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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 19.03.2003
Aktenzeichen: 11 U 166/02
Rechtsgebiete: BGB, VVG, AKB, KfZPflVV
Vorschriften:
BGB § 823 | |
BGB § 823 Abs. 1 | |
VVG § 67 | |
VVG § 67 Abs. 1 | |
AKB § 2 b Abs. 1 lit. e | |
AKB § 2 b Abs. 2 | |
KfZPflVV § 5 |
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 05.07.2002 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 18 O 178/01 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klägerin ist Kaskoversicherer eines PKW VW Polo, der anlässlich eines durch die Beklagte verursachten Verkehrsunfalls einen Totalschaden erlitt; hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Unfallhergangs wird auf Bl. 8 d.A. verwiesen. Das genannte Fahrzeug war der im Unfallzeitpunkt mit einer BAK von über 1,90 Promille alkoholisierten Beklagten durch die Fa. .W.K. GmbH, für die sie als freie Mitarbeiterin tätig war, überlassen worden. Die Fa. W.K. GmbH (im folgenden: Leasingnehmerin) hatte das Fahrzeug ihrerseits von der Fa. V. Leasing GmbH (im folgenden: Leasinggeberin) zu den aus Bl. 88 ff d.A. ersichtlichen
"Allgemeinen Leasing-Bedingungen für Geschäftsfahrzeuge" geleast und sodann bei der Klägerin vollkaskoversichert. Die Klägerin hat den Schaden mit der Leasinggeberin abgewickelt und an diese einen Betrag in Höhe von insgesamt 19.190,00 DM (9.811,69 EUR) überwiesen. Sie verlangt diese, an die Leasinggeberin als Eigentümerin des Fahrzeugs gezahlte Entschädigungsleistung nunmehr aus vermeintlich übergegangenem Recht von der Beklagten ersetzt.
Die von der Leasingnehmerin abgeschlossene Vollkaskoversicherung, so hat die Klägerin zur Begründung dieses Zahlungsbegehrens vorgebracht, sei als eine die Leasinggeberin als Versicherte einbeziehende Fremdversicherung anzusehen. Der sich aus § 823 BGB ergebende deliktische Schadensersatzanspruch der mitversicherten Leasinggesellschaft gegen die Beklagte sei daher nach Maßgabe von § 67 VVG nunmehr auf sie, die Klägerin, übergegangen, weshalb die Beklagte zur Leistung gemäß dem im Tatbestand des angefochtenen Urteils dargestellten Zahlungsantrag verpflichtet sei. Die Beklagte ist diesem Zahlungsverlangen entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben. Auf die Klägerin - so hat die Beklagte geltend gemacht - habe allenfalls ein vertraglicher Schadensersatzanspruch der Leasingnehmerin als Versicherungsnehmerin übergehen können, weil ihr (der Beklagten) das kaskoversicherte Fahrzeug leihweise überlassen worden sei; dieser Schadensersatzanspruch sei jedoch verjährt.
Das Landgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil stattgegeben.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer zulässigen Berufung.
II.
Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 9.811,69 EUR (19.190,00 DM) verurteilt. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. mit § 67 Abs. 1 VVG:
1.
