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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.07.2003
Aktenzeichen: 13 U 2/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 543 Abs. 2 n.F. |
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Anlage zum Protokoll vom 30. Juli 2003
Verkündet am 30. Juli 2003
In dem Berufungsrechtsstreit
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Eßer, des Richters am Oberlandesgericht Hentschel und der Richterin am Amtsgericht Rottländer
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 26.11.2002 - 3 O 742/01 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch. Der Kläger erwartete aus der Veräußerung seines Wohnhauses ein freies Kapital in Höhe von 400.000 DM, das er so anlegen wollte, dass er aus der erzielten Rendite monatlich 4.000 DM entnehmen konnte. Mit diesem Anlageziel wandte er sich gegen Ende des Jahres 2000 an verschiedene Banken, unter anderem an die Beklagte. Dort eröffnete er schließlich am 29.01.2001 ein Fondsdepot der U.I. GmbH, wobei er 240.000 DM in den G.-Euro-Classic II Fonds (Mischfonds aus Rentenpapieren, Immobilienfondsanteilen und europäischen Aktien) und 160.000 DM in den Euro-Action-N.M. Fonds (Aktienfonds europäischer Wachstumswerte, vornehmlich an den Neuen Märkten) anlegte. Nachdem das Depot im folgenden Halbjahr erheblich an Wert verloren hatte, veräußerte der Kläger seine Fondsanteile am 23.08.2001 wieder. Die auf 55.226,46 € berechnete Differenz zwischen dem Erlös und dem Anlagekapital ist Gegenstand der Klage.
Mit Urteil vom 26.11.2002, auf das wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und seiner Beurteilung durch die Einzelrichterin Bezug genommen wird, hat das Landgericht nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Schadensersatzbegehren unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Er meint, die im angefochtenen Urteil vorgenommene Beweiswürdigung sei mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme unvereinbar und deshalb rechtsfehlerhaft. Der Kläger habe eine Entnahmemöglichkeit in Höhe von monatlich 4.000 DM aus den Renditen ohne Kapitalverzehr gewährleistet sehen wollen. Da die Erfüllung dieses Anlageziels unrealistisch gewesen sei, habe die Beklagte von dem Anlagegeschäft abraten müssen. So deutlich sei der Mitarbeiter W. der Beklagten aber bei den Beratungsgesprächen nicht geworden; vielmehr habe er die Risiken verharmlost und Sicherheit durch Verteilung des Anlagekapitals auf zwei unterschiedlich zusammengesetzte Fonds suggeriert.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 55.226,46 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.08.2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Angriffen der Berufung entgegen.
Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die Berufung ist unbegründet. Die Einzelrichterin des Landgerichts hat eine fehlerhafte Anlageberatung durch die Beklagte in zutreffender Beweiswürdigung, der sich der Senat anschließt, verneint. Die Berufung zeigt nichts auf, was eine dem Kläger günstigere Beurteilung rechtfertigen könnte. In rechtlicher Hinsicht ist anzumerken, dass das Landgericht von der Beweislast der Beklagten dafür ausgegangen ist, dass sie die Anlageziele und finanziellen Verhältnisse des Klägers genügend ermittelt und diesem sodann die dazu zweckdienlichen Informationen mitgeteilt hat. Dieses Beweises