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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.04.2000
Aktenzeichen: 11 U 3/98
Rechtsgebiete: WährG, BGB, ZPO


Vorschriften:

WährG § 3
WährG § 3 Satz 2
BGB § 814
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 3/98 1 O 174/97 LG Bonn

Anlage zum Terminsprotokoll vom 14.04.2000

Verkündet am 14.04.2000

Meis, JOS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 03.03.2000 durch den Richter am Oberlandesgericht Zoll, die Richterin am Oberlandesgericht Opitz und den Richter am Landgericht Wurm

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das am 21.11.1997 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 1 O 174/97 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 14.000,00 DM abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in der genannten Höhe leistet. Beide Parteien dürfen die Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts erbringen.

Tatbestand

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft für elektrische Anlagen GmbH in B. D.. Am 22.06.1992 beauftragte das beklagte Land die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit Arbeiten für Elektro- und Beleuchtungsanlagen an der staatlichen Glasfachschule R. zu einem Preis von 808.885,25 DM. Die Arbeiten wurden ausgeführt und abgenommen. Aus der Schlußrechnung der Klägerin vom 06.10.1995 steht noch ein Betrag von 82.212,70 DM offen, dessen Zahlung die Klägerin mit der vorliegenden Klage begehrt.

Gegenüber dieser unstreitig bestehenden Restforderung erklärt das beklagte Land die Aufrechnung mit einer Gegenforderung, der folgender Sachverhalt zu Grunde liegt: Aufgrund eines Auftrages des beklagten Landes vom 25.01.1990 führte die Rechtsvorgängerin der Klägerin Arbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung des Gewerks Starkstromanlagen an der Justizvollzugsanstalt S., Hafthaus ... aus. Zu diesem Vertrag vereinbarten die Vertragsparteien folgende auszugsweise wiedergegebene Lohngleitklausel:

"2. Mehr- oder Minderaufwendungen des Auftragnehmers für Löhne und Gehälter werden nur erstattet, wenn sich der maßgebende Lohn durch Änderungen der Tarife oder bei einem tariflosen Zustand durch Änderungen aufgrund von orts- und gewerbeüblichen Betriebsvereinbarungen erhöht oder mindert und der Auftragnehmer diese Änderungen in seinen Vertragspreisen nicht berücksichtigt hat.

...

Maßgebender Lohn ist der im Leistungsverzeichnis als solcher bezeichnete Lohn.

3. Bei Änderung des maßgebenden Lohns um jeweils 1 Pf/Std. wird die Vergütung für die nach dem Wirksamwerden der Änderung zu erbringenden Leistungen um den im Leistungsverzeichnis vereinbarten Änderungssatz erhöht oder vermindert.

Durch die Änderung der Vergütung sind alle unmittelbaren und mittelbaren Mehr- oder Minderaufwendungen einschl. derjenigen, die durch Änderungen der gesetzlichen oder tariflichen Sozialaufwendungen entstehen, abgegolten.

Der vereinbarte Änderungssatz gilt unabhängig davon, ob sich Art und Umfang der Leistungen ändern.

...

6. Von dem nach den Nm. 3 - 5 ermittelten Mehr- oder Minderbetrag wird nur der über 0.5 v.H. der Abrechnungssumme hinausgehende Teilbetrag erstattet (Bagatell- und Selbstbeteiligungsklausel). Dabei sind der Mehr- oder Minderbetrag ohne Umsatzsteuer, die Abrechnungssumme ohne die auf grund von Gleitklauseln zu erstattenden Beträge und ohne Umsatzsteuer anzusetzen.

Nachunternehmerleistungen werden den Leistungen des Hauptunternehmers zugerechnet.

Ein Mehr- oder Minderbetrag kann erst geltend gemacht werden, wenn der Bagatell und Selbstbeteiligungsbetrag überschritten ist; bis zur Feststellung der Abrechnungssumme werden 0,5 v. H. der Auftragssumme zugrunde gelegt."

Zu dieser Lohngleitklausel enthält das Leistungsverzeichnis, das Bestandteil des Auftrags vom 25.01.1990 ist, folgende Ergänzung:

"Maßgebender Lohn: Tarif Ecklohn eines Facharbeiters (Elektromonteur) im 3. Beschäftigungsjahr zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe DM 17,17

Änderungssatz

Bei einer Änderung des maßgebenden Lohns um 1 Pf/Stunde ändert sich die Vergütung für die noch nicht ausgeführten Leistungen nach den einzelnen Abschnitten des Leistungsverzeichnisses wie folgt:

Abschn. 1

alle Vertragsleistungen um 0, 5 v. T.

