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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 17.07.2003
Aktenzeichen: 14 UF 6/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 543
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Das angefochtene Urteil wird teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Der vor dem Senat am 9. November 2000 (14 UF 92/00) geschlossenen Vergleich wird hinsichtlich des unter seiner Nr. 2 geregelten nachehelichen Unterhalts dahin abgeändert, dass der Kläger der Beklagten ab dem 1. September 2002 monatlich nur noch 224 EUR und ab dem 1. Januar 2003 monatlich nur noch 214 EUR nachehelichen Unterhalt zu zahlen hat.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat der Kläger 54% und die Beklagte 46%, von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat der Kläger 83% und die Beklagte 17% zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

1. Durch das angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Familiengericht auf die Abänderungsklage des Klägers den durch vor dem Senat am 9.11.2000 geschlossenen Vergleich (14 UF 92/00) titulierten monatlichen nachehelichen Unterhalt für die Beklagte von 775 DM ab 01.09.2002 auf monatlich 257,00 EUR herabgesetzt.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger weiterhin den Abänderungsantrag,

dass er ab 01.09.2002 nicht mehr zu nachehelichem Unterhalt verpflichtet sei.

Er macht geltend:

* die Erwerbstätigkeit der Beklagten sei nicht teilweise überobligatorisch,

* für den Sohn M. würden unstreitig bereits ab Februar auch 765 DM = 391,14 EUR abzüglich des hälftigen Kindergeld gezahlt, während das Familiengericht nur 330,81 EUR berücksichtigt habe,

* ab 1.1.03 beziehe er keine Ministerialzulage mehr,

* ab 1.1.03 betrage die Kostendämpfungspauschale bei der Beihilfe180 EUR,

* das Familiengericht habe bei der Steuerberechnung für die Beklagte keine Entfernungspauschale berücksichtigt,

* der Ansatz von 180 Arbeitstagen im Rahmen der bei der Beklagten berücksichtigten Fahrtkosten sei übersetzt.

Wegen des weitergehenden Berufungsvorbringens im Einzelnen und der Entgegnung der Beklagten, die das angefochtene Urteil verteidigt, darauf hinweist, dass ein Realsplittingvorteil (ca. 200 EUR) unberücksichtigt geblieben sei und behauptet, der Wegfall der Ministerialzulage beim Kläger werde durch sonstige Zuwendungen ausgeglichen, wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

1. Die Berufung ist zulässig, aber nur zu einem geringen Teil begründet.

Der Kläger ist auch weiterhin zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt in der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Höhe verpflichtet.

Der Senat verweist zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, denen er sich anschließt, soweit sich aus folgendem keine Abweichungen ergeben.

Entsprechend der Vereinbarung der Parteien im abzuändernden Vergleich (Nr. 4) ist der Unterhalt der Beklagten nunmehr nach Ablauf der Bindungsfrist ab Januar 2002 ohne Rücksicht auf die Vergleichsgrundlagen zu bestimmen.

1. Soweit der Kläger eine Reduzierung seines eigenen den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen prägenden Einkommens geltend macht, ist das vom Familiengericht ermittelte für die Unterhaltsberechnung maßgebliche bereinigte Klägereinkommen von monatlich 1.942,05 EUR

wegen der unstreitig höheren Unterhaltszahlungen an M. um monatlich 60,33 EUR auf 1.881,72 EUR zu kürzen.

Ab 1.1.2003 ist auch dem Wegfall der Ministerialzulage mit monatlich netto rd. 20,00 EUR und der Erhöhung der Eigenbeteiligung bei der Beihilfe auf 180 EUR - im angefochtenen Urteil sind 147,96 EUR berücksichtigt - mit monatlich 2,67 EUR Rechnung zu tragen, so dass sich das Einkommen noch um insgesamt 22,67 EUR monatlich vermindert. Soweit die Beklagte einen Ausgleich ohne nähere Angaben durch sonstige Zuwendungen annimmt, weist ihr Vortrag nicht die für eine Berücksichtigung erforderliche hinreichende Substanz auf.