hätte es indessen nicht einmal bedurft. Zur Abweisung der Schadensersatzklage genügt bereits die Feststellung, dass es dem Kläger jedenfalls nicht gelungen ist, die detaillierte Darstellung der Beklagten zum Inhalt der erfolgten Aufklärung des Klägers nach den für die Negativbeweisführung geltenden Grundsätzen zu widerlegen; denn die Beweislast für eine fehlerhafte Anlageberatung liegt beim Kläger und der Sach- und Streitstand liefert keinen Ansatzpunkt dafür, dem Kläger Beweiserleichterungen zuzubilligen. Dies vorausgeschickt, geben die Angriffe der Berufung dem Senat lediglich Veranlassung zu folgenden ergänzenden Bemerkungen:
1. Die Berufung geht an der zutreffenden Erkenntnis vorbei, dass die erklärte Wunschvorstellung des Klägers, bei einem Anlagekapital von 400.000 DM ohne nennenswerte Ansparfrist unter sicherer Kapitalerhaltung laufend monatlich 4.000 DM zu entnehmen, hoffnungslos unrealistisch war. Das Beweisergebnis lässt sich nicht dahin würdigen, der Kläger sei nicht oder unzureichend darauf hingewiesen worden, dass dieses Anlageziel schlechterdings unerreichbar war. Um bei vollständigem Kapitalerhalt eine laufende monatliche Entnahme von 4.000 DM zu ermöglichen, hätte eine Rendite von ca. 12% erwirtschaftet werden müssen. Die Erkenntnis, dass eine solch hohe Rendite mit einer sicheren, konservativen Anlageform nicht zu erzielen war, musste sich auch einem in Geldanlagen unerfahrenen Laien ohne weiteres aufdrängen. Der Kläger hat denn auch bei seiner Anhörung in der Berufungsverhandlung eingeräumt, dass ihm bereits anderweitig (bei der mit diesem Anlageziel zunächst angegangenen Kreissparkasse) erklärt worden war: "Das geht so nicht". Es ist jedenfalls bedenkenfrei glaubhaft, dass der Zeuge W. - wie in seiner Aussage vor dem Landgericht bekräftigt - dem Kläger unmissverständlich deutlich gemacht hat, dass eine solche Rendite nur mit risikobehafteten spekulativen Anlageformen erreichbar sei. Da der Kläger - wie er selbst nicht in Abrede stellt - ohne wesentliche Ansparfrist auf eine laufende monatliche Entnahme in Höhe von 4.000 DM festgelegt war, erscheint es folgerichtig, dass er (nur) an solchen Fondsanlagen Interesse zeigte, die in der Vergangenheit eine derartige Rendite erwirtschaftet hatten. Dabei handelte es sich um spekulative Investmentfonds und es kann auch kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass dem Kläger bewusst gemacht worden ist, mit den schließlich ausgewählten Fonds die für sein Anlageziel (laufende monatliche Entnahme von 4.000 DM ohne Kapitalverzehr) erforderliche Rendite nicht "garantiert" erreichen zu können, sondern im Gegenteil auch mit starken Kursschwankungen und damit verbundenem Kapitalverzehr rechnen zu müssen. Die hohe Risikobereitschaft des Klägers dokumentiert sich nicht zuletzt darin, dass er sogar die gesamten 400.000 DM in den hochspekulativen Euro-Action-N.M. Fonds investieren wollte und erst von dem Zeugen W. zur Risikominimierung dazu veranlasst wurde, den größeren Teil (240.000 DM) in dem weniger risikobehafteten G.-Euro-Classic II Fonds anzulegen. Der Kläger hat es daher dem Rat des Zeugen W. zu verdanken, dass sein Verlust nicht weitaus höher ausgefallen ist (bei dem erstgenannten Fonds hat der Kläger zum Zeitpunkt der Auflösung des Depots einen Verlust von 46.557,81 €, bei dem letztgenannten dagegen nur einen solchen von 8.665,40 € erlitten).
