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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 28.01.2004
Aktenzeichen: 11 U 73/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 906
BGB § 909
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

11 U 73/03

Köln, den 28.01.2004

In dem Rechtsstreit

Tenor:

I. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da die Voraussetzungen der § 522 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ZPO vorliegen.

Insbesondere hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben und die Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 823 Abs.2, 909 BGB angenommen. Der Einwand der Beklagten, sie hätten die von ihnen mit der Ausgrabung und der Bauaufsicht beauftragten Unternehmen sorgfältig ausgesucht, greift - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht durch. Nach gefestigter Rechtsprechung reicht die Auswahl der mit der Planung und Bausausführung befassten Fachleute zur Entlastung des Bauherren und Grundstückseigentümers nicht aus, wenn auch für ihn erkennbar eine besondere Gefahrenlage gegeben war oder wenn Anlass zu Zweifeln bestand, ob die eingesetzten Fachkräfte in ausreichendem Maße den Gefahren und Sicherheitserfordernissen Rechnung tragen würde (BGHZ 147, 45, 48 = NJW 2001, 1865, 1866 = BauR 2001, 1587; BauR 1997, 1058 = NJW-RR 1997, 1374; NJW 1987, 2810, 2811; BauR 1979, 533; OLG Düsseldorf BauR 1996, 881; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rdn. 2113, 2115). In diesem Falle erwachsen dem Bauherrn eigene Überprüfungspflichten. Er ist verpflichtet, die Arbeiten zu überwachen und gegebenenfalls selbst einzugreifen. Dabei ist es Sache des Bauherrn, dazulegen und beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist (OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 146 = BauR 1996, 906; OLG Hamm BauR 1998, 159, 162; Werner/Pastor Rdn. 2113 und 2116; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Bd. 2, 2. Aufl., § 909 Rdn. 3 und 8). An den Entlastungsbeweis sind hohe Anforderungen zu stellen (OLG Hamm a.a.O.; Palandt-Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 909 Rdn. 11). Hier war eine besondere Gefahrenlage nach den unstreitigen Umständen gegeben, wie schon daraus hervorgeht, dass der Sachverständige C in seinem vorgerichtlichen Gutachten vom 22.12.1997 hervorgehoben hat, dass das Abbruchvorhaben mit der größten Sorgfalt ausgeführt werden müsse. Den ihnen damit obliegenden Entlastungsbeweis haben die Beklagten nicht geführt. Dass sie das Bauvorhaben selbst in ausreichendem Umfang überwacht haben, ist nicht dargetan. Soweit sie in der Berufungsverfahren ihren Vortrag hierzu konkretisiert haben, bleibt weiterhin zweifelhaft, ob dies den Anforderungen genügt. Jedenfalls handelt es sich insoweit um neues Vorbringen, dass nach § 531 ZPO verspätet wäre.

Im übrigen ist die Klage auch aus dem Gesichtpunkt der verschuldensunabhängigen Haftung aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB begründet. Diese Bestimmung ist auf die Fälle der Vertiefung nach § 909 BGB analog anzuwenden, wenn der betroffene Grundstückseigentümer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gehindert war, die Arbeiten auf dem Nachbargrundstück rechtzeitig durch Klage oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu unterbinden (BGHZ 147, 45, 49 ff.; BauR 1997, 1058, 1059 = NJW-RR 1997, 1374; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 146, 147; Werner/Pastor Rdn. 2095 und 2109). Der Anspruch kann im Einzelfall auf vollen Schadensersatz gehen (BGH BauR 1997, 1058, 1059 = NJW-RR 1997, 1374; Werner/Pastor Rdn. 2095). Die Beklagten hatten sich mit dem früheren Grundstückseigentümer - dem Rechtsvorgänger der Klägerin - darauf geeinigt, dass dieser das Bauvorhaben dulden würde, sofern die erforderlichen Sorgfaltsanforderungen eingehalten würden. Dadurch wurde er von der Ergreifung eigener Maßnahme abgehalten (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 146, 147). Der Senat hat deshalb keine Bedenken, der Klägerin auch aus dem Gesichtspunkt des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatz zuzusprechen.

Die Einwendungen der Beklagten gegen die Schadenshöhe sind ebenfalls unbegründet. Die Feststellungen des Landgerichts stützen sich in rechtsfehlerfreier Weise auf das im Beweissicherungsverfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen Q vom 1.6.2000 (Bl. 253 ff. der Akte LG Köln 16 OH 8/98). Danach betrug der wegen wirtschaftlichen Totalschadens zu ersetzende Wert der beschädigten Doppelhaushälfte 65.100,-- DM. Nachvollziehbare Gründe, weshalb diese sachverständige Schätzung unzutreffend sei, tragen die Beklagten nicht vor. Soweit sie in der Berufung bestreiten, dass der Anbau bauordnungsrechtliche genehmigt gewesen ist, handelt es sich jedenfalls um nach § 531 ZPO unzulässiges neues Vorbringen.

II. Die Beklagten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

Ende der Entscheidung

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