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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 07.03.2001
Aktenzeichen: 13 U 149/00
Rechtsgebiete: BGB, StPO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 670
BGB § 667
BGB § 812
BGB § 812 Abs. 1
StPO § 154 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 108 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 149/00 10 O 454/99 LG Aachen

Anlage zum Protokoll vom 07.03.2001

Verkündet am 07.03.2001

Hilgers, JHS'in als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eßer, die Richterin am Oberlandesgericht Wahle und den Richter am Landgericht Dahl

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 25. Juli 2000 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen - 10 O 454/99 - wird zurückgewiesen.

Dem Beklagten werden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 160.000,00 DM abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe.

Sicherheit kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstitutes erbracht werden.

Tatbestand

Am 10.09.1991 eröffnete der Beklagte bei der Klägerin das Girokonto Nr. ..., auf welchem ihm von Seiten der Klägerin ein Scheckrahmenkredit bis zu 50.000 DM eingeräumt wurde. Der Beklagte gab bei der Eröffnung als Beruf "Hotelmanager S." an (vgl. Bl. 104 GA). In Wirklichkeit war er zu keinem Zeitpunkt bei der S. AG tätig. Er hatte vielmehr am 08.06 1990 ein Bistro unter dem Namen "C." in der W.straße in A. eröffnet. Nach kurzer Zeit gab er jedoch den Betrieb des Bistros wieder auf, weil es sich nicht rentierte. Das Defizit bei der Schließung des Lokals aufgrund der Kosten der Neueröffnung belief sich auf ca. 60.000 DM (vgl. S. 8 des Strafurteils des LG Aachens vom 09.02.1994 - 67 KLs/31Js870/93 - 50/93 -).

Nachdem der Beklagte über den Zeugen M. M. dessen Eltern, die Zeugen U. und H. M., kennengelernt hatte, veranlasste er die Zeugen M., ihm in erheblichem Umfange Darlehen zur Verfügung zu stellen. Nachdem er gegenüber den Eheleuten M. ein notarielles Schuldanerkenntnis über 380.000 DM abgegeben hatte, gewährten diese ihm am 13.08.1992 ein Darlehen über 320.000 DM und am 22.02.1993 ein Darlehen über 60.000 DM (vgl. Bl. 78, 80, 90 des Strafurteils).

Am 01.03.1993 übergab der Beklagte dem Zeugen H. M. einen Inhaberscheck über 100.000 DM, bezogen auf das bei der Klägerin geführte Girokonto .... Dieser Scheck sollte den Eheleuten M. als Sicherheit dienen und nur dann eingelöst werden, wenn dem Beklagten etwas zustoßen sollte. Bei Übergabe des Schecks hatte der Beklagte positive Kenntnis davon, dass sein Konto keine Deckung aufwies (vgl. Bl. 16, 50 GA).

Wie von ihm beabsichtigt, sahen die Eheleute M. in diesem Scheck eine zusätzliche Sicherheit für die von ihnen dem Beklagten gewährten Darlehen. Sie fanden sich schließlich bereit, dem Beklagten am 29.04.1993 einen weiteren Kredit über 20.000 DM und am 21.05.1993 ein Darlehen über 350.000 DM zu gewähren (vgl. Bl. 99, 103 ff. Strafurteil), so dass sich die Darlehnsschuld des Beklagten gegenüber den Zeugen M. schließlich auf 750.000 DM belief.

Am 28.06.1993 stellten die Zeugen M. schließlich fest, dass sie einem Betrüger aufgesessen waren. Den Beklagten selbst konnten sie nicht erreichen, weil er an diesem Tage wegen einer schweren Lungenentzündung notfallmäßig stationär in einem Krankenhaus aufgenommen worden war. Der Zeuge H. M. begab sich daraufhin zur Filiale der Deutschen Bank in A. und legte dort den ihm am 01.03.1993 vom Beklagten übergebenen Scheck zur Einlösung vor. Infolge eines Versehens seitens der Klägerin wurde ihm der Betrag von 100.000 DM ausgezahlt, obwohl das Konto des Beklagten bis auf einen geringen Habenbetrag nicht gedeckt war.

