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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 19.10.1999
Aktenzeichen: 15 U 58/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 842
BGB § 252
ZPO § 92
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 281
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 287
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

15 U 58/99 28 O 76 /98 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 19.10.1999

Verkündet am 19.10.1999

Wendt, JHS'in als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Jährig und die Richterinnen am Oberlandesgericht Dr. Diederichs und Scheffler

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 24. Februar 1999 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln- 28 O 76/98- wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das angefochtene Urteil hinsichtlich des Zinsausspruchs abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.519,17 DM nebst 16,25% Zinsen für die Zeit vom 27. April 1996 bis zum 30. Juni 1997 sowie 7,75% Zinsen seit dem 1. Juli 1997 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den erstinstanzlichen Kosten tragen die Klägerin 22% und die Beklagte 78% mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Frankfurt/M entstanden sind; diese sind von der Klägerin allein zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(Urteil ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, wohingegen die zulässige- unselbständige- Anschlussberufung der Klägerin begründet ist und zur Abänderung des angefochtenen Urteils im Zinsausspruch führt.

I. Zur Berufung der Beklagten:

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat der Klägerin zu Recht auf der Basis des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes den mit der Klage aus abgetretenem Recht geltend gemachten Schadensersatz wegen Verdienstausfalls ihrer Geschäftsführerin in Höhe von 12.519,17 DM zuerkannt. Das Berufungsvorbringen führt im Ergebnis zu keiner anderweitigen Beurteilung.

Die Beklagte, die als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners unstreitig in vollem Umfang für die Folgen des Verkehrsunfalles vom 8. Februar 1996 einstandspflichtig ist, haftet der Geschäftsführerin der Klägerin gemäß den §§ 823, 842, 252 BGB auf Ersatz des ihr unfallbedingt entstandenen Verdienstausfalls. Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich aus der mit Schreiben ihrer Geschäftsführerin vom 11. und 18. März 1996 (Bl. 22, 161 d.A.) erklärten Abtretung, welche die Klägerin mit Schreiben vom 3. April 1996 (Bl. 162 d.A.) angenommen hat.

Ohne Erfolg greift die Beklagte die Feststellung des Landgerichts an, dass die Geschäftsführerin der Klägerin infolge ihrer bei dem Unfall vom 8. Februar 1996 erlittenen Verletzungen bis zum 15. März 1996 vollständig arbeitsunfähig gewesen sei. Auch der Senat hält es aufgrund der Atteste des Zeugen Dr. K. vom 9. und 29. Februar 1996 (Bl. 111 und 112 d. A.)- denen nach herrschender Meinung allein bereits ein hoher Beweiswert zukommt (vgl. nur Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 8. Auflage, § 98 VI. 10.a) m.w.N.) - und dessen erstinstanzlicher Aussage (Bl. 198- 200 d.A.) für erwiesen, dass die Geschäftsführerin der Klägerin bei dem Verkehrsunfall vom 8. Februar 1996 ein Halswirbelsäulen- Schleudertrauma und multiple Prellungen vor allem im Brustwirbelsäulenbereich erlitt und infolgedessen bis zum 15. März 1996 einschließlich zu 100 % arbeitsunfähig war. Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung durch das Landgericht glaubhaft bekundet, dass sich die Geschäftsführerin der Klägerin am 9. Februar 1996 bei ihm in der Praxis nach dem am Vortag erlittenen Unfall gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Zeugen Dr. Ki., vorgestellt und über Nackenschmerzen, Schmerzen im Hals- Schulterbereich sowie einen beidseitigen Druckschmerz am Trapezius geklagt habe. Grob neurologisch habe sich ein unauffälliger Befund gezeigt. Bei der körperlichen Untersuchung der Patientin stellte der Zeuge Dr. K. nach seinen ausführlichen Schilderungen starke Verspannungen der Schultern, des Nackens und des Hinterhauptes sowie Bewegungseinschränkungen in allen Ebenen der Halswirbelsäule bei Vorliegen eines sog. Hartspanns fest und verordnete aufgrund dieses Beschwerdebildes eine Salbe sowie eine Halskrause. Ein gesondertes Rezept für Muskelentspannungsmittel habe er nicht ausgestellt, da er davon ausgegangen sei, dass Frau Ki. die ihrem Ehemann verordneten Medikamente mitbenutzen werde. Nach seiner Einschätzung sei, so hat der Zeuge weiter ausgesagt, die Patientin infolge ihrer Beschwerden nicht in der Lage gewesen, ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, bei der sie mit Kundenberatung und Kundenbetreuung befasst gewesen sei und demzufolge auch mit dem Auto Geschäftsreisen habe unternehmen müssen. Ihre Schmerzen hätten es ihr nicht möglich gemacht, länger als einen Zeitraum von einer Stunde stillzusitzen. Aus diesem Grunde sei die Krankschreibung bis zum 25. Februar 1996 gerechtfertigt gewesen. Die am 29. Februar 1996 ausgestellte Folgebescheinigung hat der Zeuge damit begründet, dass bei der erneuten Vorstellung der Patientin außer einer leichten Lockerung des Hartspannes kaum eine Besserung ihres Zustandes feststellbar gewesen sei. Noch immer hätten endgradige Bewegungseinschränkungen vorgelegen, und auch die Schmerzzustände hätten angedauert. Daraufhin habe er ihr Massagen und Heißluft verordnet und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 15. März 1996 verlängert. Bei späteren Untersuchungen am 23. Mai und 4. September 1996 seien noch Restbeschwerden- unter anderem ein nächtliches Kribbeln in den Armen- vorhanden gewesen, die ihn am 23. Mai 1996 zu erneuter Verordnung von Heißluft und Massagen und am 4. September 1996 zu einer Überweisung an einen Unfallchirurgen veranlasst hätten; weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe er nicht mehr vorgenommen.

