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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 15.10.2003
Aktenzeichen: 13 U 44/03
Rechtsgebiete: KWG


Vorschriften:

KWG § 32
KWG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 44/03

Anlage zum Protokoll vom 15. Oktober 2003

Verkündet am 15. Oktober 2003

In dem Berufungsrechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Eßer, des Richters am Oberlandesgericht Hentschel und der Richterin am Amtsgericht Rottländer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. Februar 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 21 O 416/02 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage, mit der die Klägerin die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Höhe von 10.737,13 € nebst Zinsen in Anspruch nimmt, mit Recht abgewiesen. In erster Instanz hat die Klägerin der Beklagten in erster Linie vorgeworfen, sie habe als angebliche "Finanzsachverständige" erkennen können und müssen, dass es sich bei dem von ihr vermittelten Beitritt der Klägerin als stille Gesellschafterin der M. Vermögensanlagen und Liegenschaftsbeteiligungs KG (nachfolgend nur noch M. KG) um ein nach § 32 KWG erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft i.S.d. § 1 Abs.1 Satz 2 Nr.1 KWG gehandelt und die M. KG eine solche Erlaubnis nicht gehabt habe. Das Landgericht hat ein darauf gestütztes Beratungsverschulden der Beklagten verneint; ohne Überspannung der Sorgfaltsanforderungen habe von der Beklagten nicht die Erkenntnis erwartet werden können, dass die von ihr vermittelte Einlage gegen das KWG verstoße. Dagegen wendet sich die Berufung nicht mehr, sondern verfolgt lediglich den Vorwurf weiter, die Beklagte habe "in Täuschungsabsicht" die (ungeschützte) Bezeichnung "Finanzsachverständige" geführt und die Klägerin dazu veranlasst, einen Lebensversicherungsvertrag vorzeitig zu beenden und das dadurch frei werdende Kapital stattdessen in die streitgegenständliche Geldanlage zu investieren, ohne auf die mit der stillen Einlage in die M. KG verbundenen Risiken hinzuweisen. Auch insoweit kann die Berufung indessen keinen Erfolg haben:

1. Die Unterstellung, die Beklagte - Mitglied des später im Vereinsregister gelöschten Verbundes Deutscher Finanzsachverständiger e.V. - habe die Bezeichnung "Finanzsachverständige" in Täuschungsabsicht geführt und die Klägerin dadurch zu der streitgegenständlichen Anlage veranlasst, entbehrt nach wie vor jeglicher Substanz. Erklärtermaßen hat sich die Klägerin, "nachdem ihre Schwägerin Frau N. S. den Kontakt hergestellt hatte" (Bl. 2 GA), an die Beklagte gewandt, weil sie anstelle der bestehenden, erst zum 60. Lebensjahr fälligen Lebensversicherung für ihren Sohn eine günstigere Kapitalanlage suchte. Es kann daher nicht ernsthaft angenommen werden, dass die Klägerin, wenn sich die Beklagte etwa als Anlage- oder Vermögensberaterin, als Finanzmaklerin oder schlicht als Finanzdienstleisterin bezeichnet hätte, der persönlichen Empfehlung ihrer Schwägerin misstraut und sich stattdessen an ihre Hausbank gewandt hätte. Die erstmals mit Schriftsatz vom 12.06.2003 (Bl. 148 GA) erfolgte Benennung von Zeugen für diese hypothetische Verhaltensweise ist daher zum einen unergiebig, weil keine von den Zeugen zu bestätigenden Umstände genannt werden, aus denen sich auf eine solche Verhaltensweise der Klägerin schließen ließe. Zum anderen wäre das Vorbringen und Beweiserbieten hierzu - würde man es als substantiiert genug ansehen können - aber auch nicht mehr berücksichtigungsfähig, weil es ohne prozessuale Nachlässigkeit bereits im ersten Rechtszug hätte geltend gemacht werden können und müssen (§§ 530 Abs.1 Nr.2, 531 Abs.2 Nr.3 ZPO n.F.).