Nur 8 Tage später, am 06.07.1993, wurde der Beklagte vorläufig festgenommen und befand sich von diesem Tage an bis zum 13.07.1994 in Untersuchungshaft und ab dem 14.07.1994 in Strafhaft, nachdem das Urteil des Landgerichts Aachen vom 09.02.1994, durch welches er wegen Betruges in 2 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt worden war, Rechtskraft erlangt hatte.

Mit Schreiben vom 25.08.1993 kündigte die Klägerin das Girokonto Nr. ... und übersandte das Kündigungsschreiben an die Anschrift "c/o Justizvollzugskrankenhaus" in F. (vgl. Bl. 18 GA). Sie forderte den Beklagten auf, den Debetsaldo nach Kontoabrechnung i. H. v. 101.925,33 DM bis zum 08.09.1993 zurückzuzahlen.

Da eine Zahlung von Seiten des Beklagten nicht erfolgte, erwirkte die Klägerin den Vollstreckungsbescheid vom 10.11.1993 über die vorgenannte Summe, der unter der Adresse S.straße 93, 47809 K. der damaligen Ehefrau des Beklagten im Wege der Ersatzzustellung in der Wohnung am 18.11.1993 zugestellt wurde. Mit einem bei Gericht am 22.10.1999 eingegangenen Schriftsatz hat der Beklagte gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt und diesen begründet.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Einspruch des Beklagten sei wegen Fristversäumung unzulässig. In der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2000 hat sie die Klage mit Zustimmung des Beklagten in Höhe eines Betrages von 1.925,33 DM zurückgenommen und hat sodann noch beantragt,

den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 10.11.1993 - 7 B 192669/93 - als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

unter Zurückweisung des Einspruchs im übrigen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 10.11.1993 - 7 B 192669/93 - i. H. v. 100.000 DM aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte hat beantragt,

den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 10.11.1993 - 7 B 192669/93 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Er hat die Einrede der Verjährung erhoben und im übrigen behauptet, dass er am 02.06.1993 mit der damals zuständigen Abteilungsleiterin der Klägerin, der Zeugin Sch., vereinbart habe, dass von seinem zum damaligen Zeitpunkt unstreitig ausgeglichenen Girokonto keine Auszahlungen mehr erfolgen sollten. Bei der Auszahlung der Schecksumme an den Zeugen M. habe es sich um ein Versehen der Klägerin gehandelt, welches diese alleine zu vertreten habe. Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin sei ebenfalls nicht gegeben, weil der Zeuge M. bzw. die Eheleute M. bei der Einlösung des Schecks als sicher hätten davon ausgehen müssen, dass dieser nicht gedeckt sei. Jedenfalls sei ein eventueller Schadensersatzanspruch der Eheleute M. wegen deren Mitverschuldens um 50 % zu kürzen gewesen.

Die Klägerin ist der Behauptung des Beklagten hinsichtlich der angeblichen Vereinbarung der Führung des Girokontos auf Habenbasis ausdrücklich entgegen getreten; eine solche Vereinbarung habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben.

Das Landgericht hat den Einspruch des Beklagten wegen Fehlens einer wirksamen Zustellung des Vollstreckungsbescheides als rechtzeitig angesehen und den Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht Hünfeld vom 10.11.1993 in Höhe eines Betrages von 100.000 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz - Überleitungsgesetzes vom 09.06.1998 seit dem 09.09.1993 aufrecht erhalten. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Einspruch des Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid sei zulässig, insbesondere fristgerecht, weil der Vollstreckungsbescheid an die damalige Ehefrau des Beklagten unter der Anschrift S.straße 93 in K. nicht wirksam zugestellt worden sei. Weil der Beklagte sich im Zeitpunkt der Zustellung bereits mehr als 4 Monate in Untersuchungshaft in der JVA A. befunden habe, habe sich der räumliche Mittelpunkt seines Lebens an diesen neuen Aufenthaltsort verlagert. Der Vollstreckungsbescheid sei aber i. H. v. 100.000 DM aufrecht zu erhalten, weil ein Bereicherungsanspruch der Klägerin gegeben sei und zwar auch dann, wenn die Behauptung des Beklagten hinsichtlich der angeblichen Vereinbarung vom 02.06.1993 als wahr unterstellt werde. In dem hier gegebenen Falle, in dem zunächst eine wirksame Scheckanweisung vorgelegen habe, diese aber nachträglich widerrufen worden sei, sei die Einlösung des Schecks dem Schuldner (hier: dem Beklagten) grundsätzlich zuzurechnen.

