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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 04.08.2004
Aktenzeichen: 13 U 32/04
Rechtsgebiete: BGB, RBerG
Vorschriften:
BGB § 134 | |
BGB § 171 | |
BGB § 172 | |
RBerG Art. 1 § 1 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Anlage zum Protokoll vom 4. August 2004
Verkündet am 4. August 2004
In dem Berufungsrechtsstreit
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Eßer, des Richters am Oberlandesgericht Hentschel und des Richters am Landgericht Dr. Mertens
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 11. Dezember 2003 verkündete Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 29 O 218/03 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Kreditvertrages über eine Eigenkapitalfinanzierung in Höhe von 16.832,70 DM, den die D. Steuerberatungsgesellschaft mbH (nachfolgend nur noch: D.) aufgrund ihr am 09.07.1994 erteilter notarieller Vollmacht des Klägers am 27.06.1995 mit der Beklagten abgeschlossen hat und dessen Nichtigkeit der Kläger wegen Verstoßes der Vollmacht gegen Art.1 § 1 RBerG geltend macht. Mit Urteil vom 11.12.2003, auf das wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der gestellten Anträge und der rechtlichen Würdigung durch die Zivilkammer Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage bis auf einen geringen Teilbetrag (14,57 € = 28,50 DM Kontoführungsgebühren) abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger den geltend gemachten Bereicherungsanspruch in Höhe von 8.591,85 € nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der deutschen Bundesbank seit dem 21.06.2003 weiter.
II.
Die Berufung erweist sich als unbegründet. Der von der D. für den Kläger abgeschlossene Kreditvertrag vom 27.06.1995 ist unabhängig von einer Unwirksamkeit der notariellen Vollmacht vom 09.07.1994 der Beklagten gegenüber gemäß §§ 171, 172 BGB als gültig zu behandeln, weil der Beklagten vor und bei Abschluss des Darlehensvertrages eine Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 09.07.1994 vorlag.
1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung sowohl des XI. als auch des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, dass die §§ 171, 172 BGB auch bei einem Verstoß des Bevollmächtigten gegen Art.1 § 1 RBerG anwendbar sind (Urteil vom 22.10.2003 - IV ZR 33/03 -, WM 2003, 2375; Urteil vom 10.03.2004 - IV ZR 143/03 -, WM 2004, 922; Urteil vom 18.09.2001 - XI ZR 321/00 -, NJW 2001, 3774; Urteil vom 25.03.2003 - XI ZR 227/02 -, NJW 2003, 2091; Urteil vom 20.04.2004 - XI ZR 164/03 -, WM 2004, 1227). Diese Rechtsprechung, der sich auch der erkennende Senat angeschlossen hat (z.B. Urteile vom 03.03.2004 - 13 U 18/03 - und vom 16.06.2004 - 13 U 208/03 -), räumt dem Schutz des Vertragsgegners und des Rechtsverkehrs, den die allgemeine Rechtsscheinhaftung bezweckt, grundsätzlich Vorrang vor den Interessen des Vertretenen ein, der durch die Erteilung einer - unerkannt - nichtigen notariellen Vollmacht die Ursache für einen Rechtsschein gesetzt hat. Das Verbot unerlaubter Rechtsberatung richtet sich nicht gegen den Vertragspartner des vertretenen Rechtsuchenden, sondern gegen den Vertreter. Es soll den Rechtsuchenden vor sachunkundigen unbefugten Rechtsberatern schützen, betrifft also das Verhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen. Dem Vertragspartner gleichwohl den Schutz der §§ 171 ff. BGB zu versagen, besteht um so weniger Anlass, als der Vertretene sich gegebenenfalls an seinen unbefugten Rechtsberater halten kann (BGH, Urteil vom 25.03.2003 - XI ZR 227/02 -, NJW 2003, 2091).
