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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.08.2003
Aktenzeichen: 12 U 114/02
Rechtsgebiete: VOB/B, BGB


Vorschriften:

VOB/B § 2 Nr. 5
BGB § 642
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES TEILANERKENNTNIS- UND SCHLUSSURTEIL

12 U 114/02

Anlage zum Protokoll vom 14.8.2003

Verkündet am 14.8.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 26.6.2003 durch den Richter am Oberlandesgericht Ueffing, die Richterin am Oberlandesgericht Macioszek und den Richter am Oberlandesgericht Hartlieb

für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Unter Einbeziehung des Teilurteils des Senats vom 16.1.2003 wird

1. die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 25.4.2002 - 85 O 80/01 - zurückgewiesen,

2. auf die Anschließung der Beklagten - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das genannte Urteil teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 48.670,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gem. § 1 DÜG für die Zeit vom 23.4.2001 bis 31.12.2001 und in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB n.F. seit dem 1.1.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des ersten Rechtszugs haben die Klägerin 86 % und die Beklagte 14 % zu tragen.

Die durch die Beweisaufnahme im zweiten Rechtszug verursachten Kosten hat die Klägerin zu tragen. Im Übrigen werden die Kosten des Berufungsverfahrens der Klägerin zu 91 % und der Beklagten zu 9 % auferlegt.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch den Gegner abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110 % des zur Vollstreckung kommenden Betrags.

Gründe:

I.

Die Beklagte war als Generalunternehmer beauftragt, das Bauvorhaben zur Erweiterung und Modernisierung des Hotels Q. in A. durchzuführen. Die Klägerin ist von ihr als Nachunternehmer mit der Ausführung der Elektro-installationsarbeiten beauftragt worden. Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage restliche Werklohnansprüche geltend, die zu einem geringeren Teil aus Nachträgen und überwiegend daraus abgeleitet werden, dass der Klägerin als Folge von Störungen und Behinderungen im Bauablauf Mehrkosten (in Form von Personal- und Maschinenkosten) entstanden seien. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen, das der Klage teilweise (= 101.248,81 €) stattgibt.

Gegen das ihr am 30.4.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.5.2002 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 30.8.2002 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Mit ihrem Rechtsmittel hat die Klägerin ursprünglich einen Anspruch über weitere 272.637,54 € nebst Zinsen weiter verfolgt (GA 221 ff), der daraus resultiert, dass das erstinstanzliche Begehren zu den Titeln 01, 02, 05 und 08 der Schluss-rechnung der Klägerin in vollem Umfang weiter verfolgt wird, zu den übrigen Titeln eingeschränkt. Die Beklagte, der die Berufungsbegründung der Klägerin am 10.9.2002 zugestellt worden ist, hat sich mit einem am 10.10.2002 eingegangenen Schriftsatz angeschlossen (GA 304 ff). Sie erstrebt die Abweisung, der Klage, soweit sie zur Zahlung von mehr als 18.772,43 € verurteilt worden ist, wobei sich ihre Angriffe auf die Entscheidung des Landgerichts zu den Titeln 06, 07 und 08 der Schlussrechnung beschränken. Der Senat hat durch Teilurteil vom 16.1.2003 eine Entscheidung zu einzelnen streitigen Rechnungspositionen getroffen; wegen der Einzelheiten wird auf dieses Teilurteil (GA 385 ff) verwiesen. Hinweise des Senats hat die Klägerin zum Anlass genommen, ihre Schlussrechnung zu den Titeln 04 und 05 zu überprüfen, was dazu geführt hat, dass der mit der Berufung verfolgte Zahlungsantrag letztlich auf 246.331,34 € ermäßigt wurde (GA 454 ff). Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der von ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 16.1.2003 (GA 397 ff). Wegen des Ergebnisse der Beweisaufnahme sowie der von den Parteien zuletzt gestellten Anträge wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26.6.2003 Bezug genommen (GA 491 ff).

