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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 16.01.2002
Aktenzeichen: 13 U 102/01
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 711 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Anlage zum Protokoll vom 16. Januar 2002
Verkündet am 16. Januar 2002
In dem Berufungsrechtsstreit
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 19. Dezember 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Eßer, des Richters am Oberlandesgericht Hentschel und des Richters am Amtsgericht Bröder
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts A. vom 27. März 2001 - 12 O 487/00 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils gegen ihn vollstreckbaren Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Mit notariellem Kaufvertrag vom 02.07.1993 erwarb der Kläger, vertreten durch die von ihm hierzu mit notarieller Urkunde vom 21.06.1993 bevollmächtigte "R.R.I. Vermögensberatungs GmbH", von der "I.Immobilien Handel & Verwaltungs-Gesellschaft mbH" eine Eigentumswohnung in dem Objekt S./T.Straße 299 in A. zum Kaufpreis von 84.600,00 DM. Zur Finanzierung des Erwerbs nahm der Kläger bei der Beklagten unter Vermittlung eines Herrn K.E., der ihm auch das Anlageobjekt angedient hatte, zwei Darlehen auf.
Der Kläger hat behauptet, die Eigentumswohnung sei ihm von Herrn E. zusammen mit der Finanzierung durch die Beklagte als saniertes Anlageobjekt empfohlen worden; tatsächlich habe es sich jedoch um eine unsanierte, in diesem Zustand kaum vermietbare Altbauwohnung gehandelt. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben des Vermittlers sowie darauf, dass die Beklagte die Werthaltigkeit des Objekts geprüft habe, habe er die Kreditanträge blanko unterzeichnet.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe ihm gegenüber bestehende Aufklärungspflichten verletzt und müsse sich das Verhalten des Anlage- und Kreditvermittlers zurechnen lassen, mit der Folge, dass die abgeschlossenen Darlehensverträge unwirksam seien und die Beklagte verpflichtet sei, ihm allen aus der fehlenden Beratung entstandenen Schaden zu ersetzen.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass die zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Darlehensverträge Nr. und Nr. unwirksam sind,
2. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz sämtlichen, aus einer fehlenden Beratung bezüglich des Erwerbs der Eigentumswohnung Nr. 110, T. Straße 299, A., entstandenen Schadens verpflichtet ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, die R. GmbH und deren Untervermittler E. seien im Rahmen der Finanzierungsvermittlung als Erfüllungsgehilfen des Klägers anzusehen; jedenfalls seien ihr etwaige falsche Angaben des Vermittlers zum Anlageobjekt im Rahmen der Finanzierungsvermittlung nicht zuzurechnen.
Mit Urteil vom 27. März 2001, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter. Er meint, eine Haftung der Beklagten ergebe sich bereits daraus, dass sie unter Verzicht auf eine persönliche Kontaktaufnahme die gesamte Anbahnung der Darlehensverträge dem Kredit- und Anlagevermittler überlassen und damit in "kollusivem Zusammenwirken" mit dem Vermittler den Immobilienerwerb und dessen Finanzierung als Gesamtpaket offeriert habe.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen,
1. dass die zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Darlehensverträge Nr. und Nr. unwirksam sind,
2. dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz sämtlichen aus einer fehlenden Beratung bezüglich des Erwerbes der Eigentumswohnung Nr. 110, T. Straße 299, A., entstandenen Schadens verpflichtet ist.
Die Beklagte beantragt,
1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
2. hilfsweise ihr zu gestatten, eine gemäß § 711 ZPO zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zulässige Sicherheitsleistung auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Angriffen der Berufung entgegen.
Wegen aller Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Da der Kläger mit der Berufung in tatsächlicher Hinsicht weiterhin keine Umstände aufzeigt, die zu einer von der angefochtenen Entscheidung abweichenden Beurteilung seiner Rechtsverfolgung führen könnten, und auch in rechtlicher Hinsicht keine neuen Gesichtspunkte aufzeigt, kann im Wesentlichen auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils sowie auf die Rechtsausführungen im Urteil des Senats vom 21.03.2001 - 13 U 124/00 - (OLGR 2001, 382 = ZIP 2001, 1808) verwiesen werden. Ergänzend sei zu den Berufungsangriffen lediglich noch angemerkt:
1. Allein aus dem fehlenden persönlichen Kontakt der Beklagten zum Kläger, der diesen Kontakt erklärtermaßen auch nicht gesucht hat, lässt sich kein "kollusives Zusammenwirken zwischen dem Vermittler der Immobilie und der Beklagten" herleiten, wie die Berufung (Seite 3 der Berufungsbegründung) ebenso substanzlos annimmt wie die angeblich "enge" Zusammenarbeit der Beklagten mit dem Vermittler E. (Seite 4 der Berufungsbegründung) und diesem angeblich eingeräumte "weitreichende Möglichkeiten der Anlagefinanzierung" (Seite 2 des Schriftsatzes vom 08.11.2001). Immerhin will der Kläger selbst nicht behaupten, "dass die Beklagte über den Zeugen E. an ihn herangetreten sei" (Seite 4 des Schriftsatzes vom 08.11.2001). Es besteht daher auch keine Tatsachengrundlage für eine Hinweis-, Aufklärungs- oder gar Beratungsverpflichtung der Beklagten über die zu finanzierende Immobilie.
