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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.02.2007
Aktenzeichen: 13 U 135/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 139
BGB § 366 Abs. 2
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25.07.2006 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 3 O 471/05 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 18.482,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.09.2005 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 30% und die Beklagte zu 70%.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt die Rückgewähr einer der Beklagten zur Darlehenssicherung abgetretenen Lebensversicherung, weil sie den zu Grunde liegenden Darlehensvertrag vom 19.09.2001 für sittenwidrig hält. Darüber hinaus verlangt sie einen Teil ihrer vorgerichtlich entstanden Rechtsanwaltskosten. Die Beklagte begehrt ihrerseits im Wege der Widerklage von der Klägerin die Rückzahlung des ihr und ihrem Ehemann gewährten Darlehens. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.07.2006 (Bl. 119 ff.), auf das im Übrigen wegen der rechtlichen Würdigung durch die Zivilkammer verwiesen wird, abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage antragsgemäß zur Zahlung von 58.528,48 € nebst Zinsen verurteilt. Die Klägerin sei als echte Mitdarlehensnehmerin des am 19.09.2001 gewährten Darlehens anzusehen. Die Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Unwirksamkeit von Bürgschaften von Ehegatten oder nahen Angehörigen, durch die der Bürge finanziell krass überfordert wird, komme deshalb nicht in Betracht.

Gegen dieses ihr am 28.07.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 04.08.2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 03.08.2006 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Dabei vertritt sie insbesondere weiterhin die Auffassung, sie sei entgegen der Bezeichnung im Darlehensvertrag nicht als Mitdarlehensnehmerin, sondern als bloß Mithaftende anzusehen, weil die Mittel aus dem Darlehen zu wesentlichen Teilen entweder unmittelbar oder aber jedenfalls mittelbar geschäftlichen Zwecken ihres Ehemannes gedient hätten. Angesichts ihrer krassen finanziellen Überforderung durch die eingegangenen Verpflichtungen verstoße der Darlehensvertrag, soweit er sie betreffe, gegen die guten Sitten und sei gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

Die Klägerin beantragt,

das am 25.07.2006 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 3 O 471/05 - abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, die mit der Abtretungserklärung vom 19.09.2001 von der Klägerin an die Beklagte zum Zweck der Sicherung der Darlehensforderung abgetretenen Rechte aus der Lebensversicherung bei der D. Lebensversicherung AG, I.-straße 50, xxxxx T., zur Vers.-Nr. 4716157 an die Klägerin rückabzutreten, soweit sie sich auf Ansprüche gegen die Klägerin bezieht;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 847,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.11.2005 zu zahlen;

3. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Dabei meint sie insbesondere, das streitgegenständliche Darlehen vom 19.09.2001 habe zu einem wesentlichen Teil eigenen Zwecken der Klägerin gedient, weil damit das vorausgegangene Darlehn vom 19.01.2001 abgelöst worden sei. Auch bezüglich dieses Darlehens sei die Klägerin als Mithaftende anzusehen, weil damit unter anderem private Verbindlichkeiten der Klägerin zurückgeführt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist nur teilweise begründet.

1. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückgewähr der Ansprüche aus der im Klageantrag zu 1. näher bezeichneten Lebensversicherung; auch die aus dem unberechtigten Bemühen um Rückabtretung der Lebensversicherung resultierenden Rechtsanwaltskosten (Klageantrag zu 2.) kann die Klägerin nicht verlangen. Dabei kann dahinstehen, ob der mit der Klage geltend gemachte Rückgewähranspruch nicht bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil die abgetretenen Rechte aus der Lebensversicherung Nr. 4716157 nach dem Inhalt der Zweckerklärung vom 19.09.2001 (Bl. 12 d.A.) auch die unstreitig fortbestehenden Ansprüche der Beklagten gegen den Ehemann der Klägerin aus dem Darlehen vom gleichen Tage besicherten. Denn der mit der Abtretung verbundene Sicherungszweck besteht jedenfalls deshalb fort, weil die Beklagte - wenn auch nur in eingeschränktem Umfang - auch von der Klägerin Rückzahlung des mit Vertrag vom 19.09.2001 gewährten Darlehens verlangen kann.

