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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 08.08.2001
Aktenzeichen: 11 W 19/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 93
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 307 Abs. 2
ZPO § 99 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 276 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
11 W 19/01

Beschluss

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Richter am Oberlandesgericht Zoll, die Richterin am Oberlandesgericht Opitz und den Richter am Landgericht Ernst

am 08.08.2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird die Kostenentscheidung in dem Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 16.03.2001 - 9 O 436/00 - abgeändert.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 8,5% und der Beklagten zu 91,5% auferlegt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Gründe:

I.

Zugunsten der Parteien, geschiedene Eheleute, war bei dem Amtsgericht Düren der Erlös aus der Teilungsversteigerung des gemeinsamen Hauses in Höhe von 229.384,21 DM hinterlegt. Nach Abschluss eines Vergleichs über den Zugewinnausgleich im Mai 2000 korrespondierten die Parteien über ihre Anwälte darüber, wie der hinterlegte Betrag zu verteilen sei, zuletzt mit Schreiben der Beklagten vom 26.07.2000 (Bl. 86 ff. d.A.) und Schreiben des Klägers vom 14.08.2000 (Bl. 20 f., 22 d.A.). Mit der am 15.09.2000 bei dem Landgericht Aachen eingereichten Klage hat der Kläger die Beklagte auf Freigabe eines Betrages von 72.904,58 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Freigabe eines Betrages von 112.192.10 DM nebst Zinsen jeweils aus dem hinterlegten Betrag in Anspruch genommen. Der Vorsitzende der Zivilkammer hat das schriftliche Vorverfahren angeordnet und die Beklagte mit der Klagezustellung aufgefordert, sich binnen zwei Wochen über ihre Verteidigungsbereitschaft zu erklären und auf die Klage bei Verteidigungsbereitschaft innerhalb einer weiteren Frist von zwei Wochen zu erwidern. Die Klage und die Verfügung des Vorsitzenden sind der Beklagten am 27.09.2000 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 28.09.2000 hat der Kläger beantragt, gegebenenfalls ein Anerkenntnisurteil im schriftlichen Verfahren zu erlassen. Mit Anwaltsschriftsatz vom 06.10.2000 hat die Beklagte erklärt, sie werde sich gegen die Klage verteidigen. In der - nach stillschweigender Fristverlängerung - am 24.11.2000 eingegangenen Klageerwiderung hat die Beklagte das Freigabeverlangen in Höhe von 66.646,91 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Freigabe von 118.449,79 DM nebst Zinsen jeweils aus dem hinterlegten Betrag unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt. Nach Eingang der Klageerwiderung hat der Kammervorsitzende Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Das Landgericht hat die Beklagte nach streitiger Verhandlung über den nicht anerkannten Teil der Klageforderung durch Urteil vom 16.03.2001 entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen; die Kosten des Rechtsstreits hat es insgesamt dem Kläger auferlegt. Hinsichtlich des Ausspruchs zur Hauptsache ist das Urteil rechtskräftig geworden. Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich der Kläger dagegen, dass ihm die Kosten auferlegt worden sind, soweit die Beklagte verurteilt worden ist.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft und in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. In der Sache hat sie Erfolg.

Nach Ansicht des Landgerichts hat der Kläger die Kosten gemäß § 93 ZPO zu tragen, weil die Beklagte die Klageforderung teilweise sofort anerkannt und insoweit keinen Anlass zur Erhebung der Klage gegeben habe. Aufgrund des Schriftwechsels der Parteien habe der Kläger nicht annehmen können, er werde hinsichtlich des anerkannten Betrages nur durch einen Prozess sein Ziel erreichen können. Er habe deshalb auf den Vorschlag der Beklagten, die unstreitigen Beträge jeweils freizugeben eingehen und sich auf die Klage hinsichtlich des streitigen Betrages von 6.257,68 DM beschränken müssen, anstatt Klage nach dem um das Zwölffache höheren Streitwert von 72.904,58 DM zu erheben.

Dem kann der Senat nicht folgen.

1. Die Beklagte hat den Klageanspruch nicht teilweise sofort anerkannt.

Nach überwiegender Ansicht liegt bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens ein sofortiges Anerkenntnis nur vor, wenn es bereits innerhalb der Notfrist des § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO bzw. in der innerhalb dieser Frist eingereichten Erklärungsschrift abgegeben wird, während ein nach vorheriger Erklärung der Verteidigungsbereitschaft erst in der späteren Klageerwiderung erklärtes Anerkenntnis nicht mehr als sofortiges anzusehen ist (so etwa OLG Braunschweig, OLGR 1998, 347; OLG Celle, OLGR 1997, 276; OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 1993, 126, 128; OLG Köln, OLGR 1999, 130 f.; OLG Schleswig, OLGR 1998, 59 f.; OLG Stuttgart, OLGR 2000, 84 f.; Zöller/Herget, ZPO, 22. Auflage, § 93 Rn. 4; a.A. z.B. OLG Bamberg, NJW-RR 1995, 392 ff.; Meiski, NJW 1993, 1904 ff.; alle jeweils mit weiteren Nachweisen). Dem ist zuzustimmen. Der Beklagte erkennt den Klageanspruch nur dann sofort an, wenn er die Erklärung bei der ersten Gelegenheit abgibt, bei der ein Anerkenntnisurteil ergehen kann. Auch wenn der Beklagte keine Klageveranlassung gegeben hat, ist ein Abweichen von der Regel, dass der Unterliegende die Kosten zu tragen hat (§ 91 Abs. 1 ZPO), nur gerechtfertigt, sofern der Kläger so rasch wie möglich einen Titel über den vom Beklagten als begründet anerkannten Anspruch erhält. Dem gemäß kann der Beklagte im Verfahren mit frühem ersten Termin regelmäßig nur in diesem sofort anerkennen. Bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens ist der Beklagte gemäß § 307 Abs. 2 ZPO auf Antrag des Klägers ohne mündliche Verhandlung dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen, wenn es auf die Aufforderung nach § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO hin schriftlich erklärt wird; ein sofortiges Anerkenntnis kann hier daher nur in der ersten Erklärungsschrift erfolgen.

Im Streitfall hat die Beklagte innerhalb der nach § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO gesetzten Frist ohne Einschränkung erklärt, sich gegen die Klage verteidigen zu wollen. Das Teilanerkenntnis ist erst in der Klageerwiderung erfolgt. Ein sofortiges Anerkenntnis liegt demnach nicht vor.

2. Darüber hinaus hat die Beklagte auch Veranlassung zur Klage gegeben. Sie hat zwar mit Schreiben vom 26.07.2000 eine einverständliche Regelung hinsichtlich der unstreitig an die Parteien auszuzahlenden Beträge angeregt. Auf die Schreiben des Klägers vom 14.08.2000 hat sie indes in der bis zum 24.08.2000 gesetzten Frist nicht reagiert. Es kann dahin stehen, ob die gesetzte Frist zu kurz bemessen war. Denn jedenfalls hat die Beklagte sich auch innerhalb der weiteren drei Wochen bis zur Einreichung der Klage nicht zu der Aufforderung des Beklagten erklärt. Dem Kläger kann nicht vorgeworfen werden, dass er die Klage sodann nicht nur hinsichtlich des streitigen Betrages erhoben hat. Um die Auszahlung des ihm zustehenden Betrages bei der Hinterlegungsstelle zu erreichen, war ein Erkenntnis über die freigegebene Gesamtsumme erforderlich, solange die Beklagte keine bezifferten Teilbeträge freigegeben hatte.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: bis 10.000,00 DM

Ende der Entscheidung

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