getätigt hat. Diese sollten dem Vermögen des Klägers zugute kommen, so dass dieser durch eine Zweckverfehlung selbst geschädigt wäre. Wenn das Vertrags- oder Gefälligkeitsverhältnis nicht zum Kläger, sondern mit seinem Vater begründet worden und daher der Vater zu Schadensersatz berechtigt gewesen sein sollte, könnte sich der Kläger auf die Abtretungsvereinbarung vom 24.11.2004 (Blatt 168 der Akte) berufen. Die Formwirksamkeit dieser Vereinbarung hat der Beklagte nicht substantiiert bestritten. Sein Einwand, die Darlegung der Abtretung sei in der Berufung verspätet, ist schon deshalb unbeachtlich, weil das Verfahren ohnehin aufzuheben und an das Landgericht zurückzuverweisen ist. Soweit der Kläger erneut geltend macht, im Zeitpunkt der Abtretung vom 24.11.2004 sei ein etwaiger Anspruch des Vaters bereits verjährt gewesen, greift das nicht durch. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 638 Abs. 1 BGB a. F., § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB n. F. 5 Jahre. Die Frist begann mit der Abnahme des Werkes (§ 638 Abs. 1 Satz 2. BGB a. F.). Nach den unbestrittenen Vorbringen des Klägers zogen sich die Sanierungsarbeiten bis zum Dezember 1999 hin (Klageschrift Seite 7 = Blatt 7 der Akte), so dass eine etwaige Abnahme erst nach diesem Zeitpunkt erfolgen konnte. Am 24.11.2004 war die Verjährungsfrist mithin noch nicht abgelaufen. Dabei kommt es nicht darauf an. ob ein Architektenvertrag zustandegekommen ist oder nicht. Wie ausgeführt, richtet sich auch die Haftung aus einer faktischen Übernahme von Architektenaufgaben nach denselben Maßstäben wie die Vertragshaftung. Das gilt folglich auch für die Verjährung.
III.
Die gerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens sind nach § 21 Abs. 1 GKG nicht zu erheben. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens im übrigen ist dem Landgericht vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür vorgesehenen Voraussetzungen in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht gegeben sind.
Berufungsstreitwert: 74.415,54 €
Ende der Entscheidung
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