Ein Realsplittingvorteil kann beim Kläger nicht, wie die Beklagte meint, zusätzlich berücksichtigt werden, da das Familiengericht bereits wegen der Wiederheirat Steuern nur nach Lohnsteuerklasse 4 angesetzt hat, und ein weiterer Steuervorteil für Unterhaltsleistungen in diesem Fall nur trennungsbedingt hinzukommt und deshalb nicht den Bedarf nach den ehelichen Verhältnissen prägt.

1. Mit dem Familiengericht und entgegen der Auffassung des Klägers vertritt der Senat die Auffassung, dass die Tätigkeit der Beklagten als Lehrerin in der Hauptschule, teilweise, d. h. hier zur Hälfte, für sie überobligatorisch ist, da sie noch 2 Kinder unter 18 Jahren betreut. Denn die am 23.09.1987 geborene Katja ist 15 Jahre alt, der am 12.02.1989 geborene M. 14 Jahre. Dies entspricht den Unterhaltsleitlinien des OLG Köln (vgl. Nr. 19. - Stand 1.1.2002, Nr. 17.1 - Stand 1.7.2003), von denen abzuweichen der Senat vorliegend keine Veranlassung sieht. Im Hinblick auf notwendige Vorbereitungszeiten besteht bei der Lehrertätigkeit grundsätzlich kein Unterschied zu sonstigen vollschichtigen Tätigkeiten. Hier kommt hinzu, dass die Beklagte, als "Quereinsteigerin", wie sie in der mündlichen Verhandlung sehr anschaulich und für den Senat überzeugend geschildert hat, mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Auch bei Kindern im genannten Alter, die gute Schüler sind und keine besonderen Schwierigkeiten machen, ist Betreuung durch vielfältige Tätigkeiten in einem Umfang erforderlich, der nur eine halbschichtige Lehrertätigkeit zumutbar erscheinen lässt.

Bei der Beurteilung der Höhe des zumutbaren Einkommens hat der Senat mit dem Familiengericht auf die die hälftigen Bezüge für die zur Zeit von der Beklagten ausgeübte Tätigkeit als Lehrerin an einer Hauptschule abgestellt und nicht die etwas höheren Einkünfte für teilschichtige Tätigkeit an der Musikschule zugrunde gelegt. Denn es liegt letztlich im Interesse beider Parteien, dass die Beklagte in einer Tätigkeit Fuß fasst, in der sie auf längere Sicht auch vollschichtig tätig bleiben und ihren Unterhaltsbedarf selbst decken kann.

Hinsichtlich der berufsbedingten Aufwendungen der Beklagten kann es bei den vom Familiengericht berücksichtigten Abzügen bleiben. Die Fahrtkosten für 180 Arbeitstage entsprechen 36 Arbeitswochen und erscheinen unter Berücksichtigung von Ferien und freien Tagen angemessen. Allerdings ist der Steuervorteil zu berücksichtigen, der sich wie folgt berechnet:

Von steuerlich absetzbaren Fahrtkosten - 10 km x 0,36 EUR + 15km x 0,4EUR) x 180 Tage 1.728,00 EUR abzüglich berücksichtigter Werbungskostenpauschale -1.100,00 EUR verbleiben 628,00 EUR, die die Jahressteuerbelastung (Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag) um 252,04 EUR reduzieren, so dass sich das bereinigte Nettoeinkommen der Beklagten um 21,00 EUR monatlich gegenüber der Berechnung des Familiengerichts von 1.790,57 EUR erhöht auf 1.811,57 EUR.

Der Senat sieht davon ab, aufgrund der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 8.4.2003 vorgelegten Gehaltsabrechnung ab März 2003 eine Neuberechnung vorzunehmen, weil im Jahresdurchschnitt 2003 durch die Tariferhöhungen wegen der anstehenden Erhöhung der Beamtenbesoldung voraussichtlich kein nachhaltiger Vorteil für die Beklagte entsteht.