Abschn. 2

Stundenlohnarbeiten um 0, 6 v. T. "

Die Bauarbeiten dauerten bis zum Jahre 1993 an. Während dieser Zeit wurden von der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin mehrfach Erhöhungen des Tarif-Ecklohns geltend gemacht, unter Berücksichtigung der vereinbarten Änderungssätze in Rechnung gestellt und von dem beklagten Land auch bezahlt. Am 20.04.1993 erstellte die Klägerin dann eine Schlußrechnung über 2.094.305,74 DM. Das beklagte Land zahlte die der Klägerin unter Berücksichtigung der Abschlagszahlungen noch zustehende Restforderung aus. Nunmehr macht das Land einen Anspruch auf Rückerstattung eines Teilbetrages aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung geltend und rechnet damit gegenüber der Klageforderung auf.

Die Klägerin hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an sie 82.212,70 DM nebst 1% Zinsen über dem jeweiligen Lombardsatz der Deutschen Bundesbank hieraus seit dem 30.12.1995 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zu der Aufrechnung trägt das beklagte Land vor, die vertragliche Absprache zur Lohngleitklausel sei wegen Verstoßes gegen § 3 WährG ohne Genehmigung der Deutschen Bundesbank unwirksam. Die Klägerin habe unzulässigerweise bei den Stundenlohnarbeiten 0,6 Promille und bei den sonstigen Vertragsleistungen 0,5 Promille als Änderungsersatz zugrundegelegt; diese Änderungssätze enthielten im großen Umfang nicht nur lohngebundene Kosten. Dazu hat das beklagte Land auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 14.06.1989 - AZ 26 U 4/89 - verwiesen, durch welches ihm wegen Unwirksamkeit einer gleichlautenden Lohngleitklausel ein Rückforderungsanspruch zuerkannt wurde. Das beklagte Land hat den Rückforderungsanspruch unter Zugrundelegung einer nach seiner Ansicht zulässigen Spannungsklausel berechnet. Die Klägerin ist nach seiner Ansicht demnach in Höhe von 109.587,57 DM überbezahlt.

Dem ist die Klägerin entgegengetreten und hat geltend gemacht, ihr stehe noch eine Restforderung in Höhe von 25.998,25 DM zu.

Durch die angefochtene Entscheidung hat das Landgericht das beklagte Land antragsgemäß verurteilt. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz und der Ausführungen des Landgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das Urteil des Landgerichts hat das beklagte Land rechtzeitig Berufung eingelegt und diese rechtzeitig begründet.

Es wiederholt und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen und führt umfangreich zur Unwirksamkeit der vereinbarten Lohngleitklausel und zur Berechnung des Rückzahlungsanspruchs bei Vereinbarung einer zulässigen Spannungsklausel aus. Es tritt ferner der Auffassung des Landgerichts entgegen, der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch scheitere an § 814 BGB. Dazu trägt es vor, dem die Zahlungsanweisung veranlassenden Sachbearbeiter sei die Unwirksamkeit der Lohngleitklausel nicht bekannt gewesen. Zudem seien die Zahlungen auf Abschlagsrechnungen unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgt. Ein Organisationsmangel habe nicht vorgelegen.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen und Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zu gestatten.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zu gestatten.

Sie wiederholt und vertieft gleichfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze und die überreichten Unterlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer Auskunft der Landeszentralbank in Nordrhein-Westfalen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Stellungnahme der Landeszentralbank vom 19.10.1999 (Bl. 217 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht für begründet gehalten.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der unstreitigen Restwerklohnforderung aus dem Objekt staatliche Glasfachschule R.. Denn diese ist durch die Aufrechnung des Landes mit dem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) aus dem Objekt Justizvollzugsanstalt S., Hafthaus .., erloschen.