Etwas anderes gelte nur, wenn der Scheckeinreicher (hier: der Zeuge M.) positive Kenntnis vom Vorliegen eines Scheckwiderrufs habe. Dazu fehle es bereits an einem substantiierten Vortrag des darlegungsbelasteten Beklagten. Im übrigen sei eine angebliche Kenntnis der Eheleute M. von einer nicht vorhandenen Kontodeckung einer positiven Kenntnis von einem Scheckwiderruf nicht gleichzusetzen. Durch die Auszahlung des Schecks sei auch eine Bereicherung des Beklagten eingetreten. Denn er habe den Eheleuten M. im Zeitpunkt der Scheckeinlösung die Rückzahlung von weitaus höheren Darlehensbeträgen geschuldet.

Gegen dieses ihm am 26.07.2000 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 11.08.2000 Berufung eingelegt. Nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitige Anträge des Beklagten insgesamt bis zum 18.10.2000 verlängert worden war, hat der Beklagte seine Berufung am 18.10.2000 begründet.

Mit der Berufung wiederholt und vertieft der Beklagte sein erstinstanzliches Vorbringen, insbesondere die Behauptung, dass er am 02.06.1993 mit der Abteilungsleiterin der Klägerin, der Zeugin Sch., die Vereinbarung getroffen habe, dass über sein Girokonto keine Auszahlungen mehr erfolgen sollten. Dazu vertritt er die Rechtsauffassung, dass der Widerruf einer Weisung qualitativ etwas anderes sei als eine Übereinkunft der Parteien, nur noch eine bestimmte Kontoart - Girokonto im Habenbereich - zu führen. Infolge der getroffenen Vereinbarung sei die Einlösung des Schecks vertragswidrig gewesen. Deshalb stehe der Klägerin kein Aufwendungsersatzanspruch zu; sie habe den belasteten Betrag vielmehr zurückbuchen müssen und könne sich ihm gegenüber nicht darauf berufen, dass er durch ihre nicht erwünschte und vertragswidrige Leistung von einer Schuld befreit worden sei. Dies verbiete sich auch aus dem Gesichtspunkt der aufgedrängten Bereicherung und dem Gebot vertragsgerechten Verhaltens.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen,

2. ihr zu gestatten, Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volks- oder Raiffeisenbank zu leisten.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bestreitet weiterhin ausdrücklich die von dem Beklagten behauptete Vereinbarung vom 02.06.1993. Selbst wenn es aber eine solche Vereinbarung gegeben habe, sei darin kein wirksamer Scheckwiderruf zu sehen, weil der Beklagte selbst vorgetragen habe, er habe im Zeitpunkt der angeblichen Vereinbarung nicht mehr an den den Eheleuten M. überreichten Scheck gedacht.

