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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 13.01.2005
Aktenzeichen: 12 U 220/02
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.10.2002 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln (AZ.: 2 O 401/01) abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten in gleicher Höhe Sicherheit leisten. Die Sicherheitsleistung kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren von den Beklagten die Zahlung von 200.000,--DM zuzüglich Zinsen von 32.264,90 DM (= 118.755,15 €).

Sie hatten am 03.11.1997 bzw. 04.11.1997 bei der Sparkasse W. ein Darlehen über 200.000,--DM aufgenommen, das durch eine Grundschuld auf ihrem Grundstück in W. abgesichert wurde. Der Betrag von 200.000,--DM wurde für die Gestellung einer Kaution für den inhaftierten Lebensgefährten und späteren Ehemann ihrer Tochter, Dr. G. F., dessen Verteidiger die Beklagten waren, benötigt und wurde am 05.11.1997 auf ein Anderkonto der Beklagten überwiesen. Ein weiterer Betrag von 200.000,--DM wurde von der H-Bank für die Kaution zur Verfügung gestellt, die dafür ein notarielles Schuldanerkenntnis des Beschuldigten erhielt und die sich außerdem den hinterlegten Betrag von 200.000,--DM von dem Beschuldigten abtreten ließ. Die Beklagten hinterlegten am 07.11.1997 400.000,--DM bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Köln. Der Beschuldigte F. wurde als Empfangsberechtigter an erster Stelle und an zweiter Stelle das Land Nordrhein Westfalen eingetragen. Nach der Freilassung des Beschuldigten am 07.11.1997 und dessen Tod am 13.03.1999 wurde der Kautionsbetrag in Höhe von 200.000,--DM an die H-Bank und der weitere Betrag von 200.000,--DM an die Volksbank S. freigegeben, die den Rückzahlungsanspruch des Beschuldigten gegenüber der Hinterlegungsstelle bereits am 25.11.1997 hatte pfänden lassen.

Die Kläger haben danach klageweise die Zahlung von 200.000,--DM einschließlich Zinsen von den Beklagten mit der Begründung begehrt, von diesen nicht über die Risiken eines Verlustes des für die Kaution zur Verfügung gestellten Betrages aufmerksam gemacht worden zu sein.

Die Beklagten sind dem entgegen getreten.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 24.10.2002 in vollem Umfang stattgegeben. Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten änderte der Senat durch Urteil vom 19.05.2003 die erstinstanzliche Entscheidung teilweise ab und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 117.540,32 €. In dem von den Beklagten angestrengten Revisionsverfahren hob der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 22.07.2004 das Urteil des Senats auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurück.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen verwiesen sowie das erstinstanzliche Urteil vom 24.10.2002, die Entscheidung des Senats vom 19.05.2003 und das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.07.2004 in Bezug genommen.

Die Parteien verfolgen ihre erstinstanzlichen Anträge, d.h. die Beklagten im Rahmen des Berufungsverfahrens die Klageabweisung und die Kläger ihren Zahlungsantrag von 118.755,15 € und die Zurückweisung der Berufung der Beklagten weiter.

Der Senat hat aufgrund Beschlusses vom 02.12.2004 Beweis erhoben über die Frage, ob die Zeugin Y. sich in einem Telefongespräch Ende Juli 1997 mit dem Beklagten zu 1. nach den Risiken der Kautionsgestellung für ihre Eltern erkundigt und dazu lediglich die Erklärung erhalten hat, ein Verlust des von den Klägern aufzubringenden Betrages von 200.000,--DM komme nur in Betracht, wenn sich der wieder auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte F. dem Strafverfahren durch Flucht entziehen würde, durch Vernehmung der Zeugin Y.

Wegen der Einzelheiten der Zeugenvernehmung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 02.12.2004 verwiesen.

II.

Die formell nicht zu beanstandende Berufung ist nach Durchführung der Beweisaufnahme begründet.

