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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 09.11.1998
Aktenzeichen: 13 W 55/98
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 118 Abs. 1 Satz 4 | |
BGB §§ 743 ff. | |
BGB § 743 Abs. 2 | |
BGB § 745 Abs. 2 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS
13 W 55/98 12 O 145/98 LG Aachen
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eßer, den Richter am Oberlandesgericht Hentschel sowie den Richter am Landgericht Nolte
am 9. November 1998 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 28.09.1998 gegen den Beschluß des Landgerichts Aachen vom 24.08.1998 - 12 O 145/98 - wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist die geschiedene Ehefrau des Antragsgegners. Sie begehrt von diesem Nutzungsentschädigung für das im hälftigen Miteigentum der Parteien stehende Hausgrundstück A.weg in S.. Das Haus wurde bis zur Trennung der Parteien am 22.3.1995, deren Anlaß und nähere Umstände streitig sind, gemeinsam genutzt; seitdem bewohnt es der Antragsgegner allein. Der Antragsgegner trug in der Folge die Zins- und Tilgungsleistungen für die auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten in Höhe von monatlich 1.773,50 DM allein. Für den Zeitraum von März 1996 bis Januar 1997 ist die Antragstellerin dieserhalb durch Urteil des Amtsgerichts Jülich - 11 C 92/97 - vom 19.11.1997 rechtskräftig zum hälftigen Zahlungsausgleich im Innenverhältnis der Parteien verurteilt worden. Gleichwohl hat die - abgesehen vom Miteigentumsanteil am Hausgrundstück im wesentlichen vermögenslose - Antragstellerin bis heute keine Zahlungen auf die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums geleistet.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.3.1996 regte die Antragstellerin u. a. an, das Haus so schnell wie möglich zu verkaufen, und äußerte ihre Bereitschaft dazu. Da sich der Antragsgegner diesem Wunsch widersetzte, betrieb die Antragstellerin die Teilungsversteigerung. Im Termin vom 10.07.1998 blieb der Antragsgegner mit einem Gebot von 10.000,- DM über dem geringsten Gebot einziger Bieter, worauf die Antragstellerin die vorläufige Einstellung des Versteigerungsverfahrens beantragte.
Die Antragstellerin behauptet, vom Antragsgegner zum Verlassen des gemeinsamen Hauses genötigt worden zu sein.
Die Antragstellerin behauptet weiter, der monatliche Mietertrag des Hauses Auenweg betrage nach dem Ergebnis des im Versteigerungsverfahren eingeholten Gutachtens monatlich 1.308,- DM.
Sie hat Prozeßkostenhilfe für die Anträge begehrt,
den Antragsgegner zu verurteilen, an sie 31.392,-DM nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
den Antragsgegner zu verurteilen, an sie ab April 1998 monatlich 1.308, - DM, zahlbar zum letzten eines jeden Monats, zu zahlen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
das Prozeßkostenhilfegesuch zurückzuweisen.
Er behauptet, die Antragstellerin habe das gemeinsame Haus verlassen, weil sie sich einem anderen Mann zugewandt habe.
Weiter meint er, ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung stehe der Antragstellerin schon deshalb nicht zu, weil er die Verbindlichkeiten allein bediene.
Der monatliche Nutzungswert betrage lediglich 832,50 DM, wenn man auf den Gebäudereinertrag abstelle. Davon stehe der Antragstellerin - wenn überhaupt - nur die Hälfte, d. h. 416,25 DM monatlich zu.
Das Landgericht hat das Prozeßkostenhilfegesuch der Antragstellerin mit Beschluß vom 24.08.1998, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 28.09.1998, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, mit dem Schreiben der Rechtsanwältin K. vom 21.03.1996 sei mit hinreichender Deutlichkeit eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung verlangt worden, indem die schnellstmögliche Veräußerung des Grundstücks begehrt worden sei.
Die Antragstellerin werde doppelt belastet, indem sie einerseits Zinsen und Kosten hälftig mittragen solle und andererseits an den Nutzungsvorteilen nicht beteiligt werde.