Im übrigen bestehe auch kein qualitativer Unterschied zwischen einem Scheckwiderruf und der Vereinbarung einer Kontosperre. In beiden Fällen sei der Scheckeinreicher gleich schutzwürdig und der von dem Scheckaussteller in zurechenbarer Weise gesetzte Rechtsschein der Gleiche. Ein aufrechenbarer Anspruch wegen Verletzung des Girokontovertrages scheitere jedenfalls am Fehlen eines Schadens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2001 ist die Kopie des Schecks Bl. 381 der Strafakte mit dem persönlich anwesenden Beklagten erörtert worden. Er hat auf Nachfrage bestätigt, dass der Scheck von ihm stamme und seine Unterschrift trage. Im übrigen ist allein das sich schon in Kopie bei den erstinstanzlichen Zivilakten befindliche Strafurteil verwertet worden; die Richtigkeit der darin getroffenen Feststellungen hat der Beklagte zu keinem Zeitpunkt angezweifelt.

Entscheidungsgründe:

Die formell bedenkenfreie Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht hat das Landgericht den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 10.11.1993 in Höhe eines Betrages von 100.000 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz/Basiszinssatz seit dem 09.09.1993 aufrechterhalten.

1.

Zunächst hat das Landgericht die Zulässigkeit des Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid - die in jeder Instanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. nur Zöller - Stephan, ZPO 21. Aufl. § 341 Rd. Nr. 6) - mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, bejaht.

2.

Auf den zulässigen, insbesondere fristgerechten, Einspruch des Beklagten hat das Landgericht den Vollstreckungsbescheid zu Recht i. H. v. 100.000 DM aufrecht erhalten. Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung sind unbegründet.

a)

Die Fallgestaltung, dass die Bank (Angewiesene) den Widerruf einer zunächst wirksamen Scheckanweisung durch den Scheckgeber (Anweisender) versehentlich missachtet und den Scheckbetrag an den Scheckeinreicher (Anweisungs-/Scheckempfänger) zur Auszahlung gebracht hat, war wiederholt Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen. Wegweisend und bis heute maßgebend ist insoweit die Entscheidung des 7. Zivilsenates des BGH vom 18.10.1973 (BGHZ 61, 289 ff. = NJW 74, 39 ff.). Der BGH führt dort aus, dass der Angewiesene (Bank) mit der Auszahlung des Geldes an den Scheckeinreicher zunächst eine eigene Leistung an den Anweisenden (Scheckgeber), also innerhalb des sogenannten Deckungsverhältnisses, erbringe und zugleich eine Leistung des Anweisenden (Scheckgeber) an den Anweisungsempfänger (Scheckeinreicher) im sogenannten Valutaverhältnis. Deshalb sei auch der Bereicherungsausgleich grundsätzlich innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses durchzuführen. Bei einer zunächst wirksamen Anweisung, die später widerrufen werde, liege ein bloßer Mangel im Deckungsverhältnis vor, der zu einem Bereicherungsanspruch der Bank gegen den Scheckgeber führe. Das gelte jedenfalls in den Fällen, in denen der Anweisungs-/Scheckempfänger (hier: Herr H. M.) keine Kenntnis vom Widerruf der Anweisung gehabt habe. Diese Lösung wird u.a. deshalb als sachgerecht angesehen, weil auch beim späteren Widerruf die ursprüngliche Anweisung vom Anweisenden selbst stammt, die später fehlgehende Zahlung also von ihm selbst veranlasst worden ist.

b)

Diese Rechtsprechung ist in der Folgezeit von dem 7. Zivilsenat, aber auch von dem 2. und dem 11. Zivilsenat des BGH bestätigt worden (BGHZ 104, 374 ff. = NJW 88, 3149 ff.; BGHZ 89, 376 ff.; BGHZ 87, 393 ff. = NJW 83, 2499 ff.; BGHZ 87, 246 ff.; BGHZ 111, 382 ff.). Nobbe (in Schimansky, Bankrechtshandbuch Band 1,1997, § 60 Rdn. 207) weist darauf hin, dass eine Änderung dieser Rechtsprechung auch in Zukunft nicht zu erwarten sei. Trotz vereinzelter Kritik hat sich die ganz überwiegende Literaturmeinung dieser Rechtsprechung angeschlossen (vgl. nur Schimansky, Bankrechtshandbuch, § 50 Rn. 6 - 8; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Auflage 2000, Rn. 4.532; Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Auflage 1988, Rn. 361; 705). Auch die obergerichtliche Rechtsprechung ist dem BGH gefolgt (vgl.z.B. OLG Köln, 2.ZS, in ZIP 96, 1376, 1377).