2. Die im Verlauf des erstinstanzlichen Rechtsstreits aufgestellte Behauptung der Klägerin, sie habe den Beteiligungsprospekt (Bl. 74 ff. GA) nicht erhalten, bietet keine ausreichende Grundlage für die Annahme, die Beklagte habe es an der gebotenen Risikoaufklärung fehlen lassen. Die Risikoaufklärung musste hier allerdings um so deutlicher ausfallen, als dafür eine sichere, wenn auch renditeärmere Lebensversicherung aufgelöst werden sollte, was mit weiteren Verlusten verbunden war. Unverständlich ist indessen der Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe ihr erklären müssen, dass sie sich selbstverständlich den Lebensversicherungsvertrag mit gewissen Abschlägen auch vorzeitig auszahlen lassen konnte (Bl. 99 GA). Genau dies ist ja im Zusammenhang mit dem Beitritt zur M. KG geschehen. Tatsache ist ferner, dass die Klägerin mit der Unterzeichnung der Beitrittserklärung gleich zweifach bestätigt hat, den vollständigen Beteiligungsprospekt erhalten zu haben. Im Anschluss an die Angabe des Kontos, auf das die Einlage einzuzahlen war, heißt es dort: "Den Gesellschaftsvertrag, den vollständigen Beteiligungsprospekt und den Beteiligungsvertrag habe ich vollinhaltlich zur Kenntnis genommen und je ein Exemplar erhalten", und nochmals unmittelbar über der Unterschriftszeile: "Ich bestätige einen Originalprospekt der M. Vermögensanlagen und Liegenschaftsbeteiligungs KG erhalten zu haben" (Bl. 11 GA). Der Beteiligungsprospekt, der im Abschnitt X. Risiko deutliche und ausführliche Hinweise auf die "Risiken beim Erwerb gebrauchten Eigentums" enthält, ist damit selbst dann, wenn die Klägerin ihn entgegen ihrer Bestätigung weder zur Kenntnis genommen noch erhalten haben sollte, Vertragsinhalt geworden. Der Finanzdienstleister muss dem Anleger den Prospekt zwar grundsätzlich kostenlos "zur Verfügung" stellen (siehe auch § 19 Abs.1 S.1 KAGG). Dazu genügt es, wenn die Unterlagen zur Einsicht vorgelegt und zur Aushändigung angeboten werden; sie müssen dem Anleger indessen nicht aufgedrängt werden. Die Aushändigung ist daher - entgegen der Ansicht der Berufung - weder bei einem Anlageberatungs- noch bei einem Anlagevermittlungsvertrag "zwingend".

