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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 04.04.2001
Aktenzeichen: 13 U 96/00
Rechtsgebiete: BGB, AGBG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 119
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 366 Abs. 2
BGB § 123 Abs. 2
BGB § 138 Abs. 1
AGBG § 3
ZPO § 711
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 108 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 96/00

Anlage zum Protokoll vom 04.04.2001

Verkündet am 04.04.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 28.02.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eßer, den Richter am Oberlandesgericht Hentschel und den Richter am Landgericht Dahl

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 07.03.2000 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 11 O 334/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstitutes zu erbringen.

Tatbestand:

Die Beklagte betreibt gegen die Klägerin die Zwangsvollstreckung in deren Hausgrundstück H. Weg 20 a in S. (Grundbuch von Sü., Bl. ..., Flur 3 Nr. 1) aus einer in Abteilung III lfd. Nr. 9 am 19.01.1996 eingetragenen Grundschuld über 300.000,00 DM mit 20 % Jahreszinsen (vgl. Bl. 100 des Anlagenheftes). Grundlage dieser Eintragung ist die notarielle Grundschuldbestellungsurkunde des Notars Z. vom 15.12.1995 - UR.-Nr. .../95 -, in der die Eheleute H. und E. Sa. wegen des Grundschuldkapitals nebst Zinsen und sonstigen Nebenleistungen eine dingliche und persönliche Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung abgegeben haben (Bl. 12 ff. AH).

Am 20.12.1995 unterzeichnete die Klägerin eine Zweckerklärung für Grundschulden, wonach - neben einer weiteren Grundschuld - die in Abt. III lfd. Nr. 9 eingetragene Grundschuld über 300.000,00 DM (nachfolgend: Grundschuld III/9) zur Sicherheit für alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Beklagten gegen Herrn H. Sa. und / oder die Klägerin und / oder für übernommene Bürgschaften von Herrn H. Sa. und / oder einem der Genannten dienen sollte (Bl. 35 AH).

Unmittelbarer Anlass für die Eintragung der Grundschuld III/9 war die Gewährung eines Kredits über 1.170.000,00 DM an die Eheleute Sa. zu Kto.-Nr. ...606 (nachfolgend Darlehen 606) (vgl. Anlage BE 9 = Bl. 124 AH). Das Darlehen diente der Finanzierung eines Objektes in N.-D.. Dieses Darlehen sollte zusätzlich abgesichert werden, weil die auf dem Objekt in N.-D. bestellte Grundschuld über 1.170.000,00 DM (vgl. Bl. 125 AH) nicht zur Deckung ausreichte.

Zuvor, am 29.03.1994, hatte die Beklagte bereits ein Darlehen über 450.000,00 DM zu Kto.-Nr. ...767 (nachfolgend: Darlehen 767) allein an die Klägerin gewährt (vgl. BE 7 = Bl. 122 AH). Ein weiteres Darlehen, diesmal über 1.250.000,00 DM, gewährte die Beklagte den Eheleuten Sa. am 21.10.1997 zu Kto.-Nr. ...560 (nachfolgend: Darlehen 560) (vgl. Anlage BE 12 = Bl. 129 AH). Unter der Rubrik "Sicherheiten" heißt es im Darlehensvertrag: "Die uns bereitgestellten Sicherheiten gelten weiterhin. Neue Sicherheit: erstrangige Grundschuld über 1.300.000,00 DM an dem Mehrfamilienhaus F. Straße 221, K. - W.."

Eine von der Klägerin unterzeichnete spätere Sicherungszweckerklärung vom 18.06.1998 (vgl. Bl. 21 AH) enthält hinsichtlich der hier maßgeblichen Grundschuld III/9 keine Veränderung. Grund für die Abgabe der Sicherungszweckerklärung vom 18.06.1998 war nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin, dass die Beklagte aufgrund einer Innenrevision die Abgabe neuer Zweckerklärungen verlangt hatte.

Die Beklagte hat die Zwangsversteigerung des Wohnhauses H. Weg 20 a in S. wegen fälliger Bürgschaftsforderungen gegen den Zeugen Sa., den Ehemann der Klägerin, eingeleitet. Daß in Höhe der Grundschuldsumme fällige Bürgschaftsverpflichtungen des Zeugen Sa. gegenüber der Beklagten bestanden, war in erster Instanz unstreitig. Durch Beschluss des Amtsgerichts Heinsberg vom 13.09.1999 - 1 K 208/99 - wurde die Zwangsversteigerung hinsichtlich des vorgenannten Hausgrundstücks angeordnet.

