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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.12.2005
Aktenzeichen: 13 U 144/05
Rechtsgebiete: WpHG


Vorschriften:

WpHG § 37a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 11. Juli 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 15 O 119/05 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Im November 1999 erwarb der Kläger nach einem vorangegangenen Beratungsgespräch bei der beklagten Bank 595 Anteile am B.-O. N. 11/04 Fonds zu einem Preis von - umgerechnet - 30.939,99 €. Der Liquidationserlös am Ende der Laufzeit betrug nur noch 11.245,50 €. Den Differenzbetrag macht der Kläger aus dem Gesichtspunkt falscher Beratung bzw. Garantieübernahme mit der Anfang 2005 erhobenen Klage geltend, weil ihm beim Erwerb der Fondsanteile erklärt und später auf Nachfrage auch nochmals bestätigt worden sei, dass es sich um einen Garantiefonds handele, bei dem die Rückzahlung des vom Kläger eingelegten Betrages bei Ende der Laufzeit in jedem Falle garantiert sei.

Mit Urteil vom 11. Juli 2005, auf das vollinhaltlich Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers wegen fehlerhafter Beratung gemäß § 37a WpHG verjährt sei und die Beklagte mit einer - unterstellt - falschen Erklärung über den "Sicherheitspuffer" des Fonds keine eigene Garantie übernommen habe. Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Antrag, die Beklagte zur Zahlung von 19.694,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verurteilen, weiter. Die Berufung sieht den "Kern des Vorwurfs des Klägers" nunmehr darin, dass die Beklagte - handelnd durch die Anlageberaterin Frau C. - auch bei Gesprächen in den Jahren 2001 bis 2003 auf Rückfrage des Klägers (und seiner Ehefrau) immer wieder ausdrücklich bestätigt habe, dass es kein Kursrisiko gebe, weil bei Ablauf des Fonds (im November 2004) der vom Kläger eingelegte Betrag garantiert zurückgezahlt werde. Wegen des weiteren Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers bleibt erfolglos.

1. Das Landgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen - unterstellt - falscher Anlageberatung durch die Beklagte mit Recht gemäß § 37a WpHG als verjährt angesehen.