3. Mit der bloßen Aushändigung des Prospektes hätte die Beklagte der notwendigen Risikoaufklärung andererseits noch nicht Genüge getan. In erster Linie ist der Prospekt die Grundlage für die Beratung des Anlegers. Die darin enthaltenen Informationen sind im Beratungsgespräch im Hinblick auf die Verständnismöglichkeiten des Anlegers und seinen individuellen Informationsbedarf hinreichend zu konkretisieren. Nach der Darstellung der Beklagten ist dies geschehen. So heißt es hierzu im Schriftsatz vom 03.01.2003 (Bl. 69): "Soweit die Klägerin nunmehr abermals die Sicherheit ihrer Lebensversicherung im Vergleich zur streitgegenständlichen Unternehmensbeteiligung in den Raum stellt, ist darauf hinzuweisen, daß die Beklagte der Klägerin vor Abgabe der Beitrittserklärung erklärt hat, daß es sich um eine mitunternehmerische Beteiligung handelt, deren Erfolg unmittelbar vom Erfolg des Beteiligungsunternehmens, also dessen Immobilieninvestition, abhängt und daß im Falle eines Mißerfolges der Beteiligungsgesellschaft dieses auch ein Fehlschlagen der Kapitalanlage zur Folge haben könnte." Da die Klägerin hierauf in ihrer Erwiderung vom 10.01.2003 nicht eingegangen ist, hatte die Beklagte keine Veranlassung zu einer weiteren Darstellung des Beratungsgesprächs, wie dies ansonsten geboten gewesen sein könnte, um der für die Fehlberatung beweispflichtigen Klägerin den sog. Negativbeweis zu ermöglichen. Erstmals in der Berufungsbegründung behauptet die Klägerin - und damit wiederum verspätet: "Irgendwelche Hinweise auf Risiken dieser Geldanlage erfolgten seitens der Beklagten nicht" (Bl. 128/132 GA). Dem stehen indessen die Angaben der Beklagten gegenüber, die im Rahmen der informatorischen Parteianhörung vor dem Senat an der bereits erstinstanzlich behaupteten Belehrung der Klägerin über das Wesen und die Risiken der Unternehmensbeteiligung festgehalten und bekräftigt hat, dass sie sich vergewissert habe, dass die Klägerin dieses Risiko auch verstanden habe ("das Geld könnte auch weg sein"). Eine zweitinstanzliche Sachaufklärung hierzu scheidet aus prozessualen Gründen aus (§§ 530 Abs.1 Nr.2, 531 Abs.2 Nr.3 ZPO n.F.). Dass der Beklagten etwa falsche Angaben zur Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage und zur Bonität der M. KG vorzuwerfen seien, lässt sich dem Berufungsvorbringen auch nicht ansatzweise entnehmen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten ist der Konkurs der M. KG allein eine Folge der vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen im Jahre 2001 angeordneten Abwicklung der ohne die erforderliche Erlaubnis betriebenen Einlagegeschäfte. Die allgemeine Behauptung der Berufung, dass die Klägerin bei sachgemäßer Aufklärung über die anlagetypischen Risikofaktoren diese Geldanlage nicht akzeptiert hätte, ist substanzlos und die Zeugenbenennung zu dieser hypothetischen Verhaltensweise, die sich allein an dem erklärten Streben nach einer "sicheren", aber renditestärkeren Geldanlage nicht festmachen lässt, ebenso unergiebig wie oben unter Ziffer 1. (a.E.), weil wiederum keine von den Zeugen zu bestätigenden Umstände genannt werden, aus denen sich auf eine solche Verhaltensweise der Klägerin schließen ließe. Wenn sich die Klägerin indessen die Informationsunterlagen weder vor der Unterzeichnung der Beitrittserklärung (nach der Darstellung der Beklagten sind sie der Klägerin bereits beim Beratungsgespräch am 7.10.1999 ausgehändigt worden) geben ließ noch wenn sie bei oder nach der Unterzeichnung (am 11.10.1999) auf die dort als erhalten bestätigten Unterlagen Wert legte, erscheint die Annahme um so fernliegender, dass sie bei Aushändigung des Prospektes vor der Beitrittserklärung von dieser abgesehen hätte. Erklärtermaßen hatte sich die Klägerin zwar zuvor bei der Verbraucherzentrale nach dem Verbund Deutscher Finanzsachverständiger e.V. erkundigt ("nicht auf grauer Liste"), jedoch keine Erkundigungen zu der Kapitalanlage selbst eingezogen. Da sie selbst nicht behauptet, etwa zur Unterzeichnung am 11.10.1999 gedrängt worden zu sein, hätte sie sich auch zu einem angeblich erst später hierfür zu erhaltenden Termin bei der Verbraucherzentrale über die ihr von der Beklagten empfohlene Kapitalanlage vergewissern können.

II.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch es aus Gründen der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf (§ 543 Abs.2 ZPO n.F.). Die prozessualen Nebenentscheidungen im übrigen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert der Berufung und Beschwer der Klägerin durch dieses Urteil: 10.737,13 €.

Ende der Entscheidung

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