Den Senat haben die sachlichen, von sicheren diagnostischen Kenntnissen geprägten Bekundungen des Zeugen Dr. K. ebenso überzeugt wie das Landgericht. Dafür, dass die beiden Arbeitsunfähigkeitsatteste des Zeugen auf einem Diagnoseirrtum oder gar auf bloßer Gefälligkeit beruht haben könnten, bestehen keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil lassen sich die von dem Zeugen für den 9. Februar 1996 geschilderten Befunde sowohl in ihrem Erscheinungsbild als auch in ihrer Schwere zwanglos mit dem am 8. Februar 1996 stattgehabten Auffahrunfall vereinbaren. Für diese Einschätzung bedarf es keiner Vertiefung, ob der Versicherungsnehmer der Beklagten tatsächlich mit einer Differenzgeschwindigkeit von 80 km/h ungebremst auf das von den Eheleuten Ki. benutzte Fahrzeug aufgefahren ist, wie die Klägerin im Zuge der in der Berufungsinstanz entfachten Diskussion um das Unfallgeschehen behauptet hat. Dass es sich jedenfalls um einen Aufprall von erheblicher Wucht gehandelt haben muss, machen die von der Beklagten nicht bestrittenen Schäden an den beiden Unfallfahrzeugen deutlich. Bei dem von den Eheleuten Ki. benutzten Pkw Jaguar XJR 6 war dem von der Klägerin eingereichten Gutachten des Sachverständigenbüros P. u. R. vom 27. Februar 1996 zufolge das gesamte Heck stark gestaucht, ferner wiesen u.a. die Rückwand, der Kofferboden, beide Seitenteile, beide Längsträger und die hintere rechte Tür Stauchungen und sonstige Beschädigungen auf (Bl. 309 d.A.); nach der in diesem Gutachten enthaltenen Schadenskalkulation (Bl. 315 d.A.) sollte die Reparatur 26.869,74 DM (ohne Mehrwertsteuer) kosten, was selbst unter Berücksichtigung markenbedingt erhöhter Werkstattpreise die Schwere des Unfallschadens zweifelsfrei belegt. Auch die Schäden, die an dem von dem Versicherungsnehmer der Beklagten gesteuerten Opel Omega entstanden sind, deuten klar auf einen Zusammenstoß mit erheblicher Gewalteinwirkung hin: Nach dem unwiderlegt gebliebenen Vorbringen der Klägerin war das Fahrzeug des Unfallgegners im Frontbereich stark eingedrückt und um mindestens 50 cm verkürzt worden. Bei Auffahrunfällen solcher Art stellt ein Halswirbelsäulen- Schleudertrauma, wie es der Zeuge Dr. K. sowohl bei der Geschäftsführerin der Klägerin als auch bei ihrem Ehemann am 9. Februar 1996 diagnostiziert hat, eine typische Verletzungsfolge bei den Insassen des von dem rückwärtigen Aufprall betroffenen Fahrzeugs dar. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind weder die Ausstattung des Pkw Jaguar mit Kopfstützen noch die von dem Zeugen Dr. K. attestierte weitgehende Übereinstimmung der Unfallfolgen bei den Eheleuten Ki. geeignet, die von der Beklagten vorgebrachten Zweifel gegenüber den Bekundungen des Zeugen zu stützen. Abgesehen davon, dass nicht als gesichert gelten kann, dass die Kopfstützen in dem von den Eheleuten Ki. gefahrenen Fahrzeug optimal eingestellt waren, können selbst korrekt eingestellte Kopfstützen doch immer nur eine Abmilderung der sich bei einem Auffahrunfall entwickelnden, im Einzelfall erheblichen mechanischen Kräfte bewirken. In jedem Fall hat der -je nach der Wucht des Aufpralls unterschiedlich starke - nach hinten gerichtete Impuls auf den Körper der Fahrzeuginsassen zur Folge, dass diese mit ihrem Kopf gegen die Kopfstützen geschleudert werden. Da die Eheleute Ki. nebeneinander auf den Vordersitzen des bei dem Auffahrunfall zentral am Heck (vgl. dazu das Gutachten P. u. R. vom 27. Februar 1996, Bl. 309 d.A.) getroffenen Pkw Jaguar saßen, ist es ohne weiteres erklärlich, dass sie in etwa in gleicher Weise von einem Schleudertrauma betroffen waren. Die Tatsache, dass sie ihre Geschäftsreise nach dem Unfall zunächst fortsetzten und sich erst am Folgetag in ärztliche Behandlung begaben, ist für den Verlauf einer solchen Verletzung, bei der sich die schmerzhaften Verspannungen und hierdurch bedingten Bewegungseinschränkungen erst allmählich entwickeln, nicht untypisch (vgl. dazu Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 257. Auflage, Stichwort "Schleudertrauma").

