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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 09.01.2002
Aktenzeichen: 13 U 22/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 826
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 816 Abs. 2
ZPO § 108
ZPO § 711
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 22/01

Anlage zum Protokoll vom 9. Januar 2002

Verkündet am 9. Januar 2002

In dem Berufungsrechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2001 unter Mitwirkung des Richters am Oberlandesgericht Hentschel, der Richterin am Oberlandesgericht Wahle und des Richters am Amtsgericht Bröder

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 11. Oktober 2000 - 28 O 163/00 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteil gegen ihn vollstreckbaren Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können auch durch die Prozessbürgschaft eines in Deutschland als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

Tatbestand:

Auf Antrag des Geschäftsführers der M. GmbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin) vom 21.08.1995 ordnete das Konkursgericht am selben Tage die Sequestration des Vermögens der Gemeinschuldnerin an und verhängte ein allgemeines Veräußerungsverbot. Mit Konkurseröffnungsbeschluss vom 01.10.1995 wurde der Kläger zum Konkursverwalter bestellt. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt er die beklagte Bank auf Auskehrung von 194.678,34 DM in Anspruch. In dieser Höhe hat die Beklagte in der Zeit vom 31.08.1995 bis 08.01.1996 aufgrund einer Globalabtretung vom 07.11.1994 Forderungen der Gemeinschuldnerin eingezogen.

Die Beklagte war die Hausbank der Gemeinschuldnerin. Diese unterhielt bei ihr unter anderem ein Kontokorrentkonto mit einer Kreditlinie von 1 Mio. DM. Anfang Oktober 1994 bemühte sich die Gemeinschuldnerin, welche die Kreditlinie mit Duldung der Beklagten bereits häufig überzogen hatte, um eine Erhöhung des Kontokorrentkreditlimits auf 1,5 Mio DM. Nachdem die Beklagte eine Erhöhung zunächst mit Schreiben vom 11.10.1994 abgelehnt hatte, kam es nach Vorlage aktueller Kreditunterlagen der Gemeinschuldnerin auf der Grundlage einer entsprechenden Kreditbewilligung der Beklagten vom 24.10.1994 zum Abschluss eines Kreditvertrages vom 07.11.1994, durch den der auf dem Kontokorrentkonto zur Verfügung gestellte Betriebsmittelkredit der Gemeinschuldnerin um 350.000 DM von 1 Mio. DM auf TDM 1.350 erhöht wurde. Als zusätzliche Sicherheiten ließ sich die Beklagte neben einer Aktualisierung der vorhandenen Sicherheiten - darunter Bürgschaften der Eheleute M., Gesellschafter der Gemeinschuldnerin - eine Grundschuld über 100.000 DM auf einem unbebauten Gewerbegrundstück in G. (T.) einräumen sowie sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche der Gemeinschuldnerin aus dem Geschäftsverkehr, insbesondere aus Lieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuldner mit den Anfangsbuchstaben A bis Z abtreten. Der damalige Wert der abgetretenen Forderungen ist im Kreditvertrag mit 180.000 DM beziffert.

Der Kläger hat behauptet, die Gemeinschuldnerin sei zum Zeitpunkt der Krediterhöhung nicht nur sanierungsbedürftig, sondern bereits zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Dies sei der Beklagten bewusst gewesen. Sie habe die Krediterhöhung aus eigennützigen Motiven bewilligt, um durch Hinausschieben des absehbaren wirtschaftlichen Zusammenbruchs der Gemeinschuldnerin aus den abgetretenen Forderungen den unzureichend besicherten Altkredit möglichst weitgehend zurückzuführen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Konkursverwalter über das Vermögen der M. GmbH 194.678,34 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 04.09.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, sie habe auf eine positive Entwicklung der Gemeinschuldnerin vertraut, die nach den bei der Krediterhöhung verfügbaren Erkenntnisgrundlagen weder im Rechtssinne sanierungsbedürftig noch überschuldet oder zahlungsunfähig gewesen sei. Da die Globalzession und die zusätzliche Grundschuld nicht einmal den Neukredit ausreichend besichert habe, könne von eigennützigen Motiven keine Rede sein, zumal der Altkredit durch erstrangige Grundschulden in Höhe von nominal TDM 1.525 an der Betriebsimmobilie (nebst Büro-/Wohnhaus) in E. vollumfänglich gesichert gewesen sei. Eine Masseverkürzung sei schon deshalb nicht eingetreten, weil das Vermögen der Gemeinschuldnerin durch den Neukredit um 350.000 DM erhöht worden sei, während zur Rückführung dieses Kredits aufgrund der Globalzession lediglich 194.678,34 DM realisiert worden seien.