2. Auch im Rahmen des § 173 BGB dürfen die Anforderungen an die dem Vertragsgegner im eigenen Interesse obliegende Prüfung der Vollmacht nicht überspannt werden (BGH, Urteil vom 08.11.1984 - III ZR 132/83 -, NJW 1985, 730; Urteil vom 02.05.2000 - XI ZR 108/99 -, NJW 2000, 2270; Urteil vom 18.09.2001 - XI ZR 321/00 -, NJW 2001, 3774; Urteil vom 14.05.2002 - XI ZR 155/01 -, NJW 2002, 2325; Urteil vom 22.10.2003 - IV ZR 33/03 -, NJW 2004, 62). Vielmehr soll sich der Vertragsgegner vor der Unwirksamkeit einer Vollmacht grundsätzlich ohne weitere Prüfung dadurch schützen können, dass er sich eine notarielle Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vorlegen lässt. Dabei kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen der den Mangel der Vertretungsmacht begründenden Umstände, sondern auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Mangels der Vertretungsmacht selbst an. Damit erweist sich die Ansicht der Berufung, die Beklagte sei im Hinblick auf den Inhalt der Vollmachtsurkunde nicht schutzwürdig, als ebenso verfehlt wie die Annahme, die Beklagte könne sich auf Rechtsscheingesichtspunkte nicht berufen, weil die damals bestehende Rechtsprechung bereits Anlass gegeben habe, die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages sowie eine Unwirksamkeit der in notarieller Form erteilten Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz in Betracht zu ziehen. Den vor dem Jahre 2000 ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ließ sich nichts entnehmen, was für einen Verstoß eines umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrages und der damit verbundenen Vollmacht des Geschäftsbesorgers (Treuhänders) gegen Art.1 § 1RBerG i.V.m. § 134 BGB gesprochen hätte. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGHZ 145, 265, 275 f.) hat deshalb sogar bei einem Notar, der im Dezember 1993 ein Angebot zum Abschluss eines gegen Art.1 § 1 RBerG verstoßenden Geschäftsbesorgungsvertrages beurkundet hatte, ein Verschulden verneint. Vor diesem Hintergrund liegt es fern, anzunehmen, dass die Beklagte die Unwirksamkeit der Vollmacht hätte kennen müssen. Dass die der D. erteilte Vollmacht inhaltlich über das hinausging, was im Zusammenhang mit einer steuerlichen Beratung an rechtlicher Betreuung erforderlich geworden wäre (Art.1 § 5 Nr.2 RBerG), führt lediglich zur Anwendbarkeit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauträger- oder Bauherrenmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art.1 § 1 RBerG bedarf, mit der Folge, dass ein ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag und die zu seiner Durchführung erteilte umfassende Abschlussvollmacht nach § 134 BGB unwirksam sind, ohne dass es darauf ankommt, ob sie und das Grundgeschäft nach dem erkennbaren Willen der Vertragsparteien zu einem einheitlichen Rechtsgeschäft gemäß § 139 BGB verbunden sind (Urteil vom 22.10.2003 - IV ZR 398/02 -, WM 2003, 2372; Urteil vom 18.11.2003 - XI ZR 332/02 -, WM 2004, 27, jew.m.w.Nachw.). Dagegen führt die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages wegen Verstoßes gegen Art.1 § 1 RBerG nicht unmittelbar zur Nichtigkeit des Kreditvertrages, den die D. als Vertreterin des Klägers mit der Beklagten abgeschlossen hat. Anders als durch den Geschäftsbesorgungsvertrag und die Vollmacht wird durch die von dem Geschäftsbesorger als Vertreter abgeschlossenen Verträge die unerlaubte Rechtsbesorgung nicht gefördert. Dass sich diese Verträge als Folge der unerlaubten Rechtsbesorgung darstellen, genügt nicht, um sie als nach § 134 BGB nichtig anzusehen (BGH, Urteil vom 22.10.2003 - IV ZR 33/03 -, WM 2003, 2375, 2378 f.).
3. Soweit die Berufung für die in der Instanzrechtsprechung häufiger anzutreffende Gegenmeinung auf die vorgelegte Entscheidung des 3. Zivilsenats des OLG Celle vom 10.03.2004 - 3 U 145/03 - (OLGR 2004, 331) verweist, folgt der Senat demgegenüber den Gründen des Urteils des BGH vom 16.03.2004 - XI ZR 60/03 - (WM 2004, 1127), mit dem ein im gleichen Sinne ergangenes Urteil jenes OLG-Senats (vom 05.02.2003) aufgehoben wurde.
