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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.02.2006
Aktenzeichen: 15 U 176/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 1004
ZPO § 920
ZPO § 935
ZPO § 936
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

15 U 176/05

Anlage zum Protokoll vom 14.02.2006

Verkündet am 14.02.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 31.01.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Jährig und die Richterinnen am Oberlandesgericht Scheffler und Dr. Eilers

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 28. September 2005 - 28 O 450/05 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, in Bezug auf die Verfügungsklägerin die Formulierung

"Dass die Schauspielerin als Geschäftsführerin von "T U" zwangsläufig mehr war als nur ahnungsloses Opfer, (...)",

wie in folgenden zwei Beiträgen erfolgt:

pp.

(Seiten 4 - 8 liegen in Papierform vor)

zu verwenden, ohne jeweils den klarstellenden Zusatz aufzunehmen, dass die Verfügungsklägerin keine eigene Kenntnis von Produktplacement-Engagements der GmbH hatte, nichts mit dem operativen Geschäft der GmbH zu tun hatte und nur formal im Handelsregister als Geschäftsführerin eingetragen war.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Verfügungsbeklagte.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer presserechtlichen Äußerung. Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf Unterlassung in Anspruch.

Die Verfügungsbeklagte veröffentlichte sowohl in der Printausgabe der von ihr verlegten Zeitung "L B" vom 20. Juli 2005 im Ressort "Blick" als auch in der auf ihrer Domain abrufbaren Online-Ausgabe www.L.B.de in der dortigen Rubrik "Medien" einen Artikel zum sogenannten Produktplacement, in dem auch die Verfügungsklägerin und eine Firma "T U" GmbH genannt werden, an der die Verfügungsklägerin damals beteiligt war und deren Geschäftsführerstellung sie innehatte. Wegen der Einzelheiten der Artikel wird auf die im Tenor enthaltenen Ablichtungen verwiesen.

Die Verfügungsklägerin meint, in den genannten Artikeln entstehe der Eindruck, sie habe von einem angeblichen Produktplacement Engagement durch die "T U" GmbH Kenntnis gehabt. Dieser Eindruck ergebe sich aus der Veröffentlichung folgender Passage:

"( ...). Dass die Schauspielerin als Geschäftsführerin von "T U" zwangsläufig mehr war las nur ahnungsloses Opfer, (...)".

Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Verfügungsklägerin die Stellung der Geschäftsführerin nur formell innehatte, mit dem operativen Geschäft der "T U" GmbH nichts zu tun hatte und von den Vorgängen zum angeblichen Produktplacement keine eigene Kenntnis besaß. Sie streiten jedoch darüber, ob die Verfügungsbeklagte durch die fragliche Passage im Gesamtzusammenhang eine Kenntnis der Verfügungsklägerin vom Geschehen als verdeckte Tatsache behauptet hat oder ob sie nur eine Wertung - und damit Meinung - dahin ausgedrückt hat, die Verfügungsklägerin sei als Geschäftsführerin für das Geschehene rechtlich verantwortlich. Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der sie die Unterlassung dieser Formulierung von der Verfügungsbeklagten begehrte, wurde vom Landgericht Köln mit Urteil vom 28. September 2005 - 28 O 450/05 - zurückgewiesen. Das Landgericht hat ausgeführt, das Verständnis der Verfügungsklägerin einer verdeckten Tatsachenbehauptung dränge sich dem Leser gerade nicht unausweislich auf. Vielmehr könne die Formulierung auch als plakative zusammenfassende Bewertung der unstreitigen Tatsachen verstanden werden, die insbesondere auf die organschaftliche Stellung der Verfügungsklägerin in der "T U" GmbH gestützt sei. Bei diesem Verständnis entstünde der Eindruck positiver Kenntnis nicht. Aufgrund einer möglichen auch äußerungsfreundlichen Lesart der Formulierung scheide nach den geltenden Maßstäben (vgl. nur BGH NJW 1998, 3047, 3048) ein Unterlassungsanspruch aus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts Köln vom 28. September 2005 (Bl. 75 ff d.A.) Bezug genommen.