Mit Urteil vom 11.10.2000, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB hat das Landgericht verneint, weil - unabhängig von der Frage, ob die Gemeinschuldnerin damals bereits konkursreif gewesen sei - nach den gesamten Umständen weder festgestellt werden könne, dass die Beklagte aus eigennützigen Motiven in Kauf genommen habe, andere Gläubiger der Gemeinschuldnerin zu schädigen, noch, dass die Insolvenzmasse durch die mit der Globalabtretung verbundene Krediterhöhung überhaupt geschmälert worden sei. Die Globalabtretung sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt sittenwidriger Gläubigergefährdung gemäß § 138 Abs.1 BGB nichtig, da jedenfalls die subjektiven Voraussetzungen dieses Tatbestandes im Verhalten der Beklagten nicht festzustellen seien, so dass auch ein Anspruch des Klägers aus § 816 Abs.2 BGB ausscheide.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger in erster Linie einen Anspruch aus § 816 Abs.2 BGB gegen die Beklagte weiter. Die Sittenwidrigkeit des Kreditvertrages vom 07.11.1994 ergebe sich daraus, dass die Gemeinschuldnerin erkennbar konkursreif gewesen sei, die von der Beklagten bewilligte Erhöhung des Kreditlimits um 350.000 DM indessen nicht annähernd dazu ausgereicht habe, die Gemeinschuldnerin nachhaltig zu sanieren. Unter Berücksichtigung des Gesamtkreditengagements der Gemeinschuldnerin und der Eheleute M. ("Gruppe M.") sei die Beklagte zum Zeitpunkt der Krediterhöhung unzureichend gesichert gewesen. Mit der nicht auf die Erhöhung des Kreditlimits beschränkten Globalabtretung habe die Beklagte die wirtschaftliche Chance erhalten, durch Einziehung der ihr abgetretenen Forderungen über die zusätzlich bewilligten 350.000 DM hinaus auch das bereits zuvor bestehende Gesamtkreditengagement der Gruppe M. zurückzuführen; dazu habe die Gemeinschuldnerin nur lange genug am Leben bleiben müssen. Am Ende seien die Schulden der Gemeinschuldnerin wegen des im Zusammenwirken mit der Beklagten verschleppten Konkurses weitaus höher als zur Zeit der Erweiterung des Kreditlimits ausgefallen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung nach dem erstinstanzlichen Schlussantrag des Klägers zu erkennen,

hilfsweise im Falle des Unterliegens dem Kläger zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Form der Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse abzuwenden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und der Beklagten nachzulassen, erforderliche Sicherheiten durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zu stellen.

