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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 31.01.2001
Aktenzeichen: 13 U 114/00
Rechtsgebiete: BGB, BörsO, WpHG, BörsG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
BörsO § 34 Abs. 1
BörsO § 33 a.F.
WpHG § 31
WpHG § 35 Abs. 2
WpHG § 32
WpHG § 31 Abs. 2 Nr. 2
BörsG § 54 a.F.
BörsG § 53 Abs. 2 n.F.
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 344
ZPO § 91a
ZPO § 108
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 114/00 16 O 455/98 (LG Köln)

Anlage zum Protokoll vom 31. Januar 2001

Verkündet am 31. Januar 2001

Hilgers, J.H.S.'in als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Berufungsrechtsstreit

pp.

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Eßer, des Richters am Oberlandesgericht Hentschel und des Richters am Landgericht Dahl

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 7. Januar 2000 und das Versäumnisurteil desselben Gerichts vom 26. Februar 1999 - 16 O 455/98 - wie folgt abgeändert:

1. Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird festgestellt, dass dem Beklagten weder wegen Nichtfortführung von Dax-Optionsgeschäften nach dem 19.06.1998 noch aus den von ihm in der Zeit vom 27.11.1997 bis 19.06.1998 bei der Klägerin getätigten Dax-Optionsgeschäften ein - nach Aufrechnung mit der Klageforderung - über 108.708,57 DM hinausgehender Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin zusteht.

2. Der Beklagte hat die durch seine Säumnis im Termin vom 26. Februar 1999 veranlassten Kosten zu tragen. Von den übrigen Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 26% und der Beklagte 74% zu tragen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens fallen ebenfalls der Klägerin 26% und dem Beklagten 74% zur Last, mit Ausnahme der Gebühren für dieses Urteil, die beiden Parteien je zur Hälfte auferlegt werden.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beide Parteien dürfen die Sicherheiten auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines in Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbringen.

Tatbestand

Der Beklagte, der über langjährige Erfahrungen in Dax-Optionsgeschäften verfügt und solche Geschäfte an der Deutschen Terminbörse auch über andere Banken tätigte, schloss am 06.11.1997 mit der klagenden Bank eine "Rahmenvereinbarung über die Abwicklung von Börsentermingeschäften" (Bl. 30/31 GA) unter Einbeziehung der "Sonderbedingungen für Börsentermingeschäfte" (Bl. 34/35 GA) ab und unterzeichnete die Informationsschrift "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" (Bl. 71/72 GA). Am 25.11.1997 eröffnete er bei der Klägerin ein Kontokorrentkonto, auf das er zur Sicherheit ("M.") für die ab dem 27.11.1997 bei der Klägerin hauptsächlich getätigten Dax-Optionsgeschäfte Einzahlungen leistete, die in der Folge in Festgeldanlagen und Inhaberschuldverschreibungen umgewandelt wurden. Die vom Beklagten bei der Klägerin unterhaltenen freien Vermögenswerte schwankten dann zwischen rd. 397.000,00 DM (am 30.12.1997) und 692.000,00 DM (Anfang April 1998). Diese der Klägerin haftenden Vermögenswerte überstiegen zwar durchweg die in den Depotauszügen der Klägerin ausgewiesene M./LINIE, die sich von anfangs 70.000,00 DM auf schließlich 260.000,00 DM erhöhte, entsprachen jedoch ab März 1998 nicht mehr dem ausgewiesenen MARGINERFORDERNIS, das im April 1998 auf mehr als 1 Mio. DM anstieg.

Wegen der Unterdeckung kam es zu mehreren Gesprächen zwischen dem Beklagten und Mitarbeitern der Klägerin. Die Klägerin drohte dem Beklagten schließlich die Glattstellung des Depots an, falls er die Sicherheiten für die bereits getätigten Geschäfte nicht im Verhältnis 1:1 dem Marginerfordernis anpasse, und machte die Zulassung weiterer Optionsgeschäfte des Beklagten davon abhängig, dass er in Zukunft Sicherheit in dreifacher Höhe leiste. Als der Beklagte diesen Anforderungen nicht nachkam, schloss die Klägerin in der Zeit vom 19.06. - 23.06.1998 alle offenen Positionen des Depots des Beklagten unter Verwertung der Sicherheiten. Da der Beklagte auch der Aufforderung zum Ausgleich der ungenehmigten Überziehung seines Kontokorrentkontos nicht nachkam, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 24.07.1998 den Kontokorrentkredit und den Kontovertrag.

Der per 21.08.1998 auf diesem Konto bestehende Sollsaldo in Höhe von 50.241,43 DM nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz seit dem 22.08.1998 ist Gegenstand der Klage und des am 26.02.1999 gegen den Beklagten ergangenen Versäumnisurteils, gegen das dieser fristgemäß Einspruch eingelegt hat. Der Beklagte hat gegenüber der durch das Versäumnisurteil titulierten Klageforderung die Aufrechnung mit einer auf 614.475,00 DM bezifferten Schadensersatzforderung erklärt und sich wegen des Restbetrages in Höhe von 564.233,57 DM die Erhebung einer Widerklage vorbehalten.

Der Beklagte hat seine Schadensersatzforderung darauf gestützt, dass die Klägerin es versäumt habe, rechtzeitig auf der Hingabe weiterer Sicherheiten zu bestehen. Er habe deshalb darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin auch künftig weitere Optionsgeschäfte trotz bestehender Unterdeckung zulasse. Im Übrigen sei er nach Maßgabe einer am 03.06.1998 mit dem Vorstand der Klägerin getroffenen Vereinbarung zur Anpassung der Sicherheiten an das Marginerfordernis im Verhältnis 1:1 bereit gewesen. Dazu sei es nur deshalb nicht mehr gekommen, weil die Klägerin mit Schreiben vom 03.06.1998 ihre mündlichen Zusagen abgeändert und kurze Zeit später erklärt habe, keine neuen Geschäfte des Beklagten mehr zuzulassen, durch die er den drohenden Verlust hätte vermeiden können.