3.

Von dem bereicherungsrechtlichen Anspruch zu unterscheiden ist die Frage, ob eine Bank, die den Widerruf einer Anweisung nicht beachtet, wegen Verletzung des Giro- bzw. Scheckvertrages verpflichtet ist, den dem Konto belasteten Betrag wieder gutzuschreiben, weil ein Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 670 BGB wegen Nichtbeachtung des Widerrufs nicht besteht. Ein solcher Stornierungsanspruch, der dadurch zu erfüllen ist, dass eine Gutschrift des belasteten Betrages mit gleicher Wertstellung zu erfolgen hat, ist zu bejahen (vgl. nur BGHZ 104, 374, 382). Es kann dabei dahinstehen, ob dieser Rückbuchungsanspruch aus § 667 BGB oder als Schadensersatzanspruch aus der Verletzung des Giro- und Scheckvertrages folgt (Canaris a. a. O. Rn. 357).

4.

Der Beklagte, der sich in erster Linie auf einen solchen Rückbuchungsanspruch beruft, verkennt jedoch, dass dadurch lediglich ein Anspruch der Klägerin auf Ausgleich des belasteten Betrages aus dem Giro-/Scheckvertrag, also aus § 670 BGB, ausgeschlossen wird. Die Klägerin wird dadurch aber nicht gehindert, einen Anspruch aus § 812 BGB gegen den Beklagten geltend zu machen (vgl. Canaris a. a. O. Rn. 351). Auch die Entscheidung des BGH vom 16.06.1983 (BGHZ 87, 393 ff.) verhält sich zu einer Fallgestaltung, bei der die Bank nach Auszahlung trotz Widerruf den belasteten Betrag dem Girokonto wieder gut brachte, dann aber gegen eine Forderung des Kunden aus dem Sparguthaben mit einem Bereicherungsanspruch in entsprechender Höhe aufrechnete.

5.

Soweit der Beklagte aus der von ihm behaupteten Vereinbarung vom 02.06.1993 eine abweichende rechtliche Gestaltung, insbesondere einen fehlenden Bereicherungsanspruch der Klägerin, ableiten möchte, geht dies fehl.

a)

Es kann dahinstehen, ob ein Widerruf einer Weisung "qualitativ etwas anderes" als die von dem Beklagten behauptete Vereinbarung darstellt. Denn dies betrifft allenfalls die das Vertragsrecht berührende Frage, ob die Klägerin zur Rückbuchung des Betrages verpflichtet ist. Dies ist allerdings bei einer ausdrücklichen Vereinbarung, wie sie der Beklagte behauptet, ebenso zu bejahen wie bei der Missachtung einer entsprechenden Weisung.

b)

Das Bestehen eines Bereicherungsanspruches wird jedoch durch die angebliche Vereinbarung (Führung des Kontos auf Habenbasis) entgegen der Ansicht des Beklagten nicht ausgeschlossen. Denn Rechtsprechung und Literatur stellen für den bereicherungsrechtlichen Ausgleich entscheidend darauf ab, ob eine erfolgte Zahlung dem Kontoinhaber zuzurechnen ist. Ist dies der Fall, ist der Bereicherungsausgleich im Verhältnis zum Kunden zu suchen. Eine Zurechnung ist immer dann gegeben, wenn die Bank von einer wirksam erteilten Weisung abweicht, mag diese auch im Zeitpunkt der Zahlung widerrufen sein (vgl. Schimansky a. a. O. § 50 Rn. 6). Auch wenn die Parteien die vom Beklagten behauptete Vereinbarung getroffen haben sollten, beruht die Überweisung auf der schon vorher erteilten wirksamen Weisung des Beklagten. Er hat, ebenfalls in betrügerischer Absicht, dem Zeugen H. M. den Scheck über 100.000,00 DM übergeben, obwohl er wusste, dass das Konto keine Deckung aufwies (vgl. Bl. 16, 50 GA). Dieses Verhalten des Beklagten ist im Strafverfahren nach § 154 Abs. 2 StPO behandelt worden. Stellt aber jemand in der sicheren Erkenntnis, dass sein Konto keine Deckung aufweist, einen Scheck aus, der auch betragsmäßig über der ihm eingeräumten Kreditlinie liegt, so hat er die Zahlung der Bank veranlasst und ist in keiner Weise schutzwürdig. Schutzwürdig ist demgegenüber der auf eine fortbestehende Anweisung vertrauende Scheckeinreicher. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Scheck von der Bank wegen zwichenzeitlich erfolgten Widerrufs der Anweisung oder wegen einer angeblichen Vereinbarung, wie sie der Beklagte behauptet, nicht eingelöst werden durfte.