2. Ob der Immobilien- und Finanzierungsvermittler E. schon gar nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten angesehen werden kann, weil - so das Landgericht - "seine Tätigkeit nicht über eine Ausfüll- und Botentätigkeit in Bezug auf die Darlehensanträge hinausgeht", mag dahinstehen. Zurechnen lassen muss sich die Bank das Verhalten derjenigen Personen, derer sie sich als Verhandlungsgehilfen bei der Finanzierung bedient hat, jedenfalls nur für den Bereich, der die Anbahnung des Kreditvertrages betrifft, nicht indessen für den Bereich, der den Erwerb des Objekts betrifft (sog. Trennungstheorie - hierzu verhält sich das o.a. Senatsurteil näher unter 2. e) der Entscheidungsgründe). Aus dem etwaigen Wissen der Beklagten, dass Objekt- und Finanzierungsvermittlung in einer Hand lagen, kann nicht hergeleitet werden, dass "die Beklagte für die Erklärungen des Vermittlers nicht nur im Rahmen des Darlehensvertrages, sondern auch im Rahmen des Kaufvertrages einstehen" müsse (Seite 5 der Berufungsbegründung, Bl. 151, letzter Absatz). Das hat der Senat a.a.O. im Anschluss an die Darstellung der jüngsten BGH-Rechtsprechung zur beschränkten Zurechnung nach Pflichtenkreisen mit den Worten zum Ausdruck gebracht:
"Damit ist zugleich der mit der Berufung vorgenommene Versuch, den Vertrieb der Immobilie betreffende Aufklärungspflichten über die allgemeine Verpflichtung zur Unterlassung von Täuschungen auch dem Pflichtenkreis der Bank zuzurechnen und auf diesem Wege - gewissermaßen durch die Hintertür - die haftungsrechtliche Trennung in Pflichtenkreise zu unterlaufen, zum Scheitern verurteilt".
3. Dasselbe gilt für den Versuch, aus dem die Finanzierungsvermittlung einschließenden "Komplettangebot" des Immobilienvertriebs bereits einen Einwendungsdurchgriff unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher Einheit von Kauf- und Darlehensvertrag herleiten zu wollen. Dies hat der Senat (a.a.O., unter 2 f. der Entscheidungsgründe) unter Hinweis auf die OLG- und BGH-Rechtsprechung mit den Worten zusammengefasst:
"Bei Grundstückskäufen liegt die erforderliche innere Verknüpfung von Erwerbsgeschäft und Kreditgewährung nicht schon darin, dass dem Käufer ein zweckgebundenes Darlehen gewährt wird; denn beim Immobilienkauf weiß auch der rechtsunkundige und geschäftsunerfahrene Laie, dass Kreditgeber und Grundstücksverkäufer in der Regel verschiedene Personen sind. Deshalb kommt eine hinreichende wirtschaftliche Verflechtung beider Rechtsgeschäfte nur in Betracht, wenn sich der Darlehensgeber nicht mit seiner Finanzierungsrolle begnügt, sondern Funktionen des Verkäufers (wie Werbung, Vertrieb und rechtliche Ausgestaltung der Geschäfte) im Zusammenhang mit diesem in einer Weise und in einem Umfang wahrnimmt, dass die Berufung auf die rechtliche Selbständigkeit des Darlehensvertrages gegen Treu und Glauben verstößt".
4. Das in tatsächlicher Hinsicht unergiebige Vorbringen des Klägers bietet auch nicht ansatzweise diesen Anforderungen entsprechende Anhaltspunkte für einen allgemeinen Einwendungsdurchgriff oder eine Erfüllungsgehilfenhaftung der Beklagten. Die pauschalen Angaben des Klägers zur Beschaffenheit der Eigentumswohnung (wie äußerst schlechter, komplett unsanierter Zustand) lassen auch nicht erkennen, inwiefern die Beklagte bei einem Vergleich von Kaufpreis und Wert des Objekts von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Klägers durch den Verkäufer und dessen Vertriebsbeauftragte hätte ausgehen müssen. Kenntnisse der Bank über den Zustand des zu finanzierenden Objekts und über die Unangemessenheit des Kaufpreises begründen regelmäßig keinen Wissensvorsprung, der zur Aufklärung des Kreditsuchenden verpflichtet (BGH, NJW 2000, 2352). Eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit ist - wie auch in sonstigen Fällen - regelmäßig erst dann begründet, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung ist. Dafür lässt sich dem Vorbringen des Klägers indessen nichts entnehmen. Über eine etwaige Überteuerung der Eigentumswohnung, die unterhalb dieser Grenze bleibt, hätte nicht einmal die Verkäuferin aufklären müssen, geschweige denn die finanzierende Bank.
5. Der Kläger legt auch nicht dar, dass er sich vom Kaufvertrag über die Eigentumswohnung gelöst hat oder lösen will. Die Antragstellung und die hierfür gegebene Begründung (Seite 4 der Klageschrift: "Die Höhe des entstandenen Schadens kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffert werden, da nicht beurteilt werden kann, welche Kosten bei einer Sanierung der Wohnung entstehen bzw. was für einen Verkaufserlös die Immobilie im jetzigen Zustand erzielen würde".) lassen vielmehr eher darauf schließen, dass er an dem Erwerb der Eigentumswohnung festhalten und lediglich den Differenzschaden geltend machen will. Darauf braucht hier jedoch nicht weiter eingegangen zu werden.
6. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO.
Streitwert der Berufung und Beschwer des Klägers durch dieses Urteil: 88.000,00 DM (wie im angefochtenen Urteil)
Ende der Entscheidung
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