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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 21.01.2002
Aktenzeichen: 13 U 69/00
Rechtsgebiete: VerbrKrG, AGBG, AGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

VerbrKrG § 6 Abs. 1
VerbrKrG § 4 Abs. 1
VerbrKrG § 11 Abs. 1
VerbrKrG § 4 Abs. 1 S. 4
AGBG § 3
AGBG § 5
AGBG § 9 ff.
AGBG § 9 Abs. 1
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGB § 26 Nr. 2 a
BGB § 769
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 366 Abs. 2
BGB § 765 Abs. 1
BGB § 767 Abs. 1 S. 1
BGB § 767 Abs. 1 S. 2
ZPO § 91
ZPO § 448
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 69/00

Anlage zum Protokoll vom 21. Januar 2002

Verkündet am 21. Januar 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 2001 unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht Hentschel und Gundlach sowie des Richters am Amtsgericht Bröder

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 2. Dezember 1999 - 2 0 290/99 - teilweise abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 244.806,35 EUR nebst 6,92 % Zinsen seit dem 1.4.1999 sowie weitere 558,94 EUR zu zahlen, abzüglich am 1.12.1999 gezahlter 11.261,20 EUR und am 2.3.2000 gezahlter weiterer 11.248,42 EUR. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 295.000,00 EUR abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische, unbedingte und unwiderrufliche Bürgschaft einer bundesdeutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Wirksamkeit und Bestand einer von den Beklagten übernommenen Bürgschaft.

Die Beklagten waren seit 13.05.1992 mit einer Stammeinlage in Höhe von jeweils 50.000,00 DM Gesellschafter der Firma D.-T. Gesellschaft für Wärmeerzeugung und -abrechnung mbH - später umfirmiert in D.-T. K. Gesellschaft für Wärmeerzeugung und -abrechnung mbH (im Folgenden: Firma D.-T.) - , die sich u.a. mit der Erzeugung von Wärme sowie der Planung, Errichtung und Erstellung von Heizkraftanlagen befasste. Die Gesellschaft, an der auch der Ehemann der Beklagten zu 1) und Vater des Beklagten zu 2), der Zeuge M., sowie ein weiterer Gesellschafter mit einer Stammeinlage von 50.000,00 DM beteiligt waren, verfügte über ein Stammkapital in Höhe von 200.000,00 DM (Bl. 36 AH). Die Beklagten waren darüber hinaus Gründungsgesellschafter - die Beklagte zu 1) auch Mitgeschäftsführerin - der am 22.09.1993 eingetragenen Firma D.-T.-C.H. Gesellschaft für Unternehmensverwaltung mbH (im Folgenden: H.), deren Zweck das Halten von Geschäftsanteilen an Gesellschaften für Wärmeerzeugung sowie deren Kontrolle und Leitung ist (Bl. 30, 41 ff. AH).

Mit Vertrag vom 01.10./06.10.1993 (Bl. 1 ff AH) gewährte die Klägerin der Firma D.-T. ein Tilgungsdarlehen über 577.000,00 DM, das in jährlichen Leistungsraten von 57.762,68 DM zurück gezahlt werden sollte. Als Sicherheit ließ sich die Klägerin neben Bestellung einer erstrangigen Grundschuld die Pachtzinsforderungen der Firma D.-T. gegen eine Firma t. betreffend ein Heizwerk in P.-U. in Höhe von jährlich ebenfalls 57.762,68 DM abtreten (Anlage BB 12 zur Berufungsbegründung der Klägerin vom 07.04.2000 - Bl. 89 ff. GA ). Darüber hinaus übernahmen die Beklagten unter dem 19.10.1993 jeweils formularmäßig eine unbeschränkte Bürgschaft gegenüber der Klägerin (Bl. 5, 7 AH). Der am 1.2.1973 geborene Beklagte zu 2) war zum damaligen Zeitpunkt Schüler.

Mit Vertrag vom 22./23.12.1993 verkauften die Beklagten und ihre Mitgesellschafter ihre Geschäftsanteile an der Firma D.-T. auf der Grundlage eines Bewertungsgutachtens der Wirtschaftsprüfer B. und V. vom 15.10.1993 (Bl. 272 ff. GA) zu einem Kaufpreis in Höhe von zumindest 15 Mio DM an die H., wobei der Kaufpreis zunächst gestundet und später in eine Kapitalrücklage umgewandelt wurde (Anlage BB 1, S. 8).

Im Jahre 1998 geriet die Firma D.-T. in Zahlungsschwierigkeiten; unter dem 4.9.1998 wurde sie von der Klägerin zum Ausgleich fälliger Zahlungsverpflichtungen - u.a. aus dem Darlehen vom 6.10.1993 - in Höhe von insgesamt 98.572,87 DM aufgefordert. Nach Offenlegung der Sicherungsabtretung zog die Klägerin die am 28.2.1999 fällige Rate von der Fa. t. ein. Mit Schreiben vom 15.03.1999 (Bl. 3 AH) kündigte sie das Darlehen vom 6.10.1993 und stellte den von ihr errechneten Restsaldo in Höhe von 480.622,02 DM zur Rückzahlung bis 30.3.1999 fällig .Zugleich forderte sie die Beklagten als Bürgen zur Zahlung auf (Bl. 9, 10 AH).

Am 1.7.1999 wurde über das Betriebsgrundstück der Fa. D.-T. in U. die Zwangsverwaltung angeordnet (Bl. 178 GA). Nachdem ein Antrag der Fa. D.-T. vom 17.5.1999 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden war (Bl. 53 der BA 71 IN 215/99), nimmt die Klägerin nunmehr die Beklagten als Bürgen in Anspruch.

Sie hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 480.662,02 DM zuzüglich 6,92 % Zinsen seit dem 16.03.1999 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben sowohl die Auszahlung des Darlehens als auch den Zugang des Kündigungsschreibens bei der Hauptschuldnerin bestritten. Im übrigen sei ein Kündigungsgrund nicht gegeben, denn die Hauptschuldnerin habe das Darlehen sogar überobligationsmäßig bedient. So habe die Hauptschuldnerin bis zum 28.02.1998 259.932,06 DM selbst an die Klägerin gezahlt. Bis zum 30.08.1999 habe die Klägerin aufgrund der ihr abgetretenen Pachtzinsforderungen gegen die Fa. t. einen Betrag in Höhe von 100.507,05 DM eingezogen. Darüber hinaus sei der Bürgschaftsvertrag sowohl wegen Verstoßes gegen die §§ 6 Abs. 1, 4 Abs. 1 VerbrKrG als auch wegen sittenwidriger finanzieller Überforderung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Sie, die Beklagten, hätten 1993 weder über Einkommen noch über Vermögen verfügt. Zudem habe der Mitarbeiter der Klägerin erklärt, die Abgabe des Bürgschaftsversprechens sei lediglich eine Formsache.