Auch der BGH beschränkt den Bereicherungsausgleich nicht nur auf Fälle, in denen die Bank trotz widerrufener Anweisung ausgezahlt hat. Er stellt dem die Fälle gleich, in denen die Bank sich über das Vorhandensein ausreichender Dekkung irrt oder eine Pfändung des Kontos übersieht (BGHZ 61, 289, 293). Ein Fall, in dem die Bank eine angebliche Abrede, das Konto im Haben zu führen, versehentlich missachtet, kann aber schlechterdings nicht anders behandelt werden als ein Fall, in dem die Bank sich über das Vorhandensein ausreichender Deckung irrt.

c)

Der Beklagte kann auch nicht mit dem Argument gehört werden, die Klägerin könne sich nicht auf die Tilgungswirkung ihrer Leistung (Befreiung von einer Schuld) berufen, weil es sich um eine aufgedrängte Bereicherung handele. Dieser Gesichtspunkt, den einmal das LG Köln (in ZIP 1981,1198) vertreten hat, ist nach richtiger Ansicht (vgl. Canaris a. a. O. Rn. 705 und 739) abzulehnen, weil im Valutaverhältnis zwischen dem Scheckaussteller (Beklagter) und dem Schecknehmer (Eheleute M.) trotz des Widerrufs eine wirksame Zweck- und Tilgungsbestimmung vorliegt (die der Scheckaussteller nicht gegenüber der Bank, sondern allenfalls gegenüber dem Schecknehmer widerrufen kann) und daher die Bereicherung des Ausstellers nach wie vor auf seine zurechenbare eigene Leistung zurückgeht. Das Landgericht Köln (aa0) will die Bank auf die Abtretung "etwaiger Ansprüche " des Kunden (hier: des Beklagten) gegen seinen Vertragspartner (hier: Herr H. M.) verweisen. Dies führt aber zu untragbaren Ergebnissen, wenn ein Anspruch des Dritten gegen den Kunden der Bank tatsächlich bestanden hat. Denn in diesem Falle besteht ein Rückforderungsanspruch, den der Kunde an die Bank abtreten könnte, nicht.

Die Bereicherung ist auch nicht deshalb aufgedrängt, weil der Beklagte die begründete Forderung der Eheleute M. jedenfalls im Zeitpunkt der Scheckeinlösung noch nicht ausgleichen wollte. Durch die Zahlung der Bank ist lediglich ein Gläubigerwechsel erfolgt, der auf die Veranlassung des Beklagten (Scheckausstellung) zurückgeht. Dadurch hat sich aber weder die Forderung selbst verändert noch ist das Interesse des Beklagten an der Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber den Eheleuten M. entfallen. Nur wenn dies der Fall wäre, käme eine "aufgedrängte Bereicherung" infolge Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des Schuldners, auf die der Beklagtenvertreter im Termin in erster Linie abgestellt hat, überhaupt in Frage (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 951 Rdn.18).

Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin scheitert nach alledem nicht wegen Vorliegens einer angeblich dem Beklagten "aufgedrängten Bereicherung".

6.