II.
Das gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel führt in der Sache nicht zum Erfolg.
Mit Recht hat das Landgericht die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Ansprüche auf Nutzungsentgelt für die Alleinnutzung des im Miteigentum der Parteien stehenden Hausgrundstückes durch den Antragsgegner stehen der Antragstellerin weder für die Zeit vor noch nach Klageerhebung zu.
1.
Ob der Antragsgegner der Antragstellerin für die alleinige Benutzung des Hauses seit der Trennung ein Entgelt zahlen muß, richtet sich allein nach den §§ 743 ff. BGB. Gemäß § 743 Abs. 2 BGB ist jeder Teilhaber zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Teilhaber beeinträchtigt wird. Jeder Teilhaber kann nach § 745 Abs. 2 BGB eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen und notfalls gerichtlich durchsetzen, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluß geregelt ist. Die Parteien hatten ursprünglich das Haus als gemeinsame Ehewohnung genutzt und damit stillschweigend eine Vereinbarung über die Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes getroffen.
Dem Fehlen einer Vereinbarung oder eines Mehrheitsbeschlusses über die Verwaltung und Benutzung im Sinne des § 745 Abs. 2 BGB steht es jedoch gleich, wenn nach einer einvernehmlichen Regelung tatsächliche Veränderungen eingetreten sind, die ein Festhalten an der bisherigen Verwaltungsvereinbarung unerträglich erscheinen lassen. Auch in diesem Falle ist jeder Teilhaber berechtigt, eine Änderung der bisherigen Verwaltungsregelung zu fordern (vgl. BGH NJW 82/1753). Für Ehegatten, die ein ihnen gemeinsam gehörendes Haus bewohnen, bedeutet die Trennung, die mit dem Auszug eines Ehegatten verbunden ist, eine grundlegende Änderung der Verhältnisse, die für die vorangegangene Regelung maßgebend waren. Jedenfalls von dem Zeitpunkt an, zu dem die Trennung endgültig ist, kann jeder Ehegatte eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung verlangen, sofern keine Einigung zustande kommt. Die Klage kann auf Zustimmung zu einer bestimmt zu bezeichnenden Art der Verwaltung und Benutzung, aber auch sogleich auf Zahlung gerichtet werden, wenn der Zahlungsanspruch das Ergebnis einer bestimmten Nutzungsregelung darstellt (vgl. BGH NJW 82/1753 f., BGH NJW 86/1339 f., BGH NJW 83/1845, 1847, OLG Schleswig NJW-RR 93/1029, OLG Celle FamRZ 93/71).
Eine Nutzungsentschädigung steht dem weichenden Teilhaber aber frühestens ab dem Zeitpunkt zu, ab dem er eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung auch mit hinreichender Deutlichkeit verlangt (vgl. BGH NJW-RR 93/386, 387). Der Anspruch muß dazu weder gerichtlich geltendgemacht werden noch muß der andere Teilhaber in Verzug gesetzt werden; es genügt, daß der eine Ehegatte mit hinreichender Deutlichkeit vom anderen eine neue Regelung verlangt (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 89/1483 f.).
Insoweit ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass das Schreiben der Rechtsanwältin K. vom 21.03.1996 den Anforderungen des § 745 Abs. 2 BGB nicht genügt, wenn darin der Verkauf des gemeinsamen Grundstückes angeregt wird. Ein Verkauf stellt schon vom Wortsinne her keine Regelung der Verwaltung und Benutzung dar, die zur Voraussetzung hat, dass das Miteigentum der Teilhaber erhalten bleibt. Zutreffend weist der angefochtene Beschluss in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass nicht einmal eine bloße Zahlungsaufforderung den Anforderungen genügt, sofern die begehrte Benutzungs- und Verwaltungsregelung nicht konkret bezeichnet wird.
Eine auf die Zeit vor der gerichtlichen Geltendmachung rückwirkende Neuregelung der Verwaltung und Benutzung scheidet daher schon aus formellen Gründen aus.
2.