Mit Urteil vom 2.12.1999 hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe die Gründe für die Kündigung des Darlehens nicht schlüssig dargelegt. Dass die Klägerin gemäß Nr. 26 Abs. 2 a ihrer AGB wegen einer wesentlichen Verschlechterung oder erheblichen Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Kunden den Kredit habe kündigen dürfen, sei nicht hinreichend vorgetragen. Danach fehle es an der Fälligkeit der Hauptschuld mit der Folge, dass wegen der Akzessorietät der Bürgschaft auch kein Recht zur Inanspruchnahme der Beklagten bestehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Klageforderung zunächst um einen Betrag in Höhe von 23.283,89 DM erhöht hatte. Mit Schriftsatz vom 17.10.2000 hat sie die Klage insoweit wieder zurück genommen und verfolgt nunmehr rechnerisch ihren ursprünglichen Klageantrag weiter. Sie macht geltend, sie sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht nur gemäß § 26 Nr. 2 a ihrer AGB wegen erheblicher Gefährdung der Vermögenslage der Hauptschuldnerin zur Kündigung des Darlehens berechtigt gewesen, sondern auch nach Ziffer 9.2 des Darlehensvertrages. Die Fa. D.-T. sei nämlich auch mit der zum 30.08.1998 fälligen Darlehensrate in Verzug, die Kündigung vom 15.03.1999 daher berechtigt gewesen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 478.799,61 DM nebst 6,92% Zinsen seit dem 16.03.1999 und zusätzlich 1.862,41 DM zu zahlen, abzüglich eines auf Zinsen und Kosten zu verrechnenden Betrages in Höhe von 44.025,00 DM.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholen ihren erstinstanzlichen Vortrag und behaupten erstmals, zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin einerseits und der Klägerin und den Bürgen andererseits sei vereinbart worden, dass das Darlehen vorrangig aus der Abtretung der Pachtzinsforderung gegen die Fa. t. auch für den Fall der Inanspruchnahme der Bürgschaft habe zurückgeführt werden sollen. Darüber hinaus halten sie die Bürgschaften für sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 BGB, weil sie durch die übernommenen Verpflichtungen finanziell krass überfordert würden. Die Beklagte zu 1) habe als Hausfrau ebenso wie der Beklagte zu 2) als Schüler weder über eigene Einkünfte noch Vermögen verfügt; sie seien wirtschaftlich vollständig von den Einkünften des Zeugen M. abhängig gewesen. Die Beklagten seien schon bei Übernahme der Bürgschaft nicht in der Lage gewesen, auch nur die jährlichen Darlehenszinsen in Höhe von rund 38.500,00 DM zu zahlen. Dies sei den Vertretern der Klägerin, die die Bürgschaftsübernahme als reine Formsache bezeichnet hätten, auch bewusst gewesen. Auch ihre Geschäftsanteile an der Firma D.-T. und der H. hätten keinen Vermögenswert dargestellt. Insbesondere habe sich die Kaufpreisforderung aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an die H., die im übrigen nach Übernahme der Bürgschaft erfolgt sei, mangels finanzieller Leistungsfähigkeit der H. nicht realisieren lassen. Das Gutachten der Wirtschaftsprüfer B. und V. vom 15.10.1993 (Bl. 272 ff. GA), das einen Unternehmenswert der Firma D.-T. in Höhe von 20 Mio DM ermittelt und welches dem Verkauf der Geschäftsanteile zugrunde gelegen habe, sei unrichtig, weil es die Verbindlichkeiten des Unternehmens nicht berücksichtige. Die Beklagten weisen im übrigen darauf hin, dass die Bestellung der Beklagten zu 1) zur Mitgeschäftsführerin der H. ausweislich einer entsprechenden Ergänzungsvereinbarung vom 27.07.1993 (Bl. 234 GA) nur subsidiären Charakter gehabt habe und aus familiärer Verbundenheit zu dem Zeugen M. erfolgt sei. Der Beklagte zu 2) habe weder in der Fa. D.-T. noch in der H. auf Unternehmensentscheidungen Einfluss nehmen können, da er seine Gesellschaftsanteile mit notariellen Verträgen vom 13.05.1992 (Bl. 247 ff. GA - Fa. D.-T.) bzw. 27.07.1993 (Bl. 240 ff. GA - H.) treuhänderisch dem Zeugen M. übertragen habe.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 6.12.2000 (Bl. 201 GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 31.10.2001 (Bl. 264 GA) verwiesen.

Die Akten 71 IN 215/99 AG Köln waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat bis auf einen Teil des Zinsanspruchs Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagten ein Zahlungsanspruch in Höhe von 479.892,79 DM aus §§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1 S. 1, 2, 769 BGB zu, von dem lediglich die von der Klägerin selbst angegebenen Beträge in Höhe von insgesamt 44.025,00 DM in Abzug zu bringen sind. Die Bürgschaften der Beklagten sind weder wegen Verstoßes gegen das Verbraucherkreditgesetz noch wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die Haftung der Beklagten scheitert auch nicht an fehlender Fälligkeit der Hauptschuld oder der behaupteten vertraglichen Verpflichtung der Klägerin, sich vor Inanspruchnahme der Beklagten auf den abgetretenen Pachtzinsforderungen gegen die Fa. T. zu befriedigen. Im Einzelnen:

Haftung der Beklagten zu 1)

I.

Die von der Beklagten eingegangene Bürgschaftsverpflichtung ist wirksam.

1. Eine Nichtigkeit der Bürgschaft gemäß §§ 4 Abs. 1 S. 4, 6 Abs. 1 VerbrKrG scheidet aus, denn das Verbraucherkreditgesetz ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Da die Bürgschaft kein Kreditvertrag ist (vgl. BGHZ 138, 321 m.w.N.), kommt eine unmittelbare Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes ohnehin nicht in Betracht. Eine analoge Anwendung ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn der durch die Bürgschaft gesicherte Kredit für eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt ist (BGH a.a.O.).So liegt es hier. Der Investitionskredit vom 1.10./6.10.1993 wurde der Fa. D.-T. für den Kauf des Heizkraftwerkes in P.-U. gewährt (Bl. 129 GA, Bl. 44 BA).

2. Die Bürgschaft ist auch nicht wegen formularmäßiger Ausdehnung auf alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin gegenüber der Klägerin nach den §§ 3, 9 AGBG unwirksam. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH, dass auch im Falle einer sog. weiten Zweckerklärung die Bürgschaft nicht insgesamt unwirksam ist, sondern sich die Haftung auf die Verbindlichkeiten beschränkt, die Anlass der Verpflichtung waren (vgl. nur BGHZ 137, 153; NJW 00, 658). Da Anlass für die Bürgschaftsübernahme unstreitig der Investitionskredit vom 1.10./6.10.1993 war und dieser Kredit der Klageforderung zugrunde liegt, bestehen gegen die Inanspruchnahme der Beklagten keine AGB-rechtlichen Bedenken.