II.

Nach Durchführung der durch den Beschluss des Senats vom 16.1.2003 angeordneten Beweisaufnahme ist die Sache auch insoweit zur abschließenden Entscheidung reif, als sie nicht bereits durch das Teilurteil vom 16.1.2003 entschieden worden ist. Danach ergibt sich, dass die Berufung der Klägerin im Endergebnis ohne Erfolg bleibt, wohingegen die Anschließung der Beklagten teilweise begründet ist. Zu den einzelnen Titeln der Schlussrechnung der Klägerin gilt insgesamt Folgendes:

Die Forderung gem. Titel 01 war und ist unstreitig mit einem Ausgangsbetrag von 2.980.000 DM netto. Unter Berücksichtigung der vereinbarten Kostenbeteiligung von 1,8 % und der Umsatzsteuer ergibt sich eine Forderung von brutto 3.394.577,60 DM = 1.735.619,90 €.

Zu Titel 02:

1.

Bezüglich der Position 02.0028 (Nachtrag 33) hat die Klägerin ihre Forderung auf 500 € beschränkt, die Beklagte hat diesen Betrag anerkannt, so dass dementsprechend durch Teilanerkenntnisurteil gem. § 307 I ZPO zu entscheiden ist.

2.

Zu der Position 02.0032 (Nachtrag 37) ist der Klägerin durch das Teilurteil vom 16.1.2003 ein Betrag von 1.118,81 € zuerkannt worden.

Zu Titel 03:

Das unter diesem Titel geltend gemachte Verlangen auf Ersatz von durch Überstunden bedingten Mehrkosten ist insgesamt nicht begründet. Dabei kann dahinstehen, ob die von der Klägerin vorgetragenen Überstunden im behaupteten Umfang angefallen sind und ob dann, wenn sie angefallen sind, die Klägerin die als Mehrbelastung angesetzten Überstundenzuschläge auch ausgezahlt hat, was keineswegs selbstverständlich wäre, denn wie sich aus der Aussage K. ergibt, ist es auch vorgekommen, dass Mitarbeiter die auf einem Zeitkonto gutgeschriebenen Überstunden sich nicht haben ausbezahlen lassen, sondern sie nachfolgend "abgefeiert" haben, so dass die Klägerin in diesen Fällen nicht mit einer Überstundenvergütung belastet worden ist. Das Begehren der Klägerin ist nämlich bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt.

1.

Ein vertraglicher Erfüllungsanspruch steht der Klägerin hinsichtlich der mit dem Titel 03 der Schlussrechnung geltend gemachten Überstundenvergütungen nicht zu.