Mit der frist- und formgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Verfügungsklägerin weiterhin ihren ursprünglichen Unterlassungsanspruch. Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht den Erlass der einstweiligen Verfügung versagt. Ihr stünde der beantragte Unterlassungsanspruch zu. Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die Deutung der angegriffenen Äußerung, sie habe Kenntnis vom Produktplacement-Engagement gehabt, sei nicht nur "nahe liegend", sondern die einzige mögliche Deutung.

Dies ergebe sich aus der "aktivischen" Berichterstattung über die Geschäftsführertätigkeit der Verfügungsklägerin sowie der Verwendung des Begriffs "familiären Bande" zwischen ihr und ihrem Ehemann. Auch der Umstand, dass sich die Verfügungsklägerin nach Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit wieder der Schauspielerei widmen könne, spreche dafür. Das impliziere gerade, dass sie sich vorher der operativen Geschäftsführung gewidmet habe. Der Begriff "mehr als nur ahnungsloses Opfer" könne auch grammatisch nur so verstanden werden, dass die Betroffene Bescheid wusste.

In dem Artikel sei nicht davon die Rede, wie und ob ein Geschäftsführer für Vorgänge hafte, die er nicht kennt. Dies sei im Zusammenhang mit den berichteten Aktivitäten der Verfügungsklägerin nur so zu verstehen, dass die Verfügungsklägerin positiv Kenntnis gehabt habe. Da von einer Geschäftsführerhaftung nicht die Rede sei, werde eine andere Deutung als die der tatsächlichen Kenntnis vom Geschehen nicht nahe gebracht.

Weiterhin meint sie, auch bei einer zulässigen Annahme beider Deutungsmöglichkeiten sei nach der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Fall "Stolpe" (Beschluss vom 25. Oktober 2005 - 1 BvR 1696/98 - NJW 2006, 207 ff) nicht mehr auf die das Presseunternehmen weniger belastende Deutung abzustellen. Nach dieser hier anwendbaren Entscheidung sei der Unterlassungsanspruch vielmehr begründet. Ein Unterlassungsanspruch scheide nicht deshalb aus, weil eine Äußerung, die das Persönlichkeitsrecht eines anderen verletze, auch eine Deutungsvariante zulasse, die zu keiner Persönlichkeitsbeeinträchtigung führe. Schließlich habe der Äußernde die Möglichkeit und die Pflicht, sich in Zukunft eindeutig und in rechtlich zulässigem Umfang auszudrücken. Die vom Landgericht getroffene Entscheidung sei daher nun überholt.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die Antragsgegnerin und Berufungsbeklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 28. September 2005 - 28 O 450/05 - zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an den Geschäftsführern, es zu unterlassen, in Bezug auf die Antragstellerin und Berufungsklägerin durch die Formulierung

"Dass die Schauspielerin als Geschäftsführerin von "T U" zwangsläufig mehr war als nur ahnungsloses Opfer, (...)"

den Eindruck zu erwecken, die Antragstellerin habe Kenntnis von Produktplacement-Engagements der "T U" GmbH gehabt.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Fall "Stolpe" sei vorliegend nicht anwendbar. Anders als in dieser Entscheidung gehe es vorliegend nicht um die Interpretationsfähigkeit einer Äußerung, sondern darum, ob ein bestimmter Eindruck mit der Äußerung erweckt werde oder nicht. Mit dem Landgericht meint die Verfügungsbeklagte weiterhin, ihr Verständnis der Äußerung sei gerade nicht fernliegend.

Die "Stolpe" Entscheidung beziehe sich auf eine konkrete Tatsachenbehauptung, die objektiv mehrdeutig sei. Nur für diese Fälle gelte der festgelegte Maßstab, nicht aber für sog. verdeckte Äußerungen, also für Äußerungen, die lediglich einen nicht ausdrücklich geäußerten Eindruck erweckten. Diese Fälle der verdeckten Behauptung seien nur gegeben, wenn sich der dem Persönlichkeitsrecht widerstrebende Eindruck zwingend aufdränge. Dies sei hier aber nicht der Fall, was auch aus der Formulierung folge, dass "N mit in die Affäre gezogen wird, hätte ich ihm gern erspart". Im übrigen meint die Verfügungsbeklagte, sei das Urteil des Landgerichts jedenfalls bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zutreffend gewesen. Selbst wenn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf den zu entscheidenden Rechtsstreit anzuwenden wäre, scheitere der Unterlassungsanspruch nun an der Wiederholungsgefahr, da eine zunächst zulässige Berichterstattung erst im Nachhinein unzulässig wurde. In diesem Fall spreche keine Vermutung für die Wiederholung der Formulierung.