a) Der streitgegenständliche Darlehensvertrag vom 19.09.2001 (Bl. 7 f. d.A) stellt sich allerdings unter dem Gesichtspunkt einer krassen finanziellen Überforderung der Klägerin gemäß § 138 Abs. 1 BGB als sittenwidrig und damit nichtig dar, soweit sich die Klägerin darin zur Rückzahlung eines die Summe von 18.482,27 € übersteigenden Teilbetrags verpflichtet hat.

aa) Nach gefestigter Rechtsprechung spricht bei einer vom Ehegatten oder einem nahen Angehörigen des Hauptschuldners übernommenen Bürgschaftsverpflichtung eine tatsächliche Vermutung für eine sittenwidrige Ausnutzung der emotionalen Verbundenheit zwischen Bürgen und Hauptschuldner, wenn der Bürge durch die von ihm übernommene Bürgschaft finanziell krass überfordert wird. Dies wiederum ist der Fall, wenn der Bürge aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens voraussichtlich nicht einmal die laufenden Zinsen der Hauptschuld bedienen kann (BGH NJW 2001, 2466, 2467; 2002, 744, 745; 2005, 973, 975; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 138 Rn. 38b m.w.N.). An der Anwendbarkeit dieser Grundsätze hat sich auch durch das Inkrafttreten der Insolvenzordnung und der damit verbundenen Möglichkeit der Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) nichts geändert (so zu Recht OLG Frankfurt, NJW 2004, 2392, 2393 f.; OLG Celle, MDR 2006, 1243 f. m.w.N.). Zudem hat - worauf bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - auch das Bundesverfassungsgericht noch mit seinem Beschluss vom 06.12.2005 (1 BvR 1905/02 = WM 2006, 23 ff.) die Geltung der in seiner Bürgschaftsentscheidung vom 19.10.1993 entwickelten Grundsätze bekräftigt und ihren praktischen Anwendungsbereich auf rechtskräftig abgeschlossene "Altfälle" ausgedehnt.

Dass die Klägerin durch die im Darlehensvertrag vom 19.09.2001 übernommene Rückzahlungsverpflichtung in diesem Sinne krass überfordert war, bedarf angesichts ihres damaligen Einkommens von 350,00 DM monatlich keiner weiteren Erörterung. Soweit die Beklagte in erster Instanz aus der Selbstauskunft vom 28.12.2002 (Anlage B 2) Abweichendes herleiten wollte, hält sie hieran im Berufungsrechtszug zu Recht nicht mehr fest. Dass die Beklagte über weitergehende eigene Einkünfte verfügte, ergibt sich daraus nämlich nicht.

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klägerin nicht insgesamt gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin des Darlehensvertrags vom 19.09.2001 geworden.

Maßgebend für die Abgrenzung zwischen der Begründung einer echten Mitdarlehensnehmerschaft und einer Mithaftungsübernahme ist die von den Vertragsparteien tatsächlich gewollte Rechtsfolge. Die Privatautonomie schließt in den Grenzen der §§ 134 und 138 BGB zwar die Freiheit der Wahl der Rechtsfolgen und damit des vereinbarten Vertragstyps ein, umfasst allerdings nicht die Freiheit zu dessen beliebiger rechtlicher Qualifikation. Die kreditgebende Bank hat es deshalb nicht in der Hand, durch eine im Darlehensvertrag einseitig gewählte Formulierung wie "Mitdarlehensnehmer", "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen materiell-rechtlich bloß Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den weitreichenden Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen (vgl. etwa BGH NJW 2005, 973, 974 m.w.N.). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist deshalb als echter Mitdarlehensnehmer, bei dem eine Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages auch bei krasser finanzieller Überforderung grundsätzlich nicht in Betracht kommt, ungeachtet der Vertragsbezeichnung in aller Regel nur derjenige anzusehen, der für den Darlehensgeber erkennbar ein eigenes - sachliches und/oder persönliches - Interesse an der Kreditaufnahme hat sowie als im Wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung bzw. Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (BGHZ 146, 37, 41; BGH NJW 2005, 973, 974 m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist neben dem Zweck, zu dem die Kreditmittel nach dem Willen der Vertragsparteien verwendet werden sollen, auch der Anlass der Darlehensgewährung zu berücksichtigen. Insbesondere in Fällen, in denen der gewährte Kredit für mehrere Zwecke verwendet werden soll, muss neben der Frage, wofür der überwiegende Teil des Kredits dienen soll, zusätzlich auch darauf abgestellt werden, dass es ohne den Finanzbedarf eines Kreditnehmers nicht zum Abschluss des Darlehensvertrages gekommen wäre (BGHZ 146, 37, 41).