Kann demgemäß kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die Geschäftsführerin der Klägerin bei dem Unfall vom 8. Februar 1996 erhebliche Verletzungen erlitt, so erscheint auch ihre Krankschreibung durch den Zeugen Dr. K. plausibel, was angesichts der von dem Zeugen für den 29. Februar 1996 geschilderten Befunderhebung auch für die bis zum 15. März 1996 ausgestellte Folgebescheinigung gilt. Dass es sich hierbei entgegen dem von der Beklagten geäußerten Verdacht nicht um ein bloßes Gefälligkeitsattest handelte, wird nicht zuletzt auch daraus deutlich, dass der Zeuge Dr. K. trotz der später noch vorhandenen Restbeschwerden keine weitere Krankschreibung vorgenommen hat. Die vor dem Landgericht gemachte Aussage des Zeugen Dr. Ki., wonach die Behauptungen der Klägerin hinsichtlich der unfallbedingten Beschwerden seiner Ehefrau zutreffend seien, korrespondiert zwanglos mit den Schilderungen des Zeugen Dr. K. und erscheint von daher auch dem Senat glaubhaft.

Die Mietwagenrechnungen vom 9. Februar 1996 (Bl. 285 d.A.) und 26. Februar 1996 (Bl. 286, 287 d.A.) geben entgegen der Auffassung der Beklagten zu einer anderweitigen Sichtweise keine Veranlassung. Für die Mietwagenrechnung vom 9. Februar 1996 gilt dies schon deshalb, weil die Geschäftsführerin der Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann unstreitig erst am 9. Februar 1996 mit dem gemieteten Fahrzeug nach Hause zurückkehrte, was - wie dargelegt- nicht an der Unfallursächlichkeit der von ihr geklagten Beschwerden zweifeln lässt. Aber auch die beiden an die Dr. Ki. Bauträger GmbH gerichteten Mietwagenrechnungen vom 26. Februar 1996 - betreffend ein in der Zeit zwischen dem 9. und dem 26. Februar 1996 gemietetes Fahrzeug- liefern keinen triftigen Anhaltspunkt dafür, dass die Geschäftsführerin der Klägerin in dieser Zeit in Wahrheit ihren gewohnten Tätigkeiten nachgegangen sein müsse. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, dass das Fahrzeug von Mitarbeitern der Dr. Ki. Bauträger GmbH genutzt worden sei, die auch schon den als Firmenfahrzeug angemeldeten Jaguar mitbenutzt hätten. Dieser Darstellung hat die Beklagte nichts Durchschlagendes entgegenzusetzen gewusst; insbesondere hat sie keinen geeigneten Beweis für die Nutzung des Mietwagens durch die Geschäftsführerin der Klägerin angeboten, wie es ihr zur Erschütterung der von Dr. K. attestierten Arbeitsunfähigkeit oblegen hätte (vgl. dazu Schaub, aaO § 98 VI. 10.b).

Durch die unfallbedingten Verletzungen ist der Geschäftsführerin der Klägerin ein Vermögensschaden in Gestalt von Verdienstausfall während der Dauer ihrer Arbeitsunfähigkeit entstanden. Aufgrund des am 25. Februar 1991 geschlossenen Geschäftsführervertrages (Bl. 8ff d.A.) in Verbindung mit dem Gesellschafterbeschluss vom 21. Dezember 1992 (Bl. 19 d.A.) hatte die Geschäftsführerin der Klägerin einen Rechtsanspruch auf ein jährliches Geschäftsführergehalt in Höhe von 140.000,- DM, wovon sie 1996 unstreitig 130.000,- DM ausgezahlt erhielt. Die rechtliche Wirksamkeit dieses Vertrages begegnet schon deshalb keinen Bedenken, weil seinerzeit neben Frau Ki. auch noch ihr Ehemann Gesellschafter gewesen war - Alleingesellschafterin wurde Frau Ki. erst aufgrund der notariellen Übertragung des Geschäftsanteils ihres Ehemannes vom 27. Mai 1993 (vgl. dazu Bl. 14 und Bl. 15ff d.A.)- und es sich deshalb bei diesem Vertrag nicht um ein sog. Insichgeschäft handelte. Davon abgesehen kann auch der Alleingesellschafter einer GmbH, der zugleich deren Geschäftsführer ist, mit der Gesellschaft wirksam die Zahlung eines Geschäftsführergehalts vereinbaren (vgl. dazu grundlegend BGH NJW 1971, 1136). Erhält er im Falle seiner Arbeitsunfähigkeit keine Vergütung, weil er die geschuldeten Dienste nicht erbringen kann, stellt sich dies als ein Schaden dar, für den ihm der für den Unfall verantwortliche Schädiger Ersatz zu leisten hat. Die Tatsache, dass die Geschäftsführerin der Klägerin aufgrund des in § 6 des Geschäftsführervertrages geregelten Gehaltsfortzahlungsanspruchs (Bl. 12 d.A.) für die Dauer ihrer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ihr Gehalt weiterhin erhielt, kann nicht dazu führen, ihr Ersatzansprüche wegen fehlender Vermögenseinbußen zu versagen. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass Leistungen Dritter, deren alleiniger Zweck darin begründet liegt, dem Geschädigten zugute zu kommen, den Schädiger nicht entlasten können (vgl. dazu statt vieler Palandt/Heinrichs, BGB- Kommentar, 56. Auflage vor § 249 Rdn. 131 m. w.N.). Gerade diese Gesichtspunkte sind aber für eine Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall maßgebend, da sie allein auf der Fürsorge des Dienstberechtigten gegenüber dem Geschädigten beruhen, so dass die Gehaltsfortzahlung bei der Schadensfeststellung außer Betracht zu bleiben hat (so auch BGH NJW 1971, 1136).

