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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 28.04.1999
Aktenzeichen: 13 U 199/98
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 399 I. Alt. |
BGB § 399 I. Alt.
Wird die Rückerstattung eines zinslos als Darlehen überlassenen Betrages nur für den Fall geschuldet, daß der Gläubiger dieses Geld "benötigt", ist die Abtretung des Rückzahlungsanspruchs wegen Verstoßes gegen § 399 BGB unwirksam, sofern der Zweck des Anspruchs nicht auch nach Abtretung gewahrt bleibt.
- 13 U 199/98 - Urteil vom 28.04.1999 - rechtskräftig.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
13 U 199/98 18 O 458/97 LG Bonn
Anlage zum Protokoll vom 28.04.1999
Verkündet am 28.04.1999
Hilgers, JHS in als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 24.03.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eßer, die Richterin am Oberlandesgericht Scholz sowie den Richter am Landgericht Nolte
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 08.09.1998 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn - 18 O 458/97 - wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die förmlich unbedenkliche Berufung des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Darlehensrück-zahlungsanspruch in Höhe von 50.000,- DM aus abgetretenem Recht zu.
Zwar ist entgegen der Auffassung des Beklagten hinsichtlich der Überlassung des genannten Betrages nicht von einer Schenkung seiner Mutter, sondern von einem Darlehen auszugehen (dazu 1), jedoch ist die Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruches an den Kläger unter Verstoß gegen § 399 1. Alt. BGB erfolgt und damit unwirksam (dazu 2).
1)
Mit Recht hat das Landgericht zunächst angenommen, dass der Betrag von 50.000,- DM dem Beklagten nicht schenkweise, sondern nur als Darlehen überlassen worden ist. Die vom Beklagten unterzeichnete Erklärung vom 11.10.1994, wonach er sich zur Rückerstattung für den Fall verpflichtete, dass seine Mutter den Betrag benötigen sollte, läßt sich nicht in anderer Weise auslegen.
Der Wortlaut der Erklärung enthält keinen Hinweis auf eine schenkweise Übertragung, vielmehr spricht der Begriff der "Zurückerstattung" schon deutlich für eine nur zeitweise Kapitalüberlassung wie beim Darlehen. Wäre eine Schenkung gewollt gewesen, wäre dies auch durch juristische Laien wie den Beklagten und seine Mutter sicher zum Ausdruck gebracht worden, worauf der Kläger zutreffend hingewiesen hat. Soweit der Beklagte meint, mit der von ihm gewählten Formulierung der Zurückerstattung für den Fall des "Benötigens" habe nur an das gesetzliche Leitbild der Schenkungsrückforderung wegen Notbedarfs gem. § 528 BGB angeknüpft werden sollen, liegt dies jedenfalls aufgrund der eigenen Erklärungen des Beklagten im Termin vom 26.5.1998 (S. 2 des Terminsprotokolls = Bl. 131 d. A.) fern: Danach hat der Beklagte im September 1994 150.000,- DM aufgrund einer Einzelvollmacht seiner Mutter von deren Konto abgehoben. Von diesem Betrag seien 100.000,- DM eine Schenkung an ihn gewesen, bezüglich weiterer 50.000,- DM habe er die Unterschrift unter das "Revers" vom 11.10.1994 geleistet. Wenn nun der Betrag von 50.000,- DM - wie vom Beklagten behauptet - ebenfalls eine Schenkung an ihn darstellen sollte, ist kein Grund dafür ersichtlich, warum insoweit die Erklärung vom 11.10.1994 unterzeichnet worden ist, nicht jedoch gleichzeitig durch eine Erklärung für den höheren Betrag von 100.000,- DM. Der vom Beklagten angeführte Grund - Bezugnahme auf § 528 BGB - hätte in gleicher Weise für den Betrag von 100.000,- DM gelten müssen, für den unstreitig keine Erklärungen bezüglich Rückerstattung abgegeben worden sind. Die Differenzierung ergibt nur den Sinn, dass es sich bei dem Betrag von 50.000,- DM nach dem Willen der Frau G. und des Beklagten um ein Darlehen handelte.
Hinsichtlich des genannten Betrages hat der Beklagte letztlich bereits nicht substantiiert vorgetragen, dass abweichend vom Inhalt der schriftlichen Erklärung vom 11.10.1994 in Wahrheit eine Schenkung gewollt gewesen sei. Dies folgt schon aus seiner eigenen Erklärung im Termin vom 26.05.1998, als er zur Schenkung des Betrages von 134.000,- DM angehört wurde und in diesem Zusammenhang äußerte, über den Betrag von 50.000,- DM sei weder vor noch nach dem 01.04.1997 gesprochen worden. Daher hat das Landgericht die Zeugen mit Recht auch nicht zu diesem Komplex vernommen.
Der Umstand, dass für die Überlassung der 50.000,-DM keine Zinsen ausbedungen waren, führt gleichfalls nicht zur Annahme einer Schenkung in Bezug auf den Kapitalbetrag. Beim zinslosen Darlehen, das unter Familienangehörigen oder sonst einander nahestehenden Personen durchaus gebräuchlich ist, bezieht sich die Unentgeltlichkeit selbstverständlich nur auf die zeitweise Kapitalüberlassung, nicht jedoch auf die Valuta als solche.
2)
Das Rechtsmittel führt jedoch mit der Rüge zum Erfolg, dass die Mutter des Beklagten den Rückzahlungsanspruch nicht wirksam an den Kläger abtreten konnte, ohne dass es insoweit darauf ankäme, ob sie den Abtretungsvertrag vom 30.09.1997 noch wirksam angefochten hat oder nicht.