Nach diesen Kriterien kann die Klägerin nicht als Mitdarlehensnehmerin des Darlehensvertrages vom 19.09.2001 eingestuft werden. Das Darlehen ist (wie auch schon das vorangegangene Darlehen vom 19.01.2001) auf das Girokonto des Ehemannes der Klägerin ausgezahlt worden; dass die Klägerin bezüglich dieses Kontos über Einzelverfügungsbefugnis verfügte, ist dabei nicht von entscheidender Bedeutung (vgl. hierzu etwa Senat, OLGR Köln 2002, 179, 180). Die Valuta des hier streitgegenständlichen Darlehens sollten zudem zu rund 45% unmittelbar den geschäftlichen Zwecken des Ehemannes der Klägerin dienen. Im darüber hinausgehenden Umfang diente das Darlehen der Ablösung des vorangegangenen Darlehens vom 19.01.2001, das schon ausweislich des internen Vermerks der Beklagten vom 16.01.2001 (Bl. 30 f. d.A.) seinerseits zu einem wesentlichen Teil dazu diente, frisches Geld für die geschäftliche Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin zu beschaffen und "Altlasten aus der vorherigen Tätigkeit" glattzustellen. Für die Einordnung der Klägerin als bloß Mithaftende spricht daneben wesentlich der Umstand, dass Anlass für das hier streitgegenständliche Darlehen vom 19.09.2001 unstreitig nur der zusätzliche Finanzbedarf des Geschäftsbetriebes ihres Ehemannes gewesen ist. Unter Berücksichtung aller Umstände des Einzelfalles kann deshalb nicht angenommen werden, dass die Klägerin sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen und des Vertragsschlusses vom 19.09.2001 als gleichberechtigte Partnerin ihres Ehemannes dargestellt hat, die in gleicher Weise wie er über die gewährten Darlehensmittel verfügen konnte. Sie ist dementsprechend bezüglich dieses Darlehens nicht Mitdarlehensnehmerin, sondern nur Mithaftende.

b) Die Sittenwidrigkeit der im Darlehensvertrag vom 19.09.2001 von der Klägerin übernommenen, sie finanziell krass überfordernden Mithaftung führt allerdings nicht dazu, dass die Klägerin keinerlei Zahlungsverpflichtungen treffen. Denn nach § 139 BGB bleibt bei Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts der von der Nichtigkeit nicht erfasste Teil bestehen, wenn dies dem hypothetischen Parteiwillen entspricht. Eine solche Teilnichtigkeit ist auch dann anzunehmen, wenn die Vertragsschließenden anstelle der unwirksamen Regelung, hätten sie die Nichtigkeit von Anfang an gekannt, eine andere, auf das zulässige Maß beschränkte vereinbart hätten und sich der Vertragsinhalt in eindeutig abgrenzbarer Weise in den nichtigen Teil und den von der Nichtigkeit nicht berührten Rest aufteilen lässt (BGHZ 107, 351, 355 f.; 146, 37, 47). Für die Klägerin war eine Kreditaufnahme jedenfalls insoweit sinnvoll, als damit Verbindlichkeiten getilgt werden sollten, für die sie selbst einzustehen hatte und mit deren Rückführung auch für sie ein unmittelbarer wirtschaftlicher Nutzen verbunden war. Es ist daher kein Grund für die Annahme ersichtlich, die Klägerin hätte als rational handelnde Vertragspartei auch in dieser Höhe keinen Schuldbeitritt erklärt. Der sittenwidrige Teil der Mithaftungsvereinbarung ist aufgrund der objektiven Umstände und Verhältnisse genau bestimmt und kann infolgedessen ohne weiteres ausgesondert werden. Eine Mithaftung der Klägerin als echte Darlehensnehmerin kommt deshalb insoweit in Betracht, als mit den Darlehen vom 19.09.2001 ihre eigenen Verbindlichkeiten zurückgeführt werden sollten. Dies ist in Höhe von 18.482,27 € der Fall.

