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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 23.08.2000
Aktenzeichen: 11 U 226/99
Rechtsgebiete: VOB/B, BGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

VOB/B § 6 Nr. 7
VOB/B § 8 Nr. 1 Abs. 2
VOB/B § 7
VOB/B § 6 Nr. 6
VOB/B § 8 Nr. 1
BGB § 645
BGB § 278
BGB § 645 Abs. 1 Satz 1
BGB § 254
ZPO § 540
GKG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 226/99 1 O 447/96 LG Bonn

Anlage zum Terminsprotokoll vom 23.08.2000

Verkündet am 23.08.2000

Richmann, J.A: als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 24.05.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Pastor, den Richter am Oberlandesgericht Zoll und den Richter am Landgericht Frohn

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16.08.1999 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 1 O 447/96 - aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden niedergeschlagen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Werklohn- und Schadensersatzansprüche für Arbeiten an dem Bauvorhaben "Neubauten für den Deutschen Bundestag an der K.-S.-Straße in B. ", dem sog. Schürmannbau, der am 22./23. Dezember 1993 durch Rheinhochwasser überflutet wurde.

Die Klägerin ( in inzwischen nach dem UmwG geänderter Rechtsform) und die Nebenintervenientin wurden im Jahre 1992 als Bietergemeinschaft von der Beklagten mit der Ausführung der Rohbauarbeiten für die Hochbauten in der Vergabeeinheit (VE) C + D beauftragt; sie schlossen sich deshalb zur "A. R. C. + D. W. & T. - H. Beton- und Wasserbau GmbH" (A. C. + D.) zusammen, an der sie je zu 50 % beteiligt waren. Die technische Geschäftsführung oblag nach dem A. -Vertrag dabei der Klägerin, die kaufmännische der Nebenintervenientin. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den A. -Vertrag vom 20. Oktober 1992 (Anl. K 11), dem u.a. die VOB/B zu Grunde lag, Bezug genommen.

Der Neubau für den Deutschen Bundestag wurde im Bereich des Rheinhochwassers errichtet. Noch vor der Fertigstellung und Abnahme der Arbeiten der A. Rohbau C+ D erreichte das Rheinhochwasser am 23./23. Dezember 1993 einen Pegelstand von 53,38 n über NN; es überstieg den Rand der als Schlitzwandkopf ausgebildeten Baugrube und überflutete sie.

Die Herstellung der sogenannten weißen Wanne und der Konsole in den Achsen R und 42 gehörte ursprünglich zur Vergabeeinheit A; hiermit war die A. Rohbau A, an der wiederum die Nebenintervenientin (zusammen mit der Streitverkündeten zu 2, der Firma H. Bau Gesellschaft mit beschränkter Haftung) beteiligt. Diese beiden Firmen hatten sich auch den A. N B und F angeschlossen.

Zum Zeitpunkt des Hochwassereintritts war (unstreitig) die Konsole an der Achse 42/L-Q auf einer Länge von etwa 38 Metern und der Achse R/21-22 in einem Bereich von etwa 1,5 Metern nicht betoniert und durch ein Fugenband mit der Gebäudeaußenwand verbunden, obwohl die Spundwand in diesen Bereichen bereits im Jahre 1992 entfernt worden war. Das in den Schlitzwandkopf eindringende Wasser verursachte einen Auftrieb des Baukörpers, so dass dessen Wände rissen und weitere Beschädigungen an dem Gebäude sowie den dort erstellten (Teil-)gewerken - darunter auch den von der A. Rohbau C + D erbrachten Teilleistungen - entstanden. Die Beklagte verordnete daraufhin am 3. Januar 1994 einen allgemeinen Baustopp (zunächst bis zum 28. Februar 1994) und ein Baustellenbetretungsverbot, das sie mit Schreiben vom 3. Februar 1994 bis zum 31. März 1994 verlängerte. Sodann kündigte sie mit Schreiben vom 29. März 1994 gemäß § 6 Nr. 7 VOB/B den Vertrag mit der A. Rohbau C + D. Mit Schreiben vom 2. Mai 1994 gestattete sie der A. Rohbau C+ D die teilweise, mit Schreiben vom 28. Juni 1994 alsdann eine vollständige Räumung der Baustelle. Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von insgesamt 15.856.033,70 DM nebst Zinsen in Anspruch. Sie bezieht sich hierbei u.a. auf ihre Schlussrechnung vom 21. Dezember 1994, aus der rechnerisch unstreitig ein Betrag von 5.273.400,16 DM (brutto) offen steht. Darüber hinaus verlangt sie von der Beklagten den Ersatz von Baustillstandskosten (für die Zeit von Januar bis Juni 1994) in Höhe von 5.410.683,36 DM (netto); wegen der Einzelheiten der Berechnung der Klägerin wird auf die als Anlage K 6 vorgelegten Abschlagsrechnungen vom 31. Januar/2. Februar 1994, 28. Februar 1994, 28. April 1994, 22. Juni 1994, 23. Juni 1994 und 15. August 1994 Bezug genommen. Schließlich macht die Klägerin "Umlagekosten" in Höhe von 3.922.372,86 DM (netto) geltend.