Die Klägerin hat daraufhin ihre Zahlungsklage um eine negative Feststellungsklage wegen der vom Beklagten einer Widerklage vorbehaltenen weiteren Schadensersatzforderung erweitert. Sie hat nunmehr beantragt,

1. das Versäumnisurteil vom 26.02.1999 aufrecht zu erhalten,

2. festzustellen, dass dem Beklagten gegen die Klägerin ein wegen der Nichtfortführung von Dax-Optionsgeschäften nach dem 19.06.1998 resultierender Schadensersatzanspruch von 564.233,57 DM nicht zusteht.

Der Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 26.02.1999 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Mit Urteil vom 07.01.2000, auf das verwiesen wird, hat das Landgericht nach den Anträgen der Klägerin erkannt. Mit der form- und fristgerechten Berufung verfolgt der Beklagte seine Rechtsverteidigung weiter.

Der Beklagte sieht die Pflichtverletzung der Klägerin jetzt in erster Linie darin, dass sie ihn nicht richtig und zeitnah über die notwendigen Sicherheiten informiert habe. Wäre dies geschehen, hätte er spätestens zwischen dem 13.03.1998 und 24.03.1998 keine weiteren Geschäfte mehr getätigt und bestehende Kontrakte geschlossen. Hierzu hätte er am 24.03.1998 einen Betrag von 292.100,00 DM aufwenden müssen. Unabhängig davon habe die Klägerin ohnehin keine Geschäfte über die Sicherheitenlinie hinaus zulassen dürfen, vielmehr, wenn die Sicherheiten nicht auf Anforderung sofort erhöht wurden, die Kontrakte zur Vermeidung weiterer ungedeckter Verluste schließen müssen. Im einen wie im anderen Fall wären ihm von seinen am 24.03.1998 bei der Klägerin deponierten Vermögenswerten in Höhe von 610.000,00 DM noch 317.900,00 DM verblieben.

Der Beklagte hat in der Berufungsverhandlung die Erklärung abgegeben, dass er einen über den jetzt auf 317.900,00 DM berechneten Mindestschaden hinausgehenden Schadensersatzanspruch nicht geltend mache. Daraufhin hat die Klägerin ihre negative Feststellungsklage in Höhe des überschießenden Betrages bis zu 564.233,57 DM mit Kostenantrag zu Lasten des Beklagten für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich sinngemäß der Teilerledigungserklärung angeschlossen und beantragt im Übrigen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils und unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 26.02.1999 die Klage abzuweisen sowie ihm zu gestatten, eine etwaige Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank zu erbringen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volks- oder Raiffeisenbank zu leisten.

Sie behauptet: Als der Beklagte ihr am 17.03.1998 den Auftrag erteilt habe, 100 Kontrakte "O-DAX-Call My Basis 5100" zu verkaufen, um mit der hierdurch erzielten Prämie am 20.03.1998 zu bedienende 50 "O-DAX-Calls Basis 4800" zu begleichen, habe ihr Mitarbeiter H. den Beklagten bereits telefonisch darauf hingewiesen, dass die Margin-Verpflichtung durch diesen Verkauf sowie die Entwicklung der Geschäfte aus Februar 1998 die bei der Klägerin unterhaltenen Guthaben erheblich übersteigen würde und deshalb unverzüglich weitere Sicherheiten bereit gestellt werden müssten. Der Beklagte habe ihr daraufhin für Ende Mai/Anfang Juni 1998 eine Zahlung von ca. 1,18 Mio DM aus dem Verkauf von Eigentumswohnungen in D. in Aussicht gestellt. Im Gespräch vom 09.04.1998 sei der Beklagte erneut auf das Erfordernis ergänzender Sicherheiten mit der Androhung, anderenfalls sämtliche Positionen zu schließen, hingewiesen worden. Angesichts der vom Beklagten mit einer Vermögensaufstellung vom 08.04.1998 (Bl. 55 GA) dokumentierten Bonität und der angekündigten Zahlung von 1,18 Mio DM habe sie zunächst weitere Geschäfte des Beklagten zugelassen. Immer dann, wenn sich die wenigen Gelegenheiten eines schadlosen Ausstiegs boten, so Ende April und Ende Mai/Anfang Juni 1968, habe ihr Mitarbeiter H. dem Beklagten vergeblich hierzu geraten. Da auch die angekündigte Erhöhung der Sicherheitsleistung ausgeblieben sei, habe sie schließlich weitere Geschäfte des Beklagten nicht mehr zulassen können und dessen Depot zwangsweise schließen müssen.

Wegen aller Einzelheiten des beiderseitigen Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg. Der vom Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist wegen fahrlässiger Schlechterfüllung der Vertragspflichten, die der Klägerin ihm gegenüber bei der Ausführung der Börsentermingeschäfte oblagen, dem Grunde nach gerechtfertigt. Bei pflichtgemäßem Verhalten hätte die Klägerin die unbesicherten Aufträge des Beklagten vom 17. und 20.03.1998 nicht mehr ausführen dürfen und infolge fehlender Nachschüsse spätestens zum 24.03.1998 alle offenen Positionen des Beklagten mit einem Aufwand von 292.100,00 DM schließen müssen; dann wären dem Beklagten von den damals bei der Klägerin unterhaltenen Vermögenswerten in Höhe von unstreitig 610.000,00 DM noch 317.900,00 DM verblieben.