3. Der Einwand der Beklagten, die Bürgschaft sei wegen sittenwidriger finanzieller Überforderung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

a) Die Bürgschaft/Mithaftung eines Ehegatten oder nahen Angehörigen kann sittenwidrig und damit nichtig sein, wenn der Bürge gemessen an seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die Verpflichtung eindeutig überfordert wird und die Verpflichtung als Interessenausgleich offensichtlich unangemessen ist. Darüber hinaus müssen regelmäßig besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass der Gläubiger in verwerflicher Weise auf die Entschließung des Bürgen eingewirkt hatte (vgl. nur BGHZ 120, 272, 276; 137, 329, 332 f.; NJW 99, 2584, 2586; WM 01, 1330, 1332). Allerdings kann eine krasse finanzielle Überforderung, auf die sich die Beklagte zu 1) hier beruft (Bl. 134/135GA), auch ohne Hinzutreten besonderer Umstände zur Sittenwidrigkeit führen, wenn unter keinem Gesichtspunkt ein rechtlich vertretbares Interesse des Kreditgebers an einer Mitverpflichtung in dem vereinbarten Umfang erkennbar ist (vgl. BGH WM 00, 410, 411; 01, 402, 403 f.; 01, 1331 - IX. ZS; BGH NJW 99, 2586 - XI. ZS). In diesem Fall ist - widerlegbar - zu vermuten, dass sich der Bürge nur aufgrund seiner emotionalen Verbundenheit mit dem Hauptschuldner auf die Verpflichtung eingelassen und die Bank dies in verwerflicher Weise ausgenutzt hat (BGH a.a.O.; Schmitz in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 91 Rdnr. 35; Nobbe/Kirchhof BKR 01, 5, 8). Eine krasse finanzielle Überforderung liegt nach inzwischen übereinstimmender Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des BGH vor, wenn bereits bei Vertragsschluss feststeht, dass der Bürge oder Mithaftende mit seinen eigenen Mitteln auf absehbare Zeit keine nennenswerten Tilgungsleistungen erbringen und nicht einmal die vertraglich vereinbarten laufenden Zinsen auf Dauer zahlen kann (vgl. BGH WM 00, 411; 01, 1331; NJW 99, 2586; Nobbe/Kirchhof, a.a.O. S.8).

b) Nach diesen Grundsätzen kommt eine Vermutung dafür, dass die Beklagte sich auf die Bürgschaftsverpflichtung nur aufgrund ihrer emotionalen Verbundenheit mit ihrem Ehemann und damaligen Geschäftsführer der Fa. D.-T. eingelassen und die Klägerin dies in verwerflicher Weise ausgenutzt hat, nicht in Betracht.

aa) Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte (vgl. BGHZ 120, 272, 275/276) hat bereits den objektiven Tatbestand einer krassen finanziellen Überforderung nicht hinreichend dargelegt. Dabei mag im Hinblick auf den vorgelegten Steuerbescheid für das Jahr 1993 (Bl. 145, 146 GA) unterstellt werden, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme über keine hinreichenden Einkünfte verfügte, um auch nur die laufenden Darlehenszinsen in Höhe von etwa 3.200,00 DM monatlich aufzubringen. Anders verhält es sich jedoch mit dem Wert des Gesellschaftsanteils, den die Beklagte bei Unterzeichnung der Bürgschaft an der Fa. D.-T. hielt. Unstreitig haben die Beklagte und die übrigen Gesellschafter ihre Anteile an der Fa. D.-T. in Höhe von nominal 50.000,00 DM mit Vertrag von 23.12.1993 zum Preis von insgesamt - das im Insolvenzantragsverfahren erstattete Gutachten vom 21.10.1999 ist insoweit nicht eindeutig - 17 Mio DM, jedenfallls aber 15 Mio. DM an die H. verkauft (Anlage BB 1 zum Schriftsatz der Klägerin vom 07.04.2000, S. 8). Auf jeden Gesellschafter entfiel daher ein Kaufpreisanteil in Höhe von 4,25 Mio. DM oder - bei einem Kaufpreis in Höhe von 15 Mio DM - 3,75 Mio DM. Dass der Verkauf etwa zwei Monate nach Übernahme der Bürgschaft erfolgte, steht der Annahme eines dem vereinbarten Kaufpreis entsprechenden Anteilswertes im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme nicht entgegen. Das Gutachten der Wirtschaftsprüfer Dr. B. und Dr. V. vom 15.10.1993 (Bl. 272 ff. GA), welches der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an die H. zugrunde lag, gelangt im Rahmen des Ertragswertverfahrens zu einem Gesamtunternehmenswert der Fa. D.-T. per 30.09.1993 in Höhe von 20 Mio DM.

Der Einwand der Beklagten, das Bewertungsgutachten vom 15.10.1993 sei unrealistisch und falsch, in Wahrheit habe ihr Geschäftsanteil bereits im Jahre 1993 keinen realen Wert mehr gehabt, greift nicht durch. Dabei kann im Ergebnis offen bleiben, ob - wie die Beklagte durch Sachverständigengutachten unter Beweis stellt (Bl. 326 ff. GA) - das Gutachten zu Unrecht Verbindlichkeiten der Fa. D.-T. in Höhe von 18,7 Mio DM unberücksichtigt lässt und die Bewertung auf einer unrealistischen Ertragsprognose beruht. Da für die Frage einer krassen finanziellen Überforderung der Beklagten auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen ist, kann es nicht darauf ankommen, ob ein - gerichtlicher - Sachverständiger im Nachhinein zu einem geringeren Unternehmenswert gelangen würde. Selbst wenn die Berechnungen der Wirtschaftsprüfer B. und V. unzutreffend und ihre Prognosen zu optimistisch gewesen sein sollten, würde dies nichts daran ändern, dass im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme eine gutachterliche Bewertung existierte, die der Fa. D.-T. einen Ertragswert in Höhe von 20 Mio DM bescheinigte. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Bewertung - selbst wenn sie objektiv unrichtig sein sollte - zum damaligen Zeitpunkt von den Beteiligten in Zweifel gezogen wurde. Vielmehr war die H. auf der Grundlage des Gutachtens bereit, für die Geschäftsanteile einen Kaufpreis in Höhe von jedenfalls 15 Mio DM zu zahlen. Daran wird deutlich, dass auf dem Markt tatsächlich ein entsprechender Wert erzielbar war.

Der Senat verkennt bei alledem nicht, dass hinter der H. als Erwerberin der Gesellschaftsanteile u.a. wiederum die Beklagten und der Zeuge M. als Gesellschafter standen und damit die Anteile - wirtschaftlich betrachtet - weitgehend in der Familie der Beklagten verblieben sind. Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die damaligen Gesellschafter der Fa. D.-T. wider besseres Wissen einen überhöhten Kaufpreis mit der H. vereinbart haben. Dass der Kaufpreis von der H. nicht gezahlt, sondern zunächst gestundet und später in eine Kapitalrücklage umgewandelt wurde (Anlage BB 1, S. 8), führt zu keiner anderen Beurteilung. Dieser Umstand ist allein in den wirtschaftlichen Besonderheiten der H. begründet.