Sie beziffert das Gesamtkreditengagement der Gruppe M. vor der Bewilligung der Krediterhöhung auf rd. TDM 2.361; diese Verbindlichkeiten seien bereits durch die dinglichen Sicherheiten in Höhe von TDM 2.025 zuzüglich Zinsen und Nebenleistungen sowie die Sicherungsübereignung der Maschinen und Einrichtungen der Gemeinschuldnerin vollumfänglich abgesichert gewesen, wie der hieraus erzielte Gesamterlös von 2.373.750 DM (davon 1,9 Mio DM aus dem Verkauf des Gewerbegrundstücks nebst Wohnhaus, 403.750 DM aus Verkauf bzw. Versteigerung der Eigentumswohnungen B. und 70.000 DM aus dem Verkauf der sicherungsübereigneten Gegenstände) belege. Demgegenüber sei die Krediterhöhung durch die wertausschöpfende Grundschuld von 100.000 DM auf dem Grundstück in G. und die Globalzession unzureichend abgesichert gewesen, wie der Versteigerungserlös von 44.000,00 DM und der Gesamtbetrag des Forderungseinzuges von rd. 195.000 DM bestätige. Die von ihr, der Beklagten, zeitnah und gewissenhaft verfolgte wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinschuldnerin habe trotz rückläufiger Umsatzzahlen aufgrund überproportionaler Kostenreduzierungen und verbesserter Auftragslage eine positive Ertragsprognose gerechtfertigt. Es habe sich zum damaligen Zeitpunkt bei der Gemeinschuldnerin weder objektiv noch gar aus der Sicht der Beklagten und der Geschäftsführung der Gemeinschuldnerin um einen Sanierungsfall im rechtlichen Sinne gehandelt.

Wegen aller Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers bleibt erfolglos.

Mit dem in der Berufungsinstanz in erster Linie weiter verfolgten Bereicherungsanspruch nach § 816 Abs.2 BGB wegen vermeintlicher Nichtigkeit der globalen Sicherungsabtretung nach § 138 Abs.1 BGB umgeht der Kläger zwar die Schadensproblematik. Davon abgesehen berühren sich die Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit in § 138 BGB jedoch eng mit denjenigen eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass bei § 138 BGB auf den Inhalt des zwischen Kreditinstitut und Schuldner abgeschlossenen Vertrages und auf die beide Vertragspartner leitenden Beweggründe abzustellen ist, während es bei § 826 BGB vor allem auf das Verhalten des Kreditgebers/Sicherungsnehmers im Hinblick auf die Gläubiger des Schuldners ankommt (vgl. BGH, NJW 1970, 657). In tatsächlicher Hinsicht stellt die Berufung die Beurteilung der globalen Sicherungsabtretung auf eine umfassendere Grundlage, indem sie nunmehr auf das Gesamtkreditengagement der Gemeinschuldnerin und der Eheleute M. bei der Beklagten und die hierfür gegebenen Sicherheiten abstellt. Das ist im Ansatz bedenkenfrei und wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Für eine Nichtigkeit der Sicherungsabtretung nach § 138 BGB - sei es unter dem Gesichtspunkt der Gläubigergefährdung oder Kredittäuschung, sei es unter dem Gesichtspunkt eigennütziger Konkursverschleppung - fehlt es indessen nach wie vor jedenfalls in subjektiver Hinsicht an einer hinreichenden Tatsachengrundlage.