Für die Zukunft erklärt die Verfügungsklägerin zudem, die streitgegenständliche Formulierung nur noch mit dem Hinweis zu verwenden, die Antragstellerin sei "nur insoweit zwangsläufig mehr als nur ahnungsloses Opfer (gewesen), als sie als alleinige Geschäftsführerin der "T U" GmbH für Produktplacement-Engagements der "T U" GmbH rechtlich verantwortlich (sei)." Aufgrund dieser Erklärung fehle es für die Zukunft auch an einer Begehungsgefahr.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Anlagen, insbesondere die zu den Akten gereichten und im Tenor genannten Artikel Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist ganz überwiegend begründet. Dem Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist in tenorierter Weise stattzugeben. Die Verfügungsklägerin hat sowohl einen Verfügungsanspruch als auch einen Verfügungsgrund gem. §§ 935, 936, 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.

1. Der Verfügungsklägerin steht ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 186 StGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts i.S.v. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gegen die Verfügungsbeklagte zu. Sie ist durch die seitens der Verfügungsbeklagten verlegte streitgegenständliche Formulierung in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und es besteht die Gefahr der Wiederholung einer derartigen Formulierung.

Mit der streitgegenständlichen Äußerung hat die Verfügungsbeklagte zwar nicht ausdrücklich, wohl aber im Kontext geäußert, die Verfügungsklägerin habe positive Kenntnis vom Produktplacement-Engagement der GmbH gehabt. Der als Maßstab heranzuziehende Durchschnittsleser bzw. -hörer gelangt nach Würdigung des Aussagegehalts der im Antrag genannten Äußerung im Gesamtzusammenhang zu dem Ergebnis, die Verfügungsbeklagte habe diese Aussage verdeckt behauptet (vgl. zum Maßstab BGH NJW-RR 1994, 1246 m.w.N.; OLG Köln NJW-RR 1998, 1175, 1176 f). Aufgrund der gesamten Tatsachenmitteilung wird durch die streitgegenständliche Passage der Eindruck einer positiven Kenntnis ausnehmend nahe gelegt, weshalb der Senat die verdeckte Äußerung als eine Tatsachenbehauptung bereits in den parallelen Verfahren zum Gegendarstellungsanspruch in seinen Urteilen vom 20.12.2005 - 15 U 173/05 und 15 U 174/05 - angesehen hat.