Ein Anspruch der Antragstellerin auf Nutzungsentschädigung kommt aber auch für die Zeit ab April 1998 nach derzeitiger Sachlage nicht in Betracht. Zahlung kann nur insoweit verlangt werden, als dies dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entspricht. Dabei kann die Neuregelung nicht nur darin bestehen, dass der Ehegatte, der das Haus nach der Trennung allein nutzt, dem anderen ein angemessenes Entgelt zahlt; vielmehr kann ein angemessener Ausgleich auch darin liegen, dass der das Haus bewohnende Ehegatte die Kosten des Hauses, insbesondere die Bedienung der für das Haus aufgenommenen Kredite übernimmt (vgl. BGH NJW 83/1845, 1847; OLG Düsseldorf NJW-RR 89/1483 f., OLG Celle NJW-RR 90/265 f.) Eine andere Form des angemessenen Ausgleichs kann nach der Rechtsprechung des BGH auch darin bestehen, dass die Gebrauchsvorteile des im Hause wohnenden Teilhabers bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs des anderen Teilhabers als Einkommen angemessen bewertet werden und ihm auf diesem Wege wirtschaftlich zugutekommen (vgl. BGH NJW 86/1339 f.).
Vorliegend käme eine Nutzungsentschädigung der Antragstellerin - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - von vornherein nur in Höhe der Hälfte einer angemessenen Miete für das Haus in Betracht, da die Antragstellerin nur Miteigentümerin zu 1/2 ist. Der Antragsgegner trägt allerdings unabhängig davon, daß die Antragstellerin durch Urteil des Amtsgerichts Jülich für den Zeitraum von März 1996 bis Januar 1997 rechtskräftig zur Zahlung von 9.754,25 DM als hälftige Beteiligung an den Darlehensverbindlichkeiten verurteilt worden ist, die Zinsen, Kosten und Lasten für das Hausgrundstück allein. Aus dem Zahlungstitel hat er wegen weitgehender Vermögenslosigkeit der Antragstellerin keine Beträge vollstreckt. Danach ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner weitere Ansprüche auf Gesamtschuldnerausgleich jedenfalls derzeit nicht geltend machen wird. Die gegenwärtige Handhabung, bei der der Antragsgegner die Lasten des Hausgrundstücks allein trägt und die Antragstellerin sich de facto nicht daran beteiligt, der Antragsgegner dafür das Haus aber auch allein nutzt, stellt somit eine insgesamt angemessene Verwaltungs- und Benutzungsregelung dar, die die Antragstellerin auch nicht benachteiligt, da die hälftigen Kreditraten den halben Mietwert übersteigen.
Es ist im vorliegenden Falle nicht darüber zu entscheiden, ob die Antragstellerin weiterhin verpflichtet ist, sich hälftig an den Kreditverbindlichkeiten zu beteiligen, wie das Landgericht in der Begründung des angefochtenen Beschlusses angenommen hat. Einem solchen Anspruch kann jedenfalls entgegenstehen, dass der nach der Trennung das gemeinsame Haus der Ehegatten allein bewohnende Ehegatte dem anderen keine Nutzungsentschädigung zahlt; darin liegt in der Regel eine anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 BGB, die einem hälftigen Ausgleich entgegensteht. Sofern der Ehegatte dann später einen rückwirkenden Ausgleich für die von ihm allein getilgten Darlehensverbindlichkeiten verlangt, kann der andere Ehegatte, dem mangels rechtzeitiger Geltendmachung für die zurückliegende Zeit kein eigener Zahlungsanspruch gem. § 745 Abs. 2 BGB zusteht, den Anspruch auf Nutzungsentschädigung rückwirkend noch einredeweise geltend machen (vgl. BGH NJW-RR 93/386; OLG Celle NJW-RR 90/265 f.). Auch von daher drohen der Antragstellerin keine Nachteile, wenn ihr derzeit kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zuerkannt wird.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt; der Ausschluß der Kostenerstattung gem. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO gilt auch für das Beschwerdeverfahren.
Ende der Entscheidung
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