Die Klägerin hat behauptet, die Sicherungszweckerklärung vom 18.06.1998 sei der Sekretärin ihres Ehemannes durch einen Mitarbeiter der Beklagten zugeleitet worden. Sie selbst habe dann die Erklärung auf der Rückseite unterzeichnet, ohne von deren Inhalt Kenntnis zu nehmen. Sie sei weder von der Beklagten noch von ihrem Ehemann über die damit eingegangene Verpflichtung belehrt worden. Die Räumlichkeiten der Beklagen habe sie zu keinem Zeitpunkt aufgesucht. Auch wenn sie Kommanditistin in der Firma ihres Ehemannes gewesen sei, habe sie mit dessen Geschäften nichts zu tun gehabt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Vollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars Z., Wa., vom 15.12.1995 - UR.-Nr. .../1995 - aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Heinsberg vom 27.05.1999, Az. 1 K 208/99, für unzulässig zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Klägerin sei eine geschäftserfahrene Immobilienkauffrau, weshalb sie Kenntnisse von Inhalt und Bedeutung einer Zweckerklärung habe. Überdies sei sie auch gesondert über die Bedeutung einer solchen Erklärung belehrt worden. Schließlich stehe der Umstand, dass sie die Zweckerklärung angeblich ungelesen unterschrieben habe, ihrer Verpflichtung nicht entgegen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 07.03.2000, auf dessen Inhalt verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Sicherungszweckerklärung vom 18.06. / 24.06.1998 sei wirksam. Das Vorbringen der Klägerin, sie habe die Sicherungszweckerklärung unterschrieben, ohne deren Inhalt zur Kenntnis zu nehmen, lege die Kammer als Anfechtung gemäß § 119 BGB wegen Inhalts- oder Erklärungsirrtums aus. Da die Klägerin jedoch nach ihrem eigenen Vorbringen bewusst auf die Kenntnisnahme vom Inhalt der Erklärung verzichtet habe, stehe ihr kein Anfechtungsrecht zu. Die Zweckerklärung verstoße auch nicht gegen § 3 AGB-Gesetz. Zum einen sei die streitgegenständliche Klausel drucktechnisch geradezu aufdringlich herausgestellt; zum anderen könne derjenige, der den Inhalt einer Erklärung bewusst nicht zur Kenntnis nehme, sich nachher nicht darauf berufen, dass der Inhalt der Erklärung überraschend sei. Schließlich sei nicht davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Grundschuld nur für eine bestimmte Forderung bestellt worden sei, und auch nicht davon, dass die Klägerin ein mit Kreditgeschäften nicht vertrauter Sicherungsgeber sei.

Gegen dieses ihr am 08.03.2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit bei Gericht am 05.04.2000 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nachdem die Begründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag bis zum 05.06.2000 verlängert worden war, mit bei Gericht am 15.05.2000 eingegangenem Schriftsatz begründet. Sie vertieft und ergänzt insbesondere ihr Vorbringen zur angeblichen Unwirksamkeit der von ihr unterschriebenen weiten Zweckerklärungen und ficht sämtliche Zweckerklärungen, bis auf diejenige vom 26./28.11.1991, an. Sie hafte insbesondere nicht für Verbindlichkeiten des Zeugen Sa. gegenüber der Beklagten aus insgesamt 96 Bürgschaften mit einem Gesamtvolumen von 2.924.500,00 DM.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihrem erstinstanzlichen Schlussantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

1. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

2. hilfsweise ihr zugestatten, eine zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zulässige Sicherheitsleistung auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.

Die Beklagte legt der von ihr betriebenen Zwangsvollstreckung nunmehr Forderungen aus angeblich notleidend gewordenen und sodann gekündigten Darlehen an die Klägerin alleine bzw. an die Klägerin und ihren Ehemann zugrunde, und zwar aus dem Darlehen an die Klägerin aus März 1994 in Höhe von 450.000,00 DM zu Kto.-Nr. 767, aus dem Darlehn über 1.117.000,00 DM an die Eheleute Sa. aus Februar 1996 zu Kto.-Nr. 606 und aus dem Darlehen über 1.250.000,00 DM an die Eheleute Sa. aus Oktober 1997 zu Kto.-Nr. 560 (vgl. Übersicht Bl. 196).