aa) Die mit dem streitgegenständlichen Darlehen zur Verfügung gestellten zusätzlichen Kreditmittel sind für den Geschäftsbetrieb des Ehemannes der Klägerin verwendet worden. Insoweit ist die Mitverpflichtung der Klägerin aus den dargelegten Gründen unwirksam.

bb) Im Übrigen ist mit den Mitteln aus dem Darlehen vom 19.09.2001 das vorangegangene, noch mit 65.560,63 DM valutierende Darlehen vom 19.01.2001 zurückgeführt worden, für welches die Klägerin ebenfalls nach dem Wortlaut des entsprechenden Vertrages als Mitdarlehensnehmerin haftete. Die Klägerin kann gleichwohl auch bezüglich des Darlehens vom 19.01.2001 nicht insgesamt als gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin angesehen werden. Denn der Darlehensvertrag diente nur zum Teil eigenen Zwecken der Klägerin.

So sollte nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien der nach Rückführung verschiedener anderer Verbindlichkeiten verbleibende Darlehensbetrag verwendet werden, um Investitionen in den Geschäftsbetrieb des Ehemannes der Klägerin zu finanzieren (vgl. den Aktenvermerk der Beklagten vom 16.01.2001, Bl. 30 f. d.A.). Zudem sind mit dem Darlehen in Höhe von 19.494,83 DM und 2.033,86 DM Überziehungen auf den Konten des Ehemannes der Klägerin (Konto-Nr. xxxxxx-017 und -211) ausgeglichen worden, für deren Rückführung die Klägerin insgesamt nicht mithaftete. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass über das Konto Nr. xxxxxx-017, dessen Inhaber allein der Ehemann der Klägerin war, auch private Einnahmen und Ausgaben abgewickelt wurden. Angesichts der Tatsache, dass dieses Konto unbestritten als Geschäftsgirokonto angelegt war und über dieses Konto auch geschäftliche Verbindlichkeiten beglichen wurden, stellt sich die Überziehung des Kontos -017 nicht als Inanspruchnahme eines Kredits zur privaten Lebensführung der Eheleute dar, an dessen Rückführung die Klägerin unabhängig von der Kontoinhaberschaft ein unmittelbares eigenes Interesse hatte. Dem entspricht es, wenn in dem bereits erwähnten Aktenvermerk der Beklagten vom 16.01.2001 ausgeführt wird, dass die Überziehungen auf den Girokonten (und damit auch auf dem Konto -017) im Wesentlichen aus "Altlasten der vorherigen Tätigkeit" resultierten.

Lediglich in Höhe weiterer 29.105,90 DM und 7.042,28 DM sind die Darlehenvaluta zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet worden, die - jedenfalls nominell - die Klägerin selbst betrafen. Damit ist das Darlehen auch dann, wenn man die Klägerin als Inhaberin des Kontos Nr. xxxxxxx-019 für rückzahlungspflichtig hält (siehe dazu sogleich), lediglich zu rund der Hälfe der Darlehenvaluta für ihre Zwecke verwendet worden. Zudem ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass das Darlehen auf das Girokonto des Ehemanns der Klägerin ausgezahlt worden ist und dass Anlass der Darlehensaufnahme der Finanzbedarf für den Gewerbebetrieb des Ehemannes der Klägerin war.