1. Das beklagte Land hat auf die Forderung der Klägerin betreffend die Justizvollzugsanstalt S. zumindest in Höhe der Klageforderung ohne Rechtsgrund gezahlt. Die vereinbarte Lohngleitklausel ist unwirksam, weil sie, obwohl nach § 3 WährG genehmigungsbedürftig, nicht genehmigt wurde (vgl. Schreiben der Landeszentralbank in Nordrhein-Westfalen vom 7. und 28.08.1997, GA 204, 202 f.) und auch nicht genehmigungsfähig ist. Die Landeszentralbank in Nordrhein-Westfalen hat dem Senat dazu die folgende Auskunft erteilt:

"1. Die entscheidungserhebliche Frage, ob die vorzitierte Lohngleitklausel genehmigungsbedürftig war, ist aufgrund des bis zum 31. Dezember 1998 geltenden § 3 WährG zu beantworten. Diese Vorschrift lautet: ...

Für die Erteilung von Genehmigungen nach § 3 WährG war nach § 49 Abs. 2 des Außenwirtschaftsgesetzes die Deutsche Bundesbank mit ihren Hauptverwaltungen (Landeszentralbanken) zuständig.

2. Die von den Parteien vereinbarte Lohngleitklausel bezieht sich auf die in Deutscher Mark geschuldete Vergütung für vertragliche Leistungen der Auftragnehmerin. Auf die Klausel war daher § 3 Satz 2 WährG anzuwenden. Danach bedurfte die Eingehung der Verpflichtung der Auftraggeberin zur Zahlung der Vergütung an die Auftragnehmerin der Genehmigung, wenn der Betrag der Vergütung durch den künftigen Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden soll.

Nach Nr. 3 Abs. 1 der Lohngleitklausel wird die Vergütung bei Änderung des maßgebenden Lohns, d.h. des Tarif-Ecklohns von 17,17 DM/Stunde eines Facharbeiters (Elektromonteur) im 3. Beschäftigungsjahr, um jeweils 1 Pf/Stunde um den im Leistungsverzeichnis vereinbarten Änderungssatz erhöht oder vermindert. Dieser Änderungssatz ist in der betreffenden Ergänzung des Leistungsverzeichnisses für "alle Vertragsleistungen" mit 0,5 v.T. und für "Stundenlohnarbeiten" mit 0,6 v.T. angegeben. Er entspricht mithin annähernd der Änderung des maßgebenden Tariflohns, weil 1 Pf/Stunde im Verhältnis zu 17,17 DM/Stunde mit 0,58 v.T. zu beziffern ist. Die Vergütung für die nach dem Wirksamwerden der Lohnänderung zu erbringenden Leistungen soll demzufolge durch die Entwicklung des bezeichneten Tarif-Ecklohns, also den Preis oder Wert einer bestimmten (Arbeits-)Leistung im Sinne des § 3 Satz 2 WährG, bestimmt werden.

3. Im Hinblick auf den Wortlaut des § 3 Satz 2 WährG, nach dem der geschuldete DM-Betrag durch den künftigen Preis oder Wert von "anderen" Gütern oder Leistungen bestimmt werden soll, hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgestellt, daß eine sogenannte Spannungsklausel nicht nach § 3 Satz 2 WährG genehmigungsbedürftig ist. Eine genehmigungsfreie Spannungsklausel wird allerdings "nur dann angenommen, wenn die in ein Verhältnis zueinander gesetzten Leistungen im wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind" (BGH WM 1974 S. 72 mit Hinweis auf BGHZ 14, 306, 310).- Ebenso § 1 Nr. 2 der Preisklauselverordnung vom 23.09.1998 - BGBI. I S. 3043 - Dieses besondere Spannungsverhältnis besteht zwischen den betreffenden Geldleistungen, wenn sie "aus im wesentlichen gleichartigen Rechtsgründen" zu erbringen sind (BGHZ 14, 310).

Nach dieser Rechtsprechung ist die von den Parteien vereinbarte Lohngleitklausel nicht als genehmigungsfreie Spannungsklausel anzusehen, weil die miteinander verknüpften Leistungen, die Vergütung für die Herstellung von Starkstromanlagen einerseits und der Tarif-Ecklohn eines Elektromonteurs andererseits, aus verschiedenartigen Rechtsgründen zu erbringen sind. Während der Vergütung ein Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB) zugrunde liegt, wird der Tariflohn an den Facharbeiter aufgrund eines Arbeitsvertrages gezahlt (§§ 611 ff. BGB, §§ 1 Abs. 1, 4 TVG). Beide Vertragsverhältnisse sind durch so unterschiedliche Merkmale gekennzeichnet, daß der im vorliegenden Fall in Bezug genommene Tariflohn gegenüber der werkvertraglichen Vergütung als Preis oder Wert einer "anderen" Leistung im Sinne des § 3 Satz 2 WährG betrachtet werden muß.