Der Beklagte muss sich jedoch ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen, so dass die Klägerin ihm nur einen Schadensausgleich in Höhe von 158.950,00 DM schuldet. Nach Aufrechnung mit der unstreitigen Klageforderung auf Ausgleich des Kontokorrentsaldos in Höhe von 50.241,43 DM verbleibt somit ein restlicher Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen die Klägerin in Höhe von 108.708,57 DM. Soweit sich der Beklagte jetzt noch eines weitergehenden Schadensersatzanspruchs berühmt, ist die negative Feststellungsklage der Klägerin begründet. Die Formulierung des Feststellungsantrages durch die Klägerin ist allerdings noch an der ursprünglichen Schadensberühmung durch den Beklagten ausgerichtet (wegen Nichtfortführung von Dax-Optionsgeschäften nach dem 19.06.1998) und im Gegensatz zu den inhaltlichen Ausführungen nicht der veränderten Begründung des Schadensersatzanspruchs durch den Beklagten in der Berufungsinstanz angepasst worden. Der Senat hat den Feststellungsausspruch daher in sinngemäßer Auslegung des Feststellungsbegehrens entsprechend ergänzt. Das liegt auch im Interesse des Beklagten, weil damit zugleich Grund und Höhe seines Schadensersatzanspruchs mit materieller Rechtskraftwirkung festgestellt ist.

I.

Hinsichtlich der Frage, welche Pflichten der Bank gegenüber dem Kunden obliegen, wenn die für Optionsgeschäfte (hier im Wesentlichen Geschäfte mit Optionen auf den deutschen Aktienindex - O-DAX) vom Kunden zu leistenden Sicherheiten nicht mehr ausreichen, beschränkt sich die Zivilkammer im angefochtenen Urteil auf den Wortlaut der in Ziffern 3.2 und 4.1 der mit der Rahmenvereinbarung vom 06.11.1997 Vertragsbestandteil gewordenen "Sonderbedingungen für Börsentermingeschäfte" enthaltenen Regelung, dass die Bank von ihrem Kunden die Stellung (weiterer) Sicherheiten verlangen könne, und begnügt sich mit der offenbar ebenfalls allein am Wortlaut orientierten Feststellung, dass die Bank dies nicht müsse. Das wird den Umständen nicht gerecht.

1. Es braucht hier nicht weiter darauf eingegangen zu werden, ob § 34 Abs.1 der Börsenordnung für die Deutsche Terminbörse (i.d.F. vom 16.12.1994) und das hierzu ergangene Rundschreiben vom 16.08.1995 sowie §§ 31, 32 WpHG und die Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel vom 26.05.1997 neben dem im Vordergrund stehenden Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, der den überindividuellen Anlegerschutz mit einschließt, auch den Schutz der Individualinteressen des einzelnen Anlegers bezwecken und damit Schutzgesetzcharakter i.S.d. § 823 Abs.2 BGB haben (vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., Rdz. 8.208 ff. und 15.72 ff.; Assmann/Schneider, WpHG, 2. Aufl., Vor § 31 Rdz. 11 ff. und § 31 Rdz. 25a; Almendinger/Tilp, Börsentermin- und Differenzgeschäfte, Rdz. 914 ff.). Die vorgenannten Regelungen haben jedenfalls erhebliche Bedeutung für die Frage, welche Sorgfaltsanforderungen an die mit der Ausführung von Börsentermingeschäften beauftragte Bank in ihrem Verhältnis zum Kunden zu stellen sind.

a) Nach § 34 Abs.1 BörsO ist jeder Börsenteilnehmer der Deutschen Terminbörse (DTB) verpflichtet, von seinen Kunden Sicherheiten und tägliche Abrechnungszahlungen mindestens in der sich nach der Berechnungsmethode der D.B. AG ergebenden Höhe zu verlangen. Schon in dem zu Sicherheitsleistungen von Kunden bei Optionsgeschäften an der DTB ergangenen Rundschreiben vom 29.12.1989 (zu § 33 BörsO a.F.) sind hierzu folgende einzuhaltende Grundsätze festgelegt worden:

* Die Sicherheitsbestellung in Geld durch Einräumung eines Kredits kann nur erfolgen, wenn der Kredit von der Bestellung von banküblichen Sicherheiten abhängig gemacht wird. Die Einräumung eines Blankokredits oder einer ungesicherten Kreditlinie reicht nicht aus.

* Erforderlich ist neben der Krediteinräumung eine Buchung der Sicherheitsleistung für die DTB-Kontrakte auf ein gesondertes Konto (nachfolgend: Marginkonto). Das Unterlassen einer solchen Buchung wäre ein Verstoß gegen § 33 der Börsenordnung für die Deutsche Terminbörse.

* Täglich ist zu überprüfen, ob das Guthaben auf dem Marginkonto zur Abdeckung der täglichen Risikopositionen des Kunden ausreicht. Um gegebenenfalls tägliche Buchungen zu vermeiden, kann der Kunde auch einen höheren als den Mindestbetrag auf das Marginkonto übertragen. Es ist dann lediglich täglich zu prüfen, ob das Guthaben auf dem Marginkonto durch die eingegangene Risikoposition überschritten ist.

* Der Marginbetrag kann auch derart disponiert werden, daß von dem Kreditkonto die tägliche Marginbelastung auf das Marginkonto gebucht wird; Übersicherungen würden dann umgekehrt dem Kreditkonto gutgeschrieben.

* Im übrigen möchten wir darauf hinweisen, daß Sie jeweils im Einzelfall unter Anlegerschutzgesichtspunkten prüfen sollten, in welchem Umfang Privatpersonen die Leistung von Sicherheit (Margin) durch Kreditaufnahme gestattet werden kann.