Hinzu kommt Folgendes: Die Klägerin war nach banküblichen Gepflogenheiten grundsätzlich gehalten, die geforderte Bürgschaft der Beklagten vor der Hereinnahme auf ihre Werthaltigkeit zu überprüfen und hierzu entsprechende Ermittlungen über die Vermögens- und Einkommensverhältnisse ihres künftigen Vertragspartners anzustellen. Hat sie - wovon im vorliegenden Fall mangels entsprechenden Vortrags allerdings auszugehen ist - von solchen Nachforschungen abgesehen, insbesondere den Betroffenen nicht zu seiner finanziellen Leistungsfähigkeit befragt, muss sie sich in aller Regel die objektiven Tatsachen als bekannt entgegen halten lassen (vgl. BGH WM 00, 412; 98, 2327, 2329 f.; NJW 99, 2587). Zu den im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme objektiv vorhandenen Tatsachen gehörte indessen auch das Bewertungsgutachten vom 15.10.1993. Wäre die Klägerin den finanziellen Verhältnissen der Beklagten, insbesondere dem Wert ihrer Gesellschaftsbeteiligung an der Fa. D.-T. nachgegangen, wäre ihr - davon ist nach der Lebenserfahrung auszugehen - aller Voraussicht nach das Gutachten vom 15.10.1993 vorgelegt worden. Mit der Unternehmensbewertung zweier Wirtschaftsprüfer hätte sich die Klägerin aber zufrieden geben dürfen, ohne ihrerseits einen weiteren Sachverständigen einzuschalten. Bei dieser Sachlage ist es - selbst wenn man die von der Beklagten behauptete Fehlerhaftigkeit des Gutachtens unterstellt - nicht gerechtfertigt, zugunsten der Beklagten zu vermuten, sie habe sich auf die Verpflichtung nur aufgrund ihrer emotionalen Verbundenheit mit dem Zeugen M. eingelassen und die Klägerin habe dies in verwerflicher Weise ausgenutzt.

bb) Ungeachtet der vorstehenden Erwägungen kommt die Vermutung der Sittenwidrigkeit aber auch im Hinblick auf die Gesellschafterstellung der Beklagten zu 1) nicht in Betracht. Ist der Hauptschuldner eine Gesellschaft, an der der Bürge - wie hier - selbst beteiligt ist, begründet seine krasse finanzielle Überforderung grundsätzlich kein Indiz für ein Handeln aus emotionaler Verbundenheit. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um eine maßgebliche Beteiligung des Bürgen handelt (vgl. BGH NJW 98, 894). So liegt es hier, denn die Beklagte zu 1) hielt eine Beteiligung an der Fa. D.-T. von immerhin 25 % (AH 36). Dass die Stammeinlage von ihrem Ehemann für sie eingezahlt wurde, ändert an ihrer Rechtsstellung als Gesellschafterin nichts.

Ein Kreditinstitut, das einer GmbH ein Darlehen gewährt, hat grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, die persönliche Haftung maßgeblich beteiligter Gesellschafter sowie der Geschäftsführer für Geschäftskredite zu verlangen. Dabei darf die Bank im Allgemeinen davon ausgehen, dass derjenige, der sich an einer Gesellschaft beteiligt, dies aus eigenen finanziellen Interessen tut und schon deshalb durch die Haftung kein ihm unzumutbares, sondern ausschließlich selbst zu verantwortendes Risiko auf sich nimmt (vgl. BGH NJW 98, 597, 599; WM 01, 2156, 2157; Nobbe/Kirchhof a.a.O. S. 14). Im Hinblick darauf trifft den Gesellschafter- und/oder Geschäftsführerbürgen die volle Darlegungs- und Beweislast für einen Sachverhalt, der gleichwohl zur Sittenwidrigkeit des Bürgschaftsvertrages führen kann (vgl. BGH WM 01, 2157). Für tatsächliche Vermutungen zu Lasten des Kreditgebers ist in derartigen Fällen weder aufgrund der krassen finanziellen Überforderung noch aufgrund der emotionalen Verbundenheit mit der die Gesellschaft wirtschaftlich beherrschenden Person Raum.

c) Besondere dem Kreditgeber zuzurechnende Umstände, die - wie etwa die Ausnutzung geschäftlicher Unerfahrenheit (vgl. BGH NJW 96, 1341, 1344; NJW 97, 1980, 1981) oder die Beeinträchtigung der Willensbildung und Entscheidungsfreiheit (vgl. BGH NJW 98, 597, 598; NJW 97, 1980, 1981) - ausnahmsweise zur Sittenwidrigkeit der Gesellschafterbürgschaft führen können, vermag der Senat im vorliegenden Fall nicht festzustellen:

aa) Entgegen ihrer Behauptung war die Beklagte zu 1) nicht geschäftsunerfahren. Sie war bei Übernahme der Bürgschaft Gesellschafterin sowohl der Fa. D.-T. als auch der H.. Darüber hinaus erfolgte bereits am 22.9.1993, also vor Eingehung der Bürgschaftsverpflichtung, ihre Eintragung als 2. Geschäftsführerin der H. mit der Bezeichnung "Kauffrau" in das Handelsregister (Bl. 30 AH). Die nunmehr vorgelegte privatschriftliche Vereinbarung mit der H. vom 27.7.1993 (Bl. 234 GA), der zufolge ihrer Geschäftsführerposition lediglich subsidiärer Charakter zukam und sie diese nur aus familiärer Verbundenheit zu ihrem Ehemann übernommen hatte, mag insoweit zwar ein Indiz für die Stellung einer bloßen Strohfrau sein. Abgesehen davon, dass sog. Strohmanngeschäfte ernst gemeint und infolgedessen rechtlich wirksam sind (vgl. BGH WM 01, 2156, 2157; WM 95, 189), erstreckt sich die Vereinbarung nicht auf die Gesellschaftsanteile der Beklagten zu 1). Dem damaligen Vertreter der Klägerin, dem Zeugen S., war - wie seiner Aussage vor dem Senat zu entnehmen ist (Bl. 267 GA) - zumindest die Beteiligung an der Fa. D.-T. bekannt. Dass die Beklagte zu 1) bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages erkennbar geschäftsunerfahren war und die Klägerin dies in verwerflicher Weise ausgenutzt hat, ist angesichts dessen nicht hinreichend dargelegt.