Dass die Beklagte das bei der Klägerin vollkaskoversicherte Fahrzeug VW Polo, welches die Leasingnehmerin von der V. Leasing GmbH bzw. Leasingnehmerin geleast und der Beklagten für die Ausübung von deren freier Mitarbeitertätigkeit überlassen hatte, beschädigt und diesen Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat, steht außer Streit. Die Klägerin ist aber auch aktivlegitimiert, den aus § 823 Abs. 1 BGB folgenden Schadensersatzersatzanspruch der geschädigten Eigentümerin und Leasinggeberin des Fahrzeugs gegen die Beklagte geltend zu machen; dieser Schadensersatzanspruch ist nämlich nach Maßgabe von § 67 Abs. 1 VVG auf sie übergegangen. Dem steht es zunächst nicht entgegen, dass die Leasinggeberin selbst nicht die Versicherungsnehmerin des von der Leasingnehmerin abgeschlossenen Kaskoversicherungsvertrages ist: Die Bestimmung des § 67 VVG regelt ihrem Wortlaut nach zwar nur den Übergang der Ersatzansprüche des Versicherungsnehmers auf den diese regulierenden Versicherer. Nach der in Rechtsprechung und Literatur einhellig vertretenen Meinung tritt dieser gesetzliche Forderungsübergang indessen auch ein, wenn ein Versicherer die Ansprüche eines mit dem Versicherungsnehmer nicht identischen Versicherten reguliert, wie dies bei der sog. "Versicherung für fremde Rechnung" bzw. "Fremdversicherung" (§§ 74 ff VVG) der Fall ist; der Forderungsübergang erfasst bei einer solchen Fallgestaltung entgegen dem Wortlaut des § 67 Abs. 1 VVG (auch) den Ersatzanspruch des Versicherten (vgl. BGH, VersR 1985, 753; Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Auflage, § 67 VVG Rdn. 11 jeweils m. w. Nachw. ). So liegt die Sache hier:
Die von der Leasingnehmerin bei der Klägerin abgeschlossene Vollkaskoversicherung ist eine solche Fremdversicherung, die das Sacherhaltungsinteresse des Leasinggebers, nämlich dessen Interesse am Erhalt des Substanzwertes des in seinem Eigentum stehenden Leasingobjekts, abdeckt (BGH, VersR 1993, 1223/1224; OLG Köln, VersR 1997, 57; Prölss/Martin, a.a.O., § 80 Rdn. 5 und 23 m. w. Nachw.). Der danach eintretende Übergang der Schadensersatzforderung der Leasinggeberin auf die Klägerin scheitert auch nicht deshalb, weil zusätzlich ein vertraglicher Schadensersatzanspruch der Leasingnehmerin als Versicherungsnehmerin besteht, der ggf. ebenfalls (nach Maßgabe von § 67 Abs. 1 VVG) auf die Klägerin übergegangen ist. Es mag zwar sein, dass bei der von dem Leasingnehmer abgeschlossenen Kaskoversicherung neben dem Sacherhaltungsinteresse des Leasinggebers auch das Sachersatzinteresse des Leasingnehmers, nämlich das Risiko, wegen der Beschädigung, der Zerstörung oder des Verlustes des Leasingobjekts ersatzpflichtig zu werden, mitversichert ist (vgl. BGH a.a.O.; Prölss/Martin a.a.O.); insoweit trifft die Fremdversicherung des Sacherhaltungsinteresses des Leasinggebers mit der Eigenversicherung des Sachersatzinteresses des Leasingnehmers (und Versicherungsnehmers) zusammen (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, 2. Auflage, J I Rdn. 4; Prölss/Martin, a.a.O., § 67 VVG Rdn. 11 ). Indes können in einem solchen Fall, in dem Eigen- und Fremdversicherung zusammentreffen, die Ansprüche beider Berechtigten übergehen (vgl. Prölss/Martin, a.a.O.).
Soweit die Beklagte geltend macht, ein Übergang der Schadensersatzforderung des Versicherten trete nur ein, wenn nicht bereits ein Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers entstanden sei, vermag das nicht zu überzeugen; denn eine solche Subsidiarität ist mit dem Zweck der von dem Leasingnehmer abgeschlossenen Kaskoversicherung als Fremdversicherung unvereinbar, wenn und soweit bei dieser das Sacherhaltungsinteresse des Leasinggebers im Vordergrund steht (vgl. Martin, a.a.O. J III Rdn. 4 - sowie ders. a.a.O., J IV Rdn. 3). Dies ist im Streitfall jedoch gerade der Fall, weil die Leasingnehmerin nach Abschnitt X Ziff. 1 der Allgemeinen Leasingbedingungen dazu verpflichtet war, eine Vollkaskoversicherung für das Leasingobjekt abzuschließen; hätte diese den Abschluss einer solchen Sachversicherung unterlassen, wäre die Leasinggeberin im Wege der Ersatzvornahme zum Abschluss berechtigt gewesen. Durch diese vertragliche Regelung wird unterstrichen, dass die Absicherung des Substanzwertes des im Eigentum der Leasinggeberin stehenden Fahrzeugs und damit das Sacherhaltungsinteresse im Vordergrund steht.