a) Es ist nicht bewiesen, dass eine Vereinbarung zwischen den Prozessparteien getroffen worden ist, durch den sich die Beklagte zur Tragung derartiger zusätzlicher Aufwendungen verpflichtet hätte. Die Zeugen G. und Gö. haben lediglich Angaben dazu machen können, dass sie in gewissem Umfang Überstunden erbracht haben und welche Umstände auf der Baustelle hierzu Anlass gegeben haben. An Gesprächen, bei denen es um die Anordnung von Überstunden durch Vertreter der Beklagten oder gar um die Berechnung und Vergütung von hierdurch verursachtem Mehraufwand gegangen wäre, waren sie nicht beteiligt. Der Zeuge K. hat zwar davon berichtet, dass es Baubesprechungen gegeben habe, auf denen von Seiten der Bauleitung zum Ausdruck gebracht worden sei, dass bestimmte Fertigstellungstermine einzuhalten seien und zur Not auch nachts gearbeitet werden müsse. Er hat jedoch betont, dass er Absprachen über die Frage einer zusätzlichen Vergütung für eventuelle Überstunden nicht getroffen habe, da dies nicht zu seinem Aufgabenkreis gehört habe. Die Zeugen W. und L. haben bekundet, dass von ihrer Seite keine Anweisungen zur Durchführung von Überstundenarbeiten getroffen worden seien und sie diesbezüglich auch keine Vereinbarungen mit Vertretern der Klägerin getroffen hätten, zumal sie hierzu nicht befugt gewesen seien; es hätte vielmehr - wie bei zahlreichen Nachträgen geschehen - von der Klägerin auch bezüglich gesondert zu vergütender Überstundenarbeit ein entsprechendes Nachtragsangebot geschrieben und der Beklagten (Herrn P.) zugeleitet werden müssen. Bezüglich Überstundenarbeit hat es ein derartiges Nachtragsangebot der Klägerin jedoch offensichtlich nicht gegeben, jedenfalls hat die Klägerin nichts derartiges vorgelegt. Der Geschäftsführer Sch. der Klägerin hat bei seiner Anhörung gem. § 141 ZPO konkrete Vereinbarungen betreffend die Vergütung von Überstunden nicht angeben können, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass von Seiten der Bauleitung auf Beschleunigung gedrängt worden sei und die Klägerin in Behinderungsschreiben darauf hingewiesen habe, dass die Einhaltung von Fertigstellungsterminen nur durch Überstundeneinsatz möglich sei. Diese Angabe lässt sich mit den vorliegenden Schriftstücken jedoch in einem entscheidenden Punkt nicht in Einklang bringen: Zwar hat die Klägerin diverse Behinderungsschreiben vorgelegt (Anlagen K 5, 6, 7, 11, 12, 13, 16, 17, 21 und 24). In diesen Schreiben wird jedoch an keiner Stelle angemerkt, dass die Klägerin die Anordnung von Überstundenarbeit erwägt, geschweige denn, dass sie der Auffassung ist, die Beklagte müsse die dadurch eventuell verursachten Mehrkosten tragen.

b) Aus der Vorschrift des § 2 Nr. 5 VOB/B lässt sich ein Anspruch der Klägerin auf eine gesonderte Vergütung von geleisteten Überstunden nicht herleiten. Zwar kann eine Aufforderung des Auftraggebers an den Auftragnehmer, er solle zwecks Einhaltung von Fertigstellungsterminen (die aus einem in die Risikosphäre des Auftraggebers fallenden Grund gefährdet sind) sein Personal Überstunden ableisten lassen, als Anordnung des Auftraggebers i.S. dieser Bestimmung anzusehen sein, da hierdurch die Preisermittlungsgrundlagen der vertraglich vorgesehenen Leistung eine Änderung erfahren (vgl. dazu Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., B § 2 RN 230, 243). Dass derartige Anordnungen getroffen worden sind, kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aber nicht angenommen werden. Der Zeuge K. hat lediglich bekundet, dass ihm von seiten der Bauleitung erklärt worden sei, dass bestimmte Fertigstellungstermine eingehalten werden müssten und dass dabei auch Äußerungen gemacht worden seien, wie dann müsse "zur Not eben auch nachts gearbeitet werden". Mit dieser Formulierung sollte erkennbar dem Verlangen nach Einhaltung des Termins Nachdruck verliehen werden, ohne dass dies konkret als Anordnung von Überstunden gewertet werden könnte. Denn wenn die Einhaltung eines Termins der Klägerin mit einer Tätigkeit der Monteure im Rahmen der normalen Arbeitszeiten nicht möglich war, bestand neben der Ausweitung der Arbeitszeit dieser Monteure auch die Möglichkeit, die vorhandenen Monteure auf den Teil der Arbeiten zu konzentrieren, der am eilbedürftigsten war und/oder die Zahl der an der Baustelle tätigen Monteure zu erhöhen. Erst wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft gewesen wären und die Bauleitung trotz Hinweises darauf auf der Beibehaltung der Termine bestanden hätte, hätte dies als bindende Anordnung gem. § 2 Nr. 5 VOB/B angesehen werden können. Der Zeuge K. hat zwar nach seiner Aussage anscheinend die Notwendigkeit der Leistung von Überstunden gesehen und dies der Geschäftsleitung der Klägerin mitgeteilt. Dass diese gegenüber der Beklagten entsprechende konkrete Hinweise erteilt und danach die Beklagte die Leistung von Überstunden ausdrücklich oder zumindest stillschweigend angeordnet hätte, ist jedoch nicht ersichtlich. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass aus den vorgelegten Protokollen über die Baubesprechungen ersichtlich ist, dass von Seiten der Bauleitung zwar die Klägerin häufiger auf bestehenden Zeitverzug hingewiesen und zur Erhöhung des Personaleinsatzes aufgefordert worden ist (ebenso Schreiben der Beklagten vom 6.1.1999, Anlage K 8), dass sich weder aus diesen Protokollen noch sonstigen vorgelegten Schriftstücken aber ergibt, dass die Klägerin darauf hingewiesen hätte, dass eine Einhaltung der vorgegebenen Termine - ohne ihr Verschulden - nicht anders als durch Überstunden erreicht werden könne. Wenn die Aussage des Zeugen K. stellenweise so klingt, als seien Hinweise dieses Inhalts ergangen, kann dem nicht gefolgt werden, da die Aussagen der Zeugen W. und L. dem entgegen stehen und es zudem wenig wahrscheinlich ist, dass die Klägerin, die diverse Behinderungsanzeigen erstattet und wegen Zusatzarbeiten Nachträge gefertigt hat, also offensichtlich weiß, welche Maßnahmen zur Wahrung ihrer Interessen gegenüber dem Auftraggeber erforderlich sind, Überstundenarbeit in großem Umfang hätte leisten lassen, ohne die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch hierfür zu schaffen, wenn denn ein solcher Anspruch nach den damaligen Umständen ernsthaft in Betracht gekommen wäre.