Die Beklagte wiederum hat in dem - inzwischen bei dem Senat anhängigen - Verfahren 1 0 376/97 LG Bonn = 11 U 63/00 OLG Köln u.a. die Nebenintervenientin auf Ersatz der durch das Hochwasser verursachten Schäden an dem Schürmannbau in Anspruch genommen. Durch Urteil des Landgerichts Bonn vom 14.März 2000 ist der Anspruch der Beklagten gegen die Nebenintervenientin und andere Baubeteiligte im Wesentlichen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden. Die Beklagte verweigert die mit der Klage geltend gemachten Zahlungsansprüche in erster Linie mit der Begründung, die (der A. Rohbau c+ D angehörende) Nebenintervenientin habe den Eintritt des Hochwassers in den Schürmannbau im Rahmen ihrer Tätigkeit für die A. A zu vertreten; daher müsse sich auch die A. Rohbau C + D dieses Verschulden zurechnen lassen.

Dem sind die Klägerin und Nebenintervenientin entgegengetreten; sie bestreiten eine Verantwortlichkeit der A. A für .die eingetretene Hochwasserschäden und meinen im übrigen unter anderem folgendes: Die Projektleitungen der A. N A + B und der A. N C + D seien hier vollständig getrennt gewesen; so sei insbesondere der Bauleiter der A. A - der Zeuge N. - zu keinem Zeitpunkt für die A. Rohbau C+ D zuständig und/oder tätig gewesen. Schon deshalb könne ein eventuelles Fehlverhalten der A. A nicht der A. C + D zugerechnet werden; vielmehr habe sie einen Anspruch auf Vergütung der von ihr erbrachten, jedoch durch das Hochwasser zerstörten Bauleistungen sowie auf Ersatz von Stillstands- und Umlagekosten. Das ergebe sich hinreichend aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum Schürmannbau (BGHZ 137, 35 = BauR 1997, 1022 = NJW 1998, 456 = ZfBR 1998, 33 -Schürmann-Bau II ; BGHZ 136, 303 = BauR 1997, 1019 = NJW 1997, 3018 -Schürmann-Bau I ).

Die Klägerin hat dem gemäß beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin und die Nebenintervenientin in Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung "Arbeitsgemeinschaft Rohbau C + D W. & T. - H. Beton- und Wasserbau GmbH", kurz "A. Rohbau C + D" zur gesamten Hand 15.856.033,70 DM nebst Zinsen in Höhe von 1 % über dem jeweiligen Lombardsatz der D. B.bank von 1.148.267,13 DM seit dem 1.6.1995 und von weiteren 14.707.766,57 DM seit dem 15.6.1995 zu zahlen;

2. hilfsweise

a) an die Klägerin und die Nebenintervenientin in Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung "Arbeitsgemeinschaft Rohbau C + D Wiemer & Trachte - H. Beton- und Wasserbau GmbH", kurz "A. Rohbau C + D" zur gesamten Hand 14.834.782,45 DM nebst Zinsen in Höhe von 1 % über dem jeweiligen Lombardsatz der D. B.bank von 1.148.267,13 DM seit dem 1.6.1995 und von weiteren 13.686.515,32 DM seit dem 15.6.1995 zu zahlen;

b) und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Falle der Umsatzsteuerpflichtigkeit eines Teilbetrages von 6.808.341,70 DM (Stillstandskosten in Höhe von 2.886.068,94 DM, Umlagekosten in Höhe von 3.922.272,76 DM) der Klägerin und der Nebenintervenientin zur gesamten Hand die hierauf entfallende gesetzliche Umsatzsteuer zu erstatten;

