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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.06.2008
Aktenzeichen: 12 UF 17/08
Rechtsgebiete: VAÜG, ZPO, GKG


Vorschriften:

VAÜG § 2 Abs. 1 S. 2
ZPO § 538
ZPO § 621 e Abs. 3
GKG § 21 Abs. 1 S. 1
GKG § 49 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I.

Auf die (befristete) Beschwerde der Antragstellerin vom 19.2. 2008 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 9.1.2008 (20 F 248/05) zum Versorgungsausgleich aufgehoben. Die Entscheidung zum Versorgungsausgleich wird, soweit hiervon lediglich die Anwartschaften der Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung betroffen sind, wie folgt neu gefasst:

Vom Versicherungskonto Nr. XXX1 des Antragsgegners bei der E. werden auf das Versicherungskonto Nr. XXX2 der Antragstellerin bei der E. Rentenanwartschaften von monatlich 77,44 EUR, bezogen auf den 31. 07. 2005, übertragen.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Hinsichtlich der Berücksichtigung der Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 3), der W. wird das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückverwiesen; das Verfahren ist insoweit ausgesetzt.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Im Übrigen obliegt dem Familiengericht die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

II.

Beschwerdewert: 2.000 €

Gründe:

Die zulässige befristete Beschwerde der Antragstellerin führt zur teilweisen Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Bei der Berechnung zum Versorgungsausgleich war dem Amtsgericht ein Eingabefehler unterlaufen. Zutreffend war die in der Ehezeit (1.3.1994 bis 31.7.2005) erworbene Anwartschaft der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung mit 170,22 Euro und die des Antragsgegners mit 325,09 Euro in die Berechnung zum Versorgungsausgleich eingestellt worden. Unzutreffend war jedoch die Berücksichtigung einer Versorgungsanwartschaft bei der W. in monatlicher Höhe von 68,08 Euro auf Seiten der Antragstellerin. Diese Anwartschaft hat der Antragsgegner während der Ehezeit erworben. Daher hatte das Amtsgericht zu Gunsten der ausgleichsberechtigten Antragstellerin lediglich eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 66,89 Euro übertragen.

Da die ausgleichsberechtigte Antragstellerin lediglich über ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt, das geringer als das des ausgleichspflichtigen Antragsgegners ist, kann wegen des Ausgleichs dieser Anwartschaften insoweit eine Teilentscheidung des Senats ergehen.

Die Wertdifferenz zwischen der Anwartschaft der Antragstellerin in Höhe von 170,22 Euro und die des Antragsgegners in Höhe von 325,09 Euro beträgt 154,87 Euro. Die Antragstellerin ist berechtigt, hälftigen Ausgleich in Höhe von 77,44 Euro durch Übertragung von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung zu verlangen (§ 1587 b Abs. 1 BGB).

Soweit von der angefochtenen Entscheidung die Anwartschaft des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 3), der W. und der Länder, betroffen ist, war der Beschluss aufzuheben und das Verfahren ist in diesem Umfang an die erste Instanz zurückzuverweisen. Insoweit kann derzeit ein Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden.

Der BGH hat durch Urteil vom 14.11.2007 - IV ZR 74/06 (vgl. Leitsätze in FamRZ 2008, 395) die in der seit dem 1.1.2002 gültigen Satzung der Beteiligten zu 3) enthaltene Regelung über die Startgutschriften rentenferner Versicherter wegen Verstoßes gegen Art. 3 I GG für unwirksam erklärt. Eine den Vorgaben der Entscheidung entsprechende Neufassung der Satzung ist bislang nicht erfolgt, so dass ungewiss ist, wie hoch die Anrechte des Antragstellers bei der Beschwerdeführerin letztlich zu veranschlagen sind. Da die geschiedenen Eheleute zu den sog. rentenfernen Jahrgängen (Vollendung des 55. Lebensjahrs nach dem 1.1.2002) gehören, die Ehe vor dem 1.1.2002 geschlossen wurde und eine Versorgung bei der Beteiligten zu 3) am 1.1.2002 noch nicht bezogen wurde, ist eine Durchführung des Versorgungsausgleichs hinsichtlich der Anwartschaften bei der Beteiligten zu 3) derzeit nicht möglich (vgl. Borth FamRZ 2008, 326). Dieser Umstand nötigt jedoch nicht dazu, die Entscheidung zum Versorgungsausgleich insgesamt bis zur Neuregelung des Versorgungssystems durch die Beteiligte zu 3) auszusetzen. Denn da die ausgleichsberechtigte Antragstellerin lediglich über ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt, das geringer als das des ausgleichspflichtigen Antragsgegners ist, konnte insoweit, wie auch geschehen, eine Teilentscheidung ergehen; diese wird wegen des getrennt durchzuführenden Ausgleichs in den beiden Versorgungssystemen durch die Zusatzversorgung des Antragstellers nicht beeinflusst (vgl. Borth a.a.O. 327).

Im Übrigen ist eine abschließende Entscheidung zum Versorgungsausgleich aus den dargestellten Gründen nicht möglich. Es ist auch nicht abzusehen, wann die Satzungsänderung erfolgen wird. Im Anschluss an die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 28.12.2007, abgedruckt in NJW 2008, 1393 sowie OLG Köln, Beschluss vom 14.4.2008, Az. 27 UF 20/08 ist der Senat der Auffassung, dass in Fällen dieser Art entsprechend der Regelung in § 2 I 2 VAÜG eine Aussetzung des Verfahrens zu erfolgen hat (vgl. auch die Regelung in § 53c FGG). Für die vergleichbaren Fälle der Aussetzung nach dem VAÜG ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben, die Sache zurückzuverweisen und zugleich die Aussetzung auszusprechen ist (OLG Köln, Beschluss vom 14.4.2008, Az. 27 UF 20/08; OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 1155 mwN). Für die Zurückweisung bedarf es keines Antrags eines der Beteiligten, da § 621 e Abs. 3 ZPO nicht auf § 538 ZPO verweist, der ein solches Antragserfordernis vorsieht (vgl. OLG Stuttgart, NJW 2008, 1393; OLG Köln, FamRZ 2005, 1921 f; aA Zöller-Philippi, ZPO, 26. Aufl, § 621 e Rz 77). Wenn die Neufassung der Satzung der Beschwerdeführerin in Kraft tritt, wird das Amtsgericht sodann die Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Übrigen zu treffen haben.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren sind gem. § 21 I 1 GKG nicht zu erheben.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 49 Nr. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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