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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.02.2003
Aktenzeichen: 14 WF 21/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1592 Nr. 1
BGB § 1600d
ZPO § 114
ZPO § 124
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Eschweiler vom 18. Dezember 2002 (11 F 133/02), mit welchem der Klägerin die bewilligte Prozesskostenhilfe entzogen worden ist, aufgehoben.

Gründe:

I.

Die Parteien sind seit 1998 verheiratet und leben seit September 2000 getrennt. Die Klägerin hat Vaterschaftsanfechtungsklage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass der Beklagte nicht der Vater ihres vor Einleitung des Scheidungsverfahrens am 25.5.2001 geborenen Sohnes J. sei. Dazu hat sie vorgetragen, sie sei davon überzeugt, dass das Kind von ihrem Freund H.Z. abstamme, könne aber nicht ausschließen, auch mit dem Beklagten in der Empfängniszeit noch geschlechtlich verkehrt zu haben.

Das Amtsgericht hat der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Abstammungsgutachten zu der Frage eingeholt, ob der Beklagte der Vater des Kindes J. ist. Das Gutachten hat zu dem Ergebnis geführt, dass die Vaterschaft des Beklagten "praktisch erwiesen" ist.

Im anschließenden Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, die Klage nicht zurücknehmen zu wollen. Daraufhin hat das Amtsgericht mit dem jetzt angefochtenen Beschluss der Klägerin die gewährte Prozesskostenhilfe entzogen und zur Begründung ausgeführt, eine weitere Rechtsverfolgung erscheine mutwillig. Angesichts des eindeutigen Beweisergebnisses würde eine auf eigene Kosten prozessierende verständige Partei die Klage zurücknehmen.

Mit der hiergegen fristgerecht erhobenen Beschwerde macht die Klägerin geltend, die Entziehung der Prozesskostenhilfe nach durchgeführter Beweisaufnahme sei unzulässig. Ihr eigenes prozessuales Verhalten könne nicht als mutwillig angesehen werden, da für sie ein Rechtsschutzbedürfnis auf die gerichtliche Feststellung bestehe, ob der Beklagte der Vater des Kindes J. sei oder nicht.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der zuständige Einzelrichter hat das Beschwerdeverfahren dem Senat zur Entscheidung übertragen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. Es trifft zwar entgegen der Beschwerdebegründung nicht zu, dass die Klägerin mit der Fortführung des Verfahrens eine gerichtliche Feststellung des von ihr erstrebten Inhalts erreichen kann. Vielmehr bleibt der bisherige Status des Kindes durch die zu erwartende Abweisung der Vaterschaftsanfechtungsklage unberührt. Der Beklagte gilt bereits jetzt aufgrund gesetzlicher Vermutung gemäß § 1592 Nr. 1 BGB als Vater des Kindes und daran ändert sich durch ein klageabweisendes Urteil nichts. Für eine positive gerichtliche Vaterschaftsfeststellung gemäß § 1600d BGB, die der Klägerin möglicherweise vorschwebt, besteht keine Rechtsgrundlage, wie sich aus Absatz 1 dieser Vorschrift ersehen lässt.

2. Auf die vorstehenden Erwägungen kommt es indes nicht entscheidend an. Denn die Voraussetzungen für eine Entziehung der bewilligten Prozesskostenhilfe sind nicht gegeben.

a) Die angefochtene Entscheidung lässt außer acht, dass gemäß § 114 ZPO Gegenstand der Beurteilung sowohl hinsichtlich der Erfolgsaussicht wie auch für die fehlende Mutwilligkeit die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ist. Hat das Gericht - wie hier - diese beiden Fragen mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Sinne der antragstellenden Partei entschieden, ist es hieran grundsätzlich gebunden und kann im weiteren Verlauf des Verfahrens auch bei geänderter Sachlage, etwa nach Durchführung einer Beweisaufnahme, nicht erneut in eine Prüfung der genannten Bewilligungsvoraussetzungen eintreten. Dabei kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht auf die lebhaft umstrittene Frage an, welcher Beurteilungszeitpunkt für die (erstmalige) Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugrunde zu legen ist (Stichworte "Entscheidungsreife" oder "Beschlussfassung", vgl. dazu ausführlich Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl. 1999, Rdn. 420ff., 480).

b) Das Gesetz sieht nur in bestimmten Fällen eine Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor, die Einzelheiten sind in § 124 ZPO geregelt. Keine der in dieser Vorschrift aufgeführten Voraussetzungen ist hier erfüllt, auch die angefochtene Entscheidung ist darauf nicht gestützt. Die Aufzählung der Aufhebungsgründe in § 124 ZPO ist aber abschließend, so dass das Vertrauen der Partei auf den Bestand der Prozesskostenhilfebewilligung im Übrigen geschützt wird und andere Gründe für eine Aufhebung nicht herangezogen werden können (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rdn. 830; Zöller/Philippi, Zivilprozeßordnung, 23. Aufl. 2002, Rdn. 2 zu § 124). So kann insbesondere die Bewilligung nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht mit der Begründung aufgehoben werden, die weitere Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung sei ohne Aussicht auf Erfolg oder erscheine mutwillig.

Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben, was zur Folge hat, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klägerin weiterhin gilt.

Ende der Entscheidung

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