4. Bei der Beurteilung der Lohngleitklausel nach § 3 Satz 2 WährG darf allerdings nicht übersehen werden, daß der als Bezugsgröße vereinbarte Tariflohn eines Elektromonteurs für die Kosten der Auftragnehmerin bei der Herstellung der Starkstromanlagen von Bedeutung ist. Deshalb ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu berücksichtigen, nach der "Vereinbarungen, die es ermöglichen, den Preis einer Ware von künftigen Herstellungs- oder Anschaffungskosten abhängig zu machen, das durch § 3 WährG geschützte Nominalwertprinzip nicht berühren" (BGH BB 1979 S. 1213 f.). Derartige Vereinbarungen verfolgen das Ziel, "beim Abschluß langfristiger Verträge zu gewährleisten, daß der geschuldete Preis mit dem jeweiligen Marktpreis übereinstimmt" (BGH a.a.0., S. 1214) und tangieren deshalb nicht die währungspolitische Zielsetzung des § 3 Satz 2 WährG (OLG Schleswig-Holstein in DB 1986 S. 587).

Nach dieser Rechtsprechung sind sogenannte Kostenelementeklauseln indessen nur dann als genehmigungsfrei zu beurteilen, wenn sie auf die für die Erbringung der Leistung unmittelbar maßgebenden Kostenfaktoren abstellen u n d die Kostenelemente annähernd zutreffend gewichtet sind. - vgl. § 1 Nr. 3 der Preisklauselverordnung - Die von den Parteien vereinbarte Lohngleitklausel wäre demzufolge nicht genehmigungsbedürftig, wenn der maßgebende Facharbeiterlohn die Selbstkosten der Auftragnehmerin bei der Durchführung des Auftrags unmittelbar beeinflussen würde und die Gewichtung dieses Kostenelements annähernd zutreffend wäre.

Die Lohngleitklausel stellt danach nicht eine genehmigungsfreie Kostenelementeklausel dar, weil der maßgebende Tariflohn in der Klausel nicht annähernd zutreffend gewichtet ist. Er wäre als Selbstkostenfaktor nur dann zutreffend gewichtet, wenn lediglich der in der Auftragssumme enthaltene Lohnkostenanteil von der künftigen Lohnentwicklung abhängig gemacht worden wäre. Die Parteien vereinbarten jedoch, daß sich "alle Vertragsleistungen", d.h. auch die Vergütung für Materiallieferungen (Verteiler, Kabel und Leitungen, Schalter, Steckdosen, Leuchten u.a.m.), entsprechend einer Änderung des maßgebenden Lohns ändern sollen. Da den Materialpreisen ausweislich der Zusammenstellung auf Seite 177 der Leistungsbeschreibung ein erhebliches Gewicht in der Auftragssumme zukommt, verfehlt die vorliegende Lohngleitklausel das vom Bundesgerichtshof markierte Ziel einer währungspolitisch ungefährlichen Kostenelementeklausel, nämlich die Übereinstimmung der geschuldeten Vergütung mit dem jeweiligen Marktpreis zu gewährleisten.

Die hier zu beurteilende Lohngleitklausel ist nach diesen Ausführungen weder als genehmigungsfreie Spannungsklausel noch als genehmigungsfreie Kostenelementeklausel anzusehen. Sie bedurfte vielmehr der Genehmigung nach § 3 Satz 2 WährG, weil die Höhe der insgesamt geschuldeten Vergütung von der künftigen Entwicklung eines bestimmten Lohns abhängig sein soll.

Lediglich der Vollständigkeit halber fügen wir an dieser Stelle an, daß die Parteien in der Lohngleitklausel keinen Ermessensspielraum vereinbart haben, der es ihnen ermöglichen würde, die neue Höhe der Vergütung nach Billigkeitsgrundsätzen zu bestimmen. Daher liegt auch nicht ein sogenannter genehmigungsfreier Leistungsvorbehalt vor.

