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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 06.09.2006
Aktenzeichen: 13 U 193/03
Rechtsgebiete: VerbrKrG, HWiG, BGB


Vorschriften:

VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2
VerbrKrG § 7 Abs. 4
VerbrKrG § 9
VerbrKrG § 9 Abs. 1
VerbrKrG § 9 Abs. 1 S. 1
VerbrKrG § 9 Abs. 1 S. 2
VerbrKrG § 9 Abs. 2 S. 4
VerbrKrG § 9 Abs. 3
HWiG § 1
HWiG § 1 Abs. 1
HWiG § 1 Abs. 1 Nr. 1 a.F.
HWiG § 2
HWiG § 3
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 150 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 04.09.2003 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 2 O 191/00 und 2 O 37/01 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu 3) und 4) 9.497,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.11.2000 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an dem im Grundbuch des Amtsgerichts Borna von C. Blatt 2526 verzeichneten Teileigentum, bestehend aus einem 1/208tel Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung C., Flurstücke 556/6, 606/3 und 608, insgesamt 1.263 m² groß, verbunden mit dem Sondereigentum an dem Garagen-Stellplatz-Nr. 191 des Aufteilungsplanes auf die Beklagte zu Alleineigentum. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts M. verursachten Kosten tragen die Kläger zu 3) und 4). Im Übrigen tragen die in erster Instanz angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beklagten die Kläger zu 1) und 2) zu 25%, die Kläger zu 3) und 4) zu 29% und die Beklagte zu 46%; die im Übrigen in erster Instanz angefallenen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 3) und 4) tragen die Beklagte zu 45% und die Kläger zu 3) und 4) selbst zu 55%.

Die im Berufungsverfahren angefallenen Gerichtskosten tragen die Kläger zu 3) und 4) einerseits und die Beklagte andererseits zu jeweils 50%. Die im Berufungsverfahrenen entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Kläger zu 3) und 4) zu 37 % und im Übrigen die Beklagte selbst. Die im Berufungsverfahrenen entstandenen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 3) und 4) tragen die Beklagte zu 45% und im Übrigen die Kläger zu 3) und 4) selbst.

Darüber hinaus findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus Darlehensverträgen, die die Beklagte den Klägern zum Erwerb jeweils eines Stellplatzes im "City-Parkhaus" in C. gewährt hat.

Die Kläger zu 3) und 4) erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom 16.06.1995 (BI. 286 ff. d.A.) von der "H. GmbH" (im Folgenden: H. GmbH) einen 1/208tel Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung C., Flurstücke 556/6, 606/3 und 608 verbunden mit dem Sondereigentum an dem Garagenstellplatz Nr. 191. Sie wurden dabei aufgrund am 09.01.1995 erteilter Vollmacht (UR-Nr. 89/1995 des Notars L. S. in M., BI. 373 ff. d.A.) durch die "J. mbH" (im Folgenden: J. GmbH) vertreten. Neben dem Abschluss des Kaufvertrags war die J. GmbH gemäß Ziffer II. dieser Urkunde bevollmächtigt, "Verträge über die Mietverwaltung, Teileigentumsverwaltung, Finanzierungsvermittlung, Mittelverwendungstreuhandschaft/Steuerberatung, Mietvermittlung und Darlehen" abzuschließen sowie "die Mieten bzw. Pachtauszahlungsansprüche des Vollmachtgebers an die Bank zur Bedienung von deren Forderungen abzutreten und entsprechende Bankkonten zu eröffnen".

Schon zuvor, nämlich am 19.05.1995, hatten die Kläger zu 3) und 4) zwei Kreditverträge mit der Beklagten unterzeichnet (BI. 294, 295 d.A.), welche die Beklagte jeweils am 11.01.1996 gegenzeichnete. Das erste Darlehen ist grundpfandrechtlich gesichert, lautet über einen Nettobetrag von 32.500,00 DM zuzüglich einer Restschuldversicherungsprämie von 2002,00 DM. Es ist mit nominal 9,75% (effektiv: 11,68%) verzinst, die Zinsbindung lief am 30.06.2000 aus. Das zweite Darlehen lautet über einen Nennbetrag von 4.700,00 DM bei einer Verzinsung von nominal 12,5%, effektiv 15,527%. Es war endfällig zum 30.03.1996 und ist vollständig zurückgeführt. Mit notarieller Urkunde vom 20.12.1995 (UR-Nr. 675 für 1995 des Notars Dr. N. in F., BI. 298 ff. d.A.) bestellten die Kläger zu 3) und 4), vertreten durch die J. GmbH, der Beklagten eine Grundschuld in Höhe von 38.000,00 DM, übernahmen in dieser Höhe die persönliche Haftung und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Auf die Kreditverträge leisteten die Kläger zu 3) und 4) bis September 2000 Zahlungen in Höhe von insgesamt 27.068,67 DM und erhielten als Pachtzinsen bzw. aus einer Mietgarantie Zahlungen von insgesamt 3.793,58 DM. Mit Schreiben vom 14.02.2002 (BI. 633 d.A.) haben sie ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags mit der Nr. 79400-50221 (über 34.502,00 DM) gerichteten Willenserklärungen gegenüber der Beklagten unter Berufung auf das Haustürwiderrufsgesetz widerrufen.