2. Soweit die Berufung darauf abstellt, dass die gewählte Anlageform von vornherein nicht zu den Zielvorgaben des Klägers "passend" gewesen sei, ist anzumerken, dass es eine "passende" Anlageform zu dem in sich widersprüchlichen Anlageziel einer "garantiert" sicheren Anlage mit einer dauerhaften Rendite solcher Höhe, dass eine monatliche Entnahme von 4.000 DM ohne Kapitalverzehr gewährleistet war, nicht gab. Die Berufung zeigt denn auch nicht ansatzweise auf, mit welcher Anlageform eine solche Zielvorgabe des Klägers erreichbar gewesen sein sollte. Die Beklagte hätte daher, wenn der Kläger an beiden Zielen (laufende Entnahme von 4.000 DM einerseits, sichere Anlage ohne Risiko eines Kapitalverlustes oder auch nur Kapitalverzehrs durch die laufende Entnahme andererseits) festgehalten hätte, in der Tat nur gänzlich von dem Anlagevorhaben des Klägers abraten können und müssen, weil - wie die Berufung einräumt - "die Erfüllung des klar formulierten Anlageziels unrealistisch war" (Bl. 203 GA). Die Behauptung, "so deutlich" sei der Zeuge W. aber zu keiner Zeit geworden, er habe "vielmehr Risiken verharmlost und Sicherheit durch Streuung suggeriert", ist mit der von der Einzelrichterin zutreffend gewürdigten Aussage dieses Zeugen nicht zu vereinbaren. Das Risiko eines Totalverlustes war bei den in Rede stehenden Fonds nicht gegeben. Für eine Beschönigung der Verlustrisiken gibt schon das Vorbringen des Klägers nichts Konkretes her, geschweige denn die Aussage des Zeugen W.. Auch wenn nicht eigens darüber gesprochen wurde, dass sich beide Fonds so negativ entwickeln könnten, dass weder der eine noch der andere die vom Kläger gewünschte Entnahme ohne Kapitalverzehr ermögliche, ergab sich dieses Risiko ohne weiteres aus den Informationen und Risikobelehrungen, die der Zeuge W. dem Kläger zu beiden Fonds erteilt hatte. Insbesondere hat der Zeuge W. erklärtermaßen darauf hingewiesen, dass auch der G.-Euro-Classic II Fonds - wenn auch aufgrund seiner Zusammensetzung weitaus geringere - Verlustrisiken berge. Dass bei einer solchen negativen Entwicklung die Entnahmen des Klägers nur unter Inkaufnahme eines teilweisen Kapitalverzehrs möglich waren, der allenfalls längerfristig wieder wettgemacht werden konnte, verstand sich hiernach ebenfalls von selbst. Der Kläger hatte zwar seinen Entnahmewunsch vor dem Hintergrund, sein Unternehmen aufzugeben, deutlich gemacht, jedoch nähere Angaben zu seinen finanziellen Verhältnissen abgelehnt. Angesichts dieses Umstandes sowie so widersprüchlicher Anlageziele wie "Liquiditätssicherung - Altersversorgung - Laufende Entnahmen - Spekulation" (siehe die "Dokumentation der Kundenangaben" gemäß Anlage B4 = Bl. 102 f. GA) hatte der Zeuge W. keine Veranlassung, dem Kläger ausdrücklich von einer Wertpapieranlage abzuraten, als dieser - nachdem er Gelegenheit hatte, sich mit den ihm beim ersten eingehenden Beratungsgespräch vermittelten Informationen und überlassenen Unterlagen zu befassen - sogar den gesamten Anlagebetrag in einen auf Wachstumswerte des Neuen Markts ausgerichteten Aktienfonds der höchsten Risikoklasse investieren wollte. Von dem Zeugen W. zur Vorbereitung des ersten Gesprächs ausgearbeitete Auszahlungspläne auf der Grundlage konservativerer, dafür aber renditeärmerer Anlageformen hat der Kläger sogleich verworfen, was dazu führte, dass sich die weitere Beratung des Klägers durch den Zeugen W. auf spekulativere Anlageformen und die damit verbundenen Risiken konzentrierte. Die Tatsache, dass der Kläger weiteres Kapital aus der geplanten Veräußerung seines Unternehmens erwartete und sich - wie er ebenfalls in der Berufungsverhandlung angegeben hat - im Beratungsgespräch mit dem Zeugen W. in der Lage sah, aus Lebensversicherungen "Löcher zu stopfen", gab der Beklagten zusätzlich berechtigten Anlass zu der Annahme, dass der Kläger in der Lage sei, etwaige Verluste aus der gewählten Anlagestrategie durch sein Vermögen zu kompensieren, ohne seine Lebensumstände einschneidend ändern zu müssen.
III.
Nach alledem stellt sich die Berufung ersichtlich als unbegründet dar, ohne dass ein gesetzlicher Grund i.S.d. § 543 Abs.2 ZPO n.F. besteht, die Revision zuzulassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Streitwert der Berufung und Beschwer des Klägers durch dieses Urteil: 55.226,46 €.
Ende der Entscheidung
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