Dem Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 BGB steht auch nicht entgegen, dass die Eheleute M. den Scheck erst nach Ablauf der Vorlagefrist des § 29 Scheckgesetz zur Zahlung vorgelegt haben. Der Ablauf dieser Frist hat lediglich zur Folge, dass der Inhaber des Schecks den Rückgriff gegen die Indossanten und den Aussteller verliert (vgl. nur Baumbach/Hefermehl, Scheckgesetz, 22. Auflage 2000, Art. 29 Rn. 5). Der Fristablauf ist dagegen ohne Bedeutung für die Wirksamkeit der früheren Scheckanweisung (Nobbe in Schimansky a. a. O. § 60 Rn. 135).

7.

Auch die weiteren Voraussetzungen für einen Bereicherungsanspruch der Klägerin sind erfüllt.

a)

Die Zahlung der Klägerin an die Eheleute M. hatte Tilgungswirkung (vgl. dazu Schimansky a. a. O. § 50 Rn. 8). Der Scheck war den Eheleuten M. nach den nicht bestrittenen Feststellungen im Urteil der 7. großen Strafkammer des Landgerichts Aachen als Sicherheit übergeben worden und sollte dann eingelöst werden können, wenn dem Angeklagten und hiesigen Beklagten etwas zustoßen sollte (S. 91 des Strafurteils). Am Tage der Einlösung des Schecks wurde der Beklagte wegen einer schweren Lungenentzündung notfallmäßig stationär in ein Krankenhaus eingeliefert (vgl. S. 108 des Strafurteils). Dies hatte zur Folge, dass der Beklagte die Eheleute M. nicht durch weitere Täuschungen von Nachforschungen abhalten konnte. Der Sohn der Eheleute M. rief, als er den Beklagten nicht erreichen konnte, bei der S. AG an, woraufhin dann der gesamte Betrug aufflog. Danach legten die Eheleute M. den Scheck bei der Klägerin zur Einlösung vor. Der Sicherungsfall war zu diesem Zeitpunkt eingetreten mit der Folge, dass jedenfalls ein sofort fälliger Anspruch der Eheleute M. gegen den Beklagten in Höhe von 100.000,00 DM bestand unabhängig davon, ob auch die weiteren Darlehensbeträge über insgesamt 750.000,00 DM bereits zur Rückzahlung fällig waren.

b)

Die Eheleute M. hatten auch keine positive Kenntnis von dem angeblichen Scheckwiderruf bzw. der vom Beklagten behaupteten Vereinbarung. Das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten, für das er die volle Beweislast trägt (vgl. nur BGHZ 87, 393, 400), ist unschlüssig. Das Landgericht weist zutreffend darauf hin, dass zu differenzieren ist zwischen dem angeblichen Wissensstand der Eheleute M. in Bezug auf einen Scheckwiderruf einerseits und auf eine nicht vorhandene Kontodeckung auf dem Konto des Beklagten andererseits. Eine eventuelle Kenntnis der Eheleute M. von einer fehlenden Deckung des Kontos des Beklagten - selbst dafür fehlt ein schlüssiger Vortrag - ist nicht mit einer Kenntnis von einem Scheckwiderruf (die einen Bereicherungsausgleich im Deckungsverhältnis ausschließt) gleichzusetzen. Ergänzender Vortrag zu diesem Punkt findet sich in der Berufungsbegründung des Beklagten nicht.

c)

Ebenfalls zutreffend führt das Landgericht unter Bezugnahme auf die Nachweise bei Palandt-Thomas (aaO, § 818 Rdn. 38) aus, dass bei der Befreiung von einer Verbindlichkeit ein Bereicherungswegfall nicht in Betracht kommt. Im übrigen wird ein Bereicherungswegfall von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht.

Es hat nach alledem bei dem angefochtenen Urteil zu verbleiben.

8.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 108 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert der Berufung und Beschwer des Beklagten durch dieses Urteil: 100.000 DM

Ende der Entscheidung

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