Auch die Kläger zu 1) und 2) haben mit Hilfe zweier von der Beklagten gewährter Darlehen zu im Wesentlichen gleichen Bedingungen einen Stellplatz im "City-Parkhaus" in C. erworben. Auf die Kreditverträge leisteten die Kläger zu 1) und 2) Zahlungen in Höhe von insgesamt 24.486,37 DM und erlösten bis Juni 1998 Pachtzinsen in Höhe 2.203,52 DM.

Mit ihren durch Beschluss des Landgerichts vom 26.04.2001 (Bl. 456 ff. d.A.) verbundenen Klagen haben die Kläger Rückzahlung geleisteter Darlehensraten, hilfsweise Neuberechnung der Darlehen, die Kläger zu 3) und 4) des weiteren hilfsweise die Feststellung, dass die von ihnen abgeschlossenen Darlehensverträge mit Schreiben vom 14.02.2002 wirksam widerrufen wurden, begehrt.

Die Kläger haben behauptet, die Stellplätze seien ihnen von den Mitarbeitern der Vertriebsfirma "C.-D." als Altersvorsorge angepriesen worden. Nach deren Darstellung habe es sich um ein "bankgeprüftes" Objekt gehandelt, das einer stetigen Wertsteigerung unterliege und wegen seiner sicheren Vermietbarkeit mit der eingenommenen Miete und der erzielten Steuerersparnis problemlos zu finanzieren sei. Tatsächlich seien die erworbenen Stellplätze aber in sittenwidriger Weise überteuert gewesen und wiesen einen Wert von allenfalls 13.461,54 DM auf. Dies sei der Beklagten, die von Beginn an in das Projekt eingebunden gewesen sei und mit dem Vertrieb zusammengearbeitet habe, auch bekannt gewesen. Ihre Einwendungen gegen das finanzierte Geschäft könnten sie gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG auch der Beklagten entgegenhalten, da es sich bei dem Verkauf des Stellplatzes und dem von der Beklagten gewährten Darlehen um ein verbundenes Geschäft gehandelt habe. Auch der Umstand, dass die höheren Darlehen grundpfandrechtlich abgesichert gewesen seien, stehe dem nicht entgegen, da die Kredite nicht zu marktüblichen Bedingungen ausgereicht worden seien. Da die seitens der Kläger schon Mitte 1995 unterzeichneten Kreditverträge von der Beklagten erst am 11.01.1996 bzw. 13.02.1996 gegengezeichnet worden seien, sei von einer verspäteten Annnahme mit der Folge auszugehen, dass zwischen den Parteien keine Darlehensverträge zustande gekommen seien. Darüber hinaus habe die Beklagte bereits vor der Annahme die Darlehensvaluta ausgezahlt. Dies sei aufgrund einer nichtigen Anweisung des Treuhänders geschehen; nichtig sei diese Anweisung, weil die der J. GmbH erteilte Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße. Wegen der vorzeitigen Auszahlung der Darlehensvaluta fehle es auch an der erforderlichen Schriftform. Zudem mangele den Kreditverträgen auch die Angabe des Gesamtbetrags aller zu entrichtenden Teilzahlungen, weshalb ihnen jedenfalls ein Anspruch auf Neuberechnung der Kreditverträge auf der Basis einer 4-prozentigen Verzinsung zustehe. Die Kläger zu 3) und 4) haben darüber hinaus die Auffassung vertreten, nach § 1 Abs. 1 HWiG zum Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrags mit der Nr. 79400-50221 gerichteten Willenserklärungen berechtigt gewesen zu sein.

Die Beklagte ist dem Klagevorbringen entgegengetreten und hat behauptet, mit der Verkäuferin Firma H. in keinerlei Geschäftsbeziehungen gestanden zu haben. Auch habe sie diese Firma nicht finanziert, sondern sei lediglich bereit gewesen, Erwerber der Stellplätze - Bonität vorausgesetzt - zu finanzieren. Der Wert der Stellplätze lasse sich nicht mit den Baukosten gleich setzen. Ihr habe insoweit eine "Wertschätzung" der Ankerbank vom 18.12.1994 (BI. 236 ff. d.A.) vorgelegen, die einen Verkehrswert je Stellplatz in Höhe von 26.500,00 DM ausweise. Sie selbst habe Stellplätze in relevanter Größenordnung erworben und hierfür wenigstens 20.000,00 DM pro Stellplatz gezahlt. Bei den den Klägern gewährten Darlehen handele es sich auch um zu marktüblichen Bedingungen ausgereichte Kredite; wegen der Vollfinanzierung habe nämlich eine Mischkalkulation vorgenommen werden müssen, die zu höheren Zinsen geführt habe.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.09.2003 (Bl. 801 ff. d.A.), auf das wegen des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge sowie wegen der rechtlichen Würdigung durch die Kammer Bezug genommen wird, abgewiesen. Ein Einwendungsdurchgriff gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG scheitere schon am Fehlen eines verbundenen Geschäfts; zudem seien die Kredite grundpfandrechtlich gesichert gewesen (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG). Die Beklagte habe sich auch gegenüber den Klägern nicht schadensersatzpflichtig gemacht. Im Hinblick auf die grundpfandrechtliche Absicherung der Kredite stehe den Klägern auch kein Anspruch auf Neuberechnung der geschuldeten Zinsen zu. Ein Widerrufsrecht der Kläger zu 3) und 4) nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes komme nicht in Betracht, da die Haustürsituation der Beklagten nicht zugerechnet werden könne. Deren Hilfsantrag auf Feststellung des Widerrufs sei bereits unzulässig, da die Frage des Widerrufs im Rahmen des Leistungsantrags habe geklärt werden können.