Im Rahmen der gemäß § 287 ZPO vorzunehmenden Schadensbemessung (vgl. dazu BGH VersR 1992, 1410, 1411) hat die Tatsache, dass die Geschäftsführerin der Klägerin zugleich auch deren Gesellschafterin ist, insofern Bedeutung, als das ihr vertraglich zugestandene Geschäftsführergehalt dahin überprüft werden muss, ob es auch wirtschaftlich ein echtes Arbeitsentgelt verkörpert. Zwar spielt es für den gemäß §§ 842, 252 BGB zu leistenden Schadensersatz regelmäßig keine Rolle, ob unfallbedingt entgangene Einkünfte ein der Tätigkeit des Geschädigten angemessenes Entgelt darstellen (BGH NJW VersR 1973, 423). Bei den Bezügen eines Geschäftsführers, der zugleich Gesellschafter ist, kann ein Missverhältnis zwischen der geschuldeten Arbeitsleistung und der dafür versprochenen Vergütung jedoch darauf hindeuten, dass es sich dabei jedenfalls zum Teil überhaupt nicht um ein echtes Tätigkeitsentgelt, sondern um anderweitige Zuwendungen handelt, wobei vorliegend insbesondere an sog. verdeckte Gewinnausschüttungen zu denken ist, deren Auszahlung unter dem Mantel des Geschäftsführergehalts bei Kapitalgesellschaften wie hier steuerliche Motive zugrunde zu liegen pflegen (BGH VersR 1977, 863, 864). Solche Zuwendungen entziehen sich der Ersatzpflicht nach § 842 BGB; sie können allenfalls einen gemäß §§ 823, 252 BGB zu ersetzenden Schaden bedeuten, nämlich dann, wenn sich der Gewinn der Gesellschaft infolge des unfallbedingten Ausfalls des Geschäftsführers verringert hat (BGH VersR 1974, 335), was jedoch von der Klägerin nicht zur Begründung der Klageforderung geltend gemacht wird. Bei der Prüfung, ob und inwieweit die Tätigkeitsvergütung des Gesellschafter- Geschäftsführers als echtes Arbeitsentgelt oder als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen ist, ist nach allgemeiner Meinung auf einen sog. Fremdvergleich abzustellen (vgl. dazu Tänzer, Die angemessene Vergütung der Geschäftsführer in kleinen GmbH, GmbHR 1993, 728). Danach sind die Bezüge eines Geschäftsführers dann als angemessen anzusehen, wenn sie im Rahmen der Vergütungen liegen, die vergleichbare Unternehmen ihren Geschäftsführern für gleichartige Leistungen gewähren, wobei als entscheidende Kriterien für diesen Vergleich an erster Stelle die Unternehmensgröße, insbesondere der Umsatz, sodann die Ertragssituation des Unternehmens sowie ferner auch die Ausbildung des Geschäftsführers gelten. Der steuerrechtlichen Behandlung im Rahmen von Betriebsprüfungen kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (VersR 1977, 864, 865; VersR 1992, 1410,1411) im allgemeinen Indizwirkung zu.