Zur Begründung hat der Senat mit dem Landgericht vornehmlich darauf abgestellt, dass Erstmitteilung der Verfügungsbeklagten die Tatsache sei, dass die Verfügungsklägerin Geschäftsführerin der GmbH war und dass der GmbH vorgeworfen werde, Produktplacement betrieben zu haben. Aufgrund dieser Tatsachenmitteilung werde der Eindruck einer positiven Kenntnis im Kontext dem durchschnittlichen Leser ausnehmend nahe gelegt. Der Senat ist nicht der Auffassung der Verfügungsbeklagten gefolgt, es werde in dem Artikel nur auf die Stellung der Verfügungsklägerin als Geschäftsführerin abgestellt, aus der sich nicht zwingend eine positive Kenntnis ergebe. Es ist schließlich nicht die rechtliche Verantwortlichkeit der Verfügungsklägerin angesprochen worden. Der Artikel legte gerade nicht nahe, die Verfügungsklägerin habe sich um die Geschäfte der GmbH nicht gekümmert und habe die Position der Geschäftsführerin quasi nur formal bekleidet. Vielmehr suggerierte der Satz, sie könne sich nach Beendigung ihrer Geschäftsführertätigkeit wieder voll auf ihren Hauptjob konzentrieren, gerade ein tatsächliches Engagement in der GmbH, was für eine positive Kenntnis spricht. Zudem wird von einem durchschnittlichen Leser die Tätigkeit als Geschäftsführer durchaus so verstanden, dass diesem die Aktivitäten der GmbH mindestens bekannt sind. Dass die Verfügungsklägerin mit den Aktivitäten der GmbH vertraut war, wird im übrigen auch durch andere Passagen des Artikels nahe gelegt. So heißt es, dass die GmbH von den "Eheleuten" 1993 gegründet wurde, die Verfügungsklägerin "führe im Nebenberuf ein einträgliches Unternehmen", "ihr gehörten die restlichen 20 Prozent" der GmbH. Auch die Formulierung, dass die Verfügungsklägerin nicht erreichbar sei, wegen (von der Verfügungsbeklagten in Anführungszeichen gesetzt) eines sehr engen Drehplans, legt nahe, sie wolle sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Im Kontext suggeriert auch diese Formulierung positive Kenntnis. Insbesondere die Formulierung, dass die Verfügungsklägerin nach elf Jahren die Geschäftsführung aufgegeben habe und sich seit Dezember 2004 wieder voll auf ihren Hauptjob konzentrieren könne, spricht für ein aktives Engagement. Schließlich wird auf andere "familiäre Verstrickungen in den jüngsten ARD-Affären" bezug genommen, bei denen die Frauen auch beteiligt waren. Schließlich und dem kommt eine besondere Bedeutung zu, wird in der Titelzeile auf die Aktivitäten der Verfügungsklägerin angespielt, wenn es heißt, sie gerate ins Blickfeld der Schleichwerbungs-Prüfung und sei - im nächsten Satz - Gesellschafterin und Geschäftsführerin einer verdächtigten Firma. Die semantische Anspielung bei der Verwendung des Begriffs "familiäre Bande" in der Titelzeile spricht ergänzend für positive Kenntnis.

Auch der Satz, dass "N mit in die Affäre gezogen wird, hätte ich ihm gern erspart", bestätigt das gewonnene Auslegungsergebnis. Die Formulierung deutet jedenfalls nicht ausdrücklich - wie die Verfügungsbeklagte meint - auf fehlende Kenntnis hin. Hineingezogen werden kann man gerade auch mit entsprechender Kenntnis vom Geschehen. Es geht bei dieser Passage nur um die Konsequenzen, nicht um das Maß der Kenntnis. Angesichts der sonst mitgeteilten Einzelheiten reicht diese Formulierung daher aus, den bereits entstandenen Eindruck zu verstärken, entgegen wirkt sie ihm nicht.

Wie bereits erwähnt, hatte die Verfügungsklägerin nach den unstreitigen Feststellungen des angegriffenen landgerichtlichen Urteils keine Kenntnis von Produktplacement-Engagements der GmbH, hatte nichts mit dem operativen Geschäft der GmbH zu tun und war nur formal im Handelsregister als Geschäftsführerin eingetragen. Die Richtigkeit dieses Verständnisses vom Tatsachenvortrag ist durch einen unwidersprochenen Hinweis des Senats und ausdrückliche Erörterung in der mündlichen Verhandlung nochmals gesichert worden. Damit ist die Tatsachenmitteilung der Verfügungsbeklagten unwahr und verletzt somit das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verfügungsklägerin.

Es ergibt sich für den geltend gemachten Unterlassungsanspruchs keine andere rechtliche Beurteilung der Äußerung als im Prozess über die Gegendarstellungsansprüche der Verfügungsklägerin. Dem Landgericht kann darin zugestimmt werden, dass die streitgegenständliche Äußerung auch einer anderen Interpretationsmöglichkeit offen steht. So mag die Äußerung von einem Teil des unvoreingenommenen und verständigen Publikums nicht als verdeckte Tatsachenmitteilung, sondern als zusammenfassende Bewertung der Tatsache verstanden werden, dass die Verfügungsklägerin Geschäftsführerin der GmbH war. Die angegriffene Äußerung könnte daher auch so verstanden werden, als weise sie lediglich auf die zwingenden rechtlichen Folgen der Rolle als Geschäftsführerin einer GmbH hin, ohne eine positive Kenntnis der Verfügungsklägerin nahe zu legen. Wenn auch der Senat dazu neigt festzustellen, die verdeckte Tatsachenbehauptung dränge sich geradezu auf, so verschließt er sich nicht dem Umstand, dass die Äußerung mehrdeutig verstanden werden kann.