Mit der Berufung haben die Kläger ihr Begehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zunächst weiterverfolgt, wobei die Kläger zu 1) und 2) ihren Hauptantrag entsprechend der Prozesskostenhilfebewilligung durch den Senat dahingehend eingeschränkt haben, dass nur noch ein Betrag von 9.192,77 € Zug um Zug gegen Übertragung des finanzierten Stellplatzes verlangt werde. Die Kläger zu 1) und 2) haben sodann im Termin vom 09.06.2004 mit der Beklagten einen Vergleich geschlossen und sind dadurch bezüglich der Hauptsache und ihrer außergerichtlichen Kosten aus dem Verfahren ausgeschieden (Bl. 1028 f.); über die im Verhältnis zu Klägern zu 1) und 2) angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beklagten verhält der Vergleich sich nicht. Im Hinblick auf den Inhalt des Vergleichs haben die Parteien den Rechtsstreit, soweit er die Kläger zu 1) und 2) betrifft, im Termin vom 02.08.2006 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Parteien beantragen insoweit,

die Kosten der Gegenseite aufzuerlegen, soweit hierüber nicht bereits im Vergleich vom 09.06.2004 eine Regelung getroffen worden ist.

Die Kläger zu 3) und 4) beantragen,

das am 04.09.2003 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 2 O 191/00 und 2 O 37/01 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger zu 3) und 4) 13.840,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.11.2000 zu zahlen,

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, den mit den Klägern geschlossenen Kreditvertrag vom 19.05.1995/11.01.1996 zu der Kontonummer 7940xxxxxx unter Zugrundelegung eines geschuldeten Zinssatzes von 4% und unter Verrechnung der darüber hinaus erfolgten Zahlung auf Tilgung des Nettokreditbetrages neu zu berechnen,

hilfsweise festzustellen, dass das Darlehen vom 19.05.1995/11.01.1996 zur Finanzierung des Stellplatzes 191 im City-Parkhaus C. mit einem Nennbetrag von 17.641,00 € (34.502,80 DM), Konto-Nr. alt 7940xxxxxx, neu 9261xxxxxx, durch Schreiben vom 14.02.2002 widerrufen wurde.

Die Beklagte beantragt hierzu,

die Berufung der Kläger zu 3) und 4) zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 28.07.2004 (Bl. 1047 f. d.A.) und Ergänzungsbeweisbeschluss vom 21.02.2005 (Bl. 1152 d.A.) Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen W. vom 09.12.2004 (Bl. 1077 ff.) sowie auf die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 04.05.2005 (Bl. 1164 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Kläger zu 3) und 4) hat auch in der Sache selbst teilweise Erfolg. Ihnen steht in Höhe von 9.497,29 € ein Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Darlehensraten zu.

1. Die Darlehenverträge vom 19.05.1995/11.01.1996 sind allerdings entgegen der Auffassung der Kläger wirksam zustande gekommen. Selbst wenn nämlich die Beklagte die Darlehensanträge verspätet angenommen haben sollte, wäre hierin gemäß § 150 Abs. 1 BGB ein neues Angebot zu erblicken. Auch wenn der Empfänger sich zu einem solchen Angebot - wie hier - in der Folgezeit nicht ausdrücklich erklärt, wird es regelmäßig nahe liegen, sein Schweigen nach Treu und Glauben als konkludente Annahme zu werten, sofern keine Umstände eingetreten sind, die eine Änderung der sachlichen Entscheidung des Antragenden nahe legen könnten (BGH WM 1986, 577, 579; MüKo/BGB-Kramer, 4. Aufl. § 149 Rn. 6 m.w.N.). Solche Umstände, die die Entscheidung der Kläger zur Inanspruchnahme der Darlehen nachträglich in Frage stellen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Unter diesen Umständen durfte die Beklagte das Schweigen der Kläger redlicherweise als Annahme ihres Darlehensangebots auffassen.

2. Der Zahlungsanspruch der Kläger folgt aber in der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Höhe aus den §§ 9 Abs. 2 S. 4, 7 Abs. 4 VerbrKrG, § 3 HWiG jeweils in der hier maßgeblichen, bis zum 30.09.2000 gültigen Fassung (im Folgenden nur noch "VerbrKrG" bzw. "HWiG"). Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Darlehensnehmer über den Wortlaut des § 9 Abs. 3 VerbrKrG hinaus im Anwendungsbereich der Vorschrift unter Berufung auf Einwendungen aus dem finanzierten Geschäft nicht nur die Rückzahlung des Kredits verweigern. Vielmehr hat in den Fällen, in denen der Nettokreditbetrag - wie hier - dem Verkäufer bereits zugeflossen ist, auch eine Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen zu erfolgen, in deren Rahmen der Darlehensgeber in entsprechender Anwendung des § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG in die Rechte und Pflichten des Verkäufers eintritt. Der Kreditgeber nimmt in diesem Falle eine Doppelstellung ein, indem ihn auch die Pflichten aus dem verbundenen Geschäft treffen. Die Abwicklung erfolgt im Übrigen gemäß §§ 9 Abs. 2 S. 4, 7 Abs. 4 VerbrKrG nach § 3 HWiG (BGHZ 156, 46, 54 ff.; sogenannter Rückforderungsdurchgriff).