bb) Die Klägerin hat auch nicht durch Verharmlosung des Bürgschaftsrisikos oder Appell an die eheliche Liebe in unlauterer Weise auf die Entscheidungsfreiheit der Beklagten zu 1) Einfluss genommen. Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten aufgestellte Behauptung, der anwesende Vertreter der Klägerin habe ihr "wörtlich sinngemäß" erklärt, bei der Bürgschaft handele es sich lediglich um eine Formsache, um das Darlehen auszahlen zu können und mit der Unterschrift erbringe sie als Ehefrau des Geschäftsführers der Hauptschuldnerin lediglich einen Akt ehelicher Liebe (Bl. 23, 136 GA), hat nicht einmal der Zeuge M. bestätigt. Nach seiner Aussage (Bl. 265 GA) wurden die Bürgschaftserklärungen nicht in Anwesenheit des Zeugen S. abgegeben, sondern vom Zeugen M. nach einem Gespräch mit dem Zeugen S. mitgenommen und sodann von den Beklagten unterzeichnet. Schon deshalb kommt eine Vernehmung der Beklagten als Partei, die mangels Einverständnis der Klägerin nur gem. § 448 ZPO möglich wäre und einen gewissen Anfangsbeweis für die zu beweisende Tatsache voraussetzt (vgl. BGHZ 110, 363), nicht in Betracht.

d) Dass die Beklagte zu 1) nach Bürgschaftsübernahme als Gesellschafterin der Hauptschuldnerin ausgeschieden ist, hat nicht den Wegfall der von ihr für Verbindlichkeiten der Gesellschaft wirksam übernommenen Bürgschaft zur Folge (vgl. OLG Koblenz WM 97, 1566; Nobbe, Bankrecht, Rdnr. 1142). Dies gilt umso mehr, als nach dem - durch Gutachten des Insolvenzverwalters vom 21.10.1999 belegten (Anlage BB 1 S.7) und von der Beklagten nicht substantiiert bestrittenen - Vorbringen der Klägerin (Bl. 35, 109 GA) zwischen der Hauptschuldnerin und der H., deren Gesellschafterin und Geschäftsführerin die Beklagte zu 1) war, am 23.12.1993 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen wurde.

II.

Die Beklagte zu 1) haftet der Klägerin aus der Bürgschaft für eine Hauptforderung in Höhe von 478.799,61 DM sowie für in den Jahren 1998 und 1999 angefallene Verzugszinsen in Höhe weiterer 1093,18 DM, § 767 Abs. 1 S. 1, 2 BGB.

1. Nach dem Vorbringen der Klägerin, insbesondere den vorgelegten Kontoauszügen betreffend das Darlehenskonto der Hauptschuldnerin Nr. , errechnet sich der im Zeitpunkt der Kündigung des Darlehens am 15.3.1999 offene Saldo wie folgt:

490.394,54 DM (Kontostand per 31.12.1997, Anlage BB 5) ./. 28.881,34 DM (Leistungseinzug zum 27.2.1998, Anlage BB 6) + 17.286,41 DM (Darlehenszinsen per 27.2.1998, Anlage BB 6) + 16.877,69 DM (Darlehenszinsen per 31.8.1998, Anlage BB 6) + 683,04 DM (Verzugszinsen 1998, Anlage BB 6) 496.360,34 DM (per 31.12.1998)

+ 16.065,56 DM (Darlehenszinsen per "30.2."1999, BB 8) + 410,15 DM (Verzugszinsen 1999, BB 8) ./. 33.502,35 DM (Gutschrift Pacht per 1.3.1999, BB 8) + 1.288,32 DM (Darlehenszinsen per 15.3.1999, BB 8) + 40,00 DM (Darlehenskosten per 17.3.1999, BB 8) 480.662,02 DM (Rechnerische Klageforderung)

Aus diesem Saldo macht die Klägerin ausdrücklich - nur - eine Hauptforderung in Höhe von 478.799,61 DM geltend, während es sich bei dem Restbetrag in Höhe von 1.862,41 DM um bis zum 15.3.1999 aufgelaufene (Verzugs)Zinsen handeln soll (Bl. 154 GA). Diese Aufteilung ist insoweit zu beanstanden, als die in den Jahren 1998 und 1999 angefallenen Verzugszinsen sich ausweislich der Anlagen BB 6 und BB 8 lediglich auf einen Betrag in Höhe von 1093,19 DM belaufen. In Höhe des Differenzbetrages von 769,22 DM ist die Klageforderung nicht schlüssig.

2. Weitere Abzüge sind dagegen - ausgenommen die von der Klägerin selbst abgesetzten und auf die Zinsen der Hauptschuld verrechneten Zahlungen des Zwangsverwalters vom 1.12.1999 und 2.3.2000 in Höhe von insgesamt 44.025 DM (Bl. 154, 155, 187 GA, Anlage BB 11) - auch für die Zeit nach Kündigung des Darlehens nicht vorzunehmen:

a) Das durch die Bürgschaften gesicherte Darlehen war - wie im Berufungsrechtszug nicht mehr streitig ist (vgl. Bl. 129, 130 GA) - ursprünglich voll valutiert. In einem solchen Fall braucht die den gekündigten Darlehensbetrag einklagende Bank gegenüber dem Sicherungsgeber nicht darzulegen, durch welche einzelnen Vorgänge aus der ursprünglichen Darlehensforderung der mit der Klage noch in Anspruch genommene Betrag geworden ist (BGH NJW 00, 1108, 1109). Die von der Klägerin vorgelegten Auszüge betreffend das Darlehenskonto Nr. 512.165.697 (Anlagen BB 5, 6 und 8) reichen daher für die schlüssige Darlegung der Klageforderung in jedem Fall aus. Demgegenüber trifft die Beklagte als Drittsicherungsgeberin die volle Darlegungs- und Beweislast für das Erlöschen der gesicherten Forderung (vgl. BGH a.a.O.).

b) Dass Zahlungen der Hauptschuldnerin oder - nach Offenlegung der Sicherungsabtretung (Anlage BB 13) - der Fa. T. unmittelbar zur Tilgung der Darlehensforderung geführt haben, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen. Unstreitig hat die Fa. D.-T. die jeweils am 28.2. und 30.8. geschuldeten Raten in Höhe von 28.881,34 DM nur bis einschließlich 28.2.1998 gezahlt (Bl. 16, 93 GA, Anlage BB 6).

Nach Offenlegung der Sicherungsabtretung am 11.12.1998 (Anlage BB 13) hat die Klägerin lediglich die per 1.3.1999 von der Fa. t. gezahlte Rate in Höhe von 33.502,35 DM auf die streitige Darlehensschuld verrechnet; dies ist in dem der Klage zugrunde liegenden Saldo auch berücksichtigt. Ihre ursprüngliche Behauptung, die Klägerin habe auch die per 30.8.1998 fällige Rate von der Fa. t. eingezogen (Bl. 17 GA), hält die Beklagte ersichtlich nicht mehr aufrecht, sondern macht geltend, die Rate sei am 27.8.1998 auf dem Konto der Hauptschuldnerin gutgeschrieben worden und hätte von der Klägerin eingezogen werden müssen (Bl. 164, 185 GA). Dem entspricht, dass die Klägerin der Fa. t. die Abtretung erst zum 11.12.1998 angezeigt hat.