Zutreffend hat das Landgericht den Maßstab zur Beurteilung von Unterlassungsansprüchen von mehrdeutigen Äußerungen auf der Grundlage der damals maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des damaligen Stands der ständigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bestimmt. Der Bundesgerichtshof hat in seiner "Stolpe" Entscheidung entschieden, dass im Fall der Möglichkeit mehrerer sich nicht gegenseitig ausschließender Deutungen des Inhalts einer Äußerung für die rechtliche Beurteilung diejenige zugrunde zu legen ist, die dem auf Unterlassung in Anspruch Genommenen günstiger ist und den Betroffenen weniger beeinträchtigt (BGH NJW 1998, 3047, 3048; vgl. auch BGH NJW 2002, 1192, 1194; NJW 2004, 598, 599; zurückhaltend auch das BVerfG bei der Gewährung von Unterlassungsansprüchen bei verdeckten Tatsachenbehauptungen vgl. BVerfG NJW 2004, 1942).

Das Landgericht hat diesen Maßstab zutreffend seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Zwischenzeitlich ist er aber überholt.

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG NJW 2006, 207) ist das genannte Urteil des Bundesgerichtshofs im Fall "Stolpe" aufgehoben worden und der Maßstab für Unterlassungsansprüche insoweit neu bestimmt worden. Danach ist nun zwischen Sanktionen wegen in der Vergangenheit erfolgter Äußerungen und der Entscheidung über die Unterlassung zukünftiger Äußerungen zu unterscheiden (vgl. BVerfG NJW 2006, 207, 209). Das Bundesverfassungsgericht verneint einen gleichen Schutzbedarf für die individuelle Grundrechtsausübung und die Funktionsfähigkeit des Meinungsbildungsprozesses bei gerichtlichen Entscheidungen über die Unterlassung zukünftiger Äußerungen. Im Rahmen der rechtlichen Zuordnung von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz sei zu berücksichtigen, dass der Äußernde die Möglichkeit habe, sich in der Zukunft eindeutig auszudrücken und damit zugleich klarstellen könne, welcher Äußerungsinhalt der rechtlichen Prüfung einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu Grunde zu legen sei. An diesen Inhalt würden die für die Abwägung bei Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch Werturteile oder Tatsachenbehauptungen in der Rechtsprechung entwickelten Prüfkriterien und Abwägungsmaßstäbe angelegt.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist auf den vorliegenden Fall anwendbar.

Anders als die Verfügungsbeklagte meint, ist die Rechtsprechung der "Stolpe" Entscheidung auch auf sog. verdeckte Äußerungen anwendbar, wie sie hier anzunehmen ist. Es ist nicht erkennbar, dass zwischen Äußerungen, die einen Eindruck erwecken, und sog. verdeckten Äußerungen zu differenzieren ist. Da im Rahmen der Ermittlung des Aussagegehalts nicht nur auf die im Klageantrag genannte Textpassage abgestellt werden darf, sondern vielmehr diese im Zusammenhang mit dem Aussagetext zu deuten ist (vgl. BGH NJW 1998, 3047, 3048), können sich verschiedene Verständnismöglichkeiten ergeben. Im Rahmen dieser verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten unterscheidet der Bundesgerichtshof nicht danach, ob sich ein bestimmter Sinngehalt der beanstandeten Äußerung durch die Erweckung eines Eindrucks ergibt oder ob die Behauptung in versteckter Form aufgestellt wird (BGH NJW 1994, 1246, 1247). Es ist nach den Ausführungen der Verfügungsbeklagten auch nicht erkennbar, in welcher Weise hier eine Differenzierung geboten ist, um die sich gegenüber stehenden Rechte der Meinungsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu gewährleisten. Regelmäßig ergibt sich gerade durch eine verdeckte Äußerung ein bestimmter Eindruck. Der Verfügungsbeklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass sich nicht aus jedem durch eine verdeckte Äußerung begründeten Eindruck eine mehrdeutige Äußerung ergibt. Eines näheren Eingehens auf diese Problematik bedarf es hier jedoch nicht. Vorliegend führt jedenfalls die - im Wege der Interpretation gewonnene - Äußerung zu einem objektiv mehrdeutigen Aussagegehalt. Die streitgegenständliche Textpassage beinhaltet im Kontext entweder die Aussage, die Verfügungsklägerin hatte positive Kenntnis von dem Produktplacement-Engagement der GmbH oder sie sei rechtlich verantwortlich. Der durch die Äußerung entstandene Aussagegehalt ist somit objektiv mehrdeutig und in der ersten Aussagevariante unrichtig.

