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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 02.05.2001
Aktenzeichen: 14 UF 62/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1612 II S. 2
§ 1612 II S. 2 BGB

Leitsatz

1) Der Rechtspfleger des Familiengerichts, der für die Abänderung der elterlichen Unterhaltsbestimmung zuständig ist, muß nicht notwendig eine mündliche Erörterung mit den Beteiligten durchführen, da das Verfahren nicht unter § 52 FGG fällt.

2) Der Rechtspfleger muß aber vor einer Entscheidung den Sachverhalt hinreichend aufklären; es ist ermessensfehlerhaft, von einer mündlichen Erörterung abzusehen, wenn die Sachaufklärung nicht ohne Erörterung mit den Beteiligten möglich ist.

OLG Köln, 14. Zivilsenat - Familiensenat - Beschl. v. 2.5.2001 - 14 UF 62/01 -


OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

14 UF 62/01 27 F 452/00 Amtsgericht Bergisch Gladbach

In der Familiensache

pp.

hat der 14. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Dr. Büttner, die Richterin am OLG Gerhardt und den Richter am OLG Thiesmeyer

am 2.5.2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Bergisch Gladbach vom 15.3.2001 (27 F 452/00) aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.

GRÜNDE

I.

Die am ...1982 geborene Antragstellerin ist das eheliche Kind der Beklagten. Sie hat im September 2000 die elterliche Wohnung verlassen. Sie besucht noch das örtliche Gymnasium.

Die Beklagten weigern sich, an die Antragstellerin Barunterhalt zu zahlen, da die Antragstellerin in ihrem Haus wohnen und dort den Unterhalt in Empfang nehmen könne.

Die Antragstellerin meint, das sei ihr wegen der vorausgegangenen Streitigkeiten zwischen den Eltern nicht zumutbar, wenn diese auch jetzt wieder behoben seien. Sie sei von den Eltern aus dem Haus gewiesen worden.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die elterliche Bestimmung zur Gewährung von Naturalunterhalt dahin abzuändern, daß die Antragsgegner verpflichtet sind, der Antragstellerin Barunterhalt zu leisten.

Die Antragsgegner haben insbesondere bestritten, die Antragstellerin zum Verlassen des Hauses aufgefordert zu haben.

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat den Antrag ohne mündliche Erörterung mit den Beteiligen zurückgewiesen, da die Beklagten die Antragstellerin altersgemäß behandelt hätten und sie aufgrund ihrer angespannten finanziellen Lage weitaus leichter in der Lage seien, Natural- statt Barunterhalt zu leisten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die weiterhin geltend macht, von den Eltern aus der Wohnung gewiesen worden zu sein.

II.

Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers ist gem. §§ 1612 II BGB, 11 I 2 RpflG zulässig und in der Sache mit der Maßgabe der Aufhebung und Zurückverweisung begründet.

Wie der Senat schon in seiner Entscheidung vom 6.4.2001 (14 WF 46/01) ausgeführt hat, ist der Rechtspfleger auch nach der Gesetzesänderung zum 1.7.1998, die die Zuständigkeit des Familiengerichts begründet hat, weiterhin für die Abänderung der elterlichen Unterhaltsbestimmung nach § 1612 II S.2 BGB zuständig, denn es handelt sich weiter um ein gesondertes FGG-Verfahren, für das der Rechtspfleger nach §§ 3 Nr.2a, 14 RpflG zuständig ist (Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 5. Aufl. (2000) § 2 Rz. 41; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl. (2000), Rz. 207), wenn nicht der Richter das Geschäft nach § 6 RpflG an sich gezogen hat, was hier ausdrücklich nicht geschehen ist.

Der Rechtspfleger muß nicht in allen Fällen in einem Verfahren nach § 1612 II BGB aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, denn § 52 FGG gilt für das Bestimmungsabänderungsverfahren nicht, da es sich nicht um ein die Person des Kindes betreffendes Verfahren handelt (vgl. dazu OLG Köln - Senat - FamRZ 1999, 734, 735 und FamRZ 2000, 1030 (Ls.). Eine mündliche Verhandlung ist daher nach dem Ermessen des Rechtspflegers durchzuführen, dessen Entscheidungsgrundlage nicht nur das von den Beteiligten Vorgebrachte, sondern der gesamte Akteninhalt ist (Keidel/Kuntze/Kahl, 14. Aufl. (1999) vor § 8 Rz. 10a). Das ändert jedoch nichts daran, daß der Rechtspfleger die zwischen den Beteiligten streitigen Fragen aufklären muß und eine Entscheidung erst erlassen darf, wenn danach die Entscheidungsgrundlage feststeht. Es liegt auf der Hand, daß eine mündliche Erörterung mit den Parteien zu dem Zweck dieser Aufklärung in aller Regel zweckmäßig ist, wie sich aus der Nähe des Verfahrens mit den die Person des Kindes betreffenden Verfahren ergibt, wie auch daraus, daß das Gesetz vorsieht, daß der Richter über die Unterhaltsklage nach mündlicher Verhandlung entscheidet.

Im Streitfall muß die angefochtene Entscheidung aufgehoben werden, da die Entscheidungsgrundlage nicht hinreichend aufgeklärt worden ist. Insbesondere ist nicht aufgeklärt worden, ob die Eltern das Kind aus der elterlichen Wohnung gewiesen haben. Der Rechtspfleger hat in der angefochtenen Entscheidung lediglich ausgeführt, dies könne nicht unzweideutig festgestellt werden, ohne insoweit die Feststellungsmöglichkeiten, insbesondere durch eine Anhörung der Beteiligten, zu erschöpfen. Unaufgeklärt ist auch das Vorbringen der Antragstellerin geblieben, sie sei wegen der Auseinandersetzungen zwischen den Eltern ausgezogen. Schließlich hat der Rechtspfleger nicht begründet, warum er davon ausgeht, daß den Antragsgegnern wegen ihrer angespannten finanziellen Lage die Leistung von Barunterhalt nicht zumutbar sei. Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen sind ausweislich der Akte nicht getroffen worden. All diese Fragen hätten bei einer mündlichen Erörterung mit den Beteiligten geklärt werden können, so daß es im Streitfall ermessensfehlerhaft war, von einer mündlichen Erörterung abzusehen.

Ende der Entscheidung

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