Nach den dargelegten Grundsätzen kommt eine Einordnung der Klägerin als Mitdarlehensnehmerin des Darlehens vom 19.01.2001 gemäß § 139 BGB allerdings insoweit in Betracht, als mit dem Darlehen ihre eigenen Verbindlichkeiten zurückgeführt worden sind. Dies ist zunächst bezüglich eines Betrages von 7.042,28 DM (Konto Nr. xxxxxxx-213) der Fall. Insoweit ist unstreitig, dass es sich um ein privates Darlehen der Klägerin handelte, das mit einem Teil des Darlehens vom 19.01.2001 zurückgeführt wurde. Die Klägerin ist darüber hinaus aber auch in Höhe eines Betrages von weiteren 29.105,90 DM (Konto Nr. xxxxxxx-019) echte Mitdarlehensnehmerin des Vertrags vom 19.01.2001 geworden. Auch auf der Grundlage ihres Vortrages, nach dem dieses Konto auf Vorschlag eines Mitarbeiters der Beklagten von ihrem Ehemann als Geschäftskonto genutzt worden ist (es sollten hiernach ohnehin nur die Einnahmen auf dieses Konto gebucht werden; vgl. S. 4 der Berufungsbegründung, Bl. 147 d.A.), verbleibt es dabei, dass die Klägerin Inhaberin des Kontos war und dass sämtliche Verfügungen zu Lasten des Kontos mit ihrem Einverständnis erfolgt sind. Die Klägerin musste deshalb die Verfügungen auf diesem Konto gegen sich gelten lassen und war bis zur Rückführung des Sollsaldos durch die Inanspruchnahme des Darlehens vom 19.01.2001 als Kontoinhaberin verpflichtet, den Negativsaldo auf dem Konto zurückzuführen.

Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass die Mitverpflichtung der Klägerin aus dem Darlehensvertrag vom 19.01.2001 insoweit nicht gegen die guten Sitten verstieß, als die Darlehensvaluta zur Rückführung von Verbindlichkeiten der Klägerin in Höhe von insgesamt 18.482,27 € (29.105,90 + 7.042,28 DM = 36.148,18 DM) gedient haben. In gleicher Höhe ist dementsprechend auch die spätere Mitverpflichtung im Darlehensvertrag vom 19.09.2001 nicht sittenwidrig und deshalb gemäß § 139 BGB aufrechtzuerhalten.

c) Anhaltspunkte dafür, dass die so begründete Forderung der Beklagten durch Rückzahlungen verringert worden ist, trägt die Klägerin nicht vor. Zudem wären etwaigen Zahlungen mangels abweichender Tilgungsbestimmung analog § 366 Abs. 2 BGB auf den Teil der Darlehensforderung zu verrechnen, der die geringere Sicherheit bietet. Dies ist bei einer Forderung, für die - wie hier - nur teilweise eine gesamtschuldnerische Mithaftung besteht, der Teil, für den der Teilgesamtschuldner nicht mithaftet (BGH NJW 1997, 1580, 1581; OLG Düsseldorf, NJW 1995, 2565, 2566; vgl. auch BGHZ 146, 37, 48 f.).

2. Aus dem Vorgesagten folgt, dass die Klägerin angesichts ihrer fortbestehenden Haftung für einen Teil der mit Vertrag vom 19.09.2001 begründeten Darlehensverbindlichkeit keinen Anspruch auf Rückgewähr ihrer Ansprüche aus der im Klageantrag bezeichneten Lebensversicherung oder auf Erstattung ihrer Rechtsanwaltskosten hat. Zugleich ergibt sich daraus, dass die Widerklage - nur - in Höhe von 18.482,27 € nebst Zinsen begründet ist. Soweit die Klägerin in erster Instanz weitergehend zur Rückzahlung verurteilt worden ist, hat ihre Berufung deshalb Erfolg.

III.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass kein Grund i.S.d. § 543 Abs.2 ZPO besteht, die Revision zuzulassen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Berufungsstreitwert: 58.528,48 €

Ende der Entscheidung

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