2.

Die Vorschrift des § 642 BGB kommt als geeignete Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin auf Ersatz der Überstundenvergütungen, die sie an ihre Mitarbeiter ausgezahlt haben will, von vornherein nicht in Betracht. Die Vorschrift will dem Werkunternehmer, der seine Werkleistung wegen des Unterbleibens einer erforderlichen Mitwirkungshandlung des Auftraggebers nicht an dem vorgesehenen Termin, sondern erst später erbringen kann und den Auftraggeber in Annahmeverzug gesetzt hat (in Ergänzung seines Anspruchs auf den aus-bedungenen Werklohn gem. § 631 I BGB und eines eventuellen Ersatzanspruchs gem. § 304 BGB), einen Entschädigungsanspruch für die finanziellen Nachteile verschaffen, die ihm aus dem Annahmeverzug seines Vertragspartners entstehen. Dieser Anspruch dient als Abgeltung "für das Bereithalten wirtschaftlicher Kraft" (vgl. Soergel in MüKo-BGB, 3. Aufl., § 642 RN 9) und erstreckt sich damit auf Vorhalte-, Personal- und Verwaltungskosten, die der Unternehmer wegen des Annahmeverzugs unnütz aufgewendet hat (Soergel a.a.O. RN 10; Ingenstau/Korbion a.a.O. B § 6 RN 107, S. 1318), wobei er sich gem. § 642 II BGB dasjenige anrechnen lassen muss, was er infolge des Verzugs ggfls. erspart oder durch anderweitigen Einsatz seiner Arbeitskraft erwirbt. Die zusätzlichen Aufwendungen, für die die Klägerin vorliegend einen Ersatz verlangt, können jedoch nicht dieser Kostengruppe zugeordnet werden. Die Überstunden-vergütungen sind nicht angefallen, weil die Mitarbeiter der Klägerin infolge Annahmeverzugs der Beklagten untätig bleiben mussten, sondern - nach dem Vortrag der Klägerin - deshalb, weil sie über die Vereinbarungen im Arbeits-vertrag hinaus Mehrarbeit leisten mussten, um nach Beendigung des Annahme-verzugs einen schnelleren Abschluss der Arbeiten herbeizuführen. Zum Ausgleich derartiger wirtschaftlicher Nachteile stehen dem Werkunternehmer von der Systematik her andere Anspruchsgrundlagen zur Verfügung als die Vorschriften über den Annahmeverzug. Dieses Verständnis der Bestimmung des § 642 BGB wird augenscheinlich auch vom BGH geteilt, der in der Entscheidung NJW 2003, 1601 unter II.1. ausdrücklich davon spricht, dass dem Auftragnehmer nach dieser Vorschrift "für die Dauer des Annahmeverzugs" eine angemessene Entschädigung zusteht.