3. äußerst hilfsweise

a) an die Klägerin und die Nebenintervenientin in Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung "Arbeitsgemeinschaft Rohbau C + D W. & T. - H. Beton- und Wasserbau GmbH", kurz "A. Rohbau C + D" zur gesamten Hand 14.456.090,28 DM nebst Zinsen in Höhe von 1 % über dem jeweiligen Lombardsatz der D. B.bank von 1.148.267,13 DM seit dem 1.6.1995 und von weiteren 13.307.823,15 DM seit dem 15.6.1995 zu zahlen;

b) und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Falle der Umsatzsteuerpflichtigkeit eines Teilbetrages von 9.332.956,12 DM (Stillstandskosten in Höhe von 5.410.683,36 DM, Umlagekosten in Höhe von 3.922.272,76 DM) der Klägerin und der Nebenintervenientin zur gesamten Hand die hierauf entfallende gesetzliche Umsatzsteuer zu erstatten.

Die Nebenintervenientin hat sich den Anträgen der Klägerin angeschlossen.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten.

Sie ist den Behauptungen und Rechtsansichten der Klägerin und Nebenintervenientin entgegengetreten und hat im Übrigen Folgendes geltend gemacht:

Der A. Rohbau C + D stehe ein Vergütungsanspruch für die erbrachten, aber durch das Hochwasser letztlich wertlos gewordenen Leistungen nicht zu, da die von ihr geleisteten Abschlagszahlungen den Wert der Bauleistung der A. Rohbau C + D in beschädigtem Zustand überstiegen. Die Vergütungsgefahr sei hier mangels einer Abnahme der erbrachten Bauleistung nicht auf sie (Beklagte) übergegangen; und ein Übergang der Vergütungsgefahr folge hier auch nicht aus § 645 BGB, weil an dem Untergang der klägerischen Bauleistung jedenfalls ein von der A. Rohbau C + D zu vertretender Umstand mitgewirkt habe. Die A. Rohbau C + D müsse sich nämlich das Verschulden ihres A. -Gesellschafters H. , also der Nebenintervenientin, die in erster Linie den Hochwasserschaden zu verantworten habe, entsprechend § 278 BGB zurechnen lassen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen; insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10. Februar 1999 (Bl. 266 ff. d.A.) verwiesen. Alsdann hat es durch das angefochtene Teilurteil die Beklage verurteilt, an die Klägerin und die Nebenintervenientin in Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung "Arbeitsgemeinschaft Rohbau C + D W. & T. - H. Beton- und Wasserbau GmbH", kurz "A. Rohbau C + D", zur gesamten Hand 5.123.134,17 DM nebst Zinsen in Höhe von 1 % über dem jeweiligen Lombardsatz der D. B.bank von 1.148.267,13 DM vom 1. Juni 1995 bis zum 31. Dezember 1998, von weiteren 3.974.867,04 DM vom 15. Juni 1995 bis zum 31. Dezember 1998 sowie Zinsen in Höhe von 1 % über dem jeweiligen Zinssatz der E. Z.bank für die Spitzenrefinanzierungsfazilität (SFR-Satz) von 5.123.134,17 DM seit dem 1. Januar 1999 zu zahlen.

Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen dA. legt:

Die Klägerin sei zur Geltendmachung der Klageforderung befugt; ihre Prozessführungsbefugnis ergebe sich hier aufgrund des Urteils des Landgerichts Köln vom 21. August 1996 (91 0 173/95), durch das die Nebenintervenientin rechtskräftig dazu verurteilt worden sei, der Erhebung der Klage durch die Klägerin im eigenen Namen zuzustimmen (vgl. Anl. K 8). Im übrigen sei die Klägerin berechtigt, für die A. Rohbau C + D die "Vergütung für die bis zum Hochwasser ausgeführte Leistung entsprechend § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB (zu) verlangen" (Urteil Seite 13); dabei komme es nicht darauf an, ob die Abrechnung der klägerischen Leistungen nach § 6 Nr. 5 oder nach § 8 Nr. 1 Abs.2 VOB/B erfolge, "da sowohl nach einer freien Kündigung als auch nach einer Kündigung nach § 6 Nr.7 VOB/B die bereits ausgeführte Leistung zu vergüten" sei. Dem Vergütungsanspruch stehe nicht entgegen, dass die von der A. Rohbau C + D erbrachte Leistung teilweise durch das Hochwasser zerstört worden sei. Dies folge hier aus der (entsprechenden) Anwendung des § 645 BGB (Urteil, Seite 14). Die Beklagte habe hier das Risiko der Überflutung objektiv zurechenbar herbeigeführt, da das Eindringen des Hochwassers in die Baugrube auf einem Versagen des von der Beklagten übernommenen Hochwasserschutzes zurückzuführen sei. Dies folge auch aus den Darlegungen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 136, 303 = NJW 1997, 3018 - Schürmann-Bau I). Der Übergang der Leistungsgefahr auf die Beklagte sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass "an der Überflutung ein von der A. Rohbau C + D zu vertretender Umstand mitgewirkt" habe (Urteil, Seite 16 ff.); ein eventuelles Verschulden der Nebenintervenientin "als ihrer A. -Gesellschafterin" müsse sie sich nicht zurechnen lassen. Dem stehe bereits entgegen, dass die Schäden durch den nicht verschlossenen Spalt zwischen Schlitzwand und weißer Wanne erfolgt seien und es sich dabei nicht um Tätigkeiten "im Zusammenhang mit den Arbeiten der A. C + D" handele (Urteil, Seite 17).Im übrigen setze eine Zurechnung voraus, dass die A. C + D oder ihren geschäftsführenden Gesellschaftern "die Lücke im Hochwasserschutz bekannt" war. Das sei nicht der Fall gewesen. Schließlich ergebe sich "eine weitergehende Zurechnung der Kenntnis der Nebenintervenientin aus ihrer Tätigkeit für die Vergabeeinheit A oder B " nicht daraus, "dass die Beklagte die A. Rohbau C + D gerade deshalb beauftragt (habe), damit die Nebenintervenientin ihr ,Know-how' aus der Vergabeeinheit A und B in die A. Rohbau C + D (einbringe). Zum einen (sei) ein solches Motiv der Beklagten ... nicht Vertragsgegenstand geworden. Zum anderen würde dies auch keine A. -übergreifende erweiterte Zurechnung für alle Mängel oder jedwede Kenntnis aus den Vorgewerken begründen". Hinsichtlich der Stillstands- und Umlagekosten sei der Rechtsstreit dagegen noch nicht zur Entscheidung reif, weil insoweit noch zur Höhe der Forderung Beweis erhoben werden müsse. Hierzu hat das Landgericht in einem gleichzeitig verkündeten Beschluss den Parteien aufgegeben, zu den Stillstands- und Umlagekosten abschließend vorzutragen (Bl. 433 d.A.).

Gegen das ihren erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 18. August 1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 17.September 1999 bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem am 17. Dezember 1999 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.

Sie trägt zunächst zur Errichtung und Gestaltung des Hochwasserschutzes an dem Schürmannbau vor (Bl. 486 ff. d.A.) und legt dar, dass die technische und kaufmännische Geschäftsführung für die Vergabeeinheit A, die u.a. für die Errichtung der weißen Wanne in der Hauptbaugrube zwischen den Achsen 17 - 42 bis einschließlich zur Decke des ersten Untergeschosses zuständig gewesen sei, der Streithelferin der Klägerin oblegen habe, die wiederum Mitglied der A. A war und den endgültigen Hochwasserschutz habe herstellen müssen. Für das fertige Bauwerk sei ein endgültiger Hochwasserschutz der Höhe 53,85 über NN vorgesehen gewesen; um zu verhindern, dass in den Spalt zwischen der weißen Wanne (= Untergeschossaußenwand) und die Schlitzwand Wasser eindringen konnte, habe aus der aufgehenden Wand der weißen Wanne eine Konsole auskragen sollen. Die Konsole sei über ein Fugenband mit dem Schlitzwandkopf zu verbinden gewesen; mit Ausführung dieser Arbeiten wäre dann sichergestellt gewesen, dass kein Wasser "in den Topf eindringen konnte" (Bl. 487 d.A.). Zur Befestigung der Konsole auf dem Schlitzwandkopf hätten zuvor die Spunddielen, die den provisorischen Hochwasserschutz darstellten, beseitigt werden müssen; nach dem Bauablauf sei deshalb die Spundwand "sukzessive beim Errichten der Konsolen und der aufgehenden Wände zu entfernen" gewesen (Bl. 488 d.A.). Arbeiten in diesem Bereich seien nun im Januar 1993 teilabgenommen worden; eine endgültige Abnahme der Leistungen der A. A habe im April 1993 stattgefunden, ohne dass das hierbei festgestellt worden sei, dass die Konsole im Bereich der Achse 42 noch nicht betoniert war.