In dem Rundschreiben vom 16.08.1995 sind diese Grundsätze im Verhältnis zu bestimmten institutionellen Kunden modifiziert worden. Bei der Bestellung von Sicherheiten durch Privatkunden wird jedoch weiterhin im Einzelfall unter Anlegerschutzgesichtspunkten die sorgfältige Prüfung gefordert, ob und in welchem Umfang die Leistung von Sicherheiten durch besicherten Kredit überhaupt gestattet werden kann. Jedenfalls wird "zwingend" eine börsentägliche Verbuchung der Sicherheitsleistungen auf dem separaten Marginkonto verlangt: "Das Unterlassen einer solchen Buchung ist ein Verstoß gegen § 34 Börsenordnung". Die Einräumung einer Blankokreditlinie oder eines unbesicherten Kredits zum Zwecke der Margindeckung wird schlechthin ausgeschlossen.

b) In der Richtlinie gemäß § 35 Abs.2 WpHG zur Konkretisierung der §§ 31 und 32 WpHG für das Kommissions-, Festpreis- und Vermittlungsgeschäft der Kreditinstitute ist unter anderem bestimmt:

2.2. Informationen über Kosten und Sicherheitsleistungen

"Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muß dem Kunden vor der Erbringung der Wertpapierdienstleistung in geeigneter Weise ermöglichen, Informationen über Berechnung, Höhe und Art der Kosten, gegebenenfalls zu erbringende Sicherheitsleistungen ("M.") und etwaige andere Zahlungspflichten - wie Kosten für Konto- bzw. Depotauszüge - zur Kenntnis zu nehmen, und diese auf Nachfrage erläutern. Auf Mindestentgelte ist besonders hinzuweisen."

.......

3.2.4 Aufklärung zu Derivaten und Optionsscheinen

"Risikohinweise zu Derivaten müssen insbesondere Informationen über den Basiswert, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und Funktionsweise der Produkte (insbesondere die Bedeutung der Laufzeit für das Aufgeld, der Ausübungsart, des Hebeleffektes, der Liquidität und Volatilität des Marktes und gegebenenfalls des Stillhalterrisikos), den Ertrag, das Kursrisiko, das Währungsrisiko und das Bonitätsrisiko enthalten.

Wird für die beabsichtigten Geschäfte die Hinterlegung von Sicherheiten ("M.") verlangt, ist der Kunde darüber und auf Nachfrage auch über die Modalitäten der Berechnung der Sicherheitsleistung schriftlich zu unterrichten. Dabei muß offengelegt werden, welcher Beteiligte die Sicherheit verlangt, in welcher Form die Sicherheitsleistung erfolgen kann (z.B. in Geld, Wertpapieren) und ob das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dem Kunden gegenüber höhere Sicherheiten verlangt als die Börse. Der Kunde muß auch über seine Pflicht informiert werden, gegebenenfalls zusätzliche Sicherheiten (Nachschüsse) zu leisten. Darüber hinaus ist gegebenenfalls auf die Möglichkeit der Durchreichung der Sicherheiten an die betreffende Börse oder Clearing-Organisation hinzuweisen.

Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen hat den Kunden darüber aufzuklären, unter welchen Voraussetzungen es das Recht hat, die Positionen des Kunden glattzustellen bzw. zu liquidieren. Dabei muß der Kunde insbesondere darauf hingewiesen werden, in welchen Abständen die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen überprüft wird und welche Frist zur Erfüllung der Nachschußpflicht dem Kunden vor der Liquidierung seiner Position eingeräumt wird."

2. Hiernach verletzt eine mit der Ausführung von DTB-Geschäften beauftragte Bank - jedenfalls auch - ihre Obhutspflicht gegenüber dem Kunden, wenn sie für ihn DTB-Geschäfte ohne die erforderliche (Mindest-)Margindeckung ausführt (so auch das Landgericht Köln in einem Urteil vom 18.02.2000 - 17 O 397/98 -; über die Berufungen gegen dieses Urteil hat der Senat demnächst zu entscheiden). Dagegen lässt sich nicht einwenden, dass der Gesetzgeber mit der Börsengesetznovelle 1989 den Privatanlegern bis dahin nur nach Maßgabe zuvor geleisteter Sicherheiten eröffneten Zugang zum Terminhandel durch das Prinzip des Schutzes durch Information ersetzt hat. § 53 Abs.2 BörsG n.F. (mit zwischenzeitlich mehrfachen Änderungen) lässt seitdem zur Herbeiführung der Börsenterminsgeschäftsfähigkeit von Privatleuten zwar ein formalisiertes "Informationsmodell" ausreichen, neben das die weiterreichende Verpflichtung des Wertpapierdienstleisters zur erforderlichen Information nach § 31 Abs.2 Nr.2 WpHG getreten ist. Die Regelung über die Sicherheitsleistung in § 54 BörsG a.F. wurde im Zuge der Marktöffnung für Börsenterminsgeschäfte von Privatanlegern ersatzlos aufgehoben. Vorschläge zur Wiedereinführung eines - modifizierten - Marginsystems als Voraussetzung für die Verbindlichkeit von spekulativen Geschäften des Terminhandels wurden vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen (ablehnend auch Schröter/Bader, Zur Reform des Terminsrechts, in Festschrift für Herbert Schimansky, S. 717, 734 f. m.w.Nachw.). Das bedeutet indessen nicht, dass die dem Marginsystem zugrunde liegende Wertungsentscheidung als Instrument des Anlegerschutzes durch die Börsengesetznovelle revidiert worden wäre. Die Ersetzung der bisherigen Sicherheitsleistung durch die neue Termingeschäftsfähigkeit kraft Information ist nur deshalb vorgenommen worden, weil sich das damalige Sicherheitsmodell als schwerfällig, kostenintensiv und wenig praxisgerecht erwiesen hat und bei den modernen Terminbörsen mit ihrer täglichen Sicherheitenanpassung undurchführbar gewesen wäre (Kümpel, WM 1990, 449, 452, zu Fußn. 31, und ders. in WM 1991, Sonderbeilage 1, S.5, unter Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs zur Börsengesetznovelle 1989, BT-Drucksache 11/4177, S. 19f.). Die Erfüllung von Informationspflichten allein kann den Schutz des Anlegers indessen nicht immer hinreichend gewährleisten. Die für die Termingeschäftsfähigkeit ausreichende Einhaltung des gesetzlich festgelegten standardisierten und formalisierten Informationsverfahrens kann allenfalls eine "Grundinformation" vermitteln (Brandner, Sinn und Unsinn der Termingeschäftsfähigkeit von Privatanlegern nach § 53 Abs.2 BörsG, in Festschrift für Herbert Schimansky, S. 581 ff., sieht in der Informationsschrift einen "schlichten Papiertiger") und bedarf deshalb einer anleger- und objektgerechten Ergänzung auf der sog. "zweiten Stufe" des Informationsverfahrens (BGH NJW 1996, 2511; NJW 1997, 2171; Ellenberger, WM 1999, Sonderbeil. Nr.2, S. 15 ff. m.w.Nachw.). Daneben sind die unter anderem in den genannten Vorschriften der BörsO und des WpHG konkretisierten weiteren Verhaltensregeln zu beachten. Die Verletzung dieses Verhaltensstandards kann jedenfalls dann Schadensersatzansprüche nach sich ziehen, wenn die Bank insoweit gegen Verhaltensweisen verstößt, die sie ausdrücklich zum Vertragsinhalt gemacht hat. Das ist hier hinsichtlich der sicherheitspflichtigen Börsentermingeschäfte der Fall.