3.

Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin auf Ausgleich der durch die Auszahlung von Überstundenvergütungen verursachten Mehrbelastung gem. § 6 Nr. 6 VOB/B besteht ebenfalls nicht. Das Ersatzbegehren der Klägerin scheitert jedenfalls daran, dass die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach nicht festgestellt werden können. Ein Anspruch gem. § 6 Nr. 6 VOB/B setzt voraus, dass der Beklagten eigene Verstöße gegen vertragliche Vereinbarungen oder solche ihrer Erfüllungsgehilfen anzulasten sind, die sie zu vertreten hat. Hieran mangelt es im Wesentlichen.

a) Der Umstand, dass die Beklagte die ursprünglich vorgesehenen Ausführungs-fristen verlängert hat, vermag für sich einen Ersatzanspruch gem. § 6 Nr. 6 VOB/B nicht zu begründen, was insbesondere bereits daraus folgt, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch des Unternehmers auf Fristverlängerung gem. § 6 Nr. 2 Abs. 1a VOB/B und diejenigen für einen Schadensersatzanspruch nach Nr. 6 der Bestimmung nicht deckungsgleich sind (vgl. BGH BauR 1990, 210 = NJW-RR 1990, 403).

b) Soweit es darum geht, dass zeitliche Engpässe bei der Abwicklung des Bauvorhabens dadurch eingetreten sind, dass andere Handwerker mit der Ausführung der von ihnen zu erbringenden Vorleistungen in Rückstand geraten sind, kann die Klägerin daraus gegenüber der Beklagten nichts herleiten. Es entspricht gefestigter Rspr., dass der Vorunternehmer regelmäßig nicht als Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers im Verhältnis zum Auftragnehmer anzusehen ist (BGH NJW 1985, 2475; 2000, 1336, 1337). Etwas anders kann nur dann gelten, wenn auf Grund besonderer Umstände anzunehmen ist, dass der Auftraggeber dem Nachfolgeunternehmer für die mangelfreie und zeitgerechte Erstellung des Vorgewerks einstehen will. Derartige besondere Umstände sind hier von der Klägerin jedoch nicht aufgezeigt worden und auch nicht ersichtlich. Dass die Parteien Fristen für Beginn und Fertigstellung der Arbeiten vereinbart haben, reicht für die Annahme, die Beklagte habe sich gegenüber der Klägerin verpflichten wollen, dass die Vorunternehmer termingerecht vollständige und mangelfreie Vorarbeit leisten werden, nicht aus (BGH NJW 2000, 1336, 1337).