5. Über die Genehmigung der nach § 3 Satz 2 WährG genehmigungsbedürftigen Klauseln entschieden die zuständigen Landeszentralbanken anhand der "Grundsätze bei der Entscheidung über Genehmigungsanträge nach § 3 des Währungsgesetzes" in der Mitteilung Nr. 1015/78 der Deutschen Bundesbank vom 9. Juni 1978, die im Bundesanzeiger Nr. 109 vom 15. Juni 1978 veröffentlicht wurde und von der wir drei Abdrucke beifügen. In Nr. 3 dieser Mitteilung, deren Grundsätze bei Erteilung des Auftrages vom 25. Januar 1990 und bis zum 31. Dezember 1998 anzuwenden waren, heißt es:

"Außerdem werden Klauseln nicht genehmigt, nach denen der geschuldete Betrag

a) ...

b) von der künftigen Einzel- oder Durchschnittsentwicklung von Löhnen, Gehältern, Ruhegehältern oder Renten abhängig sein soll, es sei denn,

aa) ...

bb) daß der jeweils noch geschuldete Betrag insoweit von der Entwicklung von Löhnen oder Gehältern abhängig gemacht wird, als diese die Selbstkosten des Gläubigers bei der Erbringung der Gegenleistung unmittelbar beeinflussen..."

Danach war eine Lohngleitklausel nur ausnahmsweise genehmigungsfähig, wenn und soweit der als Maßstab für die Geldschuld vereinbarte Lohn die Selbstkosten des Gläubigers bei Erbringung seiner Leistung unmittelbar beeinflußte. Diese Genehmigungsvoraussetzung ist in dem vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil sich die Vergütung für "alle Vertragsleistungen" (also einschließlich Materialeinsatz) und nicht nur bezüglich des Lohnbestandteils der Auftragssumme entsprechend der Entwicklung des maßgebenden Tarif-Ecklohns ändern soll. Die Selbstkosten der Auftragnehmerin für Materialien (Stoffe) der herzustellenden Starkstromanlagen wurden von Änderungen des bezeichneten Tariflohns nicht, jedenfalls nicht unmittelbar beeinflußt. Die geschuldete Vergütung wurde mithin nicht "insoweit" (Nr. 3 b) bb) der Bundesbank-Mitteilung Nr. 1015/78) von der Lohnentwicklung abhängig gemacht, als diese die Selbstkosten der Auftragnehmerin unmittelbar beeinflußt. Die Lohngleitklausel konnte daher nicht genehmigt werden und ist infolgedessen - mangels formeller Ablehnung der Genehmigung - schwebend unwirksam.

Während dieses Schwebezustandes, der auch nach Aufhebung des § 3 Satz 2 WährG fortbesteht (Vogler, NJW 1999 S. 1236, 1238 a.E.), sind die Parteien nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "gehalten, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um die Genehmigung herbeizuführen, und alles zu unterlassen, was dieser Genehmigung hinderlich sein könnte ... In der angeführten Rechtsprechung ist deshalb mit Rücksicht auf die für die Dauer des Schwebezustandes bestehende Treuepflicht gerade für Verträge mit nicht genehmigungsfähigen Wertsicherungsklauseln anerkannt, daß ein solcher Vertrag die Pflicht begründen kann, in eine Änderung der vereinbarten Klausel in eine solche mit genehmigungsfähigem oder nicht genehmigungsbedürftigem Inhalt einzuwilligen" (BGH BB 1966 S. 559; dgl. BGH NJW 1975 S. 44, 45 mit weiteren Nachweisen). Aus diesem Grunde haben wir bereits in unserem Schreiben vom 28. August 1997 an die Auftragnehmerin darauf hingewiesen, daß die nicht genehmigungsfähige Lohngleitklausel genehmigungsfrei wäre, wenn die Parteien nur den Lohnanteil der Auftragssumme von der Entwicklung des vereinbarten Tariflohns abhängig machen würden."

Diesen zutreffenden Ausführungen, gegen die die Klägerin nichts vorgebracht hat und die sich der Senat in vollem Umfang zu eigen macht, ist nichts hinzuzufügen.

2. Den danach bestehenden Bereicherungsanspruch hat das beklagte Land auf der Grundlage einer genehmigungsfreien Kostenelementeklausel zutreffend berechnet.