Die Klägerin hat dazu mit Schriftsätzen vom 16.08.2000 (Bl. 153 ff.) und vom 02.11.2000 (Bl. 217 ff.) Stellung genommen und behauptet, das Darlehen mit der Endnummer 767 sei bis Februar 2000 ordnungsgemäß bedient worden. Ab diesem Zeitpunkt habe die Beklagte ohne Rücksprache mit ihr die Erlöse aus der Zwangsverwaltung nicht mehr auf dieses Konto verbucht. Das Darlehen mit der Endnummer 560 sei bis zur Einleitung der Zwangsverwaltung im Juli 1999 pünktlich bedient worden. Später eingegangene Versteigerungserlöse seien als Sondertilgungen auf das Kapital verbucht worden, statt diese zum Ausgleich der monatlichen Raten zu verwenden. Auf dem Darlehenskonto mit der Endziffer 606 seien zu Unrecht diverse Belastungen gebucht worden (vgl. Bl. 158, 159 GA); im übrigen seien auch hier Verwertungserlöse wieder als Sondertilgungen gebucht worden. Damit habe die Beklagte versucht, die "Notleidigkeit" der Darlehen herbeizuführen.

Die Beklagte behauptet demgegenüber, bei den Sondertilgungen handele sich um Erlöse aus freihändigen Verkäufen von anderen Grundstücken, die gemäß einer am 20.01.1999 mit dem anwaltlichen Vertreter der Klägerin, Herrn Rechtsanwalt K., getroffenen Vereinbarung allein auf die Verpflichtungen der Klägerin und nicht auf die Bürgschaftsverpflichtungen des Ehemannes der Klägerin verrechnet worden seien. Insoweit sei sie, die Beklagte, der Klägerin sogar ausdrücklich entgegengekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst der eingereichten Unterlagen Bezug genommen. Die Akten 1 K 208/99 AG Heinsberg haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die formell bedenkenfreie Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der notariellen Urkunde des Notars Z. vom 15.12.1995 - UR.-Nr. .../1995 - ist jedenfalls nunmehr, zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2001, zulässig.

1.

Es kann dahinstehen, ob die auf dem Grundstück der Klägerin eingetragene Grundschuld III/9 über 300.000,00 DM aufgrund der Sicherungszweckerklärung vom 20.12.1995 bzw. der späteren Zweckerklärung vom 18.06.1998 auch für von dem Zeugen H. Sa. abgegebene Bürgschaftsverpflichtungen haftet oder ob die Zweckerklärungen insoweit teilweise unwirksam sind, weil nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die formularmäßige Ausdehnung der dinglichen Haftung des Sicherungsgebers auf alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten eines Dritten über den Anlass des Sicherungsvertrages hinaus grundsätzlich überraschend im Sinne des § 3 AGB-Gesetz ist (vgl. nur BGH NJW 1996, 191, 192; NJW 1997, 2320 und 2677). Denn die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18.12.2000 (Bl. 232 ff. GA) ausdrücklich klargestellt, dass sie die Zwangsvollstreckung aus der eingangs bezeichneten notariellen Urkunde nunmehr nur noch wegen Rückzahlungsansprüchen aus Darlehen betreibt, die entweder der Klägerin alleine (Darlehensnummer 767) oder der Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann (Darlehensnummern 560 und 606) gewährt worden sind. Insoweit liegen jedoch fällige, den Grundschuldbetrag bei weitem übersteigende Darlehensrückzahlungsansprüche der Beklagten vor, für die die dingliche Haftung der Klägerin aus der Grundschuld III/9 an ihrem Grundstück H. Weg 20 a in S. aufgrund der Sicherungszweckserklärung vom 20.12.1995 gegeben ist.

2.

Der Beklagten steht bereits aus dem der Klägerin allein gewährten Darlehen vom 29.03.1994 zu Kto.-Nr. 767 ein fälliger Rückzahlungsanspruch per 28.07.2000 in Höhe von 398.759,34 DM (Bl. 164 GA) zu. Der Rückzahlungsanspruch der Beklagten aus dem den Eheleuten Sa. gewährten Darlehen vom 21.10.1997 zu Kto.-Nr. 560 beläuft sich per 28.07.2000 auf 1.232.280,39 DM (Bl. 166 GA). Substantiierte Einwände gegen diese Abrechnungen erhebt die Klägerin nicht. Darüber hinaus besteht ein fälliger Rückzahlungsanspruch der Beklagten aus dem den Eheleuten Sa. gewährten Darlehen vom 28.02.1996 zu Kto.-Nr. 606. Nach der Forderungsaufstellung der Beklagten beläuft sich ihre Forderung zum 28.07.2000 auf 1.146.823,23 DM (vgl. Bl. 168 GA). Selbst wenn man von dieser Forderung die von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 16.08.2000 beanstandeten Positionen, die sich insgesamt auf 52.892,64 DM summieren, in Abzug bringt, beläuft sich auch die Forderung der Beklagten aus diesem Darlehen auf einen die Grundschuldsumme weit übersteigenden Betrag.