3. In der zwischen den Parteien abgeschlossenen "Rahmenvereinbarung über die Abwicklung von Börsentermingeschäften" ist - im Einklang mit den aufgezeigten Grundsätzen - unter anderem festgelegt:

"2.1. Terminhandelslinie

Für den Kunden, der sicherheitspflichtige Börsentermingeschäfte tätigt, wird von der Bank eine Terminhandelslinie festgesetzt. Der sich aus Börsentermingeschäften des Kunden ergebende Sicherheitenbedarf (Margin) darf diese Terminhandelslinie nicht überschreiten.

Die Terminhandelslinie wird von der Bank unter Berücksichtigung der bei ihr unterhaltenen liquiden, frei verfügbaren Vermögenswerte (z.B. Spareinlagen, Termingelder, Depotwerte) - bewertet nach banküblichen Bewertungsrichtlinien - ermittelt und dem Kunden mitgeteilt.

Verringert sich der Wert oder der Bestand der liquiden bei der Bank unterhaltenen Vermögenswerte des Kunden, führt dies zu einer Reduzierung der Terminhandelslinie. Die Bank wird dem Kunden die reduzierte Terminhandelslinie mitteilen.

2.2. Sicherheiten

Der Kunde wird die erforderlichen Sicherheiten aus seinen liquiden, frei verfügbaren, bei der Bank unterhaltenen Vermögenswerten durch gesonderte Erklärung bestellen.

2.3 Sicherheitenbedarf

Der Sicherheitenbedarf wird täglich neu berechnet.

Ungünstige Marktentwicklungen können dazu führen, daß zusätzliche Sicherheiten bestellt werden müssen. Nähert sich der Sicherheitenbedarf dem Wert der bestellten Sicherheiten, hat die Bank das Recht, die Stellung zusätzlicher Sicherheiten in ausreichender Höhe von dem Kunden zu verlangen (Margin-Call)."

4. Gegen die aufgezeigten Pflichten hat die Klägerin in mehrfacher Hinsicht verstoßen:

a) Die Klägerin hat zwar eine Terminhandelslinie festgelegt und in den dem Beklagten erteilten Positionsauszügen ausgewiesen, die stets deutlich unter den vom Beklagten bei ihr unterhaltenen liquiden, frei verfügbaren Vermögenswerten lag. Sie hat sich die als M./LINIE festgelegten Sicherheiten jedoch nicht vom Beklagten durch eine gesonderte Erklärung bestellen lassen, wie dies in der Rahmenvereinbarung vorgesehen war. Jedenfalls ist im gesamten Sachvortrag der Parteien weder von einer Verbuchung der als M./LINIE ausgewiesenen Beträge auf einem gesonderten Marginkonto noch von einer anderweitigen Separierung (wie durch Sperrvermerk) die Rede.

b) Vor allem aber hat sich die Klägerin schon bald nicht mehr an die von ihr für den Beklagten festgelegte und in den ihm laufend erteilten Positionsauszügen als M./LINIE ausgewiesene Terminhandelslinie gehalten. Jedenfalls seit dem 06.02.1998 weisen die Positionsauszüge ein deutlich über der angegebenen M./LINIE liegendes MARGINERFORDERNIS aus. So steht im Positionsauszug von jenem Tage einer mit 160.000 DM angegebenen M./LINIE ein MARGINERFORDERNIS von 192.439 DM gegenüber. Im nächsten Positionsauszug vom 13.02.1998 ist die MARGINDECKUNG/ LINIE mit 170.000 DM und das MARGINERFORDERNIS mit 232.206 DM ausgewiesen. Im nachfolgenden Positionsauszug vom 23.02.1998 steht eine ausgewiesene MARGINDECKUNG/ LINIE von 170.000 DM einem MARGINERFORDERNIS von 183.665 DM gegenüber. Im Positionsauszug vom 02.03.1998 hat sich das MARGINERFORDERNIS auf 273.265 DM (bei einer weiter mit 170.000 DM angegebenen M./LINIE) und im Positionsauszug vom 06.03.1998 auf 307.828 DM (bei einer M./LINIE von nunmehr 180.000 DM) erhöht. Bei diesem Betrag als ausgewiesene M./LINIE ist es sodann unverändert bis einschließlich zum Kontoauszug vom 22.05.1998 geblieben, während sich das ausgewiesene MARGINERFORDERNIS in der zeitlichen Reihenfolge der Positionsauszüge wie folgt entwickelt hat:

13.03.1998: 447.083 DM 24.03.1998: 821.919 DM 30.03.1998: 878.542 DM 03.04.1998: 1.123.993 DM 09.04.1998: 1.175.007 DM 21.04.1998: 1.305.768 DM 24.04.1998: 971.269 DM 30.04.1998: 1.032.049 DM 08.05.1998: 1.069.776 DM 18.05.1998: 736.395 DM 22.05.1998: 845.810 DM

Erstmals im Positionsauszug vom 29.05.1998 ist die M./LINIE mit 260.000 DM ausgewiesen (bei einem MARGINERFORDERNIS von 879.022 DM), ebenso in den nachfolgenden Kontoauszügen bis zur Glattstellung bei folgenden Beträgen als MARGINERFORDERNIS:

05.06.1998: 1.020.025 DM 12.06.1998: 929.086 DM 19.06.1998: 148.400 DM

(= erstmalige Unterschreitung der ausgewiesenen M./LINIE)

22.06.1998: 105.900 DM

(bei ausgewiesener M./LINIE von 0 DM).

c) Wenn - wie die Klägerin behauptet (Seite 3 der Berufungserwiderung) - wöchentliche Übersendung von Positionsauszügen (zusätzlich ca. eine Woche vor Verfall einer Option) vereinbart gewesen sein sollte, ist dieser - unterstellten - Vereinbarung zwar annähernd Rechnung getragen worden, wie die von beiden Parteien auflagegemäß vervollständigte Vorlage der Positionsauszüge belegt. Unabhängig davon, in welchen zeitlichen Abständen vereinbarungsgemäß Positionsauszüge zu übersenden waren, musste aber jedenfalls - wie aufgezeigt - der Sicherheitenbedarf börsentäglich neu berechnet und bei einer Überschreitung der Sicherheitsleistung der Beklagte nicht nur unverzüglich informiert, sondern auch zur kurzfristigen Nachschussleistung unter Hinweis auf Ziffer 4 (1) der Sonderbedingungen (Folgen bei Ausbleiben von Sicherheiten) aufgefordert werden. Insoweit gelten im Verhältnis der Bank zum Kunden grundsätzlich dieselben Anforderungen wie im Verhältnis der Bank (oder des Clearing-Mitgliedes, dem sie angeschlossen ist, hier die WGZ) zur DTB (jetzt E.-Deutschland). Es steht der Bank frei, von ihren Kunden höhere als die Pflicht-Margins zu verlangen; der überschießende Teil der Sicherheitsleistung dient dann zur weitergehenden Risikoabdeckung des Kunden und/oder zur Vermeidung einer täglichen kostenaufwendigen Nachbesicherung. Wegen der Schnelligkeit, mit der sich die Marktpreise am Terminmarkt verändern können, müssen solche zusätzlichen Sicherheiten häufig schon bis zu einer bestimmten Uhrzeit des nachfolgenden Börsentages bestellt sein. In Ausnahmefällen hat die zusätzliche Sicherheit sofort zu erfolgen (§ 14 S.2 der Clearing-Bedingungen der DTB). Damit soll der Zeitraum, in dem ein Börsenteilnehmer unvertretbare, seine finanziellen Möglichkeiten überfordernde Risikopositionen aufbaut, möglichst eng gehalten werden. Dasselbe gilt für das Verhältnis von Börsenteilnehmer und Kunden. Demgemäß heißt es denn auch in der Rahmenvereinbarung unter Ziffer 1.3 (Erreichbarkeit des Kunden): "Der Kunde wird in geeigneter Weise sicherstellen, daß er während der Geschäftszeiten der Bank erreichbar ist, damit die Bank Weisungen einholen (z.B. bei Ausübung und Lieferung) oder u.U. sehr kurzfristig erforderliche zusätzliche Sicherheitsleistungen anfordern kann." Gemäß Ziffer 2.3. der Rahmenvereinbarung hat sich die Klägerin den "Margin-Call" zur Nachbesicherung bereits für den Fall vorbehalten, dass sich der Sicherheitenbedarf dem Wert der bestellten Sicherheiten "nähert", nicht erst, wenn er überschritten ist.

d) Zwischen den Parteien ist zwar unstreitig, dass der Beklagte bei der Klägerin ein die ausgewiesenen Margindeckungen weit übersteigendes "Guthaben" unterhielt, das bis Mitte März 1998 den gestiegenen Marginerfordernissen genügt hätte. Laut Berufungserwiderung (Seite 4 = Bl. 223 GA) betrug dieses "Guthaben" am 06.03.1998 524.000 DM und am 13.03.1998 542.000 DM. Am 24.03.1998 haben die bei der Klägerin unterhaltenen "Depotwerte" des Beklagten unstreitig 610.000 DM betragen, und zwar 485.000 DM Inhaberschuldverschreibungen und 125.000 DM Festgeld. Diese Veränderungen in der "Guthabenstruktur" verdeutlichen, dass die Klägerin die Sicherheiten nicht separiert hat. Es ist schon nicht unproblematisch, dass eine Bank dem Kunden gestattet, die Verpflichtung zur Verstärkung von Sicherheiten mit sonstigen bei der Bank unterhaltenen Vermögenswerten zu erfüllen. Mit Rücksicht auf das große Risikopotential der Börsentermingeschäfte muss die Bank im Allgemeinen Wert darauf legen, dass die ihr AGB-mäßig haftenden Werte stets nur in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes dem Risiko von Börsentermingeschäften ausgesetzt sind (vgl. Kümpel, WM 1990, 449, 456, 460). Dem hat die Klägerin auch "auf dem Papier" Rechnung getragen, indem sie die Terminhandelslinie für den Beklagten erheblich unter den ihr haftenden Werten festgelegt hat (etwa in einer Relation 1:3). Tatsächlich hat sie sich jedoch, wie aufgezeigt, schon bald nicht mehr an diese Terminhandelslinie gehalten, vielmehr deutliche Überschreitungen zugelassen. Ohne die ausgewiesene Terminhandelslinie - trotz verschiedener Anhebungen - ausdrücklich oder sonst erkennbar in einem anderen Verhältnis festzulegen, hat sie dem Beklagten praktisch gestattet, die von ihm bei ihr unterhaltenen Vermögenswerte in voller Höhe als Pflichtmargin einzusetzen. Jedenfalls behauptet die Klägerin selbst nicht, den Beklagten bereits zu einer Nachbesicherung aufgefordert zu haben, bevor sich abzeichnete, dass die gesamten bei ihr unterhaltenen Vermögenswerte des Beklagten nicht mehr dem Marginerfordernis genügten. Bei einer solchen schon zu missbilligenden stillschweigenden Risikoerhöhung musste die Klägerin um so strikter reagieren, sobald das Marginerfordernis die Höhe der gesamten bei ihr unterhaltenen Vermögenswerte des Beklagten zu übersteigen drohte.