Die Voraussetzungen für einen solchen Rückforderungsdurchgriff stehen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest: Der Kaufvertrag vom 16.06.1995 und die Darlehensverträge vom 19.05.1995/11.01.1996 bilden ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG (unten a), dessen Anwendbarkeit auch nicht durch § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausgeschlossen ist (unten b). Schließlich steht den Klägern auch eine zu berücksichtigende Einwendung aus dem verbundenen Geschäft zu, weil nämlich der Kaufvertrag über den erworbenen Stellplatz gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist (unten c).

a) Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG bildet ein Kaufvertrag ein mit dem Kreditvertrag verbundenes Geschäft, wenn der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient und beide Verträge als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind. Letzteres wird gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG vermutet, wenn sich der Kreditgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bedient.

Schon nach den Entscheidungen des BGH vom 21.07.2003 (II ZR 387/02 = BGHZ 156, 46, 51) und vom 23.09.2003 (XI ZR 135/02 = WM 2003, 2232, 2234) greift die Vermutungswirkung des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG insbesondere dann ein, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus eine Bank um Finanzierung seines Anlagegeschäfts ersucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Anlagevertreibers zugleich mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Anlagevertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte. Diese Voraussetzungen, die der XI. Zivilsenat in seiner von der Beklagten mehrfach in Bezug genommenen Entscheidungsserie vom 25.04.2006 noch einmal ausdrücklich bestätigt hat (vgl. BGH WM 2006, 1003, 1005), liegen vor:

Wie der Zeuge G. bekundet hat (Bl. 584 d.A.), hatte die Beklagte Ende März 1995 eine Grundsatzzusage erteilt, die beinhaltete, Interessenten an dem Objekt "City-Parkhaus" - Bonität vorausgesetzt - Kredite zu gewähren. Die auf der Grundlage dieser Finanzierungszusage von den Klägern zu 3) und 4) abgeschlossenen Darlehensverträge sind entgegen der Auffassung der Beklagten (zuletzt im Schriftsatz vom 22.08.2006, Bl. 1400 d.A.) auch keineswegs auf Initiative der Kläger zu 3) und 4) bei der Beklagten abgeschlossen worden. Der Vertragsschluss beruht vielmehr darauf, dass die Vertriebsbeauftragten der Verkäuferin, nämlich Mitarbeiter der ihrerseits von der J. GmbH beauftragten "C.-D.", den Klägern die Darlehensunterlagen zur Verfügung gestellt haben. Die J. GmbH, auf deren Tätigkeit der Abschluss der Darlehensverträge bei der Beklagten letztlich zurückgeht, ist schon im Fondsprospekt (Anlage B 2) nicht nur als Vertragstreuhänderin, sondern auch als Prospektherausgeberin und Vertriebsgesellschaft, aufgeführt; die Annahme der Beklagten, die J. GmbH sei nicht als Vertriebsbeauftragte, sondern im Rahmen eines Finanzierungsvermittlungsauftrags für die Kläger tätig geworden, liegt schon deshalb fern. Im Übrigen geht auch aus der von der Beklagten im Schriftsatz vom 22.08.2006 angeführten Vollmacht vom 09.01.1995 lediglich die Befugnis der J. GmbH hervor, im Namen der Kläger einen Finanzierungsvermittlungsauftrag zu erteilen (Ziff. II. der Urkunde, Bl. 374R d.A.), einen selbständigen Vermittlungsauftrag an die J. GmbH beinhaltet die Vollmacht indes nicht.

Das darüber hinaus vom Bundesgerichtshof aufgestellte Kriterium, dem Anleger müssten Darlehensantrag und Anlageunterlagen "zugleich" vorgelegt werden, ist - insbesondere beim Immobilienkauf - nicht so zu verstehen, dass der Vertriebsbeauftragte den Darlehensantrag am selben Tag übergeben müsste, an dem auch die Anlageunterlagen überreicht werden. Denn für die Frage, ob Kauf und Darlehen eine wirtschaftliche Einheit bilden, ist letztlich entscheidend, ob auch die Anbahnung des Darlehensvertrages durch die Verkäuferin bzw. den von ihr eingeschalteten Vermittler erfolgt und die Entscheidung für die Inanspruchnahme des Darlehens in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Anlageobjektes gefallen ist. Dementsprechend hat auch der XI. Zivilsenat in seinem Urteil vom 23.09.2003 maßgeblich darauf abgestellt, dass das Darlehen noch vor dem Immobilienkaufvertrag beantragt und der Darlehensantrag der finanzierenden Bank zugeleitet worden ist (WM 2003, 2232, 2234). Auch in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt waren Darlehensantrag und Kaufvertrag ebenso wenig wie im vorliegenden Fall exakt zeitgleich abgeschlossen worden. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgerichtshof zwar die Anwendbarkeit des § 9 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG offen gelassen, er hat aber sodann auf die Vermutung des § 9 Abs. 1 S. 2 BGB abgestellt. Entgegen der missverständlichen Darstellung im Schriftsatz der Beklagten vom 22.08.2006 hat er auch trotz einer Zeitspanne von deutlich mehr als einem Monat zwischen Darlehensantrag und Kaufvertrag die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG im Ergebnis bejaht (der Darlehensantrag war dort im August 1998 gestellt worden, der Kaufvertrag datierte erst vom 15.10./11.11.1998). Vorliegend haben die Kläger zu 3) und 4) den notariellen Kaufvertrag unter dem 16.06.1995 geschlossen und hatten die Kreditverträge erst knapp einen Monat zuvor, nämlich am 19.05.1995 unterzeichnet. Der erforderliche zeitliche Zusammenhang ist damit gewahrt.