a) In erster Instanz hat der Kläger für die Jahre 2001 bis 2003 keine weiteren Gespräche mit der Beklagten angeführt, die eine erneute Bestätigung der angeblich diesem Fonds eigenen garantierten Rückzahlung des eingebrachten Nominalbetrages zum Gegenstand hatten. Die ersten Verluste zeigten sich bereits im November 2000. Nach eigener Darstellung haben der Kläger und dessen Ehefrau denn auch noch im Jahre 2000 bei der Beklagten vorgesprochen und sich von Frau C. bestätigen lassen, dass bei diesem Fonds die Rückzahlung des Nominalbetrages garantiert sei, so dass eine unter den Nominalwert zurückfallende Kursentwicklung nicht zu seinen Lasten gehe und ihn nicht zu beunruhigen brauche. Hierauf habe sich der Kläger verlassen, auch als er in der Folgezeit feststellen musste, dass die Kursentwicklung weiter nach unten ging (Bl. 3 d.A.). Das nächste vom Kläger angeführte Gespräch mit Frau C. über diese Anlage datiert vom 12.01.2004 und hat dem Kläger jedenfalls die Erkenntnis vermittelt, dass keine volle, sondern nur eine 20%ige Verlustgarantie bestehe. Dass der Kläger die angeblich in den Jahren 2001, 2002 und 2003 auf ständig wiederholte Rückfragen immer wieder erneuerte Erklärung der Frau C., die Rückzahlung des Nominalbetrages sei garantiert, erstinstanzlich nicht erwähnt hat, muss um so mehr befremden, als die Beklagte bereits vorprozessual unter Hinweis auf § 37a WpHG die Einrede der Verjährung erhoben hatte, so dass es sich aufdrängte, auf etwaige haftungsbegründende Erklärungen aus unverjährter Zeit hinzuweisen. Stattdessen hat sich der Kläger, nachdem die Beklagte mit ihrer Klageerwiderung die Verjährungseinrede auch prozessual erhoben hatte, darauf verlegt, eine Erfüllungshaftung der Beklagten aus einem vermeintlich mit ihr zustande gekommenen Garantievertrag geltend zu machen (Bl. 46 f. d.A.: "Anspruchsgrundlage der Klage ist der zwischen den Parteien zustande gekommene Garantievertrag. Die Beklagte hat sich durch ihre Mitarbeiter verpflichtet, den Kläger als Garantienehmer so zu stellen, als ob der ins Auge gefasste Erfolg eingetreten oder der Schaden nicht entstanden wäre. Die Beklagte ist verpflichtet, weil der von ihr garantierte Erfolg ausgeblieben ist, den Kläger schadlos zu stellen. Das bedeutet nicht, dass der Kläger Schadensersatzansprüche geltend macht. Er verlangt Schadloshaltung, macht also mit der Klage die verschuldensunabhängige Erfüllungshaftung der Beklagten geltend. Der Schadloshaltungsanspruch der Klage ist nicht verjährt. Der Verjährungsbeginn liegt frühestens Anfang 2004. Verjährung ist nicht eingetreten."). Es beruht daher jedenfalls auf Nachlässigkeit, wenn erstmals mit der Berufung auf angebliche Wiederholungen der unrichtigen Auskunft über den Umfang der fondseigenen Garantie in den Jahren 2001 bis 2003 abgestellt wird. Dies hat gemäß § 531 Abs.2 Nr.3 ZPO zur Folge, dass der Kläger mit dem neuen Vorbringen nicht zugelassen werden kann. Angemerkt sei lediglich: Soweit die vom Kläger behaupteten Wiederholungen der für die Anlageentscheidung aus 1999 ursächlichen Falschauskunft überhaupt geeignet wären, die Verjährungsfrist jeweils neu in Gang zu setzen, müsste auch die Schadensberechnung an dem Zeitpunkt der erneuten Pflichtverletzung(en) ansetzen, wenn sich der Kläger denn bei Richtigstellung der Falschauskunft zum Verkauf der Anteile entschlossen hätte. Die Wiederholung einer irrtümlich falschen Auskunft rechtfertigt es jedenfalls nicht, der Beklagten die Berufung auf die Verjährungseinrede aus Gründen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu versagen. Dazu müsste die Beklagte den Kläger durch ihr Verhalten entweder von der rechtzeitigen Verfolgung seiner Ansprüche abgehalten oder zu der Annahme veranlasst haben, sie werde sich nicht auf die Verjährung berufen. Weder für den einen noch den anderen Ausnahmefall gibt es hier einen Anhalt.

b) Da der Beginn der Verjährungsfrist des § 37a WpHG - anders als der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs.1 BGB - kenntnisunabhängig ist, kann es in der Tat vorkommen, dass sich die Unrichtigkeit einer für die Anlageentscheidung maßgeblichen Auskunft erst nach Ablauf der Verjährungsfrist herausstellt. Das ist keine Besonderheit des vorliegenden Falles, sondern Folge der der Rechtssicherheit dienenden objektiven Anknüpfung an die Anlageentscheidung als Zeitpunkt der Schadensentstehung (vgl. Roller/Hackenberg, ZBB 2004, 227, 231: "Durch die mögliche Diskrepanz zwischen Verjährungsbeginn und Kenntnis des Anlegers von der fehlerhaften Wertpapierdienstleistung ist damit quasi vorprogrammiert, dass häufig Schadensersatzansprüche des Anlegers bereits verjährt sind, bevor dieser Kenntnis vom Bestehen seiner Ansprüche hat".) Das entspricht indessen - Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichen Beratungspflichtverletzungen ausgenommen - dem mit der Vorschrift verfolgten Zweck, wie ihn der BGH in seiner Grundsatzentscheidung vom 08.03.2005 (- XI ZR 170/04 - WM 2005, 929 = NJW 2005, 1579) herausgestellt hat: "Der Gesetzgeber wollte mit der Verkürzung der bis dahin geltenden regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren die Haftung von Anlageberatern begrenzen, um die Kapitalbeschaffung für junge und innovative Unternehmen zu erleichtern. Den Anlageberatern sollte eine zuverlässige Einschätzung möglicher Haftungsansprüche ermöglicht werden, um so ihre Bereitschaft zu stärken, den Anlegern vermehrt risikoreiche Kapitalanlagen zu empfehlen (BT-Drucks. 13/8933, S. 59, 96)." Das OLG Bremen (OLGReport 2005, 205) weist ergänzend darauf hin, dass der ursprüngliche Regierungsentwurf zu § 37a WpHG vorsah, dass der Anspruch des Kunden in sechs Monaten seit dem Zeitpunkt, zu dem der Kunde von der Verletzung Kenntnis erlangt, verjährt, spätestens jedoch in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Gesetz geworden ist dann lediglich die kenntnisunabhängige dreijährige Verjährungsfrist. Eine Korrektur der unbilligen Härten, die bei Entdeckung der Pflichtverletzung erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist entstehen können, durch Übertragung der zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Rechtsanwälte entwickelten sog. Sekundärverjährung, die an die Verletzung einer sekundären Hinweispflicht anknüpft und dazu führt, dass der Berater gegenüber dem primären Schadensersatzanspruch die Einrede der Verjährung nicht wirksam erheben kann, hat der BGH (a.a.O.) in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung ausdrücklich abgelehnt. Die Berufung gibt keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung.