e) Angesichts der aufgezeigten Anforderungen hält es der Senat für schlechterdings unvertretbar, dass sich die Klägerin bei dem am 17.03.1998 (vor der Ausführung der beiden Aufträge, die später den größten Verlust erbracht haben) mit dem Beklagten geführten Telefonat hinsichtlich der fehlenden Sicherheitsleistungen damit hat vertrösten lassen, dass der Beklagte in Aussicht (!) gestellt hat, einen für Ende Mai/Anfang Juni (!) erwarteten Erlös aus dem Verkauf von Eigentumswohnungen in D. auf sein Konto bei der Klägerin zu überweisen. Dasselbe gilt für das Gespräch vom 09.04.1998, bei dem die Klägerin sich nach eigener Darstellung wiederum damit begnügt hat, den Beklagten auf das Erfordernis ergänzender Sicherheiten hinzuweisen und ihm die Schließung sämtlicher Positionen anzudrohen, stattdessen gleichwohl weitere Geschäfte zugelassen hat, weil der Beklagte ihr mit einer durch nichts belegten Vermögensaufstellung den Eindruck einer vermeintlich erstklassigen Bonität vermittelt hat. Auch die nachfolgenden Gelegenheiten, zu denen die Klägerin ohne Verstoß gegen die Verpflichtung, im Rahmen der Billigkeit auf die schutzwürdigen Belange des Kunden Rücksicht zu nehmen (vgl. BGH WM 1981, 150, 151), die Positionen so hätte schließen können, dass dem Beklagten kein oder "kaum" ein Schaden entstanden wäre (Seite 6 der Berufungserwiderung = Bl. 225 GA), hat die Klägerin nicht wahrgenommen, sondern sich wiederum vom Beklagten vertrösten lassen. Dieses gesamte Verhalten der Klägerin kommt praktisch einem weitgehenden Verzicht auf die erforderlichen Sicherheiten und einer Verleitung zu unbesicherter Spekulation auf Kredit gleich.

II.

1. Hätte die Klägerin sich pflichtgemäß verhalten und die Positionen des Beklagten spätestens zum 24.03.1998 glattgestellt, statt noch die unbesicherten Aufträge vom 17. und 20.03.1998 auszuführen, dann wäre dem Beklagten nur ein Verlust von 292.100 DM entstanden, so dass ihm nach Verrechnung dieses Verlustes mit den seinerzeit unstreitig 610.000 DM betragenden Depotwerten immer noch 317.900 DM verblieben wären. Mit "Rosinentheorie", wie die Berufungserwiderung meint, hat dies nichts zu tun. Es handelt sich vielmehr um die schlüssige Berechnung der Schließung aller offenen Positionen zum 24.03.1998 (ohne die Ausführung der Aufträge vom 17. und 20.03.) auf der Grundlage der in jenem Positionsauszug ausgewiesenen Werte für die beiden damals offenen Positionen vom 28.01. und 09.02.1998 (2 x 50 Kaufoptionen zum 19.06.1998 à 292,10 DM - bei einem Einstandskurs von 65,00 DM bzw. 112,00 DM). Soweit die Klägerin diese Berechnung als unvollständig ansieht, wäre es ihre Sache gewesen, diese Berechnung zu vervollständigen. In ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 06.12.2000 kommt sie in einer weitere Positionen einschließenden, für den Senat allerdings so nicht nachvollziehbaren Berechnung sogar zu dem Ergebnis, dass am 24.03.1998 der theoretische Verlust für den Beklagten "nur" 276.050,00 DM betragen habe. Die mit der Berufung verfolgte Schadensberechnung des Beklagten enthält daher jedenfalls keinen Fehler zum Nachteil der Klägerin.

2. Der Beklagte muss sich allerdings ein nicht unerhebliches Mitverschulden (§ 254 BGB) anrechnen lassen.

Bei der Festlegung der Mitverschuldensquote ist in erster Linie auf das Maß der beiderseitigen Schadensverursachung und in zweiter Linie auf das Maß des beiderseitigen Verschuldens abzustellen (BGH NJW-RR 2000, 272 m.w.Nachw.). Es kommt danach für die Haftungsverteilung wesentlich darauf an, ob das Verhalten der Klägerin oder das des Beklagten den Eintritt des Schadens in erheblich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat. Die unter diesen Gesichtspunkten vorzunehmende Abwägung führt den Senat zu einer gleich hohen Bewertung der Mitverursachungs- und Mitverschuldensanteile.