Durch die einschränkende Klausel in der vom Beklagten unterzeichneten Erklärung, wonach die Rückerstattung dann erfolgen sollte, wenn Frau G. den Betrag "benötigte", wird der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens personengebunden im weiteren Sinne, so dass er nicht ohne Verstoß gegen § 399 1. Alt. BGB an einen Dritten abgetreten werden konnte.
Darlehensrechtlich haben die Vertragsparteien insoweit zumindest das ordentliche Kündigungsrecht der Darlehensgeberin aus § 609 Abs. 1 BGB beschränkt, wenn sie dieses nicht sogar ganz ausgeschlossen und statt dessen ein sog. Festdarlehen vereinbart haben, weil die Rückzahlungspflicht an den Eintritt einer aufschiebenden Bedingung geknüpft worden ist. Auf eine genauere Differenzierung kommt es in diesem Zusammenhang nicht an; jedenfalls war das Kündigungsrecht der Frau G. auf den Fall beschränkt, dass diese das Geld benötigte.
Auch wenn mit dem Begriff des Benötigens nicht an die Voraussetzungen des § 528 Abs. 1 BGB angeknüpft worden sein mag und die Mutter den Betrag möglicherweise nicht nur bei Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts, sondern auch zu weiteren Zwecken zurückfordern durfte, bringt die Klausel aber nicht zum Ausdruck, dass die Rückerstattung jederzeit auf Verlangen der Mutter zu erfolgen hatte, wie im angefochtenen Urteil zugrundegelegt worden ist. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann auch nicht angenommen werden, für das zinslose Darlehen habe es überhaupt keiner Kündigung des Gläubigers bedurft; § 609 Abs. 3 BGB befreit insoweit nur den Darlehensschuldner von der Verpflichtung zur Kündigung. Für eine enge Auslegung des Begriffes "benötigen" in dem Sinne, dass Frau G. zur Bestreitung ihres eigenen Unterhalts auf den Betrag angewiesen sein muß - gerade etwa im Falle der Pflegebedürftigkeit -, könnte hier der unwidersprochen gebliebene Vortrag des Beklagten sprechen, dass seine Mutter jedenfalls seinerzeit noch daran gedacht habe, sich eine Wohnung in einem Seniorenwohnheim zu kaufen. Möglicherweise durfte Frau G. bei Rückforderung des Betrages aber auch weitergehende persönliche Zwecke verfolgen.
Wie weit oder wie eng hier der Begriff des "Benötigens" auszulegen ist, kann nach Auffassung des Senats aber letztlich dahinstehen. Auf jeden Fall musste ein in der Person der Frau G. liegender Verwendungszweck vorliegen, dessen Geltendmachung ihr allein vorbehalten ist.
Vor diesem Hintergrund verstieß die Abtretung vom 30.9.1997 gegen § 399 BGB, weil der Darlehensrückzahlungsanspruch der Frau E. G. von dieser nicht ohne Änderung seines Inhaltes an Dritte abgetreten werden konnte.
§ 399 1. Alt BGB erfasst mehrere zum Teil ineinander übergehende Fallgruppen, in denen eine Forderung kraft Leistungsinhalts unabtretbar ist: In einer Gruppe erklärt sich die Unabtretbarkeit daraus, dass die Person des Gläubigers für den Inhalt und die Identität des Anspruches wesentlich ist; in einer weiteren Gruppe kann der Anspruch nicht aus dem rechtlichen Zusammenhang gelöst werden, in dem er steht; schließlich werden zweckgebundene Ansprüche und höchstpersönliche Rechte im engeren Sinne erfasst (vgl. MK-Westermann § 399 BGB, Rn. 7 ff., Palandt/Heinrichs § 399, Rn. 4 ff.).
Hier ist die Fallgruppe der personengebundenen Ansprüche einschlägig, weil die Rückzahlung des Darlehens an einen in der Person der Frau G. liegenden Grund anknüpft und die Rückzahlung auch nur von ihr persönlich verlangt werden kann. Eine Abtretung des Rückzahlungsanspruches hat eine Veränderung dessen Inhalts zur Folge. Dementsprechend wird - in vergleichbarer Konstellation - die Abtretung des Anspruches aus § 528 BGB, der den Schenker in die Lage versetzen soll, seinen eigenen Unterhalt zu bestreiten, in Literatur und Rechtsprechung zu Recht gem. § 399 1. Alt. BGB für unwirksam gehalten (vgl. die Nachweise in BGH NJW 1995, 323; der BGH konnte die Frage im dort entschiedenen Fall offenlassen, weil der Anspruch aus § 528 BGB an den Träger der Sozialhilfe abgetreten worden war, der bezüglich der Unterhaltsansprüche des Schenkers gegen den Beschenkten bereits in Vorlage getreten war, und weil der Zweck des Anspruches aus § 528 BGB deswegen auch nach Abtretung gewahrt blieb).
Der Beklagte wird sich nunmehr auf die Inanspruchnahme durch den Betreuer seiner Mutter einzurichten haben, der unmittelbar die Rückzahlung der 50.000,- DM aus § 607 BGB für die Betreute beanspruchen kann.
3)
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 515 Abs. 3 ZPO, nachdem der Kläger seine Berufung mit Schriftsatz vom 06.04.1999 zurückgenommen und der Beklagte hiermit konkludent sein Einverständnis erklärt hat.
4)
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
5)
Streitwert im Berufungsverfahren:
a) bis zum 11.04.1999: 184.564,29 DM (Berufungen beider Parteien)
b) danach: 50.000,-- DM (verbleibende Berufung des Beklagten)
Ende der Entscheidung
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