c) Die Bestimmung in den Vereinbarungen der Parteien, wonach die Beklagte der Klägerin Planunterlagen übergibt, die diese für die Erstellung ihrer Montagepläne benötigt (Ziffer 4.3 des Nachunternehmer-Verhandlungsprotokolls vom 25.8.1998; Anl. K 1), dürfte zwar dahin auszulegen sein, dass es sich hierbei um eine Verpflichtung handelt, für deren Erfüllung die Beklagte selbst einzustehen hat, so dass sie sich gegenüber der Klägerin nicht darauf berufen könnte, dass ihr diese Unterlagen von der Bauherrin oder einem externen Fachplaner verspätet ausgehändigt worden sind. Hiervon ist auch das Landgericht (UA 13) aus-gegangen. Dem Vortrag der Klägerin lässt sich jedoch nicht entnehmen, wie sich diese von ihr dargestellte Verzögerung - im Hinblick auf die geltend gemachte Überstundenvergütung - konkret auf den Bauablauf ausgewirkt hat und wann von welchem ihrer Mitarbeiter wieviele Überstunden geleistet werden mussten, um den durch diesen Umstand bedingten Zeitverzug wieder auszugleichen und dass es zudem keine andere (kostenschonendere) Möglichkeit gab, um die Fertigstellung zu beschleunigen, so dass es nicht möglich ist (auch nicht im Wege der Schätzung gem. § 287 ZPO), der Klägerin einen entsprechenden Teilbetrag zuzuerkennen. Das Landgericht hat bereits darauf abgehoben, dass der Vortrag der Klägerin zur Begründung ihres Verlangens auf Ersatz der Überstunden-vergütungen darunter leidet, dass nicht hinreichend dargestellt wird, weshalb es letztlich unvermeidlich gewesen sein soll, die Ableistung von Überstunden - insbesondere in dem ganz ungewöhnlichem Umfang und über einen derart langen Zeitraum hinweg - anzuordnen. Hierauf kann ergänzend verwiesen werden.

d) Soweit die Klägerin geltend macht, die Beklagte treffe ein eigenes Organisationsverschulden, vermag dies ihren Anspruch ebenfalls nicht zu begründen. Zwar trifft es augenscheinlich zu, dass die von der Beklagten vorgegebenen Terminpläne verschiedentlich geändert worden sind und nach dem Vortrag der Klägerin sind ihre Mitarbeiter auf der Baustelle wegen fehlender Baufreiheit von Teilen des Bauwerks wiederholt umgesetzt worden. Die Klägerin trägt jedoch dazu selbst vor, dass Anlass für diese Behinderungen Verzögerungen bei der Abwicklung von Vorgewerken waren (z.B. fehlende Schlitze, Feuchtigkeit in bestimmten Räumen, verzögerte Arbeit der Fa. B. u.ä.). Für diese hat - wie bereits vorstehend ausgeführt - die Beklagte jedoch nicht einzustehen. Dass die Beklagte selbst durch Versagen ihrer Mitarbeiter oder Beauftragten es zu vertreten hätte, dass die Vorgewerke verspätet fertiggestellt wurden oder dass von diesen Personen auf durch mangelhafte oder verspätete Vorarbeiten anderer Handwerker verursachte Erschwernisse nicht, verspätet oder unzweckmäßig reagiert worden wäre und insoweit ein der Beklagten zuzurechnendes Planungs- und/oder Organisationsverschulden vorliegt, ist nicht ersichtlich.

4.

Ob neben der speziellen Schadensersatzregelung des § 6 Nr. 6 VOB/B noch Platz ist für die Anwendung des Haftungsinstituts der positiven Vertragsverletzung, kann dahinstehen. Insoweit besteht hinsichtlich der Haftungsgrundlagen keine günstigere Ausgangssituation für die Klägerin. Auch insoweit käme es auf Fehlverhalten an, dass der Beklagten zuzurechnen ist. Hierzu kann auf die Ausführungen vorstehend unter 3. verwiesen werden.

Zu Titel 04

Mit diesem Titel wird ein Teil der Grundvergütung als Schadensersatz geltend gemacht, die die Klägerin an ihre Mitarbeiter ausgezahlt haben will, soweit diese mehr als 8 Std. pro Tag gearbeitet haben (Mehraufwand wegen Effizienzverlustes bei überlanger Arbeitszeit). Wie sich aus den Ausführungen zu Titel 03 ergibt, ist die Beklagte jedoch nicht ersatzpflichtig für eventuelle Mehrkosten, die daraus resultieren, dass die Mitarbeiter der Klägerin über die arbeitsvertraglich verein-barte Zeit hinaus tätig gewesen sein sollen. Damit entfällt - was die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auch so sieht (GA 256) - die Grundlage für eine Haftung der Beklagten für die Mehrkosten gem. Titel 04.