c) Soweit Frau C. bei dem am 12.01.2004 mit dem Kläger geführten Gespräch verkannt hat, dass die 20%ige Garantie bereits im ausgewiesenen Kurs Eingang gefunden hatte, und dem Kläger dadurch die falsche Vorstellung vermittelt hat, er bekomme jedenfalls rd. 6.000,00 € mehr als den ausgewiesenen Kurswert, ist diese Falschauskunft nicht schadensursächlich geworden. Denn der Kläger zeigt selbst nichts dafür auf, dass er sich bei zutreffender Auskunft, dass nämlich der Garantiebetrag bereits im Kurswert eingerechnet war, sogleich von der Anlage getrennt hätte, statt - wie geschehen - bis zum Auslaufdatum (im November 2004) noch auf eine Kurserholung zu hoffen. Es spricht auch keine Vermutung dafür, dass der Kläger sich so verhalten hätte, da ihn auch die Erkenntnis, dass keine volle, sondern lediglich eine 20%ige Garantie bestehe, nicht zu einem Verkauf veranlasst hat. Anderenfalls könnte als Folge der unrichtigen Auskunft vom 12.01.2004 auch nur die Differenz zwischen dem damals bereits eingetretenen Verlust (19.069,75 €) und demjenigen bei Ende des Fonds (19.694,49 €) verlangt werden, worauf die Beklagte bereits vorprozessual hingewiesen hat (Bl. 21 d.A.). Die von der Berufung vertretene Rechtsansicht, die Beklagte schulde zum Zeitpunkt jeder erneuten Falschberatung wegen der Perpetuierung der unrichtigen Vorstellung des Klägers "im Wege der Naturalrestitution, den Kläger so zu stellen, als wäre die Angabe zur Garantie zutreffend gewesen" (Bl. 87 d.A.), ist nicht haltbar. Der Kläger kann im Wege des Schadensersatzes nicht verlangen, so gestellt zu werden, als wäre die falsche Auskunft der Beklagten richtig gewesen. Er ist dann vielmehr nur so zu stellen, wie er bei richtiger Auskunft stünde, bezogen auf den Zeitpunkt der Anlageentscheidung somit so, wie wenn er diese Anlage nicht getätigt hätte, und bezogen auf die späteren Zeitpunkte so, wie wenn er sich zu den betreffenden Zeitpunkten von der Anlage getrennt hätte.

2. Für die Annahme, die Beklagte habe selbst eine Garantie für die Rückzahlung des vom Kläger eingezahlten Nominalbetrages am Ende der Laufzeit übernommen, gibt schon das eigene Vorbringen des Klägers nichts her. Eine noch so häufige Wiederholung der falschen Aussage über eine solche dem Fonds eigene Garantie führt nicht zu einer eigenen Garantieübernahme durch die Beklagte. Die Verantwortung, welche die Beklagte für eine falsche Anlageberatung zu übernehmen hat, schlägt sich ggf. in einer Schadensersatzverpflichtung nieder, die indessen der aufgezeigten kurzen Verjährung unterliegt.

III.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass kein gesetzlicher Grund i.S.d. § 543 Abs.2 ZPO besteht, die Revision zuzulassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert der Berufung: 19.694,49 €.

Ende der Entscheidung

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