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat auch die weitere, vom Zwangsverwalter im Juni/Juli 2000 unstreitig (Bl. 164, 183, 193 GA) an die Klägerin erbrachte Zahlung in Höhe von 22.000 DM nicht zu einem anteiligen Erlöschen der Darlehensforderung geführt. Vielmehr war die Klägerin berechtigt, diese aus einer Verwertung der von der Fa. D.-T. bestellten Grundschuld herrührende Leistung auf andere Forderungen gegen die Fa. D.-T. anzurechnen.

aa) Die Beklagte hat zwar das Bestehen weiterer Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin gegenüber der Klägerin bestritten (Bl. 163 GA). Dieses - schlichte - Bestreiten ist jedoch unerheblich: Nach dem im Insolvenzantragsverfahren erstatteten Gutachten vom 21.10.1999 (Anlage BB 1 S. 12) haftete die Hauptschuldnerin der Klägerin noch aus einem Avalkredit in Höhe von 173.095,00 DM. Diese Schuld muss jedenfalls seit dem 15.3.1999 und damit vor Zahlung des Zwangsverwalters bestanden haben, da sie im Schreiben der Klägerin gleichen Datums an die Beklagte zu 1) (Bl. 9 AH), mit dem die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 653.717,52 DM aufgefordert wurde, neben dem Darlehen Nr. 512.165.697 ausdrücklich erwähnt wird. Wie dem Schreiben der Klägerin an die Fa. D.-T. vom 4.9.1998 (Anlage BB 7) zu entnehmen ist, bestanden darüber hinaus Rückstände auf zwei weiteren Darlehenskonten in Höhe von insgesamt 69.691,53 DM. Schließlich hat die Beklagte noch in der Berufungserwiderung selbst darauf hingewiesen, dass sich die gesamten Kreditverbindlichkeiten der Fa. D.-T. bei der Klägerin auf ca. 1,7 Mio. DM beliefen (Bl. 129 GA). Vor diesem Hintergrund reicht es nicht aus, das Bestehen weiterer Kreditforderungen der Klägerin pauschal in Abrede zu stellen.

bb) Die Klägerin ist - vorbehaltlich besonderer Abreden - nicht verpflichtet, zur Schonung der Beklagten die ihr von der Hauptschuldnerin selbst zur Sicherheit abgetretene Pachtzinsforderung gegen die Fa. T. vorrangig vor der Bürgschaft der Beklagten zu verwerten und auf das streitige Darlehen vom 1./6.10.1993 anzurechnen (vgl. BGH NJW 97, 2514, 2515). Die Behauptung, die Beklagten hätten mit der Klägerin vor Übernahme der Bürgschaft vereinbart, dass die Klägerin vor Inanspruchnahme der Bürgen zunächst Befriedigung aus den ihr abgetretenen Pachtzinsforderungen zu suchen habe (Bl. 189 R GA), ist nicht bewiesen. Der hierzu von den Beklagten benannte Zeuge M. hat im Gegenteil bekundet, es sei damals nicht besprochen worden, was im Falle einer Insolvenz der Fa. D.-T. mit den Bürgschaften geschehen solle (Bl. 265 GA). An eine solche Situation sei wegen des stürmischen Wachstums der Fa. D.-T. damals überhaupt nicht zu denken gewesen.

cc) Mangels vertraglicher Regelung der Anrechnung von Erlösen aus anderweitigen Sicherheiten - auch dem Bürgschaftsvertrag lässt sich eine solche nicht entnehmen - war die Klägerin berechtigt, die Zahlung des Zwangsverwalters gem. § 366 Abs. 2 BGB auf andere Forderungen gegen die Fa. D.-T. zu verrechnen. Die übrigen Forderungen boten nämlich die geringere Sicherheit, weil die Bürgschaft der Beklagten nicht für sie, sondern nur für die streitige Darlehensschuld haftet. Die Beklagte hat die Bürgschaft zwar zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen der Klägerin gegen die Fa. D.-T. übernommen (Bl. 5 AH). Diese formularmäßige Ausdehnung der Bürgschaft auf alle künftigen und alle bestehenden - nicht näher bezeichneten - Forderungen ist jedoch wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam (vgl. nur BGHZ 132, 6; NJW 00, 658). Die Beklagte hatte auch nicht die Stellung einer Allein- oder Mehrheitsgesellschafterin oder Geschäftsführerin, denen gegenüber die weite Zweckerklärung AGB-rechtlich unbedenklich ist, weil sie auf den Umfang der Kreditverbindlichkeit der Hauptschuldnerin Einfluss nehmen können (vgl. BGH NJW 96, 3205; 99, 3195; WM 00, 514). Die Bürgschaft sichert danach - wie oben dargelegt - nur die Forderung aus dem Darlehen vom 1.10./6.10.1993, das den Anlass für die Verpflichtung der Beklagten bildete (vgl. BGHZ 137, 153).

Der Anwendung dieser Grundsätze steht nicht entgegen, dass die Inhaltskontrolle nach § 9 ff. AGBG den Schutz des Vertragspartners des Verwenders bezweckt, eine Inhaltskontrolle zugunsten des Verwenders daher unzulässig ist (vgl. BGH NJW 87, 837, 838; 98, 2280). Es geht in diesem Zusammenhang weder darum, der Klägerin die Berufung auf die Unwirksamkeit einer von ihr selbst gestellten, ihr ungünstigen AGB-Klausel zu ermöglichen, noch handelt es sich bei der formularmäßigen Zweckerklärung um eine Verwender und Kunden gleichermaßen belastende Regelung, die - nur - hinsichtlich ihres den Verwender belastenden Teils von der Inhaltskontrolle unberührt bleiben könnte (sog. personale Teilunwirksamkeit - vgl. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl. § 6 Rdnr. 16). Es geht auch nicht um die Prüfung der Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB, bei der den Vertragspartner des Verwenders belastende, AGB-rechtlich unzulässige Klauseln als wirksam zu behandeln sind, weil sie dem Verwender eine faktische Handhabungsmöglichkeit gegenüber dem typischerweise rechtsunkundigen Kunden geben (vgl. BGHZ 98, 174, 177; NJW 91, 832, 833). Vor allem aber geht es nicht darum, der Klägerin einen Vorteil zu verschaffen, der ihr bei angemessener Ausgestaltung der formularmäßigen Zweckerklärung - Beschränkung der Bürgenhaftung auf die Anlassverbindlichkeit - nicht zuteil würde. Vielmehr könnte sie auch in diesem Fall die Zahlungen des Zwangsverwalters gem. § 366 Abs. 2 BGB anderweitig verrechnen. Damit erweist sich die Verrechnungsmöglichkeit gem. § 366 Abs. 2 BGB als bloße Annexwirkung der unwirksamen Zweckerklärung. Der Senat sieht unter diesen Umständen keinen Anlass, der von der Klägerin vorgenommenen Verrechnung die Anerkennung zu versagen. Dass für Forderungen, auf die die Klägerin die Zahlungen verrechnet, weitere Sicherheiten bestellt sind, die der Sicherung des streitigen Darlehens gleich kommen, ist nicht ersichtlich.