Die Landeszentralbank hat dazu in ihrer Auskunft ausgeführt:

"1. Für die Beantwortung der Beweisfrage in Ziffer II Nr. 2 des Senatsbeschlusses vom 19. August 1998, ob die Lohngleitklausel "mit den von dem beklagten Land angenommenen Sätzen von 0,16 bzw. 0,49 Promille genehmigungsfähig bzw. nicht genehmigungsbedürftig gewesen wäre", sind unsere vorstehenden Ausführungen unter Ziffer I. Nr. 4 (Seite 5 f.) von maßgebender Bedeutung. Danach bedurfte die Lohngleitklausel nicht der Genehmigung nach § 3 Satz 2 WährG, wenn der maßgebende Facharbeiterlohn die Selbstkosten der Auftragnehmerin bei der Durchführung des Auftrags unmittelbar beeinflussen würde und die Gewichtung dieses Kostenelements annähernd zutreffend wäre (Kostenelementeklausel).

Während der unmittelbare Einfluß des als Maßstab herangezogenen Tarif Ecklohns eines Elektromonteurs auf die Selbstkosten der Auftragnehmerin nicht ernsthaft in Frage gestellt werden kann, ist die Feststellung, ob die Änderungssätze von 0,16 Promille und 0,49 Promille dem Lohnkostenanteil in der Auftragssumme annähernd entsprechen, weniger leicht zu treffen. In derartigen Fällen ist der in Ablichtung (dreifach) anliegende Erlaß des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 24. Juli 1997 hilfreich, der sich mit der Vereinbarung von Lohngleitklauseln in Bauverträgen befaßt. Dieser Erlaß schreibt u.E. zutreffend u.a. folgendes vor:

"Die im Vergabehandbuch als Ergänzung der Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen enthaltene Lohngleitklausel EVM (B) Erg. LGI bedarf als eine sogenannte Kostenelementeklausel nicht der Genehmigung durch die Deutsche Bundesbank, wenn im Änderungssatz ausschließlich lohn- und gehaltsbezogene Kostenbestandteile, und zwar für den noch nicht ausgeführten Teil der Leistung, enthalten sind.

Änderungssätze in Lohngleitklauseln sind deshalb nur dann wirksam vereinbart, wenn sie nur die durch die Lohnerhöhungen entstehenden Mehrkosten des Auftragnehmers zum Inhalt haben...

Der Änderungssatz in v.T. je Pfennig Tariflohnveränderung errechnet sich unverändert als das Verhältnis der mit dem Faktor 10 multiplizierten kalkulierten Lohnsumme des Angebots zum Produkt aus Angebotssumme und dem maßgebenden Lohn."

Aufgrund des hier zitierten Absatzes aus dem vorbezeichneten Erlaß des zuständigen Bundesministeriums können wir die Berechnungen in der Berufungsbegründung des beklagten Landes vom 25. März 1998 (BI. 128 ff. GA) mit dem Ergebnis nachvollziehen, daß die errechneten Änderungssätze von 0,16%o und 0,49 %o als annähernd zutreffende Gewichtung der Lohnkosten anzuerkennen sind:

Lohnsumme des Angebots x 10 = 263.698,08 x 10 = 0,159245 = 0,16 Promille, Angebotssumme x maßgeb. Lohn 964.428,95 x 17,17

kalkul. Stundenlohn x 10 = 36,64 x 10 = 0,489439 = 0,49 Promille. Verrechnungslohn x maßgeb. Lohn 43,60 x 17,17

Geht man bei der Berechnung der Änderungssätze von den unkorrigierten "Angaben zur Preisermittlung bei Zuschlagskalkulation" der Auftragnehmerin aus (Bl. 50 GA), ergeben sich im Hinblick auf § 3 Satz 2 WährG keine entscheidenden Abweichungen:

313.789,20 x 10 = 0,187980 = 0,188 Promille°, 972.198,95 x 17,17

33,31 x 10 = 0,444957 = 0,445 Promille. 43,60 x 17,17

Auch diese nach den Angaben der Auftragnehmerin errechneten Änderungssätze würden es aus der Sicht der für die Anwendung des § 3 Satz 2 WährG zuständigen Genehmigungsbehörde rechtfertigen, die betreffende Lohngleitklausel noch als eine genehmigungsfreie Kostenelementeklausel zu beurteilen.

2. Da die Lohngleitklausel mit den vorbezifferten Änderungssätzen nicht der Genehmigung nach § 3 Satz 2 WährG bedurfte, erübrigt sich eine Stellungnahme zu ihrer Genehmigungsfähigkeit gemäß Nr. 3 b) bb) der Bundesbank-Mitteilung Nr. 1015/78."