Gemessen an den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts ist die Äußerung zu unterlassen. Die Verbreitung der unwahren Tatsachenbehauptung war rechtswidrig. Die Verfügungsbeklagte kann sich nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen.

Der Umstand, dass mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Änderung des Maßstabs zu berücksichtigen ist, die erst nach der Verkündung der landgerichtlichen Entscheidung eingetreten ist, ergibt nichts anderes. Maßgeblich für die Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz. Die geänderte Rechtsprechung führt nicht, wie die Verfügungsbeklagte meint, dazu, dass die Berichterstattung der Verfügungsbeklagten zunächst zulässig war und der Unterlassungsanspruch erst im Nachhinein, nach Verkündung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts entstanden ist.

Hinzu kommt, dass sich die Abgrenzung zwischen zulässiger Meinung und unzulässiger Tatsachenbehauptung noch aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt ergibt: Der beschriebene Eindruck der Kenntnis der Verfügungsklägerin ergibt sich auch durch die von der Verfügungsbeklagten gewählten Art einer bewusst unvollständigen Berichterstattung, die unzulässig ist. Wenn dem Leser Tatsachen mitgeteilt werden, aus denen er erkennbar eigene Schlussfolgerungen ziehen soll, so dürfen hierbei keine wesentlichen Tatsachen verschwiegen werden, die dem Vorgang ein anderes Gewicht geben könnten. Soll der Leser aus mehreren unstreitigen Tatsachen eine bestimmte ehrverletzende Schlussfolgerung ziehen, so ist eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie eine unwahre Tatsachebehauptung zu behandeln (vgl. BGH Urt. v. 22.11.05 - VI ZR 204/04 - becklink 161771; BGH VersR 2000, 193 jeweils m.w.N.).

Selbst mit dem Ansatz der Verfügungsbeklagten, hier sei hinsichtlich der Kenntnis der Verfügungsklägerin nur eine Meinung geäußert worden, die im Zusammenhang mit der rechtlichen Verantwortung als Geschäftsführerin stehe, wurde die Berichterstattung zur unwahren Tatsachenbehauptung, weil nicht mitgeteilt wurde, dass die Verfügungsklägerin keine eigene Kenntnis hatte und nur formal die Geschäftsführerposition inne hatte.

Der Unterlassungsanspruch scheitert auch nicht daran, dass es an der Begehungsgefahr fehlt. Ist es bereits zu einem rechtswidrigen Eingriff in die Schutzsphäre gekommen, so begründet dies insbesondere bei ehrverletzenden Angriffen die Vermutung der Wiederholungsgefahr (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Rz 12.7 ff). An ihre Widerlegung werden strenge Anforderungen gestellt. Im Fall der Wiederholungsgefahr bei verdeckten Äußerungen (vgl. dazu Wenzel, a.a.O., Rz 12.14) mag im Einzelfall die Wiederholungsgefahr fehlen, wenn anzunehmen ist, dass die konkrete Behauptung im Kontext so nicht mehr aufgestellt wird. Daran fehlt es hier. Auch durch die Erklärung der Verfügungsbeklagten in der Berufungserwiderung ist die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Zwar kann der Äußernde eine Verurteilung zur Unterlassung vermeiden, wenn er eine ernsthafte und inhaltlich ausreichende Erklärung abgibt, die mehrdeutige Äußerung nicht oder nur mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen (vgl. BVerfG NJW 2006, 207, 209). Ob und in welchem Maße hiermit das Bundesverfassungsgericht neue Maßstäbe für die Wiederholungsgefahr bei Unterlassungsansprüchen setzen wollte, kann dahin gestellt bleiben. Der Berufungsvortrag der Verfügungsbeklagten entspricht jedenfalls nicht den vom Bundesverfassungsgericht genannten Anforderungen.

Der Senat hält die Erklärung, zu der die Verfügungsbeklagte bereit ist, für nicht ausreichend, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Verfügungsklägerin zu gewährleisten. Die Verfügungsbeklagte hält an der Äußerung im Kontext fest. Sie schränkt ihre Äußerung lediglich durch einen Zusatz ein, der sich auf die rechtliche Verantwortung bezieht. Allein dadurch wird aber nicht das Maß der tatsächlichen Kenntnis der Verfügungsklägerin näher konkretisiert. Die Verfügungsbeklagte erklärt gerade nicht, dass sie in Zukunft nur noch behaupten werde, die Verfügungsklägerin habe kraft ihrer rechtlich formalen Position als Geschäftsführerin Kenntnis gehabt bzw. haben können und müssen. Sie distanziert sich in keiner Weise vom Begriff des ahnungslosen Opfers im familiären Kontext. Auch mit der in der Berufungserwiderung genannten Formulierung, zu der sie sich in Zukunft bereit erklärt, bleibt der Aussagegehalt mehrdeutig. Rechtlich verantwortlich ist die Verfügungsklägerin in jedem Fall, unabhängig davon, ob sie tatsächlich positive Kenntnis hatte, oder ob ihr eine Kenntnis nur kraft formaler Eigenschaft als Geschäftsführerin zugerechnet wird. Zu einer konkreten Aussage hinsichtlich der sich aus der Position eines Geschäftsführers ergebenden Kenntnis und zu etwaigen Zurechnungstatbeständen will sich die Verfügungsbeklagte gerade nicht verhalten.

Im übrigen bleibt die Unrichtigkeit durch Weglassen wesentlicher Umstände unverändert erhalten.

Schließlich fehlt es für eine Entkräftung der Vermutungswirkung an der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (vgl. Wenzel, a.a.O., Rz 12.20 ff).

Dem Unterlassungsanspruch war daher in tenorierter Form zu entsprechen. Mit den gegenüber dem Antrag der Verfügungsklägerin erfolgten Einschränkungen wird der verfassungsgerichtlichen Vorgabe nach Klarheit und Erkennbarkeit des Verbots entsprochen (vgl. BVerfG NJW 2004, 1942, 1943).

2. Neben dem Verfügungsanspruch ist auch ein Verfügungsgrund gegeben, §§ 936, 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO. Das Merkmal der besonderen Eilbedürftigkeit nach § 940 ZPO ist erfüllt. Aufgrund der Aktualität der Vorwürfe gegen die Firma "T U" GmbH über Produktplacement-Engagements ist zu befürchten, dass die Verfügungsklägerin weiterhin mit Formulierungen, wie die der streitgegenständlichen Art, Gegenstand des öffentlichen Interesses und der Tagespresse sein wird.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das geringfügige Unterliegen der Verfügungsklägerin hinsichtlich des Inhalts der beantragten einstweiligen Verfügung wirkt sich kostenmäßig nicht aus. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erübrigt sich, da einstweilige Verfügungen kraft Gesetzes vorläufig vollstreckbar sind, §§ 936, 929 ZPO. Wegen § 542 Abs. 2 S. 1 ZPO entfällt eine Entscheidung über die Zulassung der Revision gleichermaßen.

Die Androhung der Ordnungsmittel folgt aus § 890 Abs. 1 ZPO.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren beträgt 15.000 €.

Ende der Entscheidung

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