Im Übrigen wird die Annahme, die Beklagte habe sich bei Abschluss der Darlehensverträge der Mitwirkung der Verkäuferin bzw. ihres Vertriebs bedient, auch durch die weiteren Umstände des Vertragsschlusses gestützt. Die Kläger selbst haben mit der Beklagten keine eigenen Verhandlungen geführt. Sämtliche Bonitäts- und Kreditunterlagen sind unmittelbar von der Beklagten zur J. GmbH und von dort zurückgereicht worden, wobei z. T. noch der Zeuge G. eingeschaltet war. Der Zeuge A. hat weiter angegeben, dass auch die Anschreiben der Beklagten, die den Kreditanträgen beigegeben gewesen seien (wie etwa die Anlage B 3, Bl. 381 d.A.), jeweils an "den Vertrieb" weitergegeben worden seien, was auch der Zeuge P. als jedenfalls theoretisch denkbar bezeichnet hat (S. 5 des Protokolls vom 13.09.2001, Bl. 587 d.A.). Konkret hat die Zeugin R. hinsichtlich der Kläger zu 3) und 4) bestätigt, dass sie diesen ein solches Schreiben zusammen mit den Kreditverträgen vorgelegt habe (S. 7 des Protokolls vom 27.11.2002, Bl. 672 d.A.).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es für den Ausgang des Rechtsstreits auch ohne Bedeutung, ob ihr die Zeugin R. persönlich bekannt war. Maßgeblich ist allein, dass die Zeugin bzw. die Fa. "C.-D." sowohl im Rahmen des Vertriebs als auch bei der Anbahnung des Kredits tätig war und die Beklagte diese Tätigkeit für den Abschluss der Darlehenverträge tatsächlich in Anspruch genommen hat. Die Zeugin hat sogar die Unterschriften der Kläger auf den Kreditverträgen vom 19.05.1995/11.01.1996 bestätigt (Bl. 294 f.); diese Legitimation hat der Beklagten ausgereicht, um die Darlehen auszuzahlen. Vor diesem Hintergrund verfängt auch der Hinweis der Beklagten, sie habe die Kläger im Anschreiben vom 18.04.1995 gebeten, ihre Unterschriften auf den Kreditverträgen durch eine örtlichen Notar oder eine örtliche Volksbank bestätigen zu lassen, erkennbar nicht.

b) Der Anwendbarkeit des § 9 VerbrKrG steht auch die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht entgegen . Denn zwar ist der "große" Kredit über brutto 34.502,00 DM (netto 32.500,00 DM) durch eine Grundschuld gesichert, es handelt sich aber gleichwohl nicht um einen Realkredit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG. Auch der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens bedarf es insoweit nicht:

aa) Die Anwendung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG scheitert allerdings nicht bereits daran, dass der Wert der grundpfandrechtlichen Absicherung lediglich einen Bruchteil der Kreditsumme ausmacht. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein grundpfandrechtlich abgesicherter Kredit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auch dann vor, wenn die Darlehenssumme den Wert des Grundpfandrechtes erheblich übersteigt. Aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt nicht, dass das Grundpfandrecht den Kreditbetrag voll absichern muss (vgl. BGH WM 2000, 1245 ff.; WM 2002, 588 ff.).

bb) Weitere Voraussetzung der in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG vorgesehenen Ausnahme ist aber, dass der Kredit "zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite und deren Zwischenfinanzierung üblichen Bedingungen" gewährt wird. Maßgeblich ist danach nicht, ob der Kredit insgesamt zu marktüblichen Bedingungen gewährt worden ist, vielmehr kommt es darauf an, ob die für Realkredite üblichen Konditionen vereinbart worden sind. Dies ist, wie der Senat bereits im Hinweisbeschluss vom 05.04.2006 ausgeführt hat, auch nach dem Beklagtenvortrag nicht der Fall:

Unter die "üblichen Bedingungen" im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG fallen insbesondere die bei Grundpfandkrediten marktüblichen Zinsen, die regelmäßig niedriger als die marktgängigen Zinsen für Konsumentenkredite sind (vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski/Bruchner, Bankrechtshandbuch, 2. Aufl., § 81 Rn. 58). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die in der amtlichen Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Durchschnittszinssätze und Zinsstreubreiten für erstrangig gesicherte Hypothekarkredite gelten. Zinsen von Gesamtdarlehen, die nachrangige Grundpfandkreditteile enthalten, können deshalb außerhalb der Zinsstreubreite für erstrangige Hypothekarkredite liegen. Die Zinskonditionen eines dinglich nachrangig gesicherten Grundpfandkredites sind jedoch auch bei einem den Verkehrswert des Grundpfandobjektes übersteigenden Beleihungsauslauf regelmäßig noch wesentlich günstiger als die marktüblichen Zinssätze für Konsumentenkredite (Bruchner a. a. O., Rn. 59).