a) Die in den laufenden Positionsauszügen als M./LINIE ausgewiesenen Beträge hatten zwar keinen dem Beklagten verdeutlichten Bezug zu den tatsächlich von ihm gestellten Sicherheiten. Angesichts der aufgezeigten Handhabung mochte er auch darauf vertrauen können, dass die Klägerin sich für die bereits getätigten Geschäfte mit einer Besicherung im Verhältnis 1:1 begnügte, solange seine bei ihr unterhaltenen Vermögenswerte hierzu ausreichten. Da dem Beklagten die Höhe des von ihm bei der Klägerin unterhaltenen und ihr AGB-mäßig haftenden Vermögens bekannt war, konnte er jedoch aufgrund der in den Positionsauszügen ausgewiesenen MARGINERFORDERNISSE ersehen, dass ab Mitte März 1998 diese Vermögenswerte nicht mehr zur Abdeckung des Verlustrisikos ausreichten. Der Beklagte konnte daher nicht mit einer ungedeckten Ausführung seiner Aufträge vom 17. und 20.03.1998 rechnen. Jedenfalls musste er aufgrund der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarungen sowie aufgrund der ihm bekannten Usancen im DTB-Handel mit Optionen insbesondere auf den Deutschen Aktienindex spätestens von diesem Zeitpunkt ab mit einem Margin-Call zur entsprechenden Sicherheitsanpassung und, falls er die dem Marginerfordernis entsprechenden Nachschüsse nicht kurzfristig leistete, mit der Zwangsschließung aller offenen Positionen rechnen.

b) Der Beklagte gehört nicht zu einem Personenkreis, den man durch Risikoaufklärung vor sich schützen konnte und musste. Er kannte und suchte das Spekulationsrisiko, das mit den DTB-Dax-Optionsgeschäften verbunden war. Dabei bot ihm die Klägerin von Anfang an die Möglichkeit, diese Geschäfte mit relativ geringem Einsatz zu tätigen, da sie faktisch lediglich die vorgeschriebenen Mindestsicherheiten im Verhältnis 1:1 verlangte. Als die Klägerin, nachdem sich ihr Vorstand eingeschaltet hatte, für künftige Geschäfte des Beklagten eine dreifache Besicherung haben wollte, war sie für den Beklagten uninteressant geworden. Der Beklagte setzte stattdessen darauf, drohende Verluste durch weitere Geschäfte bis Ende 1998 abwenden, gleichwohl aber die Marginverpflichtung deutlich unter die bisherigen Überschreitungen senken zu können, wie in seinem Schreiben vom 06.06.1998 an die Klägerin zum Ausdruck kommt. So war denn auch seine erstinstanzliche Schadensberechnung darauf gestützt, dass er die Mitte 1998 bestehenden hohen Verlustrisiken hätte ausgleichen können, wenn die Klägerin ihm nur - ohne die geforderten weiteren Sicherheiten - die Prolongationsgeschäfte, welche ihm hierzu vorschwebten, ermöglicht hätte.

c) Vor einer solchen häufig mit Selbstüberschätzung verbundenen Verstrickung in immer höhere Spekulationsrisiken gibt es bei derartigen DTB-Geschäften, deren verführerischer Anreiz gerade darin liegt, mit verhältnismäßig geringem Kapitaleinsatz als Sicherheitsleistung hohe Gewinne erzielen zu können, nur einen effektiven Schutz: die strikte Einhaltung des Marginerfordernisses. Dass der Beklagte der von diesen Börsentermingeschäften ausgehenden Verlockung erlegen ist und Risiken eingegangen ist, die - wie er erkennen konnte - durch die vorhandenen Sicherheiten nicht mehr gedeckt waren, fällt daher im Ergebnis bei der Ursachenabwägung nicht schwerer ins Gewicht als das aufgezeigte Fehlverhalten der Klägerin.

III.

Gemäß § 92 Abs.1 ZPO sind die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen. Ausgenommen sind hiervon die durch die Säumnis des Beklagten im Termin vom 26.02.1999 veranlassten Kosten; diese verbleiben dem Beklagten nach § 344 ZPO auch bei einer abändernden Entscheidung. Gemäß § 91a ZPO hat der Beklagte die bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung auf den für erledigt erklärten Teil der negativen Feststellungsklage entfallenden Kosten zu tragen, weil er sich insoweit eines weitergehenden, jetzt selbst nicht mehr aufrechterhaltenen Schadensersatzanspruchs in Höhe von anfänglich 614.475,00 DM berühmt hat. Dass er nachfolgend bereits erstinstanzlich die Schadensberechnung dahin korrigiert hat, der "Mindestschaden" betrage aufgrund Anrechnung der erhaltenen (Stillhalter-)Prämien nur 423.400,00 DM, genügte nicht, um das Feststellungsinteresse der Klägerin hinsichtlich der weitergehenden Berühmung entfallen zu lassen. Dasselbe gilt für den mit der Berufungsbegründung auf 317.900,00 DM beschränkten Mindestschaden, solange der Beklagte nicht verbindlich erklärte, dass er einen darüber hinausgehenden Schadensersatzanspruch nicht mehr geltend mache. Im Hinblick auf die übereinstimmende Teilerledigungserklärung der negativen Feststellungsklage nach der im Berufungstermin verbindlich erklärten Beschränkung des Schadensersatzanspruchs, dessen sich der Beklagte berühmt, sind lediglich die nach dem ermäßigten Streitwert angefallenen Urteilsgebühren hälftig zu teilen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 108, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird - in teilweiser Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 10.07.2000 - wie folgt festgesetzt:

bis einschließlich zur Erörterung im Termin vom 15.11.2000 auf 614.475,00 DM (wie erste Instanz gemäß dortiger Festsetzung vom 08.02.2000), sodann auf 317.900,00 DM.

Beide Parteien sind durch dieses Urteil in Höhe von jeweils 158.950,00 DM beschwert.



Ende der Entscheidung

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