Ein Zahlungsanspruch der Kläger aus einem Auskunftsvertrag zwischen den Parteien ist nicht gegeben. Es lässt sich nämlich nicht feststellen, dass unmittelbar zwischen den Parteien ein Auskunftsvertrag zustande gekommen ist und die Beklagten den Klägern eine unzulängliche Auskunft erteilt haben. Unmittelbare Gespräche zwischen den Parteien zu den Risiken einer Kautionsgestellung haben unstreitig nicht stattgefunden. Die Kläger haben aber auch nicht den Beweis geführt, dass ihre Tochter in ihrem Auftrag an die Beklagten herangetreten ist und in ihrem Namen nach den Risiken der Kautionsgestellung für sie gefragt hat und sich die Beklagten auf die Beantwortung der Frage eingelassen haben. Die von der Zeugin Y dazu abgegebenen Bekundungen anlässlich ihrer Vernehmung lassen Zweifel an ihrer Vollständigkeit und Richtigkeit aufkommen, weil sie teilweise nicht nachvollziehbar und teilweise widersprüchlich sind. Sie sind allerdings auch inhaltlich nicht geeignet, eine entsprechend konkrete Anfrage an die Beklagten und deren Beantwortung mit dem erforderlichen Rechtsbindungswillen zur Überzeugung des Senats zu beweisen. Für die Begründung eines vertraglichen Anspruchs ist nämlich zu fordern, dass die Zeugin Y für die Beklagten erkennbar im Auftrag ihrer Eltern im Juli 1997 um verbindliche Auskunft über die Risiken der Kautionsgestellung gebeten hat und die Beklagten ihrerseits eine verbindliche Auskunft dazu erteilen wollten.

Es kann zwar nach den Gesamtumständen davon ausgegangen werden, dass die Zeugin mit einem oder beiden Beklagten über die Kautionsgestellung gesprochen und sich an ihre Eltern gewandt hat, um durch sie die erforderlichen Voraussetzungen für eine Freilassung ihres damaligen Lebensgefährten durch Gestellung einer Barkaution zu schaffen. Auch dass sie in diesem Zusammenhang allgemein nach der Bedeutung der Kaution gefragt und auch die Antwort erhalten hat, diese diene der Verhinderung einer Flucht, bei einer Flucht verfalle die Kaution, kann angenommen werden. Weitergehende rechtsverbindliche Auskünfte sind durch die Zeugenaussage indes nicht bewiesen.

Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Sachverhaltsschilderung der Zeugin ergeben sich bereits aus dem Umstand, dass sie mehrere Gespräche mit den Beklagten zu der beweiserheblichen Frage geführt haben will, ohne sich allerdings daran erinnern zu können, wann, wo, d.h. persönlich oder telefonisch, und mit wem sie im Einzelnen Kontakt aufgenommen hat. So hat sie erklärt, mit beiden Beklagten sowohl in deren Büro als auch telefonisch die Fragen zur Kaution erörtert zu haben. Die Risiken sind nach ihrer Schilderung dann nicht nur im Rahmen der Gestellung einer Kaution durch Bürgschaft, sondern auch später für die Barkaution erfragt worden. Über weitere technische Einzelheiten sei nicht gesprochen worden. Im Hinblick auf den Zeitablauf von nunmehr immerhin rund 7 Jahren seit den maßgeblichen Vorfällen ist nachvollziehbar und verständlich, dass sich die Zeugin nicht mehr an konkrete Zeitpunkte der Gespräche erinnern konnte. Dies allein lässt noch nicht Zweifel an dem Inhalt der Zeugenaussage aufkommen. Mit den wenig konkreten Angaben zu den einzelnen Gesprächen korrespondiert indes nicht, dass aber zu der hier entscheidungserhebliche Frage, nämlich der Frage der Risiken der Kautionsgestellung für die Eltern, ein dezidiertes Erinnerungsvermögen vorlag. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die Zeugin als damalige Lebensgefährtin des Inhaftierten ein erhebliches Interesse an dessen Freilassung hatte und es ihr in erster Linie auf die Freilassung angekommen sein dürfte. Die Frage der Kautionsgestellung und deren Verwirklichung ist daher insbesondere unter diesem Blickwinkel zu sehen. Nach eigenen Angaben war der Zeugin bewusst, dass ihr Lebensgefährte nicht über ausreichende eigene Mittel zur Kautionsgestellung verfügte. In dieser Situation hat sie sich an ihre Eltern gewandt, so dass ihr vorrangig an der Schaffung der Voraussetzungen für eine Freilassung lag. Dies zeigt sich auch darin, dass nach ihren Angaben die Rückzahlung der Kaution kein Thema zwischen dem Beschuldigten und ihr gewesen sein soll. Ob sie gleichwohl die Beklagten mehrfach ausdrücklich im Auftrag ihrer Eltern nach den Risiken befragt hat, obwohl sicherlich ein einmaliges Befragen ausgereicht hätte und andere Fragen, nämlich die Freilassung im Vordergrund standen und sie Einzelheiten zu den Gesprächen nicht machen konnte, ist daher zu bezweifeln.