Der Klägerin, so trägt die Beklagte weiter vor, stehe deshalb ein Vergütungsanspruch nicht zu; denn ein Fall des § 7 VOB/B liege nicht vor. Eine Anwendung des § 645 BGB scheide aus mehreren Gründen aus. So sei für die A. C + D nicht nur ersichtlich gewesen, dass der vorläufige Hochwasserschutz entfernt gewesen sei, sondern das sei ihr sogar positiv bekannt gewesen; die Streithelferin der Klägerin habe ihn nämlich selbst entfernt. Darüber hinaus habe die A. C + D auch die Möglichkeit der "Einwirkung auf die Ausführung des Schutzes" gehabt (Bl. 491, 497 ff. d.A.) und diese habe auch der "Gefahr näher als die Beklagte" gestanden (Bl. 491, 498 ff. d.A.). Da die Klägerin hier in gewillkürter Prozessstandschaft Ansprüche einer Gesamthand geltend mache, müsse rechtlich "auf die Arbeitsgemeinschaft C/D, bestehend aus der Klägerin und der Streithelferin" abgestellt werden. Der Gesamthand A. C + D sei indes bekannt gewesen, dass der vorläufige Hochwasserschutz nicht mehr vorhanden und der endgültige noch nicht erstellt worden sei. Dieses Wissen der A. C + D, insbesondere aber dasjenige des Zeugen N. , müsse sich die Klägerin als eigenes zurechnen lassen (Bl. 491 ff. d.A.).

Die Beklagte beantragt dem entsprechend,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zu gestatten.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zu gestatten.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Behauptungen und Rechtsansichten der Beklagten entgegen (Bl. 519 ff. d.A.).

Die Streithelferin der Klägerin schließt sich den Anträgen der Klägerin an. Sie hat zur Sach- und Rechtslage im Schriftsatz vom 9. Mai 2000 (Bl. 536 ff. d.A.) im einzelnen Stellung genommen; hierauf wird verwiesen.

Wegen der gesamten weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der in dem Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die von den Parteien zu den Akten gereichten Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat in der Sache einen vorläufigen Erfolg. Das angefochtene Urteil ist auf die Berufung der Beklagten aufzuheben, weil die Entscheidung durch Teilurteil über einen Teil der Klageforderung unzulässig war. Da das Teilurteil hier nicht in ein Teil- und Grundurteil umgedeutet werden kann, ist das Urteil aufzuheben. Der Senat kann hier auch nicht von der Möglichkeit einer eigenen Sachentscheidung gemäß § 540 ZPO Gebrauch machen, indem er etwa den bei dem Landgericht verbliebenen Teil des Rechtsstreits an sich zieht und insgesamt (zum Rechtsgrund der geltend gemachten Ansprüche) entscheidet. Das ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn es einen quantitativen, zahlenmäßig oder sonst bestimmten Teil eines teilbaren Streitgegenstandes unabhängig von der Entscheidung über den Rest des Anspruchs abschließend so bescheidet, dass die Gefahr widerstreitender Entscheidungen, auch durch das Rechtsmittelgericht, ausgeschlossen ist (vgl. etwa BGHZ 20, 311, 312; 107, 236, 242, 244; 108, 256, 260; BGH, NJW 1999, 1035; BauR 1999, 736, 737; WM 2000, 725), wobei für die Annahme einer den Erlass eines Teilurteils ausschließenden Divergenzgefahr die Möglichkeit abweichender Entscheidungen im Instanzenzug genügt (vgl. BGHZ 107, 236, 242; 120, 376, 380). Auch eine unterschiedliche Beurteilung bloßer Urteilselemente, die nicht in Rechtskraft erwachsen, muss ausgeschlossen sein (vgl. BGH NJW 1991, 570, 571; 1997, 453, 455; 1999, 1035).