2.
Der Forderungsübergang nach Maßgabe des § 67 VVG ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte selbst als berechtigte Nutzerin mitversichert war, und sie daher nicht als "Dritte" anzusehen ist. Es liegt zwar nicht fern, die Beklagte als ebenfalls in die Kaskoversicherung einbezogene mitversicherte Dritte anzusehen (vgl. Prölss/Martin, a.a.O., § 80 Rdn. 6, 8ff sowie § 67 Rdn. 13); denn die Leasingnehmerin - eine juristische Person - leaste das Fahrzeug als Geschäftswagen, so dass nicht auszuschließen war, dass das Fahrzeug den Mitarbeitern zur regelmäßigen Nutzung überlassen wurde. Ob die Beklagte hier aber als "berechtigte Nutzerin" in die Vollkaskoversicherung einbezogen war, kann dahinstehen. Es ist nämlich anerkannt, dass in Fällen, in denen das Sachersatzinteresse eines Dritten bei der Versicherung eigener Sachen des Versicherungsnehmers mitversichert ist, gleichwohl ein Forderungsübergang zu Gunsten des den Versicherungsnehmer entschädigenden Versicherers nach Maßgabe von § 67 Abs. 1 VVG eintritt, wenn der Versicherer dem Versicherten gegenüber nach Maßgabe von § 61 VVG leistungsfrei ist (wie z.B. nach § 15 Abs. 2 AKB; vgl. Prölss/Martin, a.a.O., § 67 Rdn. 13 und § 79 Rdn. 2). Nichts anderes gilt vorliegend: Kann der Versicherer in Fällen, in denen der Versicherungsnehmer eine eigene Sache versichert, bei dem den Versicherungsfall grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeiführenden mitversicherten Dritten Regress nehmen, so ist kein Grund ersichtlich, die Dinge abweichend zu beurteilen, wenn der Versicherungsnehmer selbst nicht der Eigentümer der Sache ist, sondern er neben einem weiteren Dritten, der ebenfalls nicht Eigentümer ist, ebenso wie dieser ein Sachersatzinteresse mitversichert hat.
3.
Der somit auf die Klägerin übergegangene Schadensersatzanspruch der Leasinggeberin ist auch nicht verjährt. Dabei kann dahinstehen, ob der der Leasingnehmerin gegenüber der Beklagten zustehende vertragliche Ersatzanspruch bereits verjährt ist, und ob insoweit etwaige aus arbeitsrechtlichen Grundsätzen sich herleitende Beschränkungen greifen; denn der Schadensersatzanspruch der Leasinggeberin als Eigentümerin des Leasingobjekts tritt jedenfalls selbständig neben einen solchen vertraglichen Schadensersatzanspruch der Leasingnehmerin und unterliegt, wegen der Verschiedenheit der Gläubiger, auch einer eigenständigen Verjährungsfrist.
4.
Die Klägerin muss sich schließlich auch keine Beschränkung ihrer Regressforderung auf die Höchstsumme von 2.500,00 EUR gefallen lassen. Eine solche Höchstgrenze kommt bei eigenen Ansprüchen der die Ansprüche des Unfallgegners regulierenden Versicherung nach Maßgabe von § 2 b Abs. 1 lit. e, Abs. 2 AKB i.V. mit § 5 KfZPflVV in Betracht. Vorliegend geht es jedoch um den übergegangenen Anspruch eines in den Versicherungsvertrag einbezogenen Versicherten wegen des Schadens an dem eigenen versicherten Fahrzeug.
III.
Die Berufung der Beklagten war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen; der Sache kommt weder eine grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof ( § 543 ZPO).
Streitwert: 9.811,69 EUR.
Ende der Entscheidung
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