3.

Die Beklagte hat die vorgenannten Darlehen wirksam gekündigt. Die letzte Rate für das Darlehen Nr. 767 ist im Februar 2000 (vgl. Anl. BE 9, Bl. 164), die letzte Rate für das Darlehen Nr. 560 am 22.07.1999 (vgl. BE 10, Bl. 166) und die letzte Rate für das Darlehen Nr. 606 am 11.02.2000 (vgl. BE 10, Bl. 168) gezahlt worden. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Kündigung bereits mit Schreiben der Beklagten vom 09.05.2000 an den damaligen anwaltlichen Vertreter der Eheleute Sa., Herrn Rechtsanwalt K., (vgl. Anl. BE 15, Bl. 133 AH) - die Klägerin bestreitet pauschal, dass das Schreiben Rechtsanwalt K. zugegangen sei, vgl. Bl. 156 GA - wirksam geworden ist; denn jedenfalls sind die vorgenannten Kredite wirksam mit den beiden Schreiben der Beklagten vom 28.07.2000 (Bl. 163 und 169 GA) gekündigt worden. Die Klägerin bzw. die Klägerin und der Zeuge Sa. waren zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der drei vorgenannten Kredite jeweils mit mehr als zwei Raten in Verzug.

4.

Die Kündigungsvoraussetzungen sind von der Beklagten entgegen der Behauptung der Klägerin auch nicht in missbräuchlicher Weise herbeigeführt worden. Das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin ist unschlüssig und mit dem substantiierten Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 25.09.2000, dem die Klägerin nicht mehr in erheblicher Weise entgegengetreten ist, nicht in Einklang zu bringen. Die Klägerin räumt im Schriftsatz vom 02.11.2000 selbst ein, dass die auf den Darlehenskonten gebuchten Sondertilgungen auf Erlöse aus freihändigen Verkäufen zurückgehen. Eine Verpflichtung der Beklagten, diese Erlöse gleichmäßig auf die Darlehenskonten zu verteilen, um damit fällige oder rückständige Raten zu begleichen, bestand entgegen der Ansicht der Klägerin nicht. Dazu hätte es einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen den Parteien bzw. zwischen der Beklagten und dem Zeugen Sa. oder einer ausdrücklichen oder jedenfalls stillschweigenden Tilgungsbestimmung des jeweiligen Eigentümers des freihändig verkauften Grundstücks (vgl. dazu BGH NJW 1997, 2046, 2047) bedurft. Dass eine entsprechende Vereinbarung oder eine Tilgungsbestimmung getroffen worden sei, behauptet die Klägerin jedoch selbst nicht. Sie ist vielmehr dem substantiierten Vorbringen der Beklagten, es sei mit dem anwaltlichen Vertreter der Eheleute Sa., dem Zeugen K., vereinbart worden, dass Sondertilgungen in erster Linie auf die persönlichen Darlehensverpflichtungen der Klägerin verrechnet werden sollten, nicht mehr in erheblicher Weise entgegengetreten. Sonderzahlungen auf ein Darlehen dienen aber grundsätzlich der außerplanmäßigen Tilgung, sind im Zweifel also gerade nicht auf die monatlichen Raten anzurechnen (vgl. nur Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 366 Rnr. 4 mwN zu einem Amortisationsdarlehen). Durch derartige Sondertilgungen entfällt insbesondere nicht die Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Zahlung der monatlichen Raten.

Die Klägerin kann eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Kündigung auch nicht daraus herleiten, dass die Beklagte sie vor der Kündigung angeblich über die jeweiligen Kontenstände nicht unterrichtet habe. Denn es ist Sache des Schuldners, für eine fristgerechte Zahlung der fälligen Raten Sorge zu tragen, zumal die von der Klägerin behauptete "Informationssperre" hinsichtlich der Erträge aus der Zwangsverwaltung die Verpflichtung zur Zahlung der monatlichen Raten ebenfalls nicht berührte.