Bei Anlegung dieses Prüfungsmaßstabes hat das Landgericht auch unter Berücksichtigung der Berufungsangriffe der Beklagten zutreffend den Verdienstausfallschaden der Geschäftsführerin der Klägerin nach einem Jahresgehalt von 130.000,- DM festgestellt. Dabei kann dahinstehen, ob die Betriebsprüfung, wie die Klägerin behauptet, tatsächlich zu keinen Beanstandungen im Hinblick auf die Bezüge ihrer Geschäftsführerin geführt hat. Dass nämlich das ihr im Jahre 1996 gezahlte Gehalt von 130.000,- DM eine angemessene Vergütung ihrer Tätigkeit bedeutete, ist von der Beklagten bereits nicht wirksam bestritten worden. Die Beklagte trägt in ihrem Schriftsatz vom 30. August 1999 (Bl. 353 d.A.) selbst vor, dass das Gehalt eines vergleichbaren Fremdgeschäftsführers "allenfalls mit 120.000,- DM jährlich" anzusetzen sei, gesteht also ein Gehalt in einer Größenordnung als angemessen ein, das sich von dem tatsächlich gezahlten Gehalt nicht allzu weit entfernt. Zwar geht aus dem Gesamtkontext hervor, dass die Beklagte der Auffassung zu sein scheint, dass mit diesem Entgelt zugleich auch die Geschäftsführertätigkeit von Herrn Dr. Ki. für die Dr. Ki. Bauträger GmbH und die Dr. Ki. und Partner GmbH angemessen vergütet sei. Dass dieser Standpunkt jedoch die Realität völlig verkennt, folgt allein bereits aus dem Umstand, dass es sich hier um drei rechtlich und wirtschaftlich voneinander zu trennende Gesellschaften handelt, bei denen auch das an den jeweiligen Geschäftsführer zu zahlende Gehalt selbstverständlich gesondert zu bestimmen ist. In welcher Höhe das der Geschäftsführerin der Klägerin zustehende Gehalt nach ihrer Meinung angemessen sei, trägt die Beklagte nicht vor, so dass ihr Bestreiten pauschal und substanzlos bleibt. Nach der Einschätzung des Senats dürfte auch die Zubilligung eines Jahresgehalts von 130.000,- DM der Überprüfung mittels des sog. Fremdvergleichs standhalten. Ein Geschäftsführer einer GmbH mit einem Jahresumsatz bis zu 1 Million DM bezog der von Tänzer (aaO, S. 728/729) referierten Erhebung für das Jahr 1993 zufolge im Durchschnitt - neben weiteren Vergütungen wie Tantiemen, Kfz- Nutzungen und überwiegend auch einer betrieblichen Altersvorsorge- ein Jahresfestgehalt von 140.000,- DM . In den Jahren 1993 bis 1995 hatte nun aber das Rohergebnis der Klägerin ausweislich der von ihr beigebrachten Jahresabschlüsse 317.304,30 DM (1993), 466.549,60 DM (1994) und 833.156,81 DM (1995) betragen, so dass sich von daher das ihrer Geschäftsführerin