Nach diesen Grundsätzen ist auch der den Klägern gewährte "große" Kredit über netto 32.500,00 DM (der "kleine" Kredit über 4.700,00 DM war ohnehin nicht grundpfandrechtlich gesichert) nicht als Realkredit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG einzustufen. Denn der darin vereinbarte effektive Jahreszinssatz von 11,68 % übersteigt die in der amtlichen Statistik der Deutschen Bundesbank für Mai 1995 ausgewiesene Obergrenze der Streubreite für Hypothekarkredite mit fünfjähriger Zinsbindung (8,36%) um 3,32 Prozentpunkte, also um nahezu 40%. Bezogen auf den Zeitpunkt der Gegenzeichnung des Darlehensvertrages durch die Beklagte im Januar 1996 beträgt die Differenz zur Obergrenze der Streubreite sogar 4,71 Prozentpunkte (11,68% - 6,97%) bzw. knapp 68 %. Der vereinbarte Effektivzinssatz liegt sowohl bezogen auf Mai 1995 als auch bezogen auf Januar 1996 bereits innerhalb der Streubreite für Ratenkredite von 5.000 € bis 15.000 € mit einer Laufzeit von 36 bis 60 Monaten (Untergrenze im Mai 1995: 11,41%; im Januar 1996: 10,56 %). Auch wenn es einer Einordnung als Realkredit nicht von vornherein entgegensteht, wenn die vereinbarten Zinssätze erheblich über den in der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Zinssätzen liegen (BGH WM 2003, 916, 918; 2006, 1060, 1066), kann von realkreditüblichen Bedingungen nicht mehr die Rede sein, wenn der vereinbarte Zinssatz - auch und gerade wegen der verhältnismäßig geringfügigen grundpfandrechtlichen Absicherung - dem Darlehen insgesamt das Gepräge eines Personalkredites gibt.

Auch der Einholung des von der Beklagten beantragten Sachverständigengutachtens zur Üblichkeit der Darlehenskonditionen bedarf es nicht. Die Beklagte behauptet nur die Marktüblichkeit des vereinbarten Effektivzinssatzes, die sie indes selbst daraus herleitet, dass der Kredit im wesentlichen ungesichert war und dieser Umstand die Vereinbarung eines Zinssatzes rechtfertigte, der bereits innerhalb der Streubreite für vergleichbare Ratenkredite lag. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Die in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG vorgesehene Ausnahmeregelung hängt nicht davon ab, ob der vom Kreditgeber verlangte Effektivzinssatz unter Würdigung aller Umstände gerechtfertigt ist, sondern allein davon, ob die Darlehensbedingungen als für einen Realkredit üblich angesehen werden können. Dies ist aber aus den dargelegten Gründen, die auch durch die weiteren Schriftsätze der Beklagten vom 18.07.2006 und vom 22.08.2006 nicht entkräftet werden, nicht mehr der Fall. Gerade der Umstand, dass der Kredit "im Wesentlichen auf die Bonität" der Kläger vergeben wurde (S. 7 des Schriftsatzes vom 18.07.2006, Bl. 1353), zeigt, dass die grundpfandrechtliche Absicherung letztlich für die Entscheidung, ob und zu welchen Konditionen die Kläger das Darlehen bekommen haben, keine Rolle gespielt hat. Soweit die Beklagte schließlich auf die Entscheidung des BGH vom 25.04.2006 - XI ZR 219/04 - (WM 2006, 1060 ff.) hinweist, so hat der XI. Zivilsenat darin noch einmal bekräftigt, dass es für die Frage der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG maßgeblich auf die Zinshöhe ankommt und dass ein gewichtiger Anhaltspunkt für die Üblichkeit der Konditionen die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Zinssätze sind (a.a.O., S. 1066). Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem der Entscheidung des BGH zu Grunde liegenden Sachverhalt allerdings dadurch erheblich, dass der vereinbarte Effektivzins nicht nur außerhalb der Streubreite für erstrangig abgesicherte Hypothekarkredite, sondern bereits innerhalb der Streubreite für vergleichbare Personalkredite liegt.