Zu Titel 05

Ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Mehraufwands, der dadurch verursacht worden sein soll, dass ein Effizienzverlust infolge gestörten Bauablaufs eingetreten ist, ist ebenfalls nicht gegeben. Es besteht zwar zwischen dieser Forderung und derjenigen gem. Titel 03 nicht derselbe unmittelbare Zusammenhang wie zwischen den Titeln 04 und 03. Gleichwohl folgt aus den Ausführungen zu Titel 03, dass auch der unter Titel 05 geltend gemachte Anspruch nicht begründet ist:

Auch insoweit kommt als Anspruchsgrundlage allenfalls § 6 Nr. 6 VOB/B in Betracht. Die gestörten Bauabläufe sind nach dem Vortrag der Klägerin jedenfalls im Wesentlichen auf unzulängliche oder verspätete Arbeiten anderer Unternehmer zurückzuführen; für diese braucht die Beklagte nicht einzustehen. Dass ihr ein Planungs- oder Organisationsverschulden anzulasten ist, kann nicht angenommen werden. Soweit ihr eine verspätete Vorlage von Planunterlagen vorzuwerfen ist, ist nicht erkennbar, inwieweit gerade durch diesen Umstand die Bauabläufe so gestört worden sein sollen, dass ein Effizienzverlust eingetreten ist.

Zu Titel 06

Aus diesem Titel ist der Klägerin durch das Teilurteil vom 16.1.2003 ein Betrag von 14.366,85 € zuerkannt worden. Weitergehende Ansprüche stehen ihr aus diesem Titel nicht zu. Wie in dem Teilurteil ausgeführt, kann die Klägerin Forderungen aus diesem Titel grundsätzlich nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn sie eine zusätzliche Vergütung gem. § 2 Nr. 6 I 2 VOB/B angemeldet hat. Soweit sie eine solche Anmeldung belegt hat, sind ihr Mehrkosten zuerkannt worden. Da die Klägerin trotz des sich aus dem Teilurteil ergebenden Hinweises für die übrigen Mehrforderungen weder Anmeldungen dargetan, noch einen Sachverhalt vorgetragen hat, aus dem sich ergibt, dass ausnahmsweise eine Anmeldung nicht erforderlich war, können ihr weitergehende Beträge nicht zuerkannt werden.

Zu Titel 07

Die unter diesem Titel geltend gemachten Mehrkosten in Form von Gehalt sowie Fahrt- und Übernachtungskosten der beiden Projektleiter und des Bauleiters der Klägerin, die dadurch entstanden sein sollen, dass sich die Fertigstellung des Gewerks der Klägerin von Anfang Mai 1999 in den Februar 2000 verzögert hat, kann die Klägerin in Höhe von 12.191, 84 € ersetzt verlangen.

a) Das Landgericht hat auf S. 13 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt, dass der Klägerin insoweit ein Schadensersatzanspruch gem. § 6 Nr. 6 VOB/B zusteht, als sich die Fertigstellung der Arbeiten dadurch verzögert hat, dass die von der Beklagten beizubringenden Architektenpläne verspätet vorgelegt worden sind. Die dagegen gerichteten Angriffe der Anschlussberufung greifen nicht. Soweit die Beklagte aus dem von ihr (GA 308) zitierten Schreiben der p. GmbH vom 16.10.98 (Anl. B 1 = GA 56) herleiten will, die Klägerin habe sich mit der Erstellung der Montagepläne selbst in Verzug befunden, überzeugt dies nicht. Zwar sollte die Klägerin diese Pläne innerhalb bestimmter Fristen erstellen, jedoch war ihre Planung davon abhängig, dass ihr zuvor die Architektenpläne zur Verfügung gestellt wurden. Dass dies nicht rechtzeitig geschehen ist (insbesondere nicht Pläne in endgültiger Form), ergibt sich aus ihren Schreiben vom 15.10. u. 2.11.1998 (Anl. K 5, 6). Diese konkrete Aussage zur Verzögerung bei der Herausgabe endgültiger Architektenpläne greift die Beklagte nicht an, so dass davon auszugehen ist, dass diese Pläne verspätet vorgelegt worden sind und die objektiv verspätete Vorlage der Montagepläne durch die Klägerin nicht von ihr zu vertreten ist, da sie zuvor die endgültige Fassung der Architektenpläne abwarten musste.