3. Den Unterhaltsanspruch der Beklagten hat der Senat entsprechend der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH FamRZ 2003, 518) wie folgt ermittelt:

Dem bereinigten Einkommen des Klägers von 1.881,72 EUR ist das zur Hälfte aus zumutbarer Tätigkeit stammende Einkommen der Beklagten in Höhe von (1.811,57 EUR . 2 =) 905,79 EUR gegenüber zustellen. Es ergibt sich eine Differenz von 975,93 EUR. 3/7 hiervon ergeben den Unterhaltsbedarf der Beklagten von 418,26 EUR, auf den ihr aus unzumutbarer Tätigkeit stammendes weiteres hälftige Einkommen von 905,79 EUR nach Billigkeit anzurechnen ist (§ 1577 Abs.2 BGB). Nach Auffassung des Senats entspricht es der Billigkeit, diesen Betrag zunächst um ein Siebtel, das der Beklagten als Anreiz für die Erwerbstätigkeit und zum Ausgleich der hiermit verbundenen nicht quantifizierbaren Mehraufendungen verbleiben muss, zu kürzen. Von den verbleibenden 6/7 = 776,39 EUR ist nach Billigkeit noch 1/4 = 194,10 EUR bedarfsdeckend anzurechnen, so dass ein Bedarf von 224,16 EUR verbleibt und der Unterhaltsanspruch der Beklagten - gerundet - 224,00 EUR beträgt.

Bei der Bemessung des nur nach Billigkeit anzurechnenden Einkommensteils hat der Senat berücksichtigt, dass die Beklagte keinesfalls schlechter stehen darf, als wenn sie ihr Einkommen insgesamt aus zumutbarer obligatorischer Erwerbstätigkeit erzielen würde. - Da in diesem Falle das Einkommen der Klägerin insgesamt in eine Differenzberechnung einzubeziehen wäre (vgl. BGH FamRZ 2002, 986) ergäbe sich auch hier noch ein Unterhaltsanspruch von monatlich 30 EUR für die Beklagte (1.881,72 EUR - 1.811,57 EUR = 70,15 EUR; 3/7 = 30,06 EUR). - Darüber hinaus erschiene es unbillig, wenn der Beklagten nicht ein spürbarer Vorteil aus ihren überobligatorischen Anstrengungen verbliebe und diese allein den Kläger entlasteten. Da der Kläger bei nur obligatorischem Erwerbseinkommen der Beklagten aus der jetzt ausgeübten Tätigkeit Unterhalt in Höhe von 418 EUR aufbringen müsste, ist bei der vorgenommenen Anrechnung von einem Viertel den beiderseitigen Interessen angemessen Rechnung getragen.

Hiernach ergibt sich auf der Grundlage der genannten BGH-Rechtsprechung im Streitfall letztlich kein anderes Ergebnis, als wenn entsprechend dem Senatsbeschluss vom 06.08.2001 (14 WF 107/01 - FamRZ 2002,463) das von der Beklagten erzielte überobligatorische Einkommen nach Billigkeit zur Hälfte (d.h. mit 3/4 des Gesamteinkommens) in eine Differenzberechnung einbezogen würde (1.881,72 EUR - 1358,68 EUR = 523,04 EUR; 3/7 = 224,16 EUR). Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung vorliegend die Diskussion über die richtige Methode zur Berücksichtigung überobligatorischen Einkommens des Unterhaltsberechtigten (vgl. Büttner FamRZ 2003, 520, Soyka FuR 2003, 193 ff jeweils m.w.N.) zu vertiefen, da sie sich auf die konkret zu treffende Entscheidung nicht auswirkt.

Ab 1.Januar 2003 reduziert sich der monatliche Unterhaltsbedarf wegen des Wegfalls der Ministerialzulage und der höheren Beihilfe-Eigenbeteiligung des Klägers um 3/7 von 22,67 EUR = 9,72 EUR, so dass der geschuldete Unterhalt ab diesem Zeitpunkt - gerundet - 214,00 EUR beträgt.

1. Die Entscheidung über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

1. Da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, besteht für eine Zulassung der Revision nach § 543 ZPO keine Veranlassung.

1. Streitwert des Berufungsverfahrens: 3.084,00 EUR (12 x 257 EUR)

Ende der Entscheidung

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