4. Zwar hat der II. Zivilsenat des BGH für den Fall kreditfinanzierter Beitritte zu geschlossenen Immobilienfonds neuerdings gegen die Annahme einer Rechtsscheinhaftung Bedenken geäußert (Urteile vom 14.06.2004 - II ZR 393/02 und II ZR 407/02 -, WM 2004, 1529, 1536), die er auf das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts i.S.d. § 9 Abs.1 VerbrKrG und den Umstand stützt, dass der Treuhänder typischerweise Teil der einheitlichen, sowohl den Fondsbeitritt als auch die Darlehensgewährung betreffenden Vertriebsorganisation und damit keine Vertrauensperson des Anlegers sei. Diese Erwägungen können auf den hier zu beurteilenden Fall einer notariell beurkundeten Vollmacht schon deshalb nicht übertragen werden, weil die Vorlage einer notariell beurkundeten Vollmacht das Vertrauen des Vertragsgegners in eine wirksame Bevollmächtigung bestärkt und damit einen maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Rechtsscheinhaftung begründet (dass die Bank nicht nur dem Treuhänder, sondern auch dem die Vollmacht beurkundenden Notar Misstrauen hätte entgegenbringen müssen, scheint auch der II. Zivilsenat nicht annehmen zu wollen). Im Übrigen fehlt hier auch jeglicher Vortrag zu einer solchen Einbindung der Beklagten in die Vertriebsorganisation, wie sie der II. Zivilsenat für die dort zu beurteilenden Fälle eines kreditfinanzierten Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds mit einheitlicher Vertriebsorganisation angenommen hat. Der hier in Rede stehende Kreditvertrag mit der Beklagten hatte lediglich die Finanzierung eines Eigenkapitalanteils zum Gegenstand, der Voraussetzung für die anderweitig erfolgte Objektfinanzierung war. Es besteht daher kein tragfähiger Grund, das Risiko der materiellrechtlich begründeten Unwirksamkeit der notariell beurkundeten Vollmacht auf die Beklagte abzuwälzen, wenn ihr spätestens bei Vertragsabschluss eine notarielle Ausfertigung dieser Vollmacht vorlag. Das aber ist hier nach den im Berufungsverfahren getroffenen Feststellungen der Fall:
a) In der den Kläger betreffenden, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Kreditakte der Beklagten befindet sich im Anschluss an das Schreiben der D. vom 20.01.1995, mit dem diese den Kreditantrag für den Kläger nebst Bonitätsunterlagen übersandt hat, die der Treuhänderin am 12.07.1994 erteilte (1.) Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 09.07.1994. In dem Kreditbestätigungsschreiben vom 03.07.1995 an den Kläger persönlich ist ausdrücklich auf die in Ausfertigung vorliegende notarielle Vollmacht Bezug genommen. Der Inhalt der Kreditakte und der vom Kläger selbst vorgetragene Verlauf des Kreditverhältnisses geben auch keinen Anlass zu der Annahme, dass die Beklagte diese notarielle Urkunde - wie die Berufung mutmaßt - erst nach Vertragsabschluss von der Treuhänderin erhalten haben könnte.
b) Soweit hiernach überhaupt noch restliche Zweifel daran bestehen konnten, dass die notarielle Vollmachtsurkunde der Beklagten bereits bei Vertragsabschluss vorgelegen hat, sind sie jedenfalls durch die Zeugenaussage des seinerzeit mit dieser Kreditangelegenheit befassten, inzwischen aus dem aktiven Dienst ausgeschiedenen Prokuristen I. ausgeräumt. Danach entsprach es typischer, einer Anweisung des Vorstandes der Beklagten entsprechender Handhabung, dass die D. mit jedem Kreditantrag auch eine notarielle Ausfertigung ihrer Vollmacht des von ihr vertretenen Antragstellers bei der Beklagten einreichte. In der Regel prüfte der Zeuge I. selbst die Unterlagen auf Vollständigkeit, bevor er die Anträge nach Ausrechnung der Höchstkreditgrenze an Mitarbeiter zur weiteren Bearbeitung abgab. So stammen auch hier die entsprechenden Eintragungen (in der rechten Spalte unten des Prüfbogens "Angaben zur Person") von der Hand des Zeugen, der ferner den Genehmigungsvermerk vom 01.03.1995 auf dem Kreditantrag vom 20.01.1995 unterzeichnet, den Kreditvertrag vom 27.06.1995 für die Beklagte mitunterschrieben, die Auszahlungsanweisung vom 03.07.1995 abgezeichnet und das Kreditbestätigungsschreiben vom selben Tage mitunterzeichnet hat. Es besteht daher für den Senat kein vernünftiger Zweifel daran, dass bei all diesen Vorgängen die Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 09.07.1994 (einschließlich Ausfertigung der notariell beurkundeten Annahmeerklärung der D. vom 04.08.1994) bereits vorgelegen hat und nicht erst nachträglich - etwa anlässlich des bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsverlangens des Klägers - der Beklagten von der Treuhänderin zur Verfügung gestellt und der Kreditakte beigefügt worden ist.
III.
Nach alledem hat es im Ergebnis bei dem angefochtenen Urteil zu verbleiben. Die hierfür vorstehend aufgezeigten Gründe verdeutlichen zugleich, dass kein gesetzlicher Grund i.S.d. § 543 Abs.2 ZPO besteht, die Revision zuzulassen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 713 ZPO.
Streitwert der Berufung: 8.591,85 €.
Ende der Entscheidung
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