Auch die weiteren Angaben der Zeugin überzeugen nicht. So hat sie bekundet, bei Besuchen in der Haftanstalt mit dem Beschuldigten weder über das Strafverfahren noch über die Kaution gesprochen zu haben. Andererseits hat sie eingeräumt, dass dieser von der Hilfe der Eltern Kenntnis hatte. Dann muß sie aber auch mit ihm über die Kaution gesprochen haben, anderenfalls nicht erklärlich ist, woher sie ihrerseits die Erkenntnis nimmt, dass der Beschuldigte über die Umstände der Kautionsgestellung informiert war. Im Übrigen wäre es auch wirklichkeitsfern, wenn weder das Ermittlungs- bzw. Strafverfahren noch die Kaution Inhalt ihrer Gespräche gewesen sein sollte.

Schließlich deutet auch der Umstand, dass die Zeugin und ihre Eltern zunächst anwaltlichen Rat bei dem Vertreter der H. Bank, Rechtsanwalt H., und anschließend bei einem weiteren Rechtsanwalt in L. gesucht haben, darauf hin, dass eine unzulängliche anwaltliche Beratung durch die Beklagten nicht im Raume stand. Ansonsten hätte es nahe gelegen, sich direkt an die Beklagten zu wenden und Ansprüche geltend zu machen.

Wenn schon Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Zeugenaussage bestehen, so reichen die Bekundungen der Zeugin auch inhaltlich nicht für die Annahme, dass ein vertraglichen Auskunftsverhältnis zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Es kann den Erklärungen der Zeugin nämlich nicht entnommen werden, dass sie gegenüber den Beklagten zum Ausdruck gebracht hat, ausdrücklich im Auftrag ihrer Eltern nach den Risiken zu fragen und für diese eine rechtsverbindliche Antwort zu erwarten. Der Inhalt ihrer Aussage ergibt nämlich nur, dass sie allgemein die Beklagten zur Bedeutung der Kaution befragt hat, ohne dass hinreichend deutlich wird, ob dies als Lebensgefährtin des Inhaftierten oder auch im Namen ihrer Eltern geschehen ist. Da die Beklagten als Vertreter des Beschuldigten zunächst dessen Interessen zu vertreten hatten, bedarf es hinreichend sicherer Anhaltspunkte dafür, dass sie gleichzeitig auch die Kläger beraten wollten. Der objektive Inhalt der von der Zeugin bekundeten Erklärungen lässt einen solchen Schluss nicht zu. Weitere Umstände, aus denen sich ein entsprechender Vertragsabschluß herleiten ließe, sind nicht vorgetragen und ersichtlich.

Damit fehlt es an einem Beweis für die Annahme eines vertraglichen Auskunftsverhältnisses zwischen den Parteien, aus dem ein Zahlungsanspruch hergeleitet werden könnte.

Der Schriftsatz der Kläger vom 11.01.2005 gibt keine Veranlassung zur Verlegung des Spruchtermins oder Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Der gegnerische Schriftsatz vom 06.01.2005 beinhaltet lediglich Ausführungen zur Beweiswürdigung. Eine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme ist für beide Parteien jederzeit möglich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 100 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat, nachdem der Bundesgerichtshof zum Anspruchsgrund bereits eine Entscheidung getroffen hat, keine grundsätzliche Bedeutung mehr noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, weil nunmehr ausschließlich Fragen der Beweiswürdigung im Raume stehen.

Berufungsstreitwert und Beschwer der Kläger: 118.755,16 €

Ende der Entscheidung

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