1. Richtig ist, dass mit der Globalzession praktisch das restliche freie Vermögen der Gemeinschuldnerin der Beklagten zur Sicherung übertragen wurde und dass dies den Beteiligten bewusst war. Bei einer Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung der Eheleute M. sieht dies allerdings anders aus. Bei Zugrundelegung des Verkehrswertgutachtens des Dipl.-Ing. K. vom 07.01.1993, der für das den Eheleuten M. gehörende und an die Gemeinschuldnerin verpachtete Gewerbeobjekt in E. einen Wert von rd. 3 Mio DM ermittelt hat, war die dingliche Absicherung der Beklagten mit Grundschulden (zum Teil Gesamtgrundschulden) in Höhe von TDM 1.525 nicht wertausschöpfend. Dasselbe gilt für die Belastung der drei Eigentumswohnungen B. mit einer Gesamtgrundschuld von 500.000 DM unter Zugrundelegung eines Verkehrswertes von insgesamt 918.000 DM (entsprechend der Aufstellung BE 13 = Bl. 282 GA; für die knapp 100 qm große Eigentumswohnung Nr.37 lag ein Verkehrswertgutachten des Architekten S. vom 02.01.1993 über 485.000 DM vor). Das Objekt G. ist in der Aufstellung aus Oktober 1994 mit 250.000 DM zwar überhöht angesetzt. Dafür gab es auch keine Bewertungsgrundlage. Die Beklagte geht daher bei der Beurteilung des verfügbaren Vermögens der Gruppe M. selbst nur von 60.000 DM als einem realistischen Wert für dieses Grundstück aus (entsprechend der späteren Festsetzung im Zwangsversteigerungsverfahren; erzielt wurde sogar nur ein Verwertungserlös von 44.000 DM). Es ist zwar sachlich unhaltbar, wenn der Kläger vor dem Hintergrund der Immobilienbewertung der Gruppe M. (nach Maßgabe der vorgenannten Aufstellung BE 13 = Bl. 282 GA), die selbst bei einem 40%igen Sicherheitsabschlag ein Immobilienvermögen von 2,5 Mio DM ausweist, die Globalabtretung als eine sittenwidrige Übersicherung der Beklagten darstellt (Bl. 308 GA). Hingegen ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Beklagte, bevor sie sich entschloss, dem Wunsch der Gemeinschuldnerin nach Erhöhung des Kontokorrentkredits um 500.000 DM teilweise zu entsprechen, als Alternative auf die Veräußerung nicht betriebsnotwendigen Vermögens der Gruppe M. verwies, das sowohl in den Eigentumswohnungen in B. als auch in dem Gewerbegrundstück in G. gesehen werden konnte.

2. Auch wenn man allein auf das Vermögen der Gemeinschuldnerin abstellt, die mit der Forderungsabtretung ihr restliches freies Vermögen der Beklagten zur Sicherheit gab, reicht dies zur Annahme der Sittenwidrigkeit nicht aus. Die Gläubigergefährdung müsste mit Täuschungsabsicht oder Schädigungsvorsatz einhergegangen sein (vgl. BGH, NJW 1995, 1668; NJW 1998, 2592). Dass andere Gläubiger darüber getäuscht werden sollten, dass die Gemeinschuldnerin kein freies Vermögen mehr hatte, ist nicht festzustellen. Weder die Beklagte noch die Gemeinschuldnerin waren erkennbar darauf aus, andere zur Hingabe von Krediten an die Gemeinschuldnerin zu verleiten. So ist in den vorgelegten Bankauskünften der Beklagten aus der Zeit von Juni 1994 bis Februar 1995 jeweils auf die angespannten finanziellen Verhältnisse der Gemeinschuldnerin hingewiesen worden und diese im Februar 1995 selbst für angefragte Wechselverbindlichkeiten (einmal 30.000 DM und einmal 7.500 DM in drei Abschnitten) nur "gut in mehreren Raten" eingestuft worden. Das von der Gemeinschuldnerin in Anspruch genommene Zahlungsziel lag zwar - wie die Beklagte der ihr bei der Kreditbewilligung vom 24.10.1994 vorliegenden Kreditorenliste per 30.09.1994 entnehmen konnte - bei branchenunüblichen 120 Tagen. So verhielt es sich indessen im Wesentlichen bereits im Jahre 1991 (112 Tage). Auch im Jahre 1992 hatte das von der Gemeinschuldnerin in Anspruch genommene durchschnittliche Zahlungsziel mit 93 Tagen das von beiden Parteien als branchenüblich angesehene Zahlungsziel von maximal 60 Tagen deutlich überschritten. Angesichts dieser von den Kreditoren über einen längeren Zeitraum hingenommenen Zahlungsstreckung begründete dieser Umstand nicht die Erwartung, die Gemeinschuldnerin werde ohne die Krediterhöhung ihren fälligen und ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten zu wesentlichen Teilen so gut wie sicher nicht nachkommen können. Tatsächlich sind auch nach der Darstellung der Beklagten alle offenen Posten aus dem Zeitraum der Krediterhöhung bis zur Einleitung des Konkursverfahrens - also nahezu ein Jahr lang - unter Ausnutzung von Zahlungszielen weiterhin bedient worden (Bl. 202 f. GA). Der Kläger zeigt keine aussagekräftigen Einzelfälle auf, die etwas anderes belegen könnten.