Die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung liegt im Streitfall, da das Landgericht zu den sog. Stillstands- und Umlagekosten kein Grundurteil erlassen hat, auf der Hand.

Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf Ersatz der Stillstands- und Umlagekosten in erster Linie auf den vom Bundesgerichtshof angezogenen § 645 BGB. Folgt man dem, so werden sich die auch von dem Landgericht durch das angefochtene Teilurteil beantworteten "Zurechnungs- und Mitverschuldensfragen" bei einem Schlussurteil erneut stellen; und sie können dann, etwa aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer nunmehr abweichenden Beurteilung, durchaus widersprüchlich zu dem Teilurteil beantwortet werden.

Nichts anderes gilt, wenn für den bei dem Landgericht verbliebenen Ersatzanspruch die Vorschrift des § 6 Nr. 6 VOB/B herangezogen wird; dann besteht die Gefahr widerstreitender Entscheidungen in gleicher Weise, weil der Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B nicht nur davon abhängt, ob die Beklagte ein Verschulden trifft, sondern - zumindest teilweise - auch davon, ob der Klägerin ein entsprechend § 254 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden zur Last fällt (vgl. nur BGHZ 121, 210, 214). Das Landgericht hat dies in dem angefochtenen Teilurteil verneint; eine hiervon abweichende Beurteilung in dem weiteren Verlauf dieses Rechtsstreits ist aber nicht ausgeschlossen.

2. Der Senat hat erwogen, ob das angefochtene Urteil in der Sache als Grundurteil hinsichtlich der Stillstandskosten und der Umlagekosten angesehen werden kann. Dies ist nicht der Fall. Das Landgericht führt zwar zu Anfang der Entscheidungsgründe aus, der Rechtsstreit sei hinsichtlich der Stillstandskosten und der Umlagekosten nicht zur Entscheidung reif, da insoweit noch zur Höhe der Forderung Beweis erhoben werden müsse. Es fehlen aber jegliche Ausführungen zur Anspruchsgrundlage. Das Landgericht trifft auch keine Feststellungen dazu, ob nach dem bisherigen Sachvortrag der Parteien davon ausgegangen werden kann, dass auf die genannten Kostenpositionen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Anspruch in irgend einer Höhe entfällt; nur wenn dies der Fall ist, darf durch Grundurteil entschieden werden (vgl. dazu etwa BGHZ 53, 17, 23; 97, 97, 109; weitere Nachweise bei Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Auflage, § 304 Rn. 6).

3. Der Senat kann auch nicht zur Vermeidung der Aufhebung und Zurückverweisung seinerseits durch Grundurteil entscheiden. Die Stillstandskosten und Umlagekosten sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

4. Es ist auch nicht angezeigt, den in der Vorinstanz verbliebenen Teil der Ansprüche in die zweite Instanz zu ziehen (vgl. dazu BGHZ 30, 213, 215; BGH, BauR 1999, 736, 737; WM 2000, 725). In Anbetracht der nicht einfach gelagerten Sach- und Rechtslage erscheint es nicht als angemessen, den Parteien durch diese Verfahrensweise eine Instanz zu nehmen.