vertraglich zugebilligte Gehalt im Vergleich rechtfertigt. Berücksichtigt man neben dem zwischenzeitlichen Kaufkraftschwund, dass zu dem Gehalt der Geschäftsführerin der Klägerin keine zusätzliche betriebliche Altersversorgung hinzukommt, wird die bestehende Spannbreite bei der Beurteilung, ob das einem Geschäftsführer gezahlte Gehalt in einer angemessenen Relation zu seiner Tätigkeit steht, deutlich. An dieser Beurteilung vermögen die vergleichsweise schlechte Ertragssituation der Klägerin und der Rückgang des Rohergebnisses im Jahre 1996 auf 178.807,62 DM nichts zu ändern, zumal auch Startschwierigkeiten des noch jungen Unternehmens in Rechnung zu stellen sind.

Soweit die Beklagte nun erstmals in der Berufungsinstanz mit Nichtwissen bestreitet, dass Frau Ki. bei der Klägerin überhaupt eine geschäftsführende Tätigkeit ausgeübt habe, geschieht dies offenkundig ins Blaue hinein und stellt deshalb keine rechtserhebliche Verteidigung dar. Die Beklagte stützt sich auf das Schreiben der Klägerin vom 12. April 1996 (Bl. 21 und Bl. 152 d.A.), welches das Diktatzeichen "JWK" trägt und in dem es heißt, dass " unser Geschäftsführer, Herr Dr. J.W. Ki., gemäß beiliegender Abtretungserklärung seine Ansprüche aus dem... Verkehrsunfall ....abgetreten hat". Dass es sich hierbei um nichts weiter als eine versehentliche Falschbezeichnung handelte, ergibt sich klar aus der dem Schreiben beigefügten Abtretungserklärung (Bl. 22 d.A.): Diese ist für Frau Ki. als Geschäftsführerin der Klägerin abgegeben und auch von dieser unterzeichnet worden. Ein solches Versehen erscheint angesichts des Umstandes, dass unter dem gleichen Datum gleichgerichtete Anspruchsschreiben aller drei Schwesterngesellschaften an die Beklagte gerichtet wurden, nicht bemerkenswert. Welche Bewandtnis es mit dem Diktatzeichen auf sich hat, bedarf keiner Klärung. Es wäre jedenfalls nichts Auffälliges, wenn alle drei aufeinander abgestimmten Schreiben aus der Feder von Herrn Dr. Ki. stammten. Dies gilt um so mehr, als die Klägerin behauptet hat, dass Frau Ki. auch nach Ablauf ihrer Krankschreibung am 15. März 1996 noch nicht vollständig arbeitsfähig gewesen sei und nur teilweise ihren gewohnten Tätigkeiten habe nachgehen können. Dass schließlich die vier aus der Ehe hervorgegangenen Kinder keinen Gesichtspunkt darstellen, der gegen die Berufstätigkeit der Geschäftsführerin der Klägerin spricht, ist bereits in dem angefochtenen Urteil mit keiner Ergänzung bedürftiger Begründung ausgeführt.