3. Gegen die Annahme, dass bei Abschluss des Zessionsvertrages der wirtschaftliche Zusammenbruch der Gemeinschuldnerin absehbar und die Beklagte im Zusammenwirken mit der Gemeinschuldnerin lediglich bestrebt gewesen sei, den Konkurs um eigener Vorteile willen hinauszuschieben, sprechen vor allem folgende Umstände:

a) Der Gemeinschuldnerin wurden mit der Krediterhöhung neue Geldmittel zugeführt, die eher unzureichend besichert waren. Das gilt jedenfalls bei einem Vergleich der nominellen Krediterweiterung (von 1 Mio DM auf 1,35 Mio DM) mit den zusätzlichen Sicherungsmitteln der mit 180.000 DM realistisch bewerteten Forderungsabtretung und der Grundschuld von 100.000 DM auf dem Grundstück G.. Aber auch bei Berücksichtigung des bereits überzogenen Sollsaldos (in der Berufungserwiderung per 24.10.1994 mit 1.118.867,55 DM beziffert) besteht kein Anlass zu der Annahme, dass die Krediterweiterung auf TDM 1.350 aus der Sicht der Gemeinschuldnerin und/oder der Beklagten keinen gleichwertigen Ausgleich für die weiteren Sicherheiten (einschließlich der keinen zusätzlichen Wert ausmachenden aktualisierten Bürgschaften der Eheleute M.) darstellte. Das gilt um so mehr, als beim subjektiven Tatbestand des § 138 BGB den Unsicherheiten in Bewertungsfragen in besonderem Maße Rechnung zu tragen ist.

b) Die Globalzession sicherte zwar in banküblicher Weise alle bestehenden und künftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung ab, somit auch die Altkredite. Diese waren jedoch hinreichend abgesichert, so dass kein Grund zu der Annahme besteht, die Schuldnerin und/oder die Beklagte hätten es darauf abgesehen, durch Hinauszögern eines absehbaren Konkurses der Beklagten eine sonst nicht zu erzielende Teilbefriedigung hinsichtlich der Altkredite zu verschaffen. Das Gesamtengagement der Gruppe M. bei der Beklagten belief sich vor der Krediterhöhung auf rd. TDM 2.361 (zur Zusammensetzung Bl. 185 GA und Anlage BE 1 = Bl. 206 ff. GA). Die vom Kläger mit der Berufungsbegründung angeführte Auflistung der Beklagten vom 12.11.1996 (mit einem Gesamtsollsaldo von rd. TDM 2.608) gibt für den maßgeblichen Zeitpunkt der Kreditbewilligung nichts her. Bei dem vom Kläger als "weiteren Kredit" angesehenen Betrag über 507.295,42 DM handelt es sich nach der unwiderlegten Darstellung der Beklagten - das schlichte Bestreiten des Klägers ist angesichts der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen unbeachtlich - lediglich um eine bankinterne Verbuchung des Wertberichtigungsbedarfs zum Stand 12.11.1996 (Bl. 185 GA).