b) Soweit das Landgericht eine (verschuldensunabhängige) Haftung der Beklagten für weitere Bauzeitverzögerungen aus der Vorschrift des § 642 BGB hergeleitet hat, kann dem aus den obigen Ausführungen unter 2. zu Titel 03 nicht gefolgt werden. Auch insoweit handelt es sich nicht um einen Schaden, der von dieser Norm erfasst wird.

c) Es kommt somit nur ein Ersatzanspruch der Klägerin für die Zeit vom 5.5. bis 4.6.1999 in Betracht. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die drei Mitarbeiter der Klägerin, für die insoweit Kosten geltend gemacht werden, bei termingerechtem Abschluss der Arbeiten anderweitig zum Einsatz gekommen wären. Die Klägerin hat nämlich durch Vorlage des Auftragsschreibens der H. AG vom 10.5.1999 (Anl. K 85 = GA 344) und der Anlage zum Verhandlungsprotokoll vom 23.4.1999 (Anl. K 87a = GA 360 ff) belegt, dass ein unmittelbarer Anschlussauftrag vorhanden war, so dass es gerechtfertigt ist, nicht nur Fahrt- und Übernachtungskosten als erstattungsfähig anzusehen, sondern auch die entsprechenden Gehaltsanteile.

Insoweit steht der Klägerin damit folgender Ersatzanspruch zu:

Projektleiter Sch. Gehaltsanteil (Anl. K 50) 5.000,96 DM Fahrtkosten (Anl. K 51) 1.320,80 DM Projektleiter Ch. Gehaltsanteil (Anl. K 53) 4.537,75 DM Fahrtkosten (Anl. K 54) 538,72 DM Bauleiter K. Gehalt (Anl. K 55) 7.819,06 DM Fahrtkosten (Anl. K 56) 1.135,68 DM Unterbringungskosten (Anl. K 57) + 580,00 DM 20.932,97 DM ./. 1,8 % Kostenbeteiligung - 376,79 DM 20.556,18 DM + 16 % MWSt + 3.288,99 DM 23.845,17 DM = 12.191,84 €

Die Forderung gem. Titel 08 ist durch das Teilurteil abschlägig beschieden.

Es ergibt sich somit folgende Abrechnung:

Titel 01 1.735.619,90 € Titel 02 Vom LG zuerkannt 254.181,23 € Erfolg Berufung + 1.618,81 € 255.800,04 € 255.800,04 € Titel 06 14.366,85 € Titel 07 + 12.191,84 € 2.017.978,63 € ./. geleistete Zahlungen - 1.970.168,30 € + unstreitige Rechnung 15.7.1999 + 860,40 € 48.670,73 €

Mangels Nachweis eines höheren Verzugsschadens kann die Klägerin nur die jeweiligen gesetzlichen Verzugszinsen gem. §§ 284 I 2, 288 I 1 BGB a.F. und §§ 288, 247 BGB n.F. beanspruchen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 96 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens:

Für die Zeit bis zum Erlass des Teilurteils vom 16.1.2003: 355.113,92 €

für die Zeit danach bis zum 16.6.2003 330.118,47 €

für die Zeit danach 303.812,27 €

Geschäftswert für die Beweisanordnung gem. Beschluss vom 16.1.2003: bis 70.000 €

Ende der Entscheidung

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