3. Auf eine fehlende Fälligkeit der Hauptschuld kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts war die Kündigung der Klägerin vom 15.3.1999 jedenfalls gem. Nr. 26 Ziff. 2 ihrer AGB (Bl. 29 AH) wirksam.

a) Dass dem Geschäftsführer der Hauptschuldnerin das Kündigungsschreiben vom 15.3.1999 unter der Anschrift in M. (Bl. 3 AH) zugegangen ist, stellt die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht mehr in Abrede. Im übrigen hat der Senat keinen Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Gesprächnotiz der Mitarbeiterin B. der Klägerin vom 23.3.1999 (Bl. 23 AH).

b) Nach Nr. 26 Ziff. 2 a) der AGB der Klägerin liegt ein wichtiger Grund zur Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung vor, wenn eine wesentliche Verschlechterung oder erhebliche Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Kunden eintritt, insbesondere wenn der Kunde die Zahlungen einstellt oder erklärt, sie einstellen zu wollen, oder wenn von dem Kunden angenommene Wechsel zu Protest gehen.

aa) Gegen die Wirksamkeit dieser Bestimmung bestehen keine Bedenken. Zwar sind Klauseln, die die Befugnis zur fristlosen Kündigung ohne Rücksicht darauf, ob der Anspruch des Verwenders auf die Gegenleistung gefährdet ist, ausschließlich an eine wesentliche Vermögensverschlechterung oder erhebliche Gefährdung des Vermögens des Kunden knüpft, wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam (vgl. BGH WM 90, 1967, 1970 - Leasingvertrag). Um eine solche Regelung handelt es sich hier jedoch nicht. Nach dem unmittelbar vorangehenden S. 3 der Nr. 26 Abs. 2 AGB, der allgemein die Anforderungen an den Kündigungsgrund beschreibt, muss "aufgrund der nachfolgend beispielhaft aufgeführten Umstände die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen des Kunden oder die Durchsetzbarkeit der Ansprüche der Sparkasse gefährdet werden". Dies bringt hinreichend deutlich zum Ausdruck (§ 5 AGBG), dass eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse, um als Kündigungsgrund tauglich zu sein, eine Gefährdung der Gegenansprüche nach sich ziehen muss. Mit diesem Inhalt ist die Klausel AGB-rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH WM 84, 1217, 1219).

bb) Ob eine wesentliche Verschlechterung und damit ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegt, ist nach einer Gesamtwürdigung des Einzelfalles und einer Abwägung der Interessen beider Vertragteile zu entscheiden (vgl. BGH WM 78, 234; ZIP 86, 770). Die Verschlechterung der Vermögenslage und die daran anknüpfende Gefährdung der Erfüllung von Verbindlichkeiten muss objektiv vorliegen und ist vom Kreditinstitut sorgfältig zu prüfen. Dabei hat die Bank ein schutzwürdiges Interesse an der Wahrung der eigenen wirtschaftlichen Belange (vgl. Bunte, in: Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl. § 24 Rdnr. 37).

Nach diesen Grundsätzen war die Kündigung vom 15.3.1999 gerechtfertigt: Für den Eintritt einer Vermögensverschlechterung der Hauptschuldnerin spricht schon der Umstand, dass die Klägerin gezwungen war, am 4.3.1999 (Buchungstag - Anlage BB 8) durch Einziehung der zum 1.3.1999 fälligen Pachtzinsrate von der Fa. T. eine der im Darlehensvertrag angeführten Sicherheiten zu verwerten. Wie dem - insoweit nicht angegriffenen - Schreiben der Klägerin vom 4.9.1998 (Anlage BB 7) zu entnehmen ist, bestanden darüber hinaus zum damaligen Zeitpunkt die bereits erwähnten Rückstände auf zwei weiteren Konten in einer Gesamthöhe von 69.691,53 DM. Hinzu kommt die im Insolvenzantragsverfahren festgestellte (Anlage BB 1 S. 12) Verbindlichkeit der Hauptschuldnerin aus einem Avalkredit in Höhe von 173.095,00 DM, die nach den oben getroffenen Feststellungen (vgl. 2 c aa) schon im Zeitpunkt der Kündigung bestand. Ein weiterer Hinweis auf eine wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage der Hauptschuldnerin spätestens Anfang des Jahres 1999 ist auch der Umstand, dass bei der Hauptschuldnerin ab Anfang 1998 keine ordnungsgemäße Buchführung mehr vorhanden war (Anlage BB 1 S. 3 - Gutachten im Insolvenzantragsverfahren). Damit hatte die Verschlechterung der Vermögenssituation der Fa. D.-T. einen Grad erreicht, der den Rückzahlungsanspruch der Klägerin gefährdete.

Soweit eine Kreditkündigung bei Vorhandensein ausreichender Sicherheiten für unzulässig erachtet wird (so OLG München WM 96, 1623 m. abl. Anm. Gößmann WuB I A. Nr. 19 AGB-Banken 1993 1.98; Canaris, Bankvertragsrecht Rdnr. 1247; Bunte a.a.O. Rdnr. 39), führt dies vorliegend zu keiner anderen Beurteilung. Dabei kann dahin stehen, ob der Klägerin mit der erstrangigen Grundschuld (Anlage BB 16), der Abtretung der Pachtzinsforderungen gegen die Fa. t. sowie den Bürgschaften beider Beklagten und des Zeugen M. ausreichende Sicherheiten gestellt waren. Eine Versagung des Kündigungsrechts würde dazu führen, dass die Bank eine Realisierung ihrer Darlehensforderung nur durch Verwertung der Sicherheiten bei einem späteren Insolvenzverfahren erreichen könnte (vgl. Hopt/Mülbert, Kreditrecht, § 609 Rdnr. 17; Gößmann a.a.O.). Dies braucht sie unter Berücksichtigung ihrer legitimen Interessen jedenfalls dann nicht hinzunehmen, wenn der Schuldner ohnehin sanierungsunfähig und ist die Insolvenz kurz bevorsteht (vgl. OLG Celle ZIP 82, 942, 952; Hopt/Mülbert a.a.O.). So liegt es hier. Die Fa. D.-T. hat nur zwei Monate nach Kündigung des Kredits Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt (Anlage BB 9), der im November 1999 mangels Masse abgelehnt wurde (Anlage BB 10). Anhaltspunkte für einen Sanierungsversuch, geschweige denn eine Sanierungsaussicht waren im Zeitpunkt der Kündigung nicht erkennbar. Vielmehr war die Fa. D.-T. nicht mehr sanierungsfähig. Bei dieser Sachlage ist ein schutzwürdiges Interesse der Hauptschuldnerin an einem Unterbleiben der Kreditkündigung nicht ersichtlich.