5.

Soweit die Beklagte den Darlehenskonten Erlöse aus der Zwangsverwaltung der Grundstücke in K.-W. und in N.-D. gutgeschrieben hat (vgl. z. B. Kto.-Nr. 606, Bl. 168 und 171 GA), war sie nicht zur Verrechnung auf eine bestimmte Forderung verpflichtet. Denn nicht einmal der fremdnützige Sicherungsgeber kann von dem Sicherungsnehmer verlangen, dass dieser eine bestimmte Verrechnung von Teilleistungen, z. B. gerade auf die vom Sicherungsgeber abgesicherte Verbindlichkeit, vornimmt. Vielmehr kann der Sicherungsnehmer ohne vertragliche Regelung die Anrechnung von Sicherheitenerlösen auf die verschiedenen gesicherten Forderungen in entsprechender Anwendung des § 366 Abs. 2 BGB vornehmen (vgl. BGH NJW 1997, 2514, 2516). Auch bei der Verwertung einer mehrere Darlehen sichernden Grundschuld besteht für den Gläubiger keine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Schuldner anderer gesicherter Darlehen. Er kann deshalb eine Grundschuld, die zur Absicherung mehrerer Darlehen unterschiedlicher Schuldner bestellt wurde, in vollem Umfang zur Befriedigung wegen eines der gesicherten Darlehen verwerten, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde (vgl. BGH NJW 1998,601,602). Eine solche abweichende Vereinbarung, insbesondere hinsichtlich einer Verrechnung der Erlöse auf die monatlichen Raten, behauptet die Klägerin aber selbst nicht. Eine Verpflichtung der Beklagten, diese Verwertungserlöse auf fällige oder rückständige Raten zu verrechnen, bestand deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

6.

Für die vorgenannten Forderungen der Beklagten haftet das Grundstück der Klägerin aus der Grundschuld III/9. Denn die maßgebliche Sicherungszweckerklärung vom 20.12.1995 (Bl. 35 AH) ist jedenfalls insoweit wirksam, als die Haftung auf alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten des jeweiligen Sicherungsgebers selbst erstreckt wird.

a)

Die Anfechtung der Sicherungszweckerklärung vom 20.12.1995 durch die Klägerin wegen arglistiger Täuschung ist unbegründet. Es kann dahinstehen, ob die angeblichen Täuschungshandlungen des Ehemannes der Klägerin bei der Unterzeichnung der verschiedenen Sicherungszweckerklärungen der Beklagten überhaupt gemäß § 123 Abs. 2 BGB zugerechnet werden können. Denn hinsichtlich der Zweckerklärung vom 20.12.1995 trägt die Klägerin selbst vor, die Unterzeichnung einer neuen Zweckerklärung sei erforderlich geworden, weil sie, die Klägerin, zum Erwerb eines Objektes in den neuen Ländern (N.-D.) weitere Darlehen aufgenommen habe. Weil das Erwerbsobjekt selbst nicht als Sicherheit ausgereicht habe, sei eine zusätzliche Sicherung durch das streitgegenständliche Objekt in Höhe von 300.000,00 DM erfolgt.

Hinsichtlich der Grundschuld III/9 hat somit nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin eine Täuschung nicht vorgelegen. Sie behauptet lediglich, bei der späteren Zweckerklärung vom 18.06.1998 sei -ohne Absprache mit ihr- in die Urkunde aufgenommen worden, dass jetzt ein erhöhter Betrag der ursprünglichen Grundschuld für Bürgschaften haften sollte, von denen sie nichts gewusst habe. Dies betrifft jedoch die Grundschuld III/8 (vgl. Bl. 35, 21 AH) und berührt nicht die Wirksamkeit der Zweckerklärung zur Grundschuld III/9, zumal die spätere Zweckerklärung vom 18.06.1998 aus rein formalen Gründen (Forderung der Innenrevision der Beklagten) eingeholt wurde und im Haftungsumfang hinsichtlich der Grundschuld III/9 nicht über die Zweckerklärung vom 20.12.1995 hinausgeht.

b)

Die Sicherungszweckerklärung vom 20.12.1995 verstößt jedenfalls insoweit nicht gegen § 3 AGB-Gesetz, als sie die dingliche Haftung formularmäßig auf alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten der Klägerin erstreckt.