Auch diese Ausführungen sind überzeugend und nicht ergänzungsbedürftig. Sie werden von der Klägerin auch nicht angegriffen. Die mit Schriftsatz vom 16.11.1999 angekündigte eigene Alternativberechnung hat die Klägerin nicht vorgelegt. Da danach von den zutreffenden Berechnungen der Beklagten auszugehen ist, ergibt sich, dass der Bereicherungsanspruch die Klageforderung übersteigt.

Soweit die Klägerin darauf hinweist, bei der Höhe des zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruchs sei zu berücksichtigen, dass bei Kenntnis der Unwirksamkeit der beanstandeten Vertragsklausel das Gesamtangebot neu hätte berechnet werden müssen und dass der Werklohn höher vereinbart worden wäre, fehlt jeder konkrete Vortrag. Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens gibt es deshalb keine ausreichende tatsächliche Grundlage.

3. Der Bereicherungsanspruch des beklagten Landes ist nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen.

Für die Kenntnis des Nichtbestehens eines Rechtsgrundes i.S. des § 814 BGB kommt es auf das Wissen des Mitarbeiters des beklagten Landes an, der die Zahlungen veranlaßt hat (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1996, 1312, mit weiteren Nachweisen). Daß dieser Mitarbeiter Kenntnis vom Nichtbestehen eines Rechtsgrundes hatte, hat die (für diese Sachlage darlegungs- und beweispflichtige) Klägerin nicht dargelegt und unter Beweis gestellt. Die Beklagte hat demgegenüber dargelegt, dass getrennte Staatshochbauämter für das der Aufrechnungsforderung zugrundeliegende Objekt und für das dem Fall des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14.6.1989 - 26 U 4/89 - zugrundeliegende Objekt zuständig waren (Berufungsbegründung S. 11 f. = GA 135 f.).

Soweit sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Anwendung des § 814 BGB darauf beruft, daß sich das beklagte Land wegen eines Organisationsverschuldens so behandeln lassen müsse, als habe der die Zahlungen veranlassende Mitarbeiter aufgrund des Urteils des 26. Zivilsenats vom Fehlen eines Rechtsgrunds Kenntnis gehabt, kann sie nach der Auffassung des Senats schon deswegen keinen Erfolg haben, weil die Grundsätze des BGH bei der Wissenszurechnung etwa in die kaufvertragliche Haftung wegen arglistigen Verschweigens von Sachmängeln betreffenden Fällen (vgl. BGH, NJW 1990, 975, 976 = BGHZ 109, 327, und NJW 1992, 1099, 1100 = BGHZ 117,104) auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar sind. Die von der angeführten Rechtsprechung des BGH erfaßten Fälle sind mit der vorliegenden Sache nicht vergleichbar, da es dabei um den Schutz des Käufers vor Nachteilen durch verborgene Mängel, bei der vorliegenden Fallgestaltung aber um das Interesse eines Vertragspartners geht, eine ihm nach der Rechtslage an sich nicht gebührende Leistung behalten zu dürfen; daß die Schutzwürdigkeit des Käufers bei der Frage nach der Haftung des Gegners für verborgene Mängel gänzlich anders zu bewerten ist als die eines in der vorbezeichneten Situation befindlichen Vertragspartners, bedarf keiner weiteren Ausführung. Darüber hinaus hat die Beklagte aber auch ihre Organisationspflicht nicht verletzt. Zutreffend macht sie geltend, dass keine Veranlassung für die Bezirksregierung bestand, die Ergebnisse der Rechtsstreitigkeiten untergeordneter Behörden allen anderen Behörden zugänglich zu machen und dort Sachverstand für die schwierigen vertragsrechtlichen Fragen vorzuhalten.

Der Vortrag der Klägerin in dem letzten Senatstermin gibt keinen Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. Selbst wenn die GA 36 genannte sechste Abschlagszahlung erst mit am 06.12.1993 eingegangener Zahlung erledigt wurde (was die Beklagte nicht unstreitig gestellt hat), ergibt sich daraus für die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters und für die Organisationspflichten der Beklagten nichts, was den Vortrag der Beklagten in Frage stellt.

Die Klage muss mithin auf die Berufung abgewiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000,00 DM.

Berufungsstreitwert: 82.212,70 DM

Ende der Entscheidung

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