Die Klägerin brauchte der Fa. D.-T. vor der Kreditkündigung auch keine Gelegenheit zu geben, Austauschsicherheiten zu leisten oder die bestehenden Sicherheiten zu verstärken (vgl. dazu Bunte a.a.O. Rdnr. 39). Angesichts der desolaten Finanzsituation der Kreditnehmerin ist nicht ersichtlich, dass sie einem derartigen Verlangen der Klägerin hätte entsprechen können.

4. Die geltend gemachten Zinsen stehen der Klägerin erst ab 1.4.1999 zu. Da sich die Beklagte aufgrund der Fristsetzung im Kündigungsschreiben (Bl. 3 AH) seit diesem Zeitpunkt in Verzug befindet, kann die Klägerin gem. § 11 Abs. 1 VerbrKrG, der auf den Verzug des Bürgen entsprechend anzuwenden ist (vgl. BGH NJW 00, 658, 661), Zinsen in Höhe von 6,92 % verlangen. Der Zinssatz ist nicht zu beanstanden, weil im fraglichen Zeitraum der Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank bis zum 30.4.1999 2,5 % und danach 1,95 % betragen hat, ein nach § 11 Abs. 1 VerbrKrG zu berechnender Zinsschaden also höher liegt als der von der Klägerin beantragte Zins.

Haftung des Beklagten zu 2)

I. Der Beklagte zu 2) haftet der Klägerin ebenfalls aus der von ihm übernommenen Bürgschaft. Auf die vorstehenden, insoweit sinngemäß geltenden Ausführungen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

II. Insbesondere ist auch die Bürgschaft des Beklagten zu 2) nicht wegen sittenwidriger finanzieller Überforderung gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

1. Der Beklagte zu 2) hat in diesem Zusammenhang zwar einen notariellen Treuhandvertrag vom 13.5.1992 vorgelegt (Bl. 248 ff. GA), mit dem er seinen Geschäftsanteil an der Fa. D.-T. treuhänderisch auf seinen Vater, den Zeugen M., übertragen hat. Nach § 4 Abs. 2 , 5 des Vertrages war der Geschäftsanteil für den Fall, dass das Treuhandverhältnis gekündigt oder der Anteil vom Treugeber ohne Einwilligung des Treuhänders auf einen Dritten übertragen wird, an den Zeugen M. abgetreten.

2. Ob angesichts dieser Abtretung - wie der Beklagte meint (Bl. 326 GA) - ein Kaufpreis für den Geschäftsanteil nicht zu realisieren war und im Hinblick darauf von einer krassen finanziellen Überforderung auszugehen ist, bedarf keiner Entscheidung. Eine tatsächliche Vermutung für die Sittenwidrigkeit der übernommenen Bürgschaft greift jedenfalls aufgrund der Gesellschafterstellung des Beklagten zu 2) nicht ein. Die kreditgebende Bank kann nämlich auch bei Gesellschaftern, denen - wie hier - nur die Funktion eines Strohmannes zukommt, davon ausgehen, dass der Strohmann sich aus eigenen finanziellen Interessen an der Gesellschaft beteiligt und schon deshalb mit der Haftung kein unzumutbares Risiko auf sich nimmt (vgl. Nobbe/Kirchhof, a.a.O. S. 14). Die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit dem Hauptschuldner emotional verbundener Bürgen kommen nur dann zur Anwendung, wenn für die Bank klar ersichtlich ist, dass der Gesellschafter lediglich Strohmann und ohne eigenes wirtschaftliches Interesse allein aus persönlicher Verbundenheit mit einem Dritten zur Übernahme der persönlichen Haftung bereit ist (BGHZ 137, 329, 337; Nobbe/Kirchhof a.a.O.).

3. Ein solcher Ausnahmetatbestand lässt sich hier nicht feststellen. Abgesehen davon, dass der Beklagte eine Kenntnis der Klägerin von der Treuhandvereinbarung im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme nicht einmal dargelegt hat: Der Zeuge M. hat in seiner Vernehmung vor dem Senat zwar bekundet, die Treuhandabrede gegenüber der Klägerin erwähnt zu haben (Bl. 265 R GA), zugleich aber eingeräumt, dass sie der Klägerin in Textform nicht vorgelegen hat. Der Zeuge S. konnte sich als damals zuständiger Sachbearbeiter der Klägerin nicht daran erinnern, vom Zeugen M. auf seine Treuhandstellung hinsichtlich des Geschäftsanteils hingewiesen worden zu sein. Damit steht in Einklang, dass der Zeuge M. als Treuhänder gem. § 2 Abs. 4 des Treuhandvertrages (Bl. 250 GA) verpflichtet war, das Treuhandverhältnis dritten Personen nicht zu offenbaren. Angesichts dessen kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Klägerin bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages die tatsächlichen Hintergründe der Gesellschaftsbeteiligung des Beklagten bekannt waren.

4. Besondere, der Klägerin zuzurechnende Umstände, die seine Bürgschaft als sittenwidrig erscheinen lassen, hat der Beklagte zu 2) weder dargelegt noch bewiesen. Dass der Beklagte zu 2) bei Bürgschaftsübernahme erst 20 Jahre alt und Schüler war, mag ihn im Verhältnis zu der Beklagten zu 1) weniger geschäftserfahren erscheinen lassen. Die behauptete Erklärung des Vertreters der Klägerin bei Bürgschaftsunterzeichnung, auch vom Beklagten zu 2) noch eine Unterschrift für die Aktenlage zu benötigen (Bl. 26), lässt eine verwerfliche Ausnutzung geschäftlicher Unerfahrenheit nicht erkennen. Im übrigen gilt auch hier, dass nach der Aussage des Zeugen M. die Unterzeichnung der Bürgschaftsformulare nicht in Anwesenheit eines Vertreters der Klägerin erfolgt ist.

Sonstige Umstände, die auf eine Beeinträchtigung der Willensbildung oder Entscheidungsfreiheit des Beklagten zu 2) hindeuten, sind nicht ersichtlich.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Da der von der Klägerin in Abzug gebrachte Betrag in Höhe von insgesamt 44.025,00 DM antragsgemäß auf Zinsen und Kosten der Hauptschuld zu verrechnen ist, wirkt sich der Abzug kostenmäßig nicht zu ihren Lasten aus.

Berufungsstreitwert: bis 19.10.2000: 257.663,45 EUR (503.945,91 DM)

Danach: 245.758,58 EUR (480.662,02 DM)

Jeweilige Beschwer der Beklagten: 245.365,29 EUR (479.892,80 DM)

Beschwer der Klägerin: 393,30 EUR (769,22 DM)

Ende der Entscheidung

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