c) Die Kläger zu 3) und 4) können dem verbundenen Geschäft die Sittenwidrigkeit des Vertrages über den Erweb des Stellplatzes entgegenhalten (§ 138 Abs. 1 BGB).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann ein Geschäft gegen die guten Sitten verstoßen und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und weitere Umstände hinzutreten, insbesondere der Begünstigte aus verwerflicher Gesinnung gehandelt hat. Ist das Missverhältnis besonders grob, so ist allein deswegen der Schluss auf bewusste oder grob fahrlässige Ausnutzung irgendeines den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstands und damit auf eine verwerfliche Gesinnung zulässig. Von einem besonders groben Missverhältnis in diesem Sinne ist auszugehen, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung des Begünstigten (vgl. etwa BGH NJW 2002, 429, 430 f.; weitere Nachweise bei Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 138 Rn. 34a). So liegt der Fall hier: Der Senat hat mit Beweisbeschluss vom 28.07.2004 (Bl. 1047 f.) die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zum Ertragswert des erworbenen Stellplatzes angeordnet. Der Sachverständige W. hat in seinem Gutachten vom 09.12.2004 (Bl. 1077 ff.) einem Ertragswert von 14.000,00 DM ermittelt, der in krassem Missverhältnisses zum Kaufpreis von 28.405,00 DM steht. An dieser Bewertung hat der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 04.05.2005 auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Beklagten festgehalten.

Soweit die Beklagte mit ihren Schriftsätzen vom 30.06.2005 (Bl. 1210 ff.), 12.07.2005 (Bl. 1219 ff.) und nunmehr erneut vom 18.07.2006 (Bl. 1354 f. d.A.) beanstandet, der Sachverständige habe zu Unrecht aufgrund der Vorgaben des Senats ausschließlich den Ertragswert ermittelt, verfängt dieser Einwand nicht. Da es sich bei den Stellplätzen um ein Renditeobjekt handelt, ist die Ertragswertmethode zur Wertermittlung geeignet. Eine Wertermittlung nach der Vergleichswertmethode kommt hingegen nicht in Betracht. Auch nach der von der Beklagten vorgelegten Entscheidung des BGH vom 07.07.2004 - V ZR 213/03 - ist diese Methode zwar die "zuverlässigste" (BGHZ 160, 8 13), ihre Anwendung setzt aber voraus, dass sich eine aussagekräftige Menge von Vergleichspreisen ermitteln lässt. Hiervon ist aber im vorliegenden Fall gerade nicht auszugehen. Die Kläger haben - anders als in dem der Entscheidung BGHZ 160, 8 ff. zu Grunde liegenden Fall - nicht etwa eine Eigentumswohnung erworben, sondern einen Stellplatz in einem Parkhaus. Als Vergleichsmaßstab kann insoweit nicht auf die weiteren Stellplätze im City-Parkhaus abgestellt werden (vgl. zu einem solchen "Sondermarkt" etwa BGH NJW 2005, 1418, 1420); Anhaltspunkte dafür, dass außer im City-Parkhaus in C. in vergleichbarer Lage in ausreichender Anzahl weitere Stellplätze verkauft wurden, fehlen und werden von der Beklagten auch nicht vorgetragen. Hinzu kommt, dass - wie auch der vorliegende Fall deutlich zeigt - der Wert eines Stellplatzes in besonderem Maße von seiner individuellen Lage abhängt (Nähe zum Stadtzentrum oder besondern Einrichtungen, Parkplatzangebot in der unmittelbaren Umgebung) und sich deshalb einem Vergleich mit Stellplätzen in anderen Parkhäusern von vornherein entzieht. Es könnte deshalb - anders als bei Wohnraum - selbst aus den Verkaufspreisen von PKW-Stellplätzen in Städten mit vergleichbarer Größe nicht auf die Preise in C. geschlossen werden. Als einzig sinnvolles Wertermittlungsverfahren verbleibt deshalb nur das Ertragswertverfahren. Dies hat im Ergebnis auch der von der Beklagten beauftragte Privatgutachter Y. in seinem Gutachten vom 10.07.2005 (dort S. 19) bestätigt.

Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf die Ausführungen des von ihr eingeschalteten Sachverständigen O. darauf verweist, dass die Kaufpreise (und damit auch der nach ihrer Auffassung maßgebliche Vergleichswert) bei Steuersparmodellen der vorliegenden Art durchgängig um 30% über den Ertragswert gelegen haben, überzeugt dies auch deshalb nicht, weil diese 30% "Aufpreis" sich nach Auffassung des Sachverständigen O. aus dem "Werbungskostenblock" ergeben sollen (Bl. 1145 d.A.). Diese "weichen Kosten" haben die Kläger aber ohnehin zusätzlich zum Kaufpreis gezahlt (vgl. die Aufstellung auf S. 6 der Klageschrift, Bl. 267 d.A.), sie sind deshalb nicht geeignet, um die Höhe des sittenwidrig überhöhten Kaufpreises selbst zu rechtfertigen.

Da es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf ankommt, ob die Beklagte die Kläger übervorteilt hat, sondern allein die Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages zwischen den Klägern zu 3) und 4) und der Verkäuferin maßgeblich ist, ist der Kenntnisstand, den die Beklagte selbst vom Wert der finanzierten Stellplätze hatte, für den Ausgang des Rechtsstreits ohne Bedeutung. Die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit auf Seiten der Verkäuferin werden angesichts des objektiven krassen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung vermutet.