a) Die Parteien haben in erster Instanz angekündigt, zu den Stillstands- und Umlagekosten noch weiter vortragen zu wollen (vgl. Bl. 464, 466 d.A.). Sodann wird insoweit möglicherweise eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich werden. Soweit sich auch nach dem ergänzenden Parteivortrags Ansprüche aus den von der Klägerin herangezogenen § 8 Nr. 1 VOB/B oder § 645 BGB herleiten lassen und die Verantwortlichkeit der Beklagten feststellen lassen wird, wird zu den einzelnen in Rechnung gestellten Positionen Beweis zu erheben sein. Soweit sich der Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B ergibt, muss ein Verschulden der Beklagten festgestellt werden. Zwar hat das Landgericht durch Urteil vom 14.03.2000 - 1 O 376/97 - die Verantwortlichkeit der Streithelferin bejaht und eine Mitverantwortung der Beklagten verneint. Ob die in jenem Verfahren gewonnenen Erkenntnisse zutreffen und auf den Streitfall zu übertragen sind, ist indes offen. In jenem Verfahren ist bisher nur die Berufungsschrift (11 U 63/00) eingegangen; die Berufungsbegründungsfrist ist noch nicht abgelaufen. Die dortige Verfahrensakte hat der Senat nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren gemacht, da es auf ihren Inhalt weder verfahrensrechtlich, noch - da der Senat die Ausführungen des Landgerichts für richtig hält (vgl. nachfolgend b) - materiellrechtlich ankommt.

b) Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass weitere Feststellungen zur Mitverantwortlichkeit der Klägerin entbehrlich sein werden, falls nicht der weitere Parteivortrag oder Verfahrenslauf zu einer abweichenden Beurteilung nötigt. Nach Ansicht des Senats sind die Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil zur fehlenden Mitverantwortlichkeit der Klägerin nach dem jetzigen Verfahrensstand in der Sache nicht zu beanstanden. Das angefochtene Urteil ist sowohl hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung als auch hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen zutreffend. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung überzeugen nicht und nötigen zu keiner abweichenden Beurteilung.

5. Aus dem oben (unter 4) genannten Grund besteht auch kein Anlass, entsprechend der Anregung der Streithelferin das vorliegende Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss jenes Rechtsstreits auszusetzen. Darüber, ob dies möglicherweise nach erneuter Verhandlung durch das Landgericht als geboten oder zweckmäßig erscheint, wird das Landgericht nach Erörterung mit den Parteien zu befinden haben.

6. Die Unzulässigkeit des Teilurteils hat der Senat ohne entsprechenden Vortrag der Parteien von Amts wegen prüfen müssen; der Verfahrensmangel kann auch durch Rügeverzicht der Parteien nicht geheilt werden (BGH, NJW 1996,395; 1999, 1035; BauR 1999, 736, 737; WM 2000, 725). Die Zulässigkeit einer Entscheidung durch Teilurteil unterliegt nicht der Dispositionsbefugnis der Parteien. Der Senat hat durchaus zur Kenntnis genommen, dass - wie die Erörterung der Frage in der mündlichen Verhandlung ergeben hat - die Beklagte im gegenwärtigen Verfahrensstadium keinen Wert darauf gelegt hat, sich auf den auch von ihr erkannten Verfahrensfehler zu berufen. Dies rechtfertigt es indes nicht, unter prozessökonomischen Aspekten von der gebotenen Aufhebung des angefochtenen Urteils abzusehen. Da der Senat das angefochtene Urteil in der Sache für richtig hält (dazu oben 4 b), müsste die Berufung ohne Berücksichtigung des Verfahrensfehlers zurückgewiesen werden. Es ist davon auszugehen, dass wegen der Bedeutung des Falles gegen ein solches Urteil das Rechtsmittel der Revision eingelegt werden würde. Eine im Revisionsverfahren erhobene Verfahrensrüge müsste aber nach den vorstehenden Ausführungen Erfolg haben und würde zur Aufhebung des Senatsurteils ohne bindendes Erkenntnis des Revisionsgerichts in der Sache führen. Der durch eine Sachentscheidung im jetzigen Berufungsverfahren angestrebte prozessökonomische Effekt ist demnach nicht zu erreichen.

Die Kostenentscheidung ist der neuerlichen Entscheidung des Landgerichts vorzubehalten, weil noch nicht fest steht, welche Partei endgültig obsiegt. Die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden gemäß § 8 GKG niedergeschlagen, da der Erlass des unzulässigen Teilurteils einen wesentlichen Verfahrensfehler, mithin eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne dieser Vorschrift darstellt. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst, weil das Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.

Die Beschwer beider Parteien übersteigt 60.000,00 DM.

Berufungsstreitwert: 5.123.134,17 DM

Ende der Entscheidung

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