Nach der Rechtsprechung des 11. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes ist bei der Grundschuld die formularmäßige Erstreckung der dinglichen Haftung sowie einer zusätzlichen persönlichen Haftungsübernahme auf alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten des jeweiligen Sicherungsgebers nicht überraschend im Sinne von § 3 AGB-Gesetz. Dasselbe gilt für Verbindlichkeiten, die den Sicherungsgeber als einen von mehreren Gesamtschuldnern treffen (vgl. Urteil des BGH vom 23.05.2000 in MDR 2000, 1143, 1144). Selbst wenn die Sicherungszweckerklärung vom 20.12.1995 im Hinblick auf die vorgesehene Haftung für Verbindlichkeiten des Ehemannes der Klägerin, insbesondere aus Bürgschaftsverpflichtungen, gegen § 3 AGB-Gesetz verstoßen sollte, ist die Zweckerklärung jedenfalls insoweit wirksam, als sie eigene Verbindlichkeiten der Klägerin und solche, für die sie gesamtschuldnerisch haftet, betrifft (vgl. BGH aaO Seite 1144).

Die Sicherungszweckerklärung ist auch nicht aus einem anderen Grunde, etwa wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB, nichtig. Weder dem Sachvortrag der Klägerin noch dem Akteninhalt lassen sich Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Zweckerklärung oder der mit der Klägerin persönlich bzw. der mit den Eheleuten Sa. abgeschlossenen Darlehensverträge entnehmen.

7.

Die Zwangsvollstreckung der Beklagten ist auch nicht etwa deshalb unzulässig, weil der Klägerin gemäß §§ 157, 242 BGB wegen deutlicher Übersicherung der Beklagten ein Freigabeanspruch zustehen könnte.

a)

Einen Freigabeanspruch des Schuldners aus §§ 157, 242 BGB hat der Bundesgerichtshof im Falle der Übersicherung des Gläubigers bei formularmäßigen Sicherungsübereignungen anerkannt (vgl. BGH NJW 1994, 1796, 1797 mwN). Ob ein solcher Anspruch bei einer grundpfandrechtlichen Sicherheit nach Eintritt des Sicherungsfalles überhaupt in Betracht kommt, kann hier im Ergebnis dahinstehen (vgl. für einen Fall, in dem die Bank durch Abtretung Inhaberin von erstrangigen Grundschulden über 1,9 Mio. DM geworden war, die zu sichernde Forderung aber nur ca. 600.000 DM betrug: BGH NJW 1981, 571,572). Denn die Klägerin hat bereits nicht schlüssig dargelegt, dass eine deutliche Übersicherung der Beklagten vorliegt. Nach ihrem eigenen Vorbringen im Schriftsatz vom 02.11.2000 belaufen sich die Werte derjenigen Grundstücke, an denen Grundpfandrechte der Beklagten bestehen, auf insgesamt 3.539.000,00 DM. Die Verbindlichkeiten der Klägerin zum 30.11.2000 betragen demgegenüber jedenfalls rund 2.800.000,00 DM. Auf diesen Betrag fallen weiterhin Zinsen im erheblichem Umfange an. Da im übrigen erfahrungsgemäß Grundstücke in der Zwangsversteigerung regelmäßig nicht den gutachterlich geschätzten Wert erzielen, ist bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin jedenfalls eine deutliche Übersicherung der Beklagten nicht gegeben.

b)

Schließlich hat die Beklagte auch hinreichend klargestellt, in welcher Reihenfolge sie die ihr gegen die Klägerin zustehenden Forderungen der Zwangsvollstreckung zugrunde legt. Denn insoweit hat sie die fälligen Darlehensforderungen in ihrem Schriftsatz vom 18.12.2000 ersichtlich in der Reihenfolge aufgeführt, in der die Forderungen Grundlage der Zwangsvollstreckung sein sollen (Bl. 234 GA). Danach erfolgt die Zwangsvollstreckung in erster Linie wegen des der Klägerin allein gewährten Darlehens vom 29.03.1994 zu Kto. Nr. 767. Da das Darlehen zu Kto.-Nr. 620 zwischenzeitlich ausgeglichen ist (vgl. Bl. 196 GA), erfolgt die Zwangsvollstreckung sodann wegen des Darlehens vom 28.02.1996 zu Kto.-Nr. 606 und schließlich wegen des Darlehens vom 21.10.1997 zu Kto.Nr. 560.

8.

Nach alledem musste die Berufung der Klägerin gegen das am 07.03.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen zurückgewiesen werden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 108 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert der Berufung und Beschwer der Klägerin durch dieses Urteil: 300.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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