4. Rechtsfolge der Nichtigkeit des mit dem Darlehen verbundenen Kaufvertrages ist, dass die Kläger zu 3) und 4) gegenüber der Beklagten nicht nur die Rückzahlung der Darlehen in dem Umfang verweigern können, in dem sie gegenüber der Verkäuferin zur Rückforderung berechtigt sind, sondern auch, dass sie in diesem Rahmen bereits geleistete Zahlungen zurückfordern können (vgl. BGHZ 156, 46, 54 ff). Die Kläger zu 3) und 4) haben auf den "großen" Darlehensvertrag 21.945,00 DM und auf den kleinen Darlehensvertrag 5.123,67 DM, insgesamt also die mit der Klage verlangten 27.068,67 DM (13.839,99 €) gezahlt. Hiervon müssen sie sich allerdings ihre Einnahmen aus Pacht und Mietgarantie in Höhe von insgesamt 3.793,58 DM (=1.939,62 €) abziehen lassen. Die Kläger müssen sich darüber hinaus entgegenhalten lassen, dass die mit dem "kleinen" Kredit vorfinanzierte Mehrwertsteuer durch das zuständige Finanzamt bereits zurückgezahlt worden ist; diese Zahlung stellt sich unabhängig davon, ob sie faktisch durch die Verkäuferin oder durch das Finanzamt erfolgt ist, als Rückzahlung auf den Kaufpreis dar. Hierauf kann sich auch die Beklagte, die im Rahmen der Rückabwicklung gemäß § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG an die Stelle der Verkäuferin tritt, berufen. Von dem Gesamtbetrag, den die Kläger auf das Darlehen zurückgezahlt haben, sind deshalb weitere 4.700,00 DM (= 2.403,07 €) abzuziehen. Es verbleibt ein Zahlungsanspruch von 18.575,09 DM = 9.497,29 €.

Weitere Abzüge sind hingegen nicht angezeigt. Dies gilt insbesondere für etwaige Steuervorteile der Kläger zu 3) und 4). Denn der streitgegenständliche Anspruch ist ein Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB, der daraus folgt, dass die Kläger zu 3) und 4) Leistungen auf einen sittenwidrigen und deshalb nichtigen Kaufvertrag erbracht haben. Diesen gegenüber der Verkäuferin begründeten Anspruch können die Kläger zu 3) und 4) wegen des Verbundcharakters des Geschäfts zwar auch gegen die Beklagte geltend machen, hierdurch ändert sich indes seine Rechtsnatur nicht. Es handelt sich also auch bei dem Anspruch gegen die Beklagte nicht um einen Schadensersatzanspruch, bei dem eine Vorteilsausgleichung erfolgen könnte, sondern um einen bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsanspruch. In diesem Rahmen ist aber anerkannt, dass keine Vorteilsausgleichung stattfindet (vgl. etwa BGH NJW 2003, 582, 584; Palandt/Sprau, Einf. § 812 Rn. 27).

3. Soweit die Kläger zu 3) und 4) darüber hinaus meinen, ihnen stehe auch ein Rückzahlungsanspruch aus §§ 1, 3 HWiG zu, weil sie den "großen" Darlehensvertrag mit der Beklagten mit Schreiben vom 14.02.2002 wirksam gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG a.F. widerrufen haben, kann die Richtigkeit dieser Auffassung dahinstehen. Denn auch aus einer Abwicklung auf der Grundlage eines Haustürwiderrufs könnten sich keine weitergehenden Ansprüche ergeben. Die Kläger zu 3) und 4) haben das "kleine" Darlehen vollständig zurückgezahlt und können deshalb im Hinblick auf § 2 HWiG von vornherein nur noch einen Anspruch auf Rückzahlung der auf das "große" Darlehen gezahlten Beträge (21.945,00 DM = 11.220,30 €) haben. Sie müssen sich allerdings auch insoweit die Mieteinnahmen in Höhe 1.939,62 € abziehen lassen, so dass ein Zahlungsanspruch von allenfalls 9.280,68 € verbliebe.

4. Auch ein Schadenseratzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss gegen die Beklagte, der sich aus falschen Angaben der Vermittler ergeben könnte (vgl. hierzu BGH WM 2006, 1066, 1070 f.) würde keine weitergehenden Ansprüche der Kläger zu 3) und 4) rechtfertigen, zumal die Kläger sich im Rahmen des Schadensersatzes auch ihre Steuervorteile anrechnen lassen müssten (so ausdrücklich BGH a.a.O., S. 1071).

5. Da die Hilfsanträge nach der ausdrücklichen Klarstellung des klägerischen Prozessbevollmächtigten im Termin vom 02.08.2006 nur für den Fall gestellt sind, dass ein Zahlungsanspruch schon dem Grunde nach verneint werden sollte, hatte der Senat hierüber nicht zu entscheiden.

6. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.

III.

Der Senat hat zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. ZPO), weil die im Rahmen der Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG maßgeblichen Rechtsfragen bisher höchstrichterlich nicht geklärt sind.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kläger zu 3) und 4) auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO. Bezüglich der Kläger zu 1) und 2) ergibt sich die Kostenentscheidung aus § 91a ZPO; der Senat hat auch in diesem Rahmen die Kosten insoweit der Beklagten auferlegt, als sie aus den oben erörterten Gründen auch gegenüber den Klägern zu 1) und 2) bei streitiger Entscheidung in der Hauptsache unterlegen wäre.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Berufungsstreitwert:

bis zum 09.06.2004: 23.032,86 €

danach: 13.840,09 €

Ende der Entscheidung

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