c) Dem Gesamtengagement von TDM 2.361 standen als werthaltige Sicherungsmittel Grundschulden im Wert von TDM 2.025 nebst Zinsen und Nebenkosten sowie - mindestens - die Sicherungsübereignung der Maschinen und Einrichtungsgegenstände (BE 3 = Bl. 211 ff. GA) gegenüber. Der später erzielte Verwertungserlös von rd. TDM 2.374 (Bl. 190 GA) schließt zwar nicht aus, dass ein gewisser Blankoanteil der Altkredite (siehe auch den Aktenvermerk des Leiters der Kreditabteilung der Beklagten vom 28.04.1994, Anlage BE 16 = Bl. 287 GA) durch die Sicherungszession mit abgedeckt werden sollte. Gegen die Annahme, dass sich die Beklagte bei der Bewilligung der Krediterhöhung davon hat leiten lassen, durch Hinauszögern eines absehbaren Konkurses aus der Globalzession Befriedigung auch hinsichtlich des Altkredits zu erzielen, spricht indessen, dass schon fraglich war, ob die Sicherungszession zusammen mit der weiteren Grundschuld (auf dem Grundstück G.) überhaupt ausreichen würde, die Krediterhöhung abzusichern. Der allgemeine Hinweis der Berufung auf die "wirtschaftliche Chance" der Beklagten, durch die Einziehung der ihr abgetretenen Forderungen der Schuldnerin aus Lieferungen und Leistungen nicht nur den erhöhten Kredit von 350.000 DM, sondern darüber hinaus auch die Altkredite einschließlich der Verbindlichkeiten der Eheleute M. zurückzuführen, wenn die Schuldnerin nur lange genug "am Leben bleibe" (Bl. 159 GA), bietet keine realistische Grundlage für eine derartige Erwartung. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte durch ein Hinausschieben des wirtschaftlichen Zusammenbruchs der Schuldnerin aus der Globalzession einen höheren Erlös als 250.000 DM hätte erwarten können, zeigt auch die Berufung nicht auf. Selbst wenn - wie der Kläger es darstellt - die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Krediterhöhung bereits konkursreif war, konnte sie und konnte auch die Beklagte schwerlich annehmen, durch eine hiernach weder die Überschuldung noch die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit beseitigende "Liquiditätsspritze" von knapp 250.000 DM (bei dem bereits auf über 1,1 Mio DM überzogenen Geschäftsgirokonto) eine solche wirtschaftliche Chance, wie sie der Kläger sieht, zu verwirklichen.

4. Nach alledem stellt sich die in den gewechselten Schriftsätzen beider Instanzen breiten Raum einnehmende Sanierungsproblematik (mit den damit für den Kreditgeber ggf. verbundenen besonderen Prüfpflichten) erst gar nicht. Die Krediterweiterung war erklärtermaßen weder zur Sanierung der Schuldnerin bestimmt noch geeignet. Zum Teil handelte es sich lediglich um die Festschreibung einer ohnehin bereits zeitweise bis zu 1,2 Mio DM geduldeten Überziehungspraxis, im Übrigen nur um eine vorübergehende Liquiditätshilfe in einer unstreitig angespannten finanziellen Lage der Schuldnerin (Bl. 201 GA). Da Gemeinschuldnerin und Beklagte nicht ernsthaft erwarten konnten, mit einer solch begrenzten Liquiditätshilfe einen etwa drohenden Konkurs der Gemeinschuldnerin nennenswert hinausschieben und der Beklagten so eine über die Krediterweiterung hinausgehende Befriedigung verschaffen zu können, ist für die Feststellung einer eigennützigen Motivation kein Raum. Im Übrigen hat das Landgericht mit zutreffenden Gründen, auf die verwiesen werden kann, ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines mit der Krediterhöhung bezweckten Sanierungsversuchs nicht festzustellen vermocht. Auch dies hält den Angriffen der Berufung stand, ohne dass sich der Senat insoweit noch zu weiteren Ausführungen veranlasst sieht, da die Fallgestaltungen, in denen die einen Sanierungskredit gewährende Bank verpflichtet sein kann, vor der Krediteinräumung die Sanierungsaussichten durch einen neutralen branchenkundigen Wirtschaftsfachmann untersuchen zu lassen (vgl. BGHZ 10, 228 = NJW 1953, 1665; BGHZ 96, 231 = NJW 1986, 837; BGH NJW 1998, 1561 und 2592; Neuhof, NJW 1998, 3225 ff.; Häuser in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 2. Aufl., § 85 Rz. 119 ff.), mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht vergleichbar sind.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 108, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Streitwert der Berufung und Beschwer des Klägers durch dieses Urteil: 194.678,34 DM.

Ende der Entscheidung

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