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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 06.02.2002
Aktenzeichen: 13 W 69/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VerbrKrG


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 767 Abs. 1
ZPO § 796 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 4
BGB § 826
BGB § 218 Abs. 1
BGB § 218 Abs. 2
BGB § 197
BGB § 209 Abs. 2 Nr. 5
BGB § 367 Abs. 1
BGB § 242
VerbrKrG § 11 Abs. 3
VerbrKrG § 11 Abs. 3 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

13 W 69/01

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

pp.

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Eßer, des Richters am Oberlandesgericht Gundlach und des Richters am Amtsgericht Aps am 06. Februar 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers vom 02. November 2001 gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 12. Oktober 2001 - 13 O 300/01 - wird zurück gewiesen.

Gründe:

Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder als Vollstreckungsgegenklage gem. §§ 767 Abs. 1, 796 Abs. 2 ZPO noch als Schadensersatzklage auf Unterlassung und Titelherausgabe gem. § 826 BGB hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO) hat.

1. Dass das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss die Sittenwidrigkeit der dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 1.6.1983 zugrunde liegenden Darlehensverpflichtung verneint hat, nimmt der Antragsteller ausdrücklich hin und ist rechtlich auch nicht zu beanstanden.

2. Die Einrede der Verjährung gegenüber den titulierten, bis 31.12.1996 fällig gewordenen Verzugszinsen, auf die der Antragsteller seinen Hilfsantrag stützen will, greift ebenfalls nicht durch.

a) Die im Vollstreckungsbescheid titulierten, bis zur formellen Rechtskraft aufgelaufenen Zinsen verjähren - ebenso wie die Hauptforderung - gem. § 218 Abs. 1 BGB in 30 Jahren. Dies betrifft jedenfalls die nach der Forderungsaufstellung der Antragsgegnerin bis zum 30.5. 1983 entstandenen Zinsen in Höhe von 6.190,50 DM (4030,50 DM + 837,00 DM + 1.323,00 DM). Für die nach Rechtskraft fällig gewordenen Zinsen gilt dagegen - insoweit ist dem Antragsteller beizupflichten - die vierjährige Verjährungsfrist der §§ 197, 218 Abs. 2 BGB.

b) Die Verjährung der nach Rechtskraft des Vollstreckungsbescheids fällig gewordenen Zinsen ist zwar - anders als das Landgericht meint - durch die Pfändung der Beamtenbezüge des Antragstellers nicht dauerhaft gem. § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB unterbrochen worden. Die Verjährungsunterbrechung gem. § 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB beschränkt sich nämlich auch bei der Pfändung von Arbeitseinkommen hinsichtlich der künftig fällig werdenden Bezüge auf den Zeitpunkt, in dem der jeweilige Unterbrechungstatbestand verwirklicht wird. Vollstreckungshandlung ist insoweit der Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, der sofort wieder eine neue Verjährungsfrist in Gang setzt (vgl. BGHZ 137, 193, 198). Da im vorliegenden Fall die Pfändung bereits im Jahre 1985 erfolgt ist, wäre mangels weiterer Vollstreckungshandlungen der Antragsgegnerin auch die neue Verjährungsfrist abgelaufen.

c) Gleichwohl bleibt die Verjährungseinrede im Ergebnis ohne Erfolg. Je nach dem, wie das Verhalten des Antragstellers im Zusammenhang mit der ab 1995 erfolgten Verrechnung der eingehenden Zahlungen zu würdigen ist, sind entweder die streitigen Zinsen anstelle der Hauptschuld getilgt worden oder es verstößt die Einrede der Verjährung gegen Treu und Glauben:

aa) Die von der Antragsgegnerin ab 1995 vorgenommene Verrechnung der beigetriebenen Beträge war grundsätzlich unwirksam mit der Folge, dass gem. § 367 Abs. 1 BGB die Zinsschuld getilgt wurde, während die - unverjährte - Hauptforderung bestehen blieb. Da das Verbraucherkreditgesetz, dessen § 11 Abs. 3 die von der Antragsgegnerin praktizierte Verrechnung bestimmt, auf Kreditverträge, die - wie hier - vor seinem Inkrafttreten am 1.1.1991 geschlossen wurden, nicht anwendbar ist, war die Antragsgegnerin zu einer Verrechnung der gepfändeten Beträge auf die Hauptforderung nicht berechtigt. Solange der Leistende keine Bestimmung trifft, darf der Gläubiger auch nicht zugunsten des Schuldners zuerst auf die Hauptschuld verrechnen; vielmehr gilt die in § 367 Abs. 1 BGB vorgeschriebene Tilgungsreihenfolge (vgl. Staudinger/Olzen, BGB, 13. Aufl. § 367 Rdnr. 16; RG Recht 1924 Nr. 386). Für eine - wenn auch nur konkludente - Bestimmung des Antragstellers, die gepfändeten Beträge abweichend von § 367 Abs. 1 BGB zunächst auf die Hauptforderung zu verrechnen, fehlt jeder tatsächliche Anhaltspunkt; dass sich diese Art der Verrechnung zu seinen Gunsten auswirkt, reicht hierfür allein nicht aus. Die danach einseitige Verrechnung und Buchung der Antragsgegnerin auf die Hauptforderung bleibt materiell-rechtlich ohne Wirkung.

Dass statt der Hauptforderung die streitige Zinsschuld des Antragstellers getilgt wurde, verhilft der Vollstreckungsgegenklage nicht zum Erfolg. Ziel dieser Klage ist es, die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hünfeld vom 1.6.1983 - zumindest in Höhe eines Teilbetrages von 16.639,48 DM - für unzulässig zu erklären. Nach der vorgelegten Forderungsaufstellung vollstreckt die Antragsgegnerin aus diesem Titel wegen einer Gesamtforderung per 11.3.2001 in Höhe von 33.681,92 DM (9.100,02 DM Hauptforderung + 24.581,90 DM Zinsen). Begründet wäre die Vollstreckungsabwehrklage nur dann, wenn und soweit - unabhängig von der Höhe des Haupt- und Zinsanspruchs - eine entsprechende, durchsetzbare Gesamtforderung der Antragsgegnerin nicht mehr besteht. Das Gegenteil ist indessen der Fall: Ausweislich der Forderungsaufstellung belief sich die Zinsschuld des Antragstellers zum 15.12.1994 auf 13.549,04 DM. Bei einer - sich ständig mit 10,8 % weiter verzinsenden - Hauptschuld in Höhe von 30.000,00 DM wären in der Folgezeit bis zum 11.3.2001 weitere 20.214,00 DM Zinsen aufgelaufen, insgesamt also 33.763,04 DM. Aufgrund der Pfändung hat die Antragsgegnerin seit dem 15.12.1994 jedoch nur Zahlungen in Höhe von 20.899,98 DM erhalten. Bei Verrechnung dieser Zahlungen gem. § 367 Abs. 1 BGB beliefe sich die Zinsschuld des Antragstellers immer noch auf 12.863,06 DM - zuzüglich der unverändert in Höhe von 30.000,00 DM bestehenden Hauptschuld. Die Vollstreckung der Antragsgegnerin ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

bb) In der Mitteilung der Forderungsaufstellung und der widerspruchslosen Hinnahme der daraus ersichtlichen Zahlungsverrechnung ab 1995 durch den Antragsteller kann allerdings auch die stillschweigende, nachträgliche Vereinbarung der Parteien liegen, die beigetriebenen Zahlungen auf die Hauptforderung zu verrechnen (vgl. BGH NJW-RR 95, 1257, 1258). In diesem Fall wäre dem Antragsteller die Erhebung der Verjährungseinrede jedoch nach Treu und Glauben verwehrt, § 242 BGB. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Landgerichts, dass der Antragsteller im nachhinein nicht einerseits die ihm vorteilhafte Verrechnung auf die Hauptforderung in Anspruch nehmen kann, während er andererseits gegenüber den fortbestehenden Zinsansprüchen die Einrede der Verjährung erhebt. Soweit der Antragsteller aus der Bestimmung des § 11 Abs. 3 S. 3 VerbrKrG im Umkehrschluss folgern will, dass außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift titulierte Zinsansprüche regelmäßig gem. §§ 197, 218 Abs. 2 BGB verjähren, mag dies zutreffen. Das schließt aber nicht aus, unter den hier gegebenen Umständen die Einrede der Verjährung als treuwidrig anzusehen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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