Nach allem hat das Landgericht zutreffend den von der Beklagten zu ersetzenden Schaden mit 12.519,17 DM festgestellt, indem es ein Jahresfestgehalt von 130.000,- DM zugrunde gelegt und von dem Verdienstausfall der Geschäftsführerin der Klägerin in Höhe von 13.178,08 DM (130.000,- DM : 365 X 37) für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit einen Abschlag von 5% wegen ersparter Aufwendungen vorgenommen hat.

Mit ihrem Einwand der Konkursreife kann die Beklagte weder die Entstehung des Schadens noch ihre Einstandspflicht wirksam in Zweifel ziehen. Abgesehen davon, dass aus den unstreitigen Verlusten schon nicht zwingend auf eine Konkursreife der Klägerin zu schließen ist, weil Überschuldungsbilanzen nach anderen Kriterien zu erstellen sind als die von der Klägerin vorgelegten Jahresabschlüsse (vgl. dazu statt vieler Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Auflage, § 63 Rdn. 109 m.w.N.), würde die Beklagte mit diesem Einwand auch deshalb nicht durchdringen können, weil sie anderenfalls letztlich im Ergebnis auf Kosten der Gesellschaftsgläubiger entlastet würde.

II. Zur Anschlussberufung der Klägerin:

Nachdem die Klägerin mit ihrer Anschlussberufung eine - von der Beklagten nicht wirksam bestrittene- Zinsbescheinigung beigebracht hat, aus der sich ergibt, dass die Klägerin bei der Spar- und Darlehenskasse Zell eG seit dem 27. April 1996 einen Kredit in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe in dem Zeitraum bis zum 30. Juni 1997 zu einem Zinssatz von 16,25% und seither zu einem Zinssatz von 7,75% in Anspruch nimmt (Bl. 347 d.A.), war die vom Landgericht zutreffend unter dem Gesichtspunkt des Verzuges zuerkannte Verzinsung entsprechend abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Abs. 1, § 281 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 16. September 1999 und der Klägerin vom 1. Oktober 1999 haben dem Senat keinen Anlass zu einer anderweitigen Beurteilung gegeben, so dass auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht angezeigt war. Entgegen der Auffassung der Beklagten würde es nicht zu ihrer Entlastung führen können, wenn sich die Gehaltszahlung an die Geschäftsführerin der Klägerin tatsächlich als Rückzahlung von Stammkapital darstellen sollte. Denn anderenfalls würde der Schaden letztlich auf die Gesellschaft abgewälzt, was gerade im Widerspruch zum Schutzzweck der Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbH- Rechts stünde. Es lässt sich ferner auch aus den in VersR 1974, 134 und VersR 1977, 374 veröffentlichten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs entgegen der Auffassung der Beklagten kein Umkehrschluss dergestalt ziehen, dass der Alleingesellschafter einer GmbH seinen unfallbedingten Schaden nur in der Form nachweisen könne, dass er konkrete Gewinneinbußen geltend macht. Auch gegen diese Betrachtungsweise spricht - abgesehen von der haftungsmäßigen Trennung der Vermögensmassen der Gesellschaft einerseits und des Gesellschafters andererseits- entscheidend der Umstand, dass eine Entlastung der Beklagten auf Kosten der Gesellschaft und letztlich der Gesellschaftsgläubiger ginge.

Der Senat hat keinen Grund gesehen, die Revision zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das vorliegende Urteil auch keine Divergenzentscheidung beinhaltet.

Wert des Berufungsverfahrens: 26.964,38 DM

Beschwer beider Parteien